Urteil des BGH vom 27.02.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 543/12
vom
27. Februar 2013
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 1908 i Abs. 1, 1836; VBVG § 5 Abs. 5
Die Berechnung der einem Berufsbetreuer bei einem Wechsel zu einem ehrenamtli-
chen Betreuer gemäß § 5 Abs. 5 VBVG zu vergütenden Monate erfolgt nach Betreu-
ungsmonaten und nicht nach Kalendermonaten.
BGH, Beschluss vom 27. Februar 2013 - XII ZB 543/12 - LG Kiel
AG Kiel
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Februar 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Dr. Vézina und die Richter
Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Kiel vom 11. September 2012 wird auf Kosten
der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 8
8 €
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 2 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom
6. Oktober 2010 zur berufsmäßigen Betreuerin des Betroffenen bestellt. Der
für
sofort wirksam erklärte Beschluss wurde der Geschäftsstelle am 7. Oktober
2010 übergeben. Mit der Beteiligten zu 2 am 5. März 2012 bekannt gegebenem
Beschluss vom 29. Februar 2012 entließ das Amtsgericht sie aus dem Amt und
bestellte die Tochter des Betroffenen, die Beteiligte zu 1, zur ehrenamtlichen
Betreuerin.
Die Beteiligte zu 2 beantragte die Festsetzung ihrer Vergütung aus dem
Vermögen des Betroffenen für die Zeit vom 8. Januar 2012 bis zum 30. April
2012 in Höhe von insgesamt 418
€.
Das Amtsgericht hat eine Vergütung lediglich für den Zeitraum vom
8. Januar 2012 bis zum 7. April 2012 bewilligt. Die Beschwerde der Beteiligten
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zu 2 hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sie sich mit der
vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zu-
gelassen wurde (§ 70 Abs. 1 FamFG), und auch im Übrigen zulässig. Sie hat
jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt,
der Beteiligten zu 2 stehe gemäß § 5 Abs. 5 VBVG lediglich eine Vergütung bis
zum 7. April 2012 und nicht wie von ihr beantragt bis zum 30. April 2012 zu. Der
Monatsbegriff des § 5 Abs. 5 VBVG sei im betreuungsrechtlichen und nicht im
kalendermäßigen Sinn zu verstehen. Dies ergebe sich aus der Gesetzessyste-
matik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.
a) Zu Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass sich die Be-
rechnung der gemäß § 5 Abs. 5 VBVG zu vergütenden Monate bei einem
Wechsel von einem beruflichen zu einem ehrenamtlichen Betreuer nach Be-
treuungsmonaten und nicht nach Kalendermonaten richtet (ebenso LG Göttin-
gen Beschluss vom 6. Januar 2011 - 5 T 142/10 - juris Rn. 14 ff.; Jurge-
leit/Maier Betreuungsrecht 2. Aufl. § 5 VBVG Rn. 47; Deinert/Lütgens Die Ver-
gütung des Betreuers 6. Aufl. Rn. 1028; Jürgens/Jürgens Betreuungsrecht
4. Aufl. § 5 VBVG Rn. 14; MünchKommBGB/Fröschle 6. Aufl. § 5 VBVG Rn. 43;
Knittel Betreuungsgesetz Stand 1. Juni 2010 § 5 VBVG Rn. 80; a.A. OLG
Frankfurt FamRZ 2008, 1562; OLG Hamm FamRZ 2008, 92 jeweils ohne Be-
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gründung). Das folgt aus dem Wortlaut, der Gesetzessystematik, der Entste-
hungsgeschichte und dem Zweck der Norm.
aa) Nach § 5 Abs. 5 VBVG sind bei einem Wechsel von einem berufli-
chen zu einem ehrenamtlichen Betreuer dem beruflichen Betreuer der Monat, in
den der Wechsel fällt und der Folgemonat mit dem vollen Zeitaufwand nach § 5
Abs. 1 und 2 VBVG zu vergüten. Der nach § 5 Abs. 1 und 2 VBVG dem Berufs-
betreuer zu vergütende Zeitaufwand wird ab dem Beginn der Betreuung mo-
natsweise berechnet (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011 - XII ZB 440/10 -
FamRZ 2011, 1220 Rn. 12). Für die Berechnung der Monate gelten § 187
Abs. 1 und § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB entsprechend (§ 5 Abs. 4 Satz 1 VBVG).
Maßgebendes Ereignis für den Beginn der Betreuung und damit des Abrech-
nungsmonats ist das Wirksamwerden des Beschlusses über die Bestellung des
Betreuers gemäß § 287 FamFG. Danach beginnt der Lauf der Monatsfrist an
dem Tag nach dem Wirksamwerden des Beschlusses (§ 187 Abs. 1 BGB). Das
Ende des Abrechnungsmonats fällt gemäß § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB auf den Tag
des folgenden Monats, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage
entspricht, an dem der Beschluss wirksam geworden ist.
bb) Dafür, dass § 5 Abs. 5 VBVG abweichend von dem in §§ 5 Abs. 1, 2,
und 4 VBVG definierten Begriff des zu vergütenden Monats nicht von dem Be-
treuungsmonat, sondern von dem Kalendermonat ausgeht, gibt es keine An-
haltspunkte.
Mit § 5 Abs. 5 VBVG sollte für den Fall des Wechsels von einem berufli-
chen zu einem ehrenamtlichen Betreuer eine Ausnahme von der Regelung des
§ 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG geschaffen werden, nach der u.a. bei einem Wechsel
des Betreuers vor Ablauf des vollen Abrechnungsmonats der Stundenansatz
nur zeitanteilig nach Tagen bis zur Beendigung der Betreuung zu berechnen ist
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(BT-Drucks. 15/2494 S. 34). Mit der Sonderregelung in § 5 Abs. 5 VBVG wollte
der Gesetzgeber die gewünschte Subsidiarität der berufsmäßigen Betreuung
fördern. Durch die Vergütung der vollen Monatspauschale für den laufenden
Abrechnungsmonat, in den der Wechsel fällt, und den Folgemonat anstelle der
taggenau mit dem Ende der Betreuung endenden Vergütung soll dem berufs-
mäßigen Betreuer einerseits ein Anreiz zur Abgabe der Betreuung an einen
ehrenamtlichen Betreuer geboten werden. Andererseits soll ein durch die Ab-
gabe möglicherweise nötig werdender Mehraufwand mit abgegolten werden
(BT-Drucks. 15/4874 S. 32).
b) Da der Beschluss über die Bestellung der Beteiligten zu 2 zur Berufs-
betreuerin gemäß § 287 Abs. 2 Nr. 2 FamFG mit dem Tag nach seiner Überga-
be an die Geschäftsstelle, somit am 8. Oktober 2010, wirksam geworden ist,
endete die Monatsfrist jeweils am 7. Tag der Folgemonate. Nachdem die Be-
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treuung mit Bekanntgabe des Aufhebungsbeschlusses am 5. März 2012 ende-
te, kann die Beteiligte zu 2 gemäß § 5 Abs. 5 VBVG lediglich die ihr vom Be-
schwerdegericht bis zum 7. April 2012 zuerkannte Vergütung verlangen.
Dose
Vézina
Klinkhammer
Günter
Botur
Vorinstanzen:
AG Kiel, Entscheidung vom 30.07.2012 - 2 XVII L 1143 -
LG Kiel, Entscheidung vom 11.09.2012 - 3 T 296/12 -