Urteil des BGH vom 25.11.2008

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VI ZR 245/07
vom
25. November 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 249 Fb, § 254 Dc
Zur Frage, ob ein vorsteuerabzugsberechtigter Geschädigter bei Anschaffung eines
Ersatzfahrzeugs verpflichtet ist, ein regelbesteuertes Fahrzeug zu erwerben.
BGH, Beschluss vom 25. November 2008 - VI ZR 245/07 - AG Celle
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. November 2008 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr
beschlossen:
Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision gegen das Urteil des
Amtsgerichts Celle vom 23. August 2007 wird auf Kosten der Be-
klagten abgelehnt.
Der Gegenstandswert für das Zulassungsverfahren wird auf
2.235,29 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beklagte haftet als Haftpflichtversicherer des Schädigers in vollem
Umfang aus einem Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug der Klägerin einen
Totalschaden erlitten hat. Gemäß dem nach dem Unfall eingeholten Gutachten
betrug der Wiederbeschaffungswert 14.000 € und der Restwert 4.500 €, jeweils
einschließlich Umsatzsteuer auf der Grundlage der Differenzbesteuerung. Die
vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin erwarb ein gleichartiges, differenzbesteu-
ertes Ersatzfahrzeug zu einem Preis von 15.900 €. Das beschädigte Fahrzeug
veräußerte sie für 4.500 € an ein Autohaus.
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Die Beklagte hat den Fahrzeugschaden auf der Basis eines Net-
to-Wiederbeschaffungswerts unter Abzug einer Umsatzsteuer von 19 % für den
Wiederbeschaffungswert und den Restwert in Höhe von 7.983,20 € reguliert.
Sie trägt vor, die Klägerin hätte ein regelbesteuertes Fahrzeug als Ersatz an-
schaffen müssen und könne die Umsatzsteuer nicht verlangen. Vergleichbare
Fahrzeuge würden zu 30 % regelbesteuert angeboten.
Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung weiterer 2.235,29 € verur-
teilt. Dagegen hat diese mit Einwilligung der Klägerin einen Antrag auf Zulas-
sung der Sprungrevision gestellt.
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II.
Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision ist aufgrund der schriftli-
chen Einwilligung der Klägerin statthaft (§ 566 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber
nicht begründet, weil die Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung
hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 566
Abs. 4 ZPO).
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nicht zu beanstanden, dass
das Amtsgericht der Klägerin Schadensersatz auf der Basis eines Brut-
to-Wiederbeschaffungswerts von 14.000 € zugesprochen hat. Im Streitfall lie-
gen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen die Rechtsprechung ange-
nommen hat, dass die in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer nicht vom Schädi-
ger zu erstatten ist, soweit der Halter eines für Geschäftszwecke benutzten
Fahrzeugs nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (vgl.
Senatsurteil vom 6. Juni 1972 - VI ZR 49/71 - VersR 1972, 973, 974; BGH, Ur-
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teil vom 22. Mai 1989 - X ZR 25/88 - NJW-RR 1990, 32, 33). Die Klägerin hat
ein differenzbesteuertes Fahrzeug angeschafft, so dass sie nicht vorsteuerab-
zugsberechtigt ist (vgl. §§ 15 Abs. 1, 14 Abs. 4 Nr. 8, 14a Abs. 6, 14c, 25a
Abs. 3, 4 UStG; Tipke/Lang/Reiß, Steuerrecht, 19. Aufl., § 14 Rn. 144 ff.). Zu-
dem werden selbst nach dem - bestrittenen - Beklagtenvortrag auf dem maß-
geblichen Markt vergleichbare Fahrzeuge nur zu 30 % regelbesteuert angebo-
ten. Unter diesen Umständen ist es einem Geschädigten auch im Hinblick auf
eine etwaige Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) nicht zumutbar,
sich ausschließlich nach einem regelbesteuerten Fahrzeug umzusehen und ein
solches zu erwerben, um zur Entlastung des Schädigers die Vorsteuerabzugs-
berechtigung geltend machen zu können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr
Vorinstanz:
AG Celle, Entscheidung vom 23.08.2007 - 13 C 926/07 (10b) -