Urteil des BGH vom 10.10.2002

BGH (speiseeis, marke, bundespatentgericht, verwechslungsgefahr, versehen, sache, mangel, richtigkeit, gesetz, verfahrensmangel)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 7/02
vom
10. Oktober 2002
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 397 40 590.1
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. Oktober 2002
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter
Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Büscher
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 32. Senats (Mar-
ken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 28. No-
vember 2001 wird auf Kosten der Markeninhaberin zurückgewie-
sen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,--
festgesetzt.
Gründe:
I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 7. Oktober 1997 die Marke "MA-
GNUM" für die Waren "Teegetränke, insbesondere Eistee; alkoholfreie Erfri-
schungsgetränke, insbesondere Limonaden, Kaltgetränke, Brausen, Fruchtsaft-
getränke; Fruchtsäfte, Fruchtgetränke, Fruchtnektare; diätetische Erfrischungs-
getränke (soweit in Klasse 32 enthalten)" in das Markenregister eingetragen.
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Die Widersprechende hat aus ihrer seit dem 17. November 1989 für
"Speiseeis" eingetragenen Wortmarke 1 149 972 "Magnum" Widerspruch erho-
ben.
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat
in einem Erstbeschluß den Widerspruch wegen fehlender Warenähnlichkeit zu-
rückgewiesen. Auf die Erinnerung der Widersprechenden wurde die Löschung
der angegriffenen Marke angeordnet.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin hatte keinen
Erfolg.
Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit der (nicht zugelassenen)
Rechtsbeschwerde, mit der sie rügt, daß der angefochtene Beschluß nicht mit
Gründen versehen sei. Die Widersprechende beantragt, die Rechtsbeschwerde
zurückzuweisen.
II. Das Bundespatentgericht hat eine Verwechslungsgefahr im Sinne von
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bejaht und dazu ausgeführt:
Es stünden sich klanglich identische Marken gegenüber; die Waren, für
die die angegriffene Marke eingetragen sei, lägen im Ähnlichkeitsbereich der
Ware "Speiseeis", für die die Widerspruchsmarke Schutz genieße. Teegeträn-
ke, insbesondere Eistee, enthielten vornehmlich Wasser, Zucker, Zitronensäu-
re, Tee-Extrakt und Aromen. Eistee unterscheide sich daher nicht oder nur ge-
ringfügig von sogenanntem Wassereis (Sorbet, Fruchteis). Auch wenn sich
Eistee und Speiseeis hinsichtlich der Konsistenz unterschieden, bedürfe es nur
eines geringen Aufwands (Kühlen im Gefrierfach eines herkömmlichen Kühl-
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schranks), um Eistee in Wassereis zu verwandeln. Eistee und Speiseeis dien-
ten beide der Erfrischung, sie träten als konkurrierende Produkte in Lebensmit-
telgeschäften, Tankstellen und an Kiosken auf. Genauso verhalte es sich mit
alkoholfreien Erfrischungsgetränken, insbesondere Limonaden, Kaltgetränken,
Brausen und Fruchtsaftgetränken. "Alkoholfreie Erfrischungsgetränke" schlös-
sen auch Eistee und sogenannte Milchshakes ein, die aus Speiseeis unter
Verwendung von Milch, wie das Eis der Widersprechenden, und Früchten durch
Vermischen hergestellt würden. Dasselbe gelte für Fruchtsäfte, Fruchtgetränke,
Fruchtnektare und Speiseeis.
Bei der gegebenen klanglichen Markenidentität und dem festgestellten
Grad der Markenähnlichkeit sei eine Verwechslungsgefahr auch bei durch-
schnittlicher Kennzeichnungskraft nicht auszuschließen.
III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist statthaft.
Hierfür genügt es, daß ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechts-
beschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird (BGH, Beschl. v.
1.7.1999 - I ZB 48/96, GRUR 2000, 53 - SLICK 50, m.w.N.). Hier beruft sich die
Rechtsbeschwerde auf einen Begründungsmangel (§ 83 Abs. 3 Nr. 6
MarkenG).
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch in der Sache nicht begründet, weil
der gerügte Mangel nicht vorliegt.
Die Rechtsbeschwerde meint, der angefochtene Beschluß sei deshalb
nicht ausreichend mit Gründen versehen, weil das Bundespatentgericht bei sei-
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nen Feststellungen zur Warenähnlichkeit eine offensichtlich entgegenstehende
Entscheidung eines anderen Senats außer acht gelassen habe. Mit diesem
Vorbringen kann die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben.
Die Vorschrift des § 83 Abs. 3 Nr. 6 MarkenG soll allein den Begrün-
dungszwang sichern. Es kommt deshalb darauf an, ob erkennbar ist, welcher
Grund - mag dieser tatsächlich vorgelegen haben oder nicht, mag er rechtsfeh-
lerhaft beurteilt worden sein oder nicht - für die Entscheidung maßgebend ge-
wesen ist; dies kann auch bei lückenhaften und unvollständigen Begründungen
der Fall sein. Dem Erfordernis einer Begründung ist deshalb schon dann ge-
nügt, wenn die Entscheidung zu jedem selbständigen Angriffs- und Verteidi-
gungsmittel Stellung nimmt, das ein Verfahrensbeteiligter vorgetragen hat (BGH
GRUR 2000, 53 - SLICK 50, m.w.N.).
Diesen Voraussetzungen wird der angefochtene Beschluß gerecht, denn
ihm läßt sich entnehmen, aus welchen Gründen das Bundespatentgericht eine
Warenähnlichkeit angenommen hat.
Das von der Rechtsbeschwerde beanstandete Unterlassen einer Aus-
einandersetzung mit der angeführten Entscheidung betrifft nur die sachliche
Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, die im Rahmen einer nicht zuge-
lassenen Rechtsbeschwerde nicht zur Überprüfung steht.
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IV. Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Markeninhaberin
(§ 90 Abs. 2 MarkenG) zurückzuweisen.
Ullmann
v. Ungern-Sternberg
Starck
Bornkamm
Büscher