Urteil des BGH vom 09.01.2008

BGH (freiheitsstrafe, strafe, stpo, antrag, stgb, annahme, strafzumessung, ausgleich, strafrechtspflege, raum)

5 StR 554/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 9. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Januar 2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Leipzig vom 30. Juli 2007 gemäß § 349
Abs. 4 StPO im Strafausspruch dahingehend geändert,
dass die erkannte Freiheitsstrafe von zehn auf neun Jah-
re herabgesetzt wird.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmit-
tels zu tragen. Jedoch wird die Gebühr für das Revisi-
onsverfahren um ein Zehntel ermäßigt; die im Revisions-
verfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und not-
wendigen Auslagen des Angeklagten werden je zu ei-
nem Zehntel der Staatskasse auferlegt.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn
Jahren verurteilt. Auf die im Übrigen im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO erfolg-
lose Revision des Angeklagten ist die Strafe auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Angeklagten um ein Jahr auf eine Freiheits-
strafe von neun Jahren herabzusetzen.
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1. Anlass hierfür ist die Anwendung eines unzutreffenden Strafrah-
mens (vgl. BGH NJW 1978, 174). Das Landgericht hat für die heimtückisch
und aus niedrigen Beweggründen – Verärgerung darüber, dass es die Ne-
benklägerin abgelehnt hatte, mit dem Angeklagten eine Scheinehe einzuge-
hen – ausgeführte Messerattacke des Angeklagten die Strafe wegen Mord-
versuchs sonst mit durchweg rechtsfehlerfreien Erwägungen begründet, in-
des nach Strafrahmenverschiebung gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB
fälschlich einen Strafrahmen von fünf Jahren bis 15 Jahren Freiheitsstrafe
zugrunde gelegt (UA S. 31). Richtigerweise hätte das Schwurgericht aber
von der sich aus § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB ergebenden Untergrenze des Straf-
rahmens von drei Jahren Freiheitsstrafe ausgehen müssen.
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2. Bei dieser Sachlage ist § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO auch in Anse-
hung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (StV 2007, 393
und 561) anwendbar. Die tatsächlichen Grundlagen für eine Entscheidung
des Revisionsgerichts liegen vor (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Novem-
ber 2007 – 4 StR 522/07 Rdn. 3). Das Erfordernis einer umfassenden neuen
Gesamtabwägung mit eigener Gewichtung aller maßgeblichen Strafzumes-
sungsgesichtspunkte, was einer Sachentscheidung des Revisionsgerichts
entgegenstehen könnte (vgl. BGH aaO), ist vorliegend nicht gegeben. Der
Strafzumessung des Landgerichts liegt kein insgesamt rechtsfehlerhafter
Maßstab zu Grunde (vgl. BGH aaO), sondern lediglich die fehlerhafte An-
nahme einer eher geringfügig zu hohen Untergrenze. Zum Ausgleich dieses
Fehlers drängt sich – bei der vom Landgericht gefundenen Strafe in der
rechnerischen Mitte des von ihm angenommenen Strafrahmens – die mit
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dem Antrag des Generalbundesanwalts erstrebte Reduzierung der Strafe als
den Interessen des Angeklagten und zur Schonung von Ressourcen der
Strafrechtspflege dienend geradezu auf.
Der Senat ist befugt, durch Beschluss zu entscheiden (BGH
NJW 2006, 1605).
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