Urteil des BGH vom 16.12.2008

BGH (einstellung des verfahrens, stpo, stgb, nachteil, verfolgung, aufhebung, strafkammer, einstellung, mindeststrafe, angeklagter)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 402/08
vom
16. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerde-
führer und auf Antrag des Generalbundesanwalts - zu 1. b) mit dessen Zustim-
mung - am 16. Dezember 2008 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, § 354
Abs. 1 analog, §§ 442, 430, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Mönchengladbach vom 6. Dezember 2007 wird,
1. soweit es den Angeklagten A. betrifft,
a) im Fall II 8 der Urteilsgründe (Fall V. ) eine Freiheits-
strafe von sechs Monaten als Einzelstrafe festgesetzt,
b) der Verfall von der Verfolgung ausgenommen;
2. soweit es den Angeklagten G. betrifft,
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II 5
der Urteilsgründe (Fall D. ) verurteilt worden ist. Im Um-
fang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die
notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur
Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert,
dass der Angeklagte wegen Betrugs in drei Fällen verurteilt
ist.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Der Angeklagte A. hat die Kosten seines Rechtsmittels ins-
gesamt, der Angeklagte G. die verbleibenden Kosten sei-
nes Rechtsmittels zu tragen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Betrugs in 14 Fällen
und wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von fünf Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten G. hat es wegen Be-
trugs in vier Fällen eine Jugendstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Voll-
streckung zur Bewährung ausgesetzt. Die mit den Revisionen hiergegen erho-
benen Verfahrensrügen haben aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend
dargelegten Gründen keinen Erfolg. Die sachlich-rechtliche Prüfung des Urteils
ergibt nach der vorgenommenen Verfahrensbeschränkung keine zur Aufhebung
und Zurückverweisung nötigenden Rechtsfehler zu Lasten der Angeklagten.
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1. Angeklagter A.
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a) Im Fall II 8 der Urteilsgründe hat es das Landgericht versäumt, eine
Einzelstrafe festzusetzen. Dies beschwert den Angeklagten zwar nicht; gleich-
wohl muss die Festsetzung der Rechtsfolge nachgeholt werden. Der Senat
setzt deshalb in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt in entspre-
chender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Einzelstrafe für die Tat zum
Nachteil der Eheleute V. auf die sich aus dem Strafrahmen des § 263
Abs. 3 StGB ergebende Mindeststrafe von sechs Monaten fest. In Anbetracht
der für alle ausgeurteilten Taten gleichermaßen geltenden Erwägungen zur
Strafrahmenwahl ist auszuschließen, dass die Strafkammer im Fall II 8 von der
Annahme der Regelwirkung des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB abgesehen
hätte.
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b) Das Landgericht hat der Strafzumessung bei den Versuchstaten zum
Nachteil der Geschädigten F. und L. (Fälle II 6 d und 7 b) jeweils den
nach § 23 Abs. 2 i. V. m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 263
Abs. 3 StGB zugrunde gelegt. Die Mindeststrafe beträgt danach jedoch nicht
sechs Monate, wovon das Landgericht ausgegangen ist, sondern einen Monat
Freiheitsstrafe (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Zwar liege entgegen der Auffassung
des Generalbundesanwalts konkrete Anhaltspunkte für ein bloßes Schreibver-
sehen der Strafkammer nicht vor. Der Senat kann jedoch ausschließen, dass
die für diese Taten verhängten Freiheitsstrafen von einem bzw. zwei Jahren auf
dem Rechtsfehler beruhen, da sich das Landgericht bei Bemessung dieser
Strafen ersichtlich nicht am unteren Rand des von ihr fälschlich angenommenen
Strafrahmens orientiert hat.
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c) Der Senat beschränkt schließlich mit Zustimmung des Generalbun-
desanwalts gemäß §§ 430, 442 StPO die Verfolgung der Taten auf den Straf-
ausspruch und nimmt Verfallsanordnungen von der Verfolgung aus. Dies ge-
schieht im Hinblick darauf, dass das Landgericht in den Urteilsgründen Feststel-
lungen im Sinne des § 111 i Abs. 2 StPO zu einem möglichen Auffangrechtser-
werb des Staates getroffen hat. Abgesehen davon, dass die nach § 111 i Abs. 2
StPO erforderlichen Feststellungen in die Urteilsformel aufzunehmen gewesen
wären (vgl. Nack in KK 6. Aufl. § 111 i Rdn. 14; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl.
§ 111 i Rdn. 9), hätten sie im vorliegenden Fall keinen Bestand, da es sich bei
den ausgeurteilten Taten um sogenannte Altfälle handelt, die vor Inkrafttreten
der Neufassung des § 111 i StPO am 1. Januar 2007 begangen wurden. Auf
diese sind die Regelungen des § 111 i Abs. 2, 3 und 5 StPO nicht anwendbar
(vgl. BGH NJW 2008, 1093).
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2. Angeklagter G.
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Auf Antrag des Generalbundesanwalts stellt der Senat im Fall II 5 der Ur-
teilsgründe (Tat zum Nachteil der Eheleute D. ) das Verfahren gemäß
§ 154 Abs. 2 StPO ein. Die teilweise Einstellung des Verfahrens führt nur zu
einer entsprechenden Änderung des Schuldspruchs. Darüber hinaus nötigt die
Verfahrenseinstellung nicht zur Aufhebung der verhängten Jugendstrafe. Der
Senat kann angesichts der verbleibenden Taten und dem rechtsfehlerfrei fest-
gestellten erheblichen Erziehungsbedarf des Angeklagten ausschließen, dass
das Landgericht die Erforderlichkeit der Verhängung einer Jugendstrafe wegen
der Schwere der Schuld und des Vorliegens schädlicher Neigungen anders als
geschehen beurteilt oder auf eine niedrigere Jugendstrafe erkannt hätte.
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Becker Miebach Pfister
Sost-Scheible Hubert