Urteil des BGH vom 17.12.2013

BGH: freiheitsberaubung, nötigung, adhäsionsverfahren, auflage, vertretung, entziehung, rüge, vollstreckung, anhörung, entscheidungsformel

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 351/13
vom
17. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 17. Dezember 2013
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Meiningen vom 24. April 2013 im Schuldspruch dahinge-
hend geändert, dass der Angeklagte wegen gefährlicher Kör-
perverletzung in Tateinheit mit versuchter Freiheitsberaubung
und versuchter Nötigung verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-
gen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-
zung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und mit versuchter Nötigung zu einer
Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstre-
ckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Darüber hinaus hat es eine Adhä-
sionsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit
seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision.
Das Rechtsmittel führt lediglich zu der aus der Entscheidungsformel er-
sichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Zuschrift ausgeführt:
"Die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperver-
letzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung hält rechtlicher
Nachprüfung stand. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen
tragen dagegen eine Verurteilung wegen tateinheitlich begangener
vollendeter Freiheitsberaubung nicht. Der Tatbestand des § 239
Abs. 1 StGB setzt zwar keine bestimmte Dauer der Entziehung
der persönlichen Fortbewegungsfreiheit voraus; es reicht vielmehr
grundsätzlich auch eine nur vorübergehende Einschränkung aus
(vgl. BGHSt 14, 314, 315). Jedoch erfüllt eine - wie hier - zeitlich
nur unerhebliche Beeinträchtigung der Fortbewegungsfreiheit den
Tatbestand nicht (vgl. BGH NStZ 2003, 371; BGH NStZ-RR 2003,
168). Der Angeklagte hat sich daher nur der versuchten Freiheits-
beraubung schuldig gemacht. Die Tatbestände der versuchten Nö-
tigung und der versuchten Freiheitsberaubung stehen hier auch im
Konkurrenzverhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander. Die
versuchte Freiheitsberaubung ging über das hinaus, was zur Tat-
bestandsverwirklichung der Nötigung gehört (siehe Fischer StGB
60. Auflage § 239 Rn. 18).
Einer entsprechenden Schuldspruchänderung steht § 265 StPO
nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den geänderten
Schuldvorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen kön-
nen.
Die Schuldspruchänderung hat keine Auswirkungen auf den Straf-
ausspruch. Die Strafkammer hat nicht ausdrücklich strafschärfend
die tateinheitlich begangene vollendete Freiheitsberaubung be-
rücksichtigt. Im Hinblick auf den verbleibenden Unrechts- und
Schuldgehalt der Tat lässt sich daher ausschließen, dass das
Landgericht im Hinblick auf eine Verurteilung nur wegen versuch-
ter Freiheitsberaubung auf eine mildere Strafe erkannt hätte."
Dem schließt sich der Senat an und bemerkt im Übrigen:
Soweit der Angeklagte beantragt hat, ihm unter Beiordnung seines Ver-
teidigers Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren zu gewähren, geht der
Antrag ins Leere, weil bereits im ersten Rechtszug eine auch für das Revisions-
verfahren fortwirkende Pflichtverteidigerbestellung erfolgt war. Soweit der An-
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trag des Angeklagten dahin auszulegen wäre, dass er die Gewährung von Pro-
zesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren begehrt, könnte dem - unabhängig
von der Frage, ob sich die Beiordnung des Pflichtverteidigers regelmäßig auch
ohne Gewährung von Prozesskostenhilfe auf die Vertretung des Angeklagten
im Adhäsionsverfahren erstreckt (zum Meinungsstand vgl. Meyer-Goßner,
StPO 56. Aufl. § 140 Rn. 5; offen gelassen von BGH NJW 2001, 2486) - nicht
entsprochen werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinsichtlich der
Adhäsionsentscheidung aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift
angeführten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat.
Appl Schmitt Eschelbach
Ott Zeng