Urteil des BGH vom 22.07.2004

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 183/03
Verkündet am:
22. Juli 2004
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
InsO § 134
Die Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, durch eine entgeltliche
Gegenleistung begründete Verbindlichkeit ist nicht nach § 134 InsO als
unentgeltliche Verfügung anfechtbar (Bestätigung von BGHZ 112, 136).
BGH, Urteil vom 22. Juli 2004 - IX ZR 183/03 - OLG Rostock
LG Rostock
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Dr. Fischer, Dr. Ganter, Neškovi und Vill
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandes-
gerichts Rostock vom 14. Juli 2003 wird auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. April 2001 eröffneten Insolvenzver-
fahren über das Vermögen der I. GmbH (künftig
auch: Schuldnerin). Die Beklagte gewährte der Schuldnerin mit Vertrag vom
30. Juli 1998 ein Darlehen über 1,9 Mio. DM zur Finanzierung eines Grund-
stückskaufs in Rostock. Zur Sicherheit bestellte die Schuldnerin der Beklagten
eine Gesamtgrundschuld in Höhe von 10 Mio. DM. Außerdem gewährte die Be-
klagte der Schuldnerin und einem Mitgesellschafter zur Finanzierung eines Ho-
telprojektes ein Darlehen, das mit Grundschulden über insgesamt 20 Mio. DM
gesichert wurde.
Durch Vertrag vom 2. August 1999 räumte die Beklagte der Schuldnerin
einen weiteren Kredit in Höhe von 1.933.000 DM ein, der der Finanzierung des
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Neubaus eines Gebäudes auf einem Grundstück der Schuldnerin im
B. -Weg 4a in Rostock dienen sollte. Anläßlich dieses Kreditvertrages wurde
ebenfalls am 2. August 1999 zwischen der Schuldnerin und der Beklagten eine
Globalabtretung aller der Schuldnerin gegenwärtig und künftig zustehenden
Kaufpreisforderungen aus dem Verkauf der noch zu erstellenden Stadtvilla im
B. -Weg 4a bzw. der daraus zu bildenden Wohnungs- und Teileigentums-
rechte vereinbart. Gemäß Ziffer 2 der Vereinbarung sollten die abgetretenen
Forderungen der Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten
und befristeten Forderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin dienen. Die-
ses Darlehen wurde in der Folgezeit nicht valutiert, das geplante Wohngebäude
nicht errichtet.
Am 18. Dezember 2000 verkaufte die Schuldnerin die unbebauten
Grundstücke B. -Weg 4 und 4a. Die Auflassungsvormerkung wurde für die
Käuferin am 25. Januar 2001 im Grundbuch eingetragen. Am 22. Februar 2001
stellte die Schuldnerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am sel-
ben Tag kündigte die Beklagte der Schuldnerin die Kredite. Zu diesem Zeit-
punkt bestand für das Hotelprojekt ein Sollsaldo von 5.564.551,48 DM, für das
Darlehen vom 30. Juli 1998 ein Sollsaldo von 1.032.285,57 DM.
Am 15. Mai 2001 vereinbarte der Kläger mit der Käuferin einen Nachtrag
zu dem Kaufvertrag vom 18. Dezember 2000. Die Käuferin zahlte am 6. Juni
2001 als Kaufpreis 372.000 DM auf ein Treuhandkonto des Klägers, weitere
35.000 DM auf ein Treuhandkonto des Notars. Zwischen den Parteien ist un-
streitig, daß dem Kläger hieraus 9 % gemäß § 170 Abs. 1, § 171 InsO als
Feststellungs- und Verwertungspauschale zustehen. Der Kläger begehrt mit
seiner Klage die Feststellung, daß er nicht verpflichtet ist, den überschießenden
Betrag an die Beklagte auszuzahlen. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos
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geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Feststel-
lungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat gemeint, die Kaufpreisforderung sei von der
Schuldnerin im Wege der Globalzession wirksam an die Beklagte abgetreten
worden. Die Globalzession sei trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
durchsetzbar. Da zugunsten der Käuferin am 25. Januar 2001 eine Vormerkung
im Grundbuch eingetragen worden sei, könne sie gemäß § 106 Abs. 1 InsO
Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen. Dem Kläger habe deshalb ein
Wahlrecht nach § 103 InsO nicht zugestanden. Mit der Nachtragsvereinbarung
vom 15. Mai 2001 habe der Kläger keine neue Verbindlichkeit begründet, son-
dern den alten Kaufvertrag lediglich modifiziert.
Diese Ausführungen werden von der Revision nicht angegriffen. Sie sind
aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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II.
Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, die vom Kläger erklärte An-
fechtung greife nicht durch. Die Bestellung einer Sicherheit für eine eigene,
durch entgeltliche Gegenleistung begründete Verbindlichkeit stelle keine nach
§ 134 InsO anfechtbare unentgeltliche Leistung dar.
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Rückübertragung der zedier-
ten Forderung zu. Eine Zweckverfehlung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2
Fall 2 BGB liege nicht vor.
Diese Ausführungen greift die Revision an:
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 32 KO und
§ 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO, deren Übertragung auf § 134 InsO allerdings nahe lie-
ge, könnten Kreditgeschäft und Sicherungsabrede nicht als einheitliches
Rechtsgeschäft angesehen werden. Die Sicherheit sei ein selbständiger forde-
rungsverstärkender Vermögenswert; werde sie für eine Forderung gewährt, die
in der Krise des Unternehmens bereits wertlos sei, und ermögliche sie dadurch
eine Befriedigung, fließe dem Gläubiger ein neuer Vermögensvorteil zu. Des-
halb dürfe die Gewährung der Sicherheit nur als entgeltlich angesehen werden,
wenn für sie eine selbständige werthaltige Gegenleistung vereinbart werde. Die
Gewährung der Sicherheit im Streitfall sei hiernach als unentgeltliche Leistung
anfechtbar.
Jedenfalls habe der Kläger einen Bereicherungsanspruch aus § 812
Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB, weil der Zweck der weiteren Darlehensauszahlung
verfehlt worden sei.
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III.
Das Berufungsurteil ist auch insoweit zutreffend, als es von der Revision
angegriffen wird.
1. Die vom Kläger nach § 134 InsO erklärte Anfechtung der Globalabtre-
tung vom 2. August 1999 greift nicht durch. Die Globalabtretung war keine un-
entgeltliche Leistung der Schuldnerin an die Beklagte.
a) In seiner grundlegenden Entscheidung vom 12. Juli 1990 (BGHZ 112,
136) hat der Senat aus der Entstehungsgeschichte des § 32 Nr. 1 KO aufge-
zeigt, daß die Sicherung einer entgeltlich begründeten eigenen Verbindlichkeit
stets als entgeltlich anzusehen ist. Wie bereits das Reichsgericht hat er es ent-
gegen einer schon damals in der Literatur vertretenen Auffassung abgelehnt,
die Sicherungsabrede von der zugrundeliegenden Verbindlichkeit zu trennen.
b) In § 10 Abs. 1 Nr. 3 GesO ist - abweichend vom Wortlaut des § 32
Nr. 1 KO - nicht von unentgeltlichen Verfügungen, sondern von unentgeltlichen
Übertragungen die Rede. Inhaltlich bedeutet dies jedoch keinen Unterschied.
Der Senat hat deshalb die Rechtsprechung zu § 32 Nr. 1 KO auf § 10 Abs. 1
Nr. 3 GesO übertragen. Auch nach dieser Bestimmung ist die nachträgliche
Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlich-
keit nicht als unentgeltliche Verfügung anfechtbar (BGHZ 137, 267, 282; BGH,
Urt. v. 11. Dezember 1997 - IX ZR 278/96, ZIP 1998, 247, 248; v. 6. April 2000
- IX ZR 122/99, ZIP 2000, 932, 935).
c) Diese Rechtsprechung hat Zustimmung gefunden (Kuhn/Uhlenbruck,
KO 11. Aufl. § 32 Rn. 3a, 5; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 32 Rn. 4; Hess/
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Binz/Wienberg, GesO § 10 Rn. 97; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO 4. Aufl.
§ 10 Rn. 72; Smid/Zeuner, GesO 3. Aufl. § 10 Rn. 110, 111; Gerhardt, EWiR
1990, 919). Auch für § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG a.F., der wie § 32 Nr. 1 KO von un-
entgeltlichen Verfügungen spricht, wird diese Auffassung vertreten (Huber,
AnfG 8. Aufl. § 3 Anm. III 6; 9. Aufl. § 4 Rn. 26).
d) Für § 134 InsO kann nichts anderes gelten. Er weicht zwar im Wortlaut
von den genannten früheren Normen ab, indem er - wie § 4 AnfG n.F. - eine
unentgeltliche Leistung des Schuldners für anfechtbar erklärt. Eine sachliche
Änderung ist mit diesem Wortlaut aber nicht bezweckt. Vielmehr sollte die gel-
tende Rechtsauffassung bestätigt und deutlich gemacht werden, daß der Tat-
bestand nicht nur rechtsgeschäftliche Verfügungen im engeren materiellrechtli-
chen Sinn erfaßt, sondern auch andere, verfügungsähnliche Einwirkungen auf
ein subjektives Recht zu Lasten des haftenden Schuldnervermögens (BT-
Drucks. 12/2443, 160 f. zu § 149 RegE InsO; HK-InsO/Kreft, 3. Aufl. § 134
Rn. 3; Henckel, in Kölner Schrift zur InsO 2. Aufl. S. 840 Rn. 55).
Der Senat hält deshalb auch für § 134 InsO im Hinblick auf die Entste-
hungsgeschichte und den in den Motiven zur Konkursordnung niedergelegten
Gesetzeszweck daran fest, daß - unabhängig von sonstigen allgemeinen Defini-
tionen der Entgeltlichkeit - die Bestellung einer Sicherheit für die eigene, durch
eine entgeltliche Gegenleistung begründete Verbindlichkeit nicht als unentgeltli-
che Verfügung anfechtbar ist.
Das entspricht der herrschenden Meinung (vgl. etwa HK-InsO/Kreft, aaO
§ 134 Rn. 11; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 134 Rn. 31; Kübler/Prütting/
Paulus, InsO § 134 Rn. 21).
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Von anderer Seite wird dagegen weiterhin eine unentgeltliche Leistung
im Sinne des § 134 InsO für gegeben erachtet, wenn nicht auch die konkrete
Sicherungsabrede entgeltlich getroffen wurde (MünchKomm-InsO/Kirchhof,
§ 134 Rn. 25 ff; Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch
2. Aufl. § 90 Rn. 180). Dies sei regelmäßig der Fall, wenn die Stellung der Si-
cherheit vor oder bei Abschluß des Kreditgeschäfts selbst vereinbart wurde.
Dagegen fehle die Entgeltlichkeit regelmäßig bei der nachträglichen Besiche-
rung einer noch unkündbaren Forderung gegen den Schuldner. Bei einer ge-
kündigten oder kündbaren Forderung könne dagegen das "Stehenlassen"
(Stundung; Vereinbarung der Nichtgeltendmachung) im Einzelfall ein ausglei-
chender Gegenwert für die Besicherung sein, wenn der Gläubiger zu dieser Zeit
noch die Rückzahlung habe erlangen können. Dem hat sich die Revision ange-
schlossen.
Dieser Auffassung kann auch jetzt aus den dargelegten Gründen nicht
gefolgt werden. Sie würde außerdem zu unlösbaren Abgrenzungsschwierigkei-
ten führen. Auch wenn die Gewährung einer Sicherheit von einer Gegenleistung
abhängig gemacht wird, ist der Wert dieser Gegenleistung objektiv häufig kaum
bewertbar. Als mögliche Gegenleistungen werden etwa die Stundung oder die
Vereinbarung des (vorübergehenden) Nichtgeltendmachens genannt (Münch-
Komm-InsO/Kirchhof, § 134 Rn. 29). Welchen Wert eine derartige "Gegenlei-
stung" im Zeitpunkt der Sicherheitsleistung und ihres nach § 140 Abs. 1 InsO
maßgeblichen Wirksamwerdens hat, ist kaum zu erfassen, eine Entgeltlichkeit
der Gegenleistung also nicht mit der erforderlichen Rechtssicherheit für die Be-
teiligten feststellbar (so schon BGHZ 58, 240, 244; 112, 136, 139).
Darüber hinaus gebietet der Schutzzweck des § 134 InsO in solchen Fäl-
len keine Anfechtung. Erwirbt der Gläubiger eine Sicherheit, die er nicht, nicht in
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der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat und die deshalb inkongruent
ist, ist diese Rechtshandlung unter den Voraussetzungen des § 131 InsO an-
fechtbar. Die Erweiterung des Begriffs der Unentgeltlichkeit in § 134 InsO in
dem gewünschten Sinne würde regelmäßig alle inkongruent geleisteten Sicher-
heiten erfassen und damit die Möglichkeit ihrer Anfechtbarkeit auch in zeitlicher
Hinsicht deutlich ausdehnen. Dies würde die Abgrenzung der Anfechtungswür-
digkeit eines Verhaltens nach § 131 InsO unterlaufen. Die Gewährung einer
Sicherheit, auch wenn sie kongruent ist, kann ferner insbesondere nach § 130
und § 133 InsO anfechtbar sein. Mit diesen Vorschriften wird der Gesamtheit
der Gläubiger des Schuldners ausreichend Schutz vor der Bevorzugung eines
einzelnen Gläubigers gewährt.
2. Die von der Revision als unbefriedigend angesehenen Fälle, in denen
die Sicherheit in der Krise des Schuldners gewährt wird, wenn die Forderung
selbst für den Gläubiger bereits wertlos ist, finden nach § 130 InsO, insbeson-
dere aber nach §§ 131, 133 InsO eine befriedigende Lösung.
Diese Vorschriften sind vom Landgericht und Berufungsgericht im vorlie-
genden Fall nicht geprüft worden. Sie greifen im Ergebnis nicht durch, weil der
Kläger die Voraussetzungen hierfür nicht dargetan hat.
a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Anfechtung ist entge-
gen der Ansicht des Berufungsgerichts hier nicht der 2. August 1999, an dem
die Urkunde über die Globalabtretung unterzeichnet wurde. Gemäß § 140
Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung vielmehr in dem Zeitpunkt als vorgenom-
men, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Bei mehraktigen Rechts-
handlungen treten diese erst mit dem letzten zur Erfüllung des Tatbestandes
erforderlichen Teilakt ein (BGHZ 99, 274, 286; 113, 393, 394; BGH, Urt. v.
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23. Oktober 2003 - IX ZR 252/01, ZIP 2003, 2307, 2309; v. 22. Januar 2004
- IX ZR 39/03, WM 2004, 517, 518; v. 17. Februar 2004 - IX ZR 318/01, ZIP
2004, 669, 670; HK-InsO/Kreft, aaO § 140 Rn. 4; MünchKomm-InsO/Kirchhof,
§ 140 Rn. 7). Bei Vorausabtretungen kommt es deshalb darauf an, wann die
abgetretene Forderung entsteht (BGHZ 30, 238, 239; BGH, Urt. v. 24. Oktober
1996 - IX ZR 284/95, ZIP 1996, 2080, 2082; v. 20. März 2003 - IX ZR 166/02,
ZIP 2003, 808, 809; st. Rechtspr.; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 140 Rn. 14;
HK-InsO/Kreft, aaO).
Der Anspruch der Schuldnerin aus dem Kaufvertrag ist mit dessen Ab-
schluß am 18. Dezember 2000 entstanden. Dies hat das Berufungsgericht zu-
treffend ausgeführt. Auf diesen Zeitpunkt kommt es deshalb auch für die An-
fechtung an. Er liegt 2 Monate und 4 Tage vor dem Antrag der Schuldnerin auf
Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit in der kritischen Zeit des § 130
Abs. 1 Nr. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO. Der insoweit darlegungs- und be-
weispflichtige Kläger hat allerdings weder vorgetragen und unter Beweis ge-
stellt, daß die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war, noch daß
die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit kannte. Deshalb können die Vorausset-
zungen einer Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 und § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO
nicht festgestellt werden.
b) Die Sicherungsabtretung war, soweit sie bereits früher ausgereichte
Darlehen besichern sollte, inkongruent. § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO setzt voraus,
daß dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß diese die Insol-
venzgläubiger benachteiligt. Der Gläubiger hat diese Kenntnis, wenn er weiß,
daß der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, sämtliche Gläubiger zu befriedi-
gen (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02, ZIP 2004, 319, 322; HK-
InsO/Kreft, aaO § 131 Rn. 21).
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Entsprechende Feststellungen sind nicht entbehrlich; denn die Kenntnis
der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kann nicht allein wegen der Inkon-
gruenz der Sicherheit angenommen werden. Nur wenn dem Gläubiger eine fi-
nanziell beengte Lage des Schuldners bekannt ist, kann die Inkongruenz einer
Deckung auch im Rahmen des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO ein nach § 286 ZPO zu
würdigendes Beweisanzeichen für die Kenntnis des Gläubigers von der Gläubi-
gerbenachteiligung sein (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003, aaO S. 319, 322 f).
Der Umstand, daß der Gläubiger im maßgeblichen Zeitpunkt wußte, daß
sich die Schuldnerin in einer finanziell beengten Lage befand, ist vom Kläger zu
beweisen (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2003, aaO S. 323; HK-Inso/Kreft, aaO
Rn. 24; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 131 Rn. 63). Dieser hat hierzu nichts
vorgetragen.
c) Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO kann ebenfalls nicht festge-
stellt werden. Auch hierzu fehlt jeder Vortrag.
3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Rückabtretung der Forde-
rung wegen Zweckverfehlung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB zu.
a) Ein Bereicherungsanspruch nach dieser Bestimmung (condictio ob
rem) erfordert eine tatsächliche Einigung der Beteiligten über einen später nicht
mehr erreichbaren Zweck; diese darf aber nicht den Charakter einer vertragli-
chen Bindung erreichen. Haben die Beteiligten eine vertragliche Vereinbarung
geschlossen, aufgrund derer die Leistungen erbracht werden, ist das Rechts-
verhältnis nach den Grundsätzen des Vertragsrechts abzuwickeln (BGHZ 44,
321, 323; BGH, Urt. v. 17. Juni 1992 - XII ZR 253/90, WM 1992, 1674; v.
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22. Juni 2001 - V ZR 128/00, WM 2001, 1909, 1911; Palandt/Sprau, BGB
63. Aufl. § 812 Rn. 86; MünchKomm-BGB/Lieb BGB 4. Aufl. § 812 Rn. 200 ff).
Eine stillschweigende Einigung über den mit einer Leistung bezweckten
Erfolg ist anzunehmen, wenn der Empfänger die Erwartung des Leistenden
kennt und durch die Annahme zu verstehen gibt, daß er diese Zweckbestim-
mung billigt (BGHZ 44, 321; BGH, Urt. v. 19. Januar 1973 - V ZR 24/71, NJW
1973, 612, 613; MünchKomm-BGB/Lieb, aaO § 812 Rn. 201). Die Erwartung
des Leistenden darf danach nicht lediglich dessen Motiv sein. Voraussetzung ist
vielmehr das Zustandekommen einer Willenseinigung zwischen den Parteien,
daß der Empfänger die Leistung nur im Hinblick auf einen bestimmten Zweck
erhält (MünchKomm-BGB/Lieb, aaO § 812 Rn. 200 f).
b) Die Globalabtretung vom 2. August 1999 sichert schon ihrem Wortlaut
nach nicht nur den künftigen Anspruch aus dem Darlehensvertrag vom selben
Tage, sondern auch bereits bestehende Ansprüche der Beklagten. Die vom
Kläger behauptete gemeinsame Erwartung der Parteien, es werde zur Durch-
führung des Bauvorhabens auf dem Grundstück B. -Weg 4a und damit zur
Valutierung des Darlehensvertrages vom 2. August 1999 kommen, wird von der
Beklagten bestritten. Eine solche Zweckbestimmung außerhalb vertraglicher
Bindung läßt sich den Vereinbarungen der Parteien nicht entnehmen. Tatsäch-
liche Anhaltspunkte dafür, daß eine solche gemeinsame Erwartung außerhalb
der geschlossenen Vereinbarungen begründet worden sein könnte, sind nicht
vorgetragen. Der Kredit durfte gemäß Ziffer 6.2 des Darlehensvertrages erst in
Anspruch genommen werden, wenn die Globalzession vorgenommen war. Die-
se war damit vertragliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Darle-
hens und Grundlage des Vertragsvollzugs. Daß umgekehrt die Globalzession
den von den Parteien gemeinsam gewollten Zweck verfolgte, den Darlehens-
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vertrag auch tatsächlich zu vollziehen, läßt sich demgegenüber nicht feststellen.
Der Darlehensvertrag war ein Bauzwischenkredit in Form eines Höchstbetrags-
darlehens; der Kredit sollte auf einem Girokonto zur Verfügung gestellt werden.
Ob und in welcher Höhe die Schuldnerin das Darlehen in Anspruch nahm,
stand in ihrem Belieben. Nach Ziffer 3 des Vertrages durften außerdem beide
Parteien den Vertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Unter die-
sen Umständen kann nicht angenommen werden, daß die Globalabtretung über
die Herstellung der Auszahlungsvoraussetzungen für das Darlehen vom
2. August 1999 hinaus die tatsächliche Valutierung des Darlehens zur Zweck-
bestimmung hatte. Es ist schon nicht dargetan oder ersichtlich, daß die Schuld-
nerin eine solche Bestimmung für die Beklagte erkennbar gemacht hätte. Zu-
mindest kann nicht davon ausgegangen werden, daß auch die Beklagte für den
Fall, daß das Darlehen nicht (voll) valutiert werden sollte, den Zweck der Glo-
balabtretung als entfallen ansehen wollte; mit ihr wollte sie sich gerade auch für
bereits früher entstandene Forderungen weitere Sicherheiten verschaffen.
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Jedenfalls ist alles, was zwischen den Parteien vereinbart wurde, Gegen-
stand vertraglicher Abreden. Darüber hinausgehende Absprachen oder Zweck-
bindungen sind nicht dargetan. Damit fehlt es an der erforderlichen außerver-
traglichen gemeinsamen Zweckbestimmung.
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Fischer
ist wegen urlaubsbedingter Ortsabwesen-
heit verhindert, seine Unterschrift beizufü-
gen.
Kreft
Kreft
Ganter
Richter am Bundesgerichtshof Neškovi
ist wegen Ortsabwesenheit verhindert,
seine Unterschrift beizufügen.
Kreft
Vill