Urteil des BGH vom 10.04.2008

BGH (beschwer, wert, wirtschaftlicher nutzen, störung, beseitigung, interesse, zpo, grundstück, höhe, vermietung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 154/07
vom
10. April 2008
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. April 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-
Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom
30. August 2007 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig
verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt
12.000 €.
Gründe:
I.
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Die Klägerin verlangt - soweit aus dem Urteil des Oberlandesgerichts
ersichtlich, in dem gem. § 540 Abs. 2 in Verb. mit § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO von
der Darstellung eines Tatbestandes abgesehen worden ist - von der Beklagten
zu 1 (Grundstücksverkäuferin) und dem Beklagten zu 2 (Insolvenzverwalter) die
Entfernung von Maschinen einer Schreinerei, die in Zusammenhang mit einem
Kaufvertrag über diese Maschinen zwischen dem Schuldner und der Fa. A.
T. GmbH, deren Geschäftsführerin die Klägerin ist, auf dem ehemaligen
Betriebsgrundstück zurückgelassen worden sind.
Die Klage ist in beiden Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der
Nichtzulassungsbeschwerde will die Klägerin in einem Revisionsverfahren ihren
Antrag weiter verfolgen.
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II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der
Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8
EGZPO).
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Diese Zulässigkeitsvoraussetzung der Nichtzulassungsbeschwerde ist von
Amts wegen zu prüfen. Die Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts bindet
das Revisionsgericht nicht (BGH, Beschl. v. 20. April 2005, XII ZR 92/02, NJW-RR
2005, 1011; Senat, Beschl. v. 13. Dezember 2007, V ZR 64/07, Rz. 6 - ver-
öffentlicht in juris). Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer
entspricht hier jedoch dem von dem Berufungsgericht auf 12.000 € festgesetzten
Streitwert.
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a) Der Wert der Beschwer eines Rechtsmittelführers bestimmt sich nach
dessen Interesse an der Abänderung des angefochtenen Urteils; dieses ist unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten (vgl. BGHZ 57, 301, 302; BGH,
Beschl. v. 15. Januar 1992, XII ZB 135/91, NJW 1992, 1513, 1514; Senat, Beschl.
v. 24. April 1998, V ZR 225/97, NJW 1998, 2368). Die Nichtzulassungs-
beschwerde geht insoweit im Ansatz zutreffend davon aus, dass für diesen Wert
das Interesse der Klägerin an der Abwehr der Störung ihres Besitzes an dem
Grundstück durch die in der Halle verbliebenen Maschinen des Schuldners aus-
schlaggebend ist.
Das Interesse des Grundstückseigentümers an der Beseitigung einer
Störung ist grundsätzlich nach dem Wertverlust zu bestimmen, den die Sache
durch die Störung erleidet (vgl. Senat, Urt. v. 23. Januar 1986, V ZR 119/85, NJW-
RR 1986, 737; Urt. v. 6. November 1998, V ZR 48/98, ZfIR 1998, 749). Der für die
Beseitigung der Besitzstörung erforderliche Kostenaufwand ist für die Bemessung
der Beschwer eines in seinem Eigentum gestörten Klägers dagegen grundsätzlich
unerheblich und auch nicht dem Wert der Beschwer hinzuzurechnen (BGH,
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Beschl. v. 13. Oktober 2004, XII ZR 110/02, NJW-RR 2005, 224). Diese Kosten
können nur mittelbar für die Bestimmung der Beschwer von Bedeutung sein, wenn
sich aus ihnen ein Anhaltspunkt für die Wertminderung der Sache durch die
Störung ergibt (BGH, Beschl. v. 17. Mai 2006, VIII ZB 31/05, NJW 2006, 2639,
2340). Ob das hier so ist, bedarf indes keiner Entscheidung, weil die Kosten der
Beseitigung in Höhe von 12.000 € unter der in § 26 Nr. 8 EGZPO bestimmten
Wertgrenze liegen.
b) Den Wert der Beschwer durch die Einschränkung der Vermietbarkeit des
Grundstücks hat die Klägerin in der ersten Instanz mit 12.000 € und vor dem
Berufungsgericht mit mindestens 10.000 € angegeben und das näher dargelegt.
Das von der Nichtzulassungsbeschwerde nunmehr angegebene höhere Interesse,
welches unter Darlegung einer günstigen Vermietungsmöglichkeit für 2.000 €/mtl.
nach den der Klägerin bereits entgangenen und noch entgehenden
Mieteinnahmen begründet wird, ist für die Bemessung der Beschwer dagegen
nicht maßgebend.
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Für die Bestimmung des Wertes ist das in der Klage zum Ausdruck
kommende rechtliche Interesse - hier an der Beseitigung der Störung - und nicht
ein weitergehender wirtschaftlicher Nutzen maßgebend, den der Kläger durch den
Prozessgewinn erreicht (OLG Hamm JMBlNRW 1968, 93; OLG Köln JurBüro
1980, 243, 244; OLG Koblenz JurBüro 1994, 783, 739; Stein-Jonas/Roth, ZPO,
22. Aufl., § 3 Rdn. 15). Das Interesse des Klägers an der Beseitigung der Störung
kann zwar danach bestimmt werden, in welchem Umfang der aus dem Grundstück
erzielbare Mietertrag beeinträchtigt ist, aber nicht in Höhe des entgangenen
Gewinns aus einer von der vorherigen Räumung abhängigen Vermietung
festgesetzt werden, wenn eine anderweitige Nutzung (auch durch Vermietung)
durch die Störung nicht ausgeschlossen wird. Der Wert einer Klage auf
Beseitigung einer Störung des Eigentums an einem Grundstück ist insoweit ein
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anderer als der einer Klage auf Schadensersatz (vgl. OLG Hamm aaO; OLG Köln
aaO; OLG Koblenz aaO).
2. Andere Umstände dafür, dass der Wert der mit der Revision geltend
gemachten Beschwer die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, trägt die dafür dar-
legungspflichtige Nichtzulassungsbeschwerde (Senat, Beschl. v. 27. Juni 2002,
V ZR 148/02, NJW 2002, 2720, 2721; Beschl. v. 13. Dezember 2007, V ZR 64/07,
Rdn. 8 - veröffentlicht in juris) nicht vor.
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Der Senat orientiert sich daher an dem, was die Klägerin dazu auf
Anforderung des Oberlandesgerichts in Bezug auf den Wertverlust des
Grundstücks durch die eingeschränkte Vermietbarkeit dargelegt hat. Die
Ausführungen der Klägerin, dass nach dem vereinbarten Kaufpreis von 250.000 €
bei üblicher Kalkulation eine Miete von 18.833,00 €/jährlich anzusetzen sei, der
Wert des Interesses der Klage auf Räumung (durch die Entfernung der
Maschinen) sich indes als ein Minus zu dem Gesamtmietwert des Anwesens
darstelle, das jedoch mit mindestens 10.000 € zu bewerten sei, sind in sich
stimmig. Der Senat hat daher keine Bedenken, auch die in einem
Revisionsverfahren geltend zu machende Beschwer mit dem Betrag von 12.000 €
zu bewerten, den das Berufungsgericht nach Anhörung und in Übereinstimmung
mit den Angaben beider Parteien als Streitwert bestimmt hat.
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III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Aschaffenburg, Entscheidung vom 29.03.2007 - 1 O 198/06 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 30.08.2007 - 1 U 87/07 -