Urteil des BGH vom 07.02.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZB 58/12
vom
7. Februar 2013
in Sachen
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
GKG § 66 Abs. 3, 4
a) Die Rechtsbeschwerde ist im Kostenansatzverfahren auch dann nicht statthaft,
wenn das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen
hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 271/02,
NJW 2003, 70; Beschluss vom 27. Oktober 2011 - VII ZB 8/10, DGVZ 2012, 208).
b) Eine unstatthafte Rechtsbeschwerde kann regelmäßig in eine weitere Beschwerde
umgedeutet und die Sache an das zuständige Oberlandesgericht abgegeben wer-
den (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 11. September 2008 - I ZB 22/07,
DGVZ 2008, 187).
BGH, Beschluss vom 7. Februar 2013 - VII ZB 58/12 - LG Frankfurt am Main
AG Frankfurt am Main
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Februar 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Eick, Halfmeier,
Kosziol und Prof. Dr. Jurgeleit
beschlossen:
Die Sache wird zur Entscheidung über die weitere Beschwerde
der Gerichtskasse Frankfurt am Main gegen den Beschluss der
9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom
17. September 2012 an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main
abgegeben.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht
erhoben.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 622,24
festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beklagte ist unter anderem auf Zahlung von Werklohn in Anspruch
genommen worden. Ihr ist für den Rechtsstreit ratenfreie Prozesskostenhilfe
bewilligt worden. Der Rechtsstreit ist durch Vergleich beendet worden, mit dem
die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben
worden sind.
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Die Gerichtskasse hat die Beklagte mit Kostenrechnung vom
17. November 2011 zur Zahlung von 622,24
€ aufgefordert. Hierbei handelt es
sich um verschiedene Gerichtskosten (Gebühren, Auslagen für Zustellung,
Sachverständigenvergütung). Die Kostenrechnung enthält den Hinweis, dass
die Beklagte als Übernahmeschuldner nach § 29 Nr. 2 GKG hafte.
Hiergegen hat die Beklagte Erinnerung eingelegt, die das Amtsgericht
zurückgewiesen hat. Auf die Beschwerde der Beklagten hat das Beschwerde-
gericht (Landgericht) die Kostenrechnung aufgehoben und die Rechtsbe-
schwerde gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO zugelassen. Mit ihrer Rechtsbe-
schwerde begehrt die Gerichtskasse, den angefochtenen Beschluss aufzuhe-
ben und die amtsgerichtliche Entscheidung wieder herzustellen.
II.
Eine Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Das statthafte Rechtsmittel ist die
weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht. In eine solche ist das Rechtsmittel
umzudeuten und die Sache ist an das zuständige Oberlandesgericht abzuge-
ben.
1. Gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts über den Kos-
tenansatz ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nicht statthaft.
Nach § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG findet eine Beschwerde an einen obersten
Gerichtshof des Bundes nicht statt. Damit ist auch eine Rechtsbeschwerde an
den Bundesgerichtshof ausgeschlossen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober
2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70; Beschluss vom 11. September 2008
- I ZB 22/07, DGVZ 2008, 187 Rn. 7, jeweils m.w.N. aus der Gesetzesbegrün-
dung; Beschluss vom 27. Oktober 2011 - VII ZB 8/10, DGVZ 2012, 208 Rn. 6).
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Gegen eine Entscheidung über die Beschwerde nach einer Erinnerung
gegen einen Kostenansatz ist nach § 66 Abs. 4 GKG (nur) die weitere Be-
schwerde zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden
und es die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur
Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat. Das beruht auf der Entschei-
dung des Gesetzgebers, die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zur
Vereinheitlichung der Rechtsprechung nur im Kostenfestsetzungsverfahren zu
ermöglichen, während er zur Klärung von Grundsatzfragen im Kostenansatzver-
fahren die weitere Beschwerde eingeführt und die Rechtsbeschwerde aus-
drücklich ausgeschlossen hat (BGH, Beschluss vom 11. September 2008
- I ZB 22/07, aaO Rn. 14 m.w.N.).
2. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht
ändert daran nichts. Die Bindungswirkung des § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO tritt nur
hinsichtlich des Vorliegens eines Zulassungsgrundes nach § 574 Abs. 2 ZPO
ein, eröffnet aber nicht ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel (vgl.
BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 271/02, NJW 2003, 70; Be-
schluss vom 27. Februar 2003 - I ZB 22/02, BGHZ 154, 102 m.w.N.; Beschluss
vom 11. September 2008 - I ZB 22/07, aaO Rn. 15; Beschluss vom 8. Juli 2010
- VII ZB 36/08, BauR 2010, 1791 f.).
3. Die Rechtsbeschwerde ist mit Rücksicht darauf, dass gegen die Be-
schwerdeentscheidung des Landgerichts nicht die Rechtsbeschwerde zum
Bundesgerichtshof, sondern nur die weitere Beschwerde zum Oberlandesge-
richt statthaft ist, nicht als unzulässig zurückzuweisen, sondern in eine weitere
Beschwerde umzudeuten. Bei Rechtsmittelerklärungen ist eine Umdeutung un-
ter der Voraussetzung zulässig, dass es sich um vergleichbare Prozesserklä-
rungen handelt, die sich in ihrer Intention und rechtlichen Wirkung entsprechen
(BGH, Beschluss vom 11. September 2008 - I ZB 22/07, aaO Rn. 17 m.w.N.).
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So verhält es sich hier. Die weitere Beschwerde zielt ebenso wie die Rechtsbe-
schwerde auf die Änderung einer Beschwerdeentscheidung des Landgerichts
durch ein übergeordnetes Gericht; die weitere Beschwerde setzt zudem wie die
Rechtsbeschwerde voraus, dass das Landgericht die Beschwerde wegen der
grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Be-
schluss zugelassen hat. Die Sache ist danach zur Entscheidung über die weite-
re Beschwerde an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main abzugeben. We-
gen der im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten macht der
Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
Kniffka
Eick
Halfmeier
Kosziol
Jurgeleit
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 13.07.2012 - 32 C 1342/06 (72) -
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 17.09.2012 - 2-9 T 316/12 -