Urteil des BGH vom 07.05.2003
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 229/00
Verkündet am:
7. Mai 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB §§ 242 A, 1580, 1605
a) Ein gegenüber seinen Eltern Unterhaltspflichtiger kann von den Ehegatten seiner
Geschwister nicht Auskunft über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse
beanspruchen.
b) Zur Auskunftspflicht unter Geschwistern bei der Inanspruchnahme auf Zahlung
von Elternunterhalt.
BGH, Urteil vom 7. Mai 2003 - XII ZR 229/00 - OLG München
AG Passau
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Mai 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 26. Zivilsenats - zugleich Fami-
liensenat - des Oberlandesgerichts München vom 17. Juli 2000
wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von den Beklagten u.a. Auskunft über ihre Einkom-
mensverhältnisse.
Der Kläger und der Beklagte zu 1 sind Brüder, deren Mutter seit 1998 in
einem Altenpflegeheim lebt. Für die - unter Berücksichtigung der Rente der
Mutter sowie der Leistungen der Pflegeversicherung - ungedeckten Heimkosten
in Höhe von monatlich 1.036 DM kommt der Kläger derzeit alleine auf. Hierzu
hat er sich gegenüber dem Sozialamt, das die Auffassung vertreten hatte, der
Beklagte zu 1 sei zu Unterhaltszahlungen an die Mutter finanziell nicht in der
Lage, unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall bereit erklärt, daß er
hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Bruders zu einem anderen Ergebnis ge-
lange als das Sozialamt.
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Der Kläger verlangt bzw. verlangte im Rahmen einer auf Auskunftsertei-
lung und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gerichteten Stufenklage von
den Beklagten in erster Stufe Auskunft, und zwar von dem Beklagten zu 1 über
seine Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen, aus
Vermietung und Verpachtung sowie aus anderer Herkunft und von der Beklag-
ten zu 2, der Ehefrau des Beklagten zu 1, Auskunft über ihre Einkünfte aus
selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung
sowie aus anderer Herkunft in den Jahren 1996 bis 1998 nebst verschiedenen,
im einzelnen bezeichneten Belegen. Der Kläger ist der Ansicht, sein Bruder sei
der Mutter ebenfalls unterhaltspflichtig. Um dessen anteilige Haftungsquote er-
rechnen zu können, benötige er die Auskunft über die Einkommensverhältnisse
des Beklagten zu 1 sowie über das Einkommen von dessen Ehefrau, in deren
Betrieb der Bruder angestellt sei. Der Auskunftsanspruch gegenüber der Be-
klagten zu 2 beruhe darauf, daß sich ihre Einkünfte auf die Leistungsfähigkeit
des Beklagten zu 1 auswirkten. Ohne die entsprechenden Angaben könne des-
sen anteilige Haftung nicht realisiert werden.
Die Beklagten sind der Klage u.a. mit der Begründung entgegengetreten,
der Beklagte zu 1 habe gegenüber dem Sozialamt bereits sämtliche Angaben
zur Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit gemacht; die Beklagte zu 2 sei dem
Kläger nicht auskunftspflichtig.
Das Amtsgericht hat dem den Beklagten zu 1 betreffenden Auskunftsbe-
gehren teilweise - unter Beschränkung auf bestimmte Zeiträume - stattgegeben
und die Klage gegen die Beklagte zu 2 insgesamt abgewiesen. Die gegen diese
gerichtete Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der - zugelassenen - Revi-
sion verfolgt der Kläger das Auskunftsbegehren gegenüber der Beklagten zu 2
weiter.
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Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2002, 50 f.
veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Ansicht, es bestehe kein Aus-
kunftsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten zu 2, im wesentlichen
ausgeführt: Für das Auskunftsverlangen fehle es an einer Rechtsgrundlage.
Einer der im Gesetz ausdrücklich geregelten Fälle einer Auskunftsverpflichtung
liege nicht vor. Auch die Voraussetzungen eines aus Treu und Glauben (§ 242
BGB) folgenden Auskunftsanspruchs seien im Verhältnis zu der Beklagten zu 2
nicht erfüllt. Im übrigen treffe es zwar zu, daß jedes der Geschwister zur Be-
rechnung seines Haftungsanteils nur in der Lage sei, wenn er die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des anderen kenne. Der zwischen den Geschwi-
stern bestehende Auskunftsanspruch, den das Amtsgericht zu Recht ange-
nommen habe, reiche aber aus, um sich die für die Berechnung der anteiligen
Haftung notwendigen Informationen zu beschaffen. Der Anspruch umfasse
nämlich nicht nur die Einkünfte im engeren Sinne, sondern erstrecke sich auf
alle Umstände, die für die Berechnung des Haftungsanteils relevant seien. Da-
zu zähle unter Umständen auch das Einkommen des Ehegatten des auf Aus-
kunft in Anspruch genommenen Bruders, denn die Höhe der Einkünfte eines
jeden Ehegatten sei für den Anteil maßgebend, mit dem er sich am Familien-
unterhalt beteiligen müsse. Von diesem Anteil hänge der angemessene Selbst-
behalt ab, auf den sich der Ehegatte gegenüber Unterhaltsansprüchen Dritter,
wie hier der Mutter, berufen könne. Die Bestimmung des angemessenen
Selbstbehalts sei wiederum für die Berechnung des Haftungsanteils erforder-
lich. In der Regel sei es dem Verpflichteten auch ohne weiteres möglich, zu-
gleich Auskunft über die Einkünfte seines Ehegatten zu erteilen, jedenfalls so-
weit es zur Bestimmung des von diesem zu leistenden Anteils am Familienun-
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terhalt erforderlich sei. Über die hierzu notwendige Kenntnis verfüge der Aus-
kunftsverpflichtete zumeist schon deshalb, weil die Eheleute - gerade bei unter-
schiedlich hohen Einkommen - die gemeinsame steuerliche Veranlagung ge-
wählt hätten. Die wenigen Fälle, in denen der Verpflichtete die in Rede stehen-
den Angaben nicht unmittelbar machen könne, rechtfertigten es nicht, die Aus-
kunftsverpflichtung auf den Ehegatten auszudehnen. Vielmehr sei dem Ver-
pflichteten unter solchen Umständen zuzumuten, von seinem Ehegatten die
benötigten Auskünfte zu verlangen, zu deren Erteilung dieser im Hinblick auf
die eheliche Lebensgemeinschaft und den damit geschuldeten Beistand und die
gebotene gegenseitige Rücksichtnahme auch verpflichtet sei.
Diese Beurteilung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
2. a) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann der ge-
gen die Beklagte zu 2 geltend gemachte Anspruch nicht unmittelbar aus einer
der für die Auskunftspflicht im Familienrecht bestehenden besonderen Geset-
zesvorschriften, etwa den §§ 1580, 1605 BGB, hergeleitet werden. Das wird
auch von der Revision nicht in Abrede gestellt.
b) Daraus folgt indessen noch nicht, daß die betreffende Verpflichtung
nicht besteht. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, kann sich
eine Auskunftspflicht vielmehr unmittelbar aus § 242 BGB als Folge einer be-
sonderen Rechtsbeziehung ergeben. Das deutsche Recht kennt zwar keine
allgemeine Auskunftspflicht; niemand ist rechtlich verpflichtet, bestimmte Tatsa-
chen einem anderen schon deshalb zu offenbaren, weil dieser an der Kenntnis
ein rechtliches Interesse hat (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1983 - IVb ZR
351/81 - FamRZ 1983, 352, 354). Nach ständiger Rechtsprechung besteht nach
Treu und Glauben (§ 242 BGB) aber dann ein Auskunftsanspruch, wenn zwi-
schen den Beteiligten besondere rechtliche Beziehungen vertraglicher oder au-
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ßervertraglicher Art vorhanden sind, die es mit sich bringen, daß der Auskunfts-
begehrende entschuldbar über das Bestehen und den Umfang seines Rechts
im Unklaren und deshalb auf die Auskunft des Verpflichteten angewiesen ist,
während dieser die Auskunft unschwer erteilen kann und dadurch nicht unbillig
belastet wird (BGHZ 10, 385, 387; 55, 201, 203; 61, 180, 184; 82, 132, 137 und
Urteil vom 8. Oktober 1986 - IVa ZR 20/85 - BGHR BGB § 242 Auskunftsan-
spruch 1). Dieser Grundsatz gilt trotz der mit dem 1. Gesetz zur Reform des
Ehe- und Familienrechts geschaffenen Sonderbestimmungen nach wie vor
auch im Familienrecht. Die §§ 1580 und 1605 BGB regeln nur einen Teilbe-
reich, in dem der Gesetzgeber die gegenseitigen Rechte und Pflichten präzisie-
ren wollte. Dadurch wird aber eine in besonderen Fällen aus § 242 BGB herzu-
leitende
Informationspflicht
nicht
ausgeschlossen
(Senatsurteile
vom
19. Februar 1986 - IVb ZR 71/84 - FamRZ 1986, 450, 453 und vom
9. Dezember 1987 - IVb ZR 5/87 - FamRZ 1988, 268, 269). In seiner Entschei-
dung von 9. Dezember 1987 hat der Senat die Auffassung vertreten, daß das
zwischen Eltern, die als gleich nahe Verwandte gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1
BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen für den Kindes-
unterhalt haften, nach der genannten Bestimmung bestehende besondere
Rechtsverhältnis ausreicht, um einen Auskunftsanspruch zu begründen.
c) Eine solche besondere Rechtsbeziehung besteht, wie das Berufungs-
gericht zu Recht angenommen hat, im Verhältnis zwischen dem Kläger und
seiner Schwägerin, der Beklagten zu 2, aber nicht. Die Beklagte zu 2 ist der
Mutter ihres Ehemannes nicht unterhaltspflichtig; eine anteilige Haftung ihrer-
seits kommt deshalb nicht in Betracht.
aa) Dem hält die Revision entgegen: Die von dem Amtsgericht ausgeur-
teilte Auskunftspflicht des Beklagten zu 1 sei für den Kläger wertlos, solange er
nicht die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beklagten zu 2 eben-
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falls kenne. Als derjenige, der von dem Träger der Sozialhilfe auf Zahlung von
Unterhalt für seine Mutter in Anspruch genommen werde und nunmehr die an-
teilige Haftung des Bruders geltend machen wolle, sei der Kläger für deren Vor-
aussetzungen darlegungs- und beweispflichtig. Ohne die Auskunft seiner
Schwägerin sei er nicht in der Lage, einen Ausgleich zu verlangen. Erst wenn
feststehe, welche Unterhaltspflichten ein von einem Elternteil auf Unterhalt in
Anspruch genommenes erwachsenes Kind seinerseits vorrangig zu erfüllen
habe, könne die Höhe seiner Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern berechnet
werden. Das sei indessen nur möglich, wenn auch die Einkommensverhältnisse
des Ehegatten bekannt seien. An der betreffenden Kenntnis bestehe im vorlie-
genden Fall ein besonderes Interesse, weil der Beklagte zu 1 seinen Angaben
zufolge die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe und nur Einnahmen
unterhalb der Pfändungsfreigrenze beziehe. Nach Ansicht von Rechtsprechung
und Literatur müsse der Unterhaltspflichtige aber seine gesamten Einkünfte für
den Unterhalt des Berechtigten dann einsetzen, wenn die Einkünfte seines
Ehegatten ausreichten, um den gesamten Familienbedarf zu decken.
Damit kann die Revision nicht durchdringen.
bb) Ob der von ihr vertretenen Auffassung zu folgen ist, die Einkünfte ei-
nes Kindes seien für den Unterhalt seiner Eltern frei, wenn schon sein Ehegatte
über Einkommen in Höhe des beiderseitigen Selbstbehalts verfügt (so OLG
Hamm FamRZ 2002, 125, 126), wird nicht einheitlich beurteilt (a.A. etwa Gün-
ther Münchner Anwaltshandbuch Familienrecht § 12 Rdn. 93; Menter FamRZ
1997, 919, 924). Diese Frage bedarf im vorliegenden Fall indessen keiner Ent-
scheidung. Auch wenn mit der Revision davon ausgegangen wird, daß die an-
teilige Haftung von Geschwistern auf Elternunterhalt erst beurteilt werden kann,
wenn die hierfür maßgeblichen Verhältnisse auch der jeweiligen Ehegatten be-
kannt sind, läßt sich allein hieraus kein Rechtsverhältnis herleiten, das es
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rechtfertigen würde, dem unterhaltspflichtigen Kind einen Auskunftsanspruch
gegen die Ehegatten seiner Geschwister zuzubilligen. Allein die Notwendigkeit
der Kenntniserlangung reicht dafür nicht aus. Sonstige Umstände, aus denen
sich ein Rechtsverhältnis ergeben könnte, liegen indessen nicht vor. Vorberei-
tende Auskunftsansprüche stehen nur den Beteiligten eines Schuldverhältnis-
ses, hier: des Unterhalts- oder Ausgleichsverhältnisses, zu. Durch diese Ein-
schränkung erfährt auch der auf § 242 BGB gestützte Auskunftsanspruch die
erforderliche tatbestandliche Begrenzung, um nicht zu einem - dem deutschen
Recht fremden - allgemeinen Informationsanspruch auszuufern (vgl. auch
Kentgens Der Auskunftsanspruch im Familienrecht S. 154 f.). Zu den Beteilig-
ten des hier maßgebenden Unterhalts- oder Ausgleichsverhältnisses gehört die
Beklagte zu 2 aber nicht. Sie schuldet der Mutter ihres Ehemannes keinen Un-
terhalt und kann deshalb auch nicht an einem Ausgleichsverhältnis beteiligt
sein. Da die Beklagte zu 2 mithin außerhalb des Unterhaltsverhältnisses zwi-
schen dem Unterhaltspflichtigen und seiner Mutter steht, kann die gewünschte
Auskunft von ihr nicht verlangt werden (ebenso Günther aaO Rdn. 129; Wein-
reich/Klein Kompaktkommentar Familienrecht § 1605 Rdn. 25; Palandt/Diede-
richsen BGB 62. Aufl. § 1601 Rdn. 14).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht, falls das Beschäftigungsverhältnis
des im Betrieb der Beklagten zu 2 angestellten Beklagten zu 1 als verschleier-
tes Arbeitsverhältnis (§ 850 h Abs. 2 ZPO) anzusehen sein sollte. Dann könnte
der Kläger zwar von dem Beklagten zu 1 Auskunft über die für die Bemessung
einer angemessenen Vergütung maßgebenden Umstände, etwa über Art und
Umfang der Arbeitsleistung, verlangen. Ein Auskunftsanspruch gegenüber der
Beklagten zu 2 stünde ihm dagegen in Ermangelung eines besonderen Rechts-
verhältnisses zu jener auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu.
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Insgesamt muß der Kläger sich deshalb auf die Auskunftserteilung durch
den Beklagten zu 1 verweisen lassen. Dieser hat nicht nur über seine eigenen
Einkommensverhältnisse Auskunft zu erteilen, sondern - falls dies von ihm ver-
langt wird - zusätzlich Angaben über die Einkünfte seiner Ehefrau zu machen,
jedenfalls soweit diese erforderlich sind, um deren Anteil am Familienunterhalt
bestimmen zu können (vgl. auch Eschenbruch/Klinkhammer Der Unterhaltspro-
zeß 3. Aufl. Rdn. 5287 Fn. 881, Luthin/Seidel Handbuch des Unterhaltsrechts
9. Aufl., Rdn. 5086). Denn durch letzteren wird auch die eigene finanzielle Lage
des Beklagten zu 1 beeinflußt. Hinsichtlich eines etwaigen Verlangens auf Vor-
lage von Steuerbescheiden, die auf einer Zusammenveranlagung der Ehegat-
ten beruhen, wäre allerdings zu beachten, daß der Beklagte zu 1 Angaben, die
ausschließlich seine Ehefrau betreffen, oder zusammengefaßte Beträge, aus
denen keine für ihn maßgebenden Werte entnommen werden können, nicht zu
offenbaren braucht und deshalb unkenntlich machen darf (vgl. Senatsurteil vom
13. April 1983 - IVb ZR 374/81 - FamRZ 1983, 680, 682).
d) Soweit die Revision darauf hinweist, daß dem Träger der Sozialhilfe
gegenüber auch die von einem Unterhaltspflichtigen nicht getrennt lebenden
Ehegatten nach § 116 Abs. 1 Satz 1 BSHG verpflichtet sind, über ihre Einkom-
mens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung
dieses Gesetzes es erfordert, läßt sich auch hieraus nichts für einen Auskunfts-
anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten zu 2 herleiten. Vielmehr ergibt
sich daraus gerade eine Möglichkeit, wie eine eventuelle anteilige Haftung des
Beklagten zu 1 hätte realisiert werden können, ohne daß der Kläger der streiti-
gen Auskunft der Beklagten zu 2 bedarf. Verlangt ein Elternteil bzw. an dessen
Stelle der Träger der Sozialhilfe, auf den der Unterhaltsanspruch nach § 91
Abs. 1 Satz 1 BSHG übergegangen ist, nur von einem Teil der Kinder Unterhalt,
so trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die Geschwister nicht
leistungsfähig sind und ihm deshalb nur die in Anspruch genommenen Kinder
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haften (vgl. Günther aaO § 12 Rdn. 131; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die
Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl. Rdn. 927; Göppinger/Kodal
Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 1527; vgl. auch Senatsurteil vom 21. Januar 1998
- XII ZR 85/96 - FamRZ 1998, 541, 544). Hätte der Kläger sich mithin nicht frei-
willig gegenüber dem Sozialamt zu Unterhaltsleistungen bereit erklärt, so hätte
er dessen Unterhaltsbegehren so lange zurückweisen können, bis der (gege-
benenfalls anteilige) Anspruch ihm gegenüber schlüssig dargelegt worden wä-
re. In einem Rechtsstreit wäre er insoweit kein Kostenrisiko eingegangen, weil
auch dann, wenn eine Klage erst im Laufe des Rechtsstreits schlüssig wird,
noch "sofort" im Sinne des § 93 ZPO anerkannt werden kann (Zöller/Herget
ZPO 23. Aufl. § 93 Rdn. 6, Stichwort: unschlüssige Klage; Thomas/Putzo ZPO
24. Aufl. § 93 Rdn. 12). Die Möglichkeit einer prozessualen Auseinanderset-
zung mit dem Sozialamt dürfte dem Kläger für die Zukunft im übrigen nach wie
vor unbenommen sein. Aus den dabei gegebenenfalls zu gewinnenden Er-
kenntnissen kann er eventuell auch Schlußfolgerungen für die Vergangenheit
ziehen.
Hahne
Sprick
Weber-Monecke
Wagenitz
Ahlt