Urteil des BGH vom 19.11.1998

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 268/05 Verkündet
am:
22. März 2007
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 312; Richtlinie 85/577/EWG Art. 3 Abs. 2, Art. 8
Verträge über den Bau von Immobilien fallen in den Anwendungsbereich von
§ 312 BGB (im Anschluss an BGH, Urteil vom 19. November 1998 - VII ZR 424/97,
BauR 1999, 257 = ZfBR 1999, 152).
BGB §§ 134, 632 a, 641 Abs. 1; MaBV § 3 Abs. 2, § 12
An die Stelle einer nach § 3 Abs. 2, § 12 MaBV i. V. mit § 134 BGB nichtigen Zah-
lungsvereinbarung tritt als Ersatzregelung weder der Zahlungsplan des § 3 Abs. 2
MaBV noch § 632 a BGB, sondern § 641 Abs. 1 BGB (im Anschluss an BGH, Urteil
vom 22. Dezember 2000 - VII ZR 310/99, BGHZ 146, 250).
BGB § 813 Abs. 2
Leistet der Erwerber vor Fälligkeit der Werklohnforderung Zahlungen, durch deren
Entgegennahme der Unternehmer gegen das Verbot des § 3 MaBV verstößt, so
steht dem bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch des Erwerbers § 813
Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht entgegen.
§ 813 Abs. 2 BGB greift jedoch ein, soweit es des Rückforderungsanspruchs nicht
bedarf, weil der von der MaBV bezweckte Schutz des Erwerbers im Einzelfall schon
verwirklicht ist.
BGH, Urteil vom 22. März 2007 - VII ZR 268/05 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
- 2 -
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter
Dr. Kuffer, Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den Richter Dr. Eick
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Oktober 2005 wird auf
seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Rückzahlung erbrachter Zahlungen auf einen
Grundstückskaufvertrag sowie einen Bauvertrag, Zug um Zug gegen Rücküber-
tragung des Grundstücks, hilfsweise Rückzahlung geleisteter Abschlagszahlun-
gen.
1
Der Kläger und seine Ehefrau, die ihm ihre Ansprüche abgetreten hat
(künftig: der Kläger), schlossen am 19. November 2002 mit der Beklagten einen
notariell beurkundeten Vertrag über den Erwerb eines Grundstückes in B. zum
Kaufpreis von 33.748 €. Bereits zuvor hatten die Parteien einen auf den
15. November 2002 datierten "Vertrag über Bauleistungen" abgeschlossen.
Nach diesem Vertrag sollte die Beklagte als Hauptunternehmerin zu einem
Pauschalpreis von 278.507 € alle Gewerke für die Erstellung eines Einfamilien-
2
- 3 -
wohnhauses auf dem in dem notariellen Vertrag vom 19. November 2002 be-
zeichneten Grundstück übernehmen. Gemäß Ziff. 3.1 des Bauvertrages sollte
die Vergütung nach einem Zahlungsplan erfolgen, der die Zahlung des Pau-
schalbetrages in neun Teilbeträgen vorsah. Danach sollte die erste Rate von
48.061,44 € 14 Tage nach Vertragsschluss, die zweite Rate über 32.211,39 €
nach Erstellung der Bodenplatte gezahlt werden. Die Rechnungsstellung über
die erste Rate erfolgte am 15. Mai 2003. Den Abschluss des Bauvertrages ver-
schwiegen die Parteien bei der notariellen Beurkundung des Grundstückskauf-
vertrages. Nach Zahlung des Kaufpreises für das Grundstück wurde der Kläger
am 28. März 2003 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Die Bauarbeiten
begannen im Frühjahr 2003. In der Folgezeit kam es im Zusammenhang mit der
Errichtung der Bodenplatte zu Streitigkeiten zwischen den Parteien. Zu diesem
Zeitpunkt hatte der Kläger außer dem Kaufpreis gemäß dem Zahlungsplan des
Bauvertrages die ersten beiden Teilbeträge in Höhe von 48.061,44 € und
32.211,39 € gezahlt.
Der Kläger hat in der Instanz u. a. vorgetragen, der Notartermin am
19. November 2002 sei nach längeren Verhandlungen vereinbart worden. Auf
dem Weg zum Notar sei er von dem Geschäftsführer der Beklagten abgefangen
und in ein Café geführt worden. Dort habe dieser ihm erklärt, dass der Bauver-
trag unbedingt vor Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrags unter-
schrieben werden müsse, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.
Zwischenfragen habe der Geschäftsführer der Beklagten unter Hinweis auf den
anstehenden Notartermin und den Zeitdruck abgeblockt. Daraufhin habe er den
Bauvertrag unterzeichnet.
3
Das Landgericht hat die auf Rückzahlung der geleisteten Beträge in Hö-
he von 114.020 € Zug um Zug gegen lastenfreie Rückübertragung des Grund-
stücks gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte auf
4
- 4 -
den Hilfsantrag des Klägers, der auf Zahlung von 80.272,83 € gerichtet war, zur
Zahlung von 20.343,50 € verurteilt; die weitergehende Berufung des Klägers
hat es zurückgewiesen. Es hat die Revision zur Klärung der Frage der Bedeu-
tung des § 3 Abs. 2 MaBV nach Erlass der Verordnung über Abschlagszahlun-
gen bei Bauträgerverträgen vom 23. Mai 2001 (HausbauVO) zugelassen. Mit
der eingelegten Revision verfolgt der Kläger seinen Rückzahlungsanspruch in
vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.
5
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dem Kläger stehe kein An-
spruch auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises sowie der beiden Bauver-
tragsraten gemäß § 812 BGB i. V. mit § 125 BGB zu. Die zwischen den Partei-
en geschlossenen Verträge seien wirksam. Zwar sei der Grundstückskaufver-
trag unvollständig beurkundet und deshalb zunächst gemäß § 311 b Abs. 1
Satz 1, § 125 BGB nichtig gewesen. Die Parteien hätten von Anfang an einen
Bauträgervertrag abschließen wollen. Es habe schon vor der Beurkundung des
Grundstückserwerbsvertrages festgestanden, dass das Grundstück durch die
Beklagte bebaut werden sollte. Da die Verträge nur zusammen gelten sollten
und trotz der Abfassung in zwei Urkunden eine rechtliche Einheit gebildet hät-
ten, hätten der Bauvertrag und der Grundstückskaufvertrag insgesamt beur-
kundet werden müssen. Dieser Formmangel sei jedoch durch die Eintragung
des Klägers als Eigentümer im Grundbuch gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB
ex nunc geheilt worden. Die Heilung habe sich auf den gesamten Inhalt der
6
- 5 -
Verträge einschließlich aller Nebenabreden, mithin auch auf den Bauvertrag,
erstreckt.
7
Jedoch stehe dem Kläger ein bereicherungsrechtlicher Anspruch in Höhe
von 20.343,50 € zu. Der zwischen den Parteien vereinbarte Zahlungsplan sei
gemäß § 3 Abs. 2, § 12 MaBV i. V. mit § 134 BGB nichtig. § 3 Abs. 2 MaBV
sehe eine in bis zu sieben Teilbeträge zu staffelnde Aufteilung des Vertragsent-
geltes vor. Der zwischen den Parteien vereinbarte Zahlungsplan habe davon
abweichend und unabhängig von der Zahlung des Kaufpreises für das Grund-
stück weitere neun Teilbeträge vorgesehen, wobei die erste Zahlung bereits 14
Tage nach Vertragsabschluss und vor Beginn der Erdarbeiten fällig gewesen
sei. Die Abschlagszahlungen zwei bis fünf des Zahlungsplanes hätten für den
Kläger weitere Zahlungen in Höhe von 171.739 € bedeutet. Demgemäß wären
zum Zeitpunkt der Rohbaufertigstellung ohne Dacharbeiten 81,2% des Ge-
samtvolumens von 312.255 € an die Beklagte zu erbringen gewesen. Die MaBV
erlaube dem Gewerbetreibenden bis zu diesem Zeitpunkt jedoch nur die Entge-
gennahme von insgesamt 58% der Auftragssumme.
Infolge der Nichtigkeit des vereinbarten Zahlungsplanes könne der Klä-
ger denjenigen Geldbetrag zurückfordern, der nicht im Einklang mit § 3 Abs. 2
MaBV stehe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trete an die
Stelle der nichtigen Abschlagszahlungsvereinbarung das Werkvertragsrecht
des Bürgerlichen Gesetzbuches. Bestandteil dessen sei gemäß § 1 Satz 1 der
HausbauVO die MaBV. Die HausbauVO sei wirksam, insbesondere sei sie ent-
gegen einer teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung auch nicht wegen
Verstoßes gegen europäisches Gemeinschaftsrecht als nichtig zu behandeln.
Zwar trete damit nicht automatisch die Regelung des § 3 Abs. 2 MaBV an die
Stelle des nichtigen vereinbarten Zahlungsplans. Jedoch könne eine geleistete
Zahlung insoweit nicht nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückge-
8
- 6 -
fordert werden, als sie sich im Rahmen des § 3 Abs. 2 MaBV halte. Nach dem
derzeitigen Stand der Bauarbeiten habe die Beklagte einen Anteil von 30% des
Gesamtentgeltes entgegennehmen und behalten dürfen. Dies sei ein Betrag
von 93.676,50 €. Da der Kläger an die Beklagte einen Betrag in Höhe von
114.020 € gezahlt habe, stehe ihm ein Rückzahlungsanspruch von 20.343,50 €
zu.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
9
1. Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass
dem Kläger kein Anspruch auf Rückzahlung der auf den Bau- sowie den
Grundstückskaufvertrag geleisteten Beträge von 114.020 € Zug um Zug gegen
Rückübertragung des Grundstückes zusteht. Ein solcher Anspruch ergibt sich
weder aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB (a) noch aus § 346
Abs. 1 und 2, § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1
Satz 1 BGB (b).
10
a) Dem Kläger steht kein Herausgabeanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1
Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB zu. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die
Zahlungen an die Beklagte nicht ohne rechtlichen Grund erfolgten, weil die zu-
nächst gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 1, § 125 BGB formunwirksam geschlosse-
nen Grundstückskauf- und Bauverträge gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB
durch Auflassung und Eintragung des Klägers in das Grundbuch gültig gewor-
den sind, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Einwendungen hierge-
gen hat die Revision auch nicht erhoben.
11
- 7 -
b) Dem Kläger steht auch kein Rückgewähranspruch gemäß § 346
Abs. 1 und 2, § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1
Satz 1 BGB zu. Der Kläger hat seine auf den Abschluss des Bauvertrags ge-
richtete Willenserklärung nicht wirksam nach § 312 Abs. 1 Nr. 3, § 355 Abs. 1
Satz 1 BGB widerrufen. Infolgedessen kommt auch eine Rückabwicklung des
Grundstückskaufvertrags nicht in Betracht, § 139 BGB.
12
aa) Allerdings unterfällt der zwischen den Parteien geschlossene Bauver-
trag entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung grundsätzlich dem An-
wendungsbereich des § 312 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1998
- VII ZR 424/97, BauR 1999, 257 ff. = ZfBR 1999, 152; Staudinger/Thüsing
(2005) § 312 Rdn. 26; MünchKomm-Ulmer, BGB, 4. Aufl., § 312 Rdn. 25; Pa-
landt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 312 Rdn. 7).
13
Dem steht nicht entgegen, dass die Richtlinie 85/577/EWG betreffend
den Verbraucherschutz im Falle außerhalb von Geschäftsräumen geschlosse-
nen Verträgen vom 20. Dezember 1985 in Art. 3 Abs. 2 unter anderem Verträge
über den Bau von Immobilien von ihrem Anwendungsbereich ausschließt. Art. 8
der Richtlinie 85/577/EWG gestattet es den Mitgliedstaaten, günstigere
Verbraucherschutzmaßnahmen zu erlassen, als sie die Richtlinie vorsieht. Eine
solche für den Verbraucher günstigere Regelung enthält § 312 BGB, mit dem
der Anwendungsbereich dieser Vorschrift weiter gefasst wird, als es die Richtli-
nie vorsieht (vgl. Staudinger/Thüsing (2005) § 312 Rdn. 26; MünchKomm-
Ulmer, BGB, 4. Aufl., § 312 Rdn. 25; OLG Koblenz, NJW 1994, 1418 ff. (betr.
Mietverträge)).
14
bb) Jedoch ist dem Vortrag des Klägers in den Tatsacheninstanzen nicht
schlüssig zu entnehmen, dass er von der Beklagten zum Abschluss des Bau-
vertrages i. S. von § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB bestimmt worden ist.
15
- 8 -
§ 312 BGB setzt voraus, dass die Haustürsituation für die Abgabe der
Willenserklärung des Verbrauchers zumindest mitursächlich geworden ist (vgl.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, NJW-RR 2005, 180, 181; Ur-
teil vom 19. November 1998 - VII ZR 424/97, BauR 1999, 257, 259 = ZfBR
1999, 152; Urteil vom 16. Januar 1996 - XI ZR 116/95, BGHZ 131, 385, 391).
Der Kläger hat in der Klageschrift vorgetragen, dass vor der angeblichen Unter-
zeichnung des Bauvertrages in dem öffentlichen Café bereits Verhandlungen
zwischen den Parteien stattgefunden hatten. Das steht einer Mitursächlichkeit
der Haustürsituation nicht von vornherein entgegen. Haben zum Zeitpunkt des
formalen Vertragsabschlusses in einer der in § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3
BGB genannten Örtlichkeiten bereits Verhandlungen zwischen den Vertrags-
parteien stattgefunden, kann eine solche Mitursächlichkeit dann angenommen
werden, wenn der Verbraucher ohne die Haustürsituation den Vertrag nicht
oder zumindest nicht in seiner konkreten Fassung abgeschlossen hätte. An die-
sen Voraussetzungen fehlt es, wenn die Parteien über die Vertragskonditionen
bereits vorher aufgrund der stattgefundenen Verhandlungen einig waren. Der
Kläger hat nicht dargelegt, dass vor der behaupteten Haustürsituation noch Fra-
gen zum beabsichtigten Bauvertrag offen gewesen seien, die erst im Notarter-
min hätten geklärt werden sollen.
16
2. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass dem
Kläger auf seinen Hilfsantrag über den Betrag i. H. von 20.343,50 € hinaus kein
Anspruch zusteht. Der Bauvertrag zwischen den Parteien unterfällt der MaBV
(a). Der vereinbarte Zahlungsplan ist gemäß § 3 Abs. 2, § 12 MaBV i. V. mit
§ 134 BGB als nichtig anzusehen (b). Die infolge der Nichtigkeit der Zahlungs-
vereinbarung entstandene Lücke kann nicht durch Rückgriff auf § 3 Abs. 2
MaBV oder § 632 a BGB geschlossen werden. An die Stelle der nichtigen Ver-
einbarung tritt vielmehr § 641 Abs. 1 BGB (c). Der Zahlungsanspruch der Be-
klagten war nach § 641 Abs. 1 BGB nicht fällig (d). Dem über einen Betrag von
17
- 9 -
20.343,50 € hinausgehenden Herausgabeanspruch steht § 813 Abs. 2 BGB
entgegen (e).
18
a) Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der zwischen den Parteien
geschlossene Bauvertrag der MaBV unterliegt, wird von der Revision nicht be-
anstandet und ist zutreffend. Die Beklagte war zum Zeitpunkt des Abschlusses
des Bauvertrages, auf den es im Regelfall ankommt, Eigentümerin des zu be-
bauenden Grundstücks (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1978 - VII ZR 50/77,
BauR 1978, 220, 221 f.; BVerwG, Urteil vom 10. Juni 1986 - 1 C 9/85, NJW
1987, 511 f.).
b) Zutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der zwi-
schen den Parteien vereinbarte Zahlungsplan gemäß § 3 Abs. 2, § 12 MaBV
i. V. mit § 134 BGB nichtig ist. Die Regelung, dass die erste Zahlung vor Beginn
der Erdarbeiten erfolgen soll, verstößt gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MaBV. Ob
der Zahlungsplan noch aus anderen Gründen nichtig ist, wie das Berufungsge-
richt meint, kann deshalb dahinstehen. Rechtsfolge einer Abweichung von § 3
Abs. 2 MaBV zu Lasten des Erwerbers ist, dass die gesamte Zahlungsvereinba-
rung nach § 12 MaBV i. V. mit § 134 BGB nichtig ist (BGH, Urteil vom 22. De-
zember 2000 - VII ZR 310/99, BGHZ 146, 250, 257 f.).
19
c) An die Stelle der nichtigen Zahlungsvereinbarung tritt § 641 Abs. 1
BGB. Ein Rückgriff auf den Zahlungsplan des § 3 Abs. 2 MaBV oder auf
§ 632 a BGB kommt nicht in Betracht.
20
aa) Der Senat hat mit Urteil vom 22. Dezember 2000 (VII ZR 310/99,
BGHZ 146, 250, 259 f.) entschieden, dass an die Stelle einer gemäß § 3 Abs. 2,
§ 12 MaBV i. V. mit § 134 BGB nichtigen Zahlungsregelung nicht § 3 Abs. 2
MaBV als zivilrechtliche Ersatzregelung tritt. Zur Begründung hat er ausgeführt,
dass § 3 Abs. 2 MaBV keine Norm des Zivilrechts sei, die für den Bauträger und
21
- 10 -
den Erwerber die Fälligkeitsvoraussetzungen für die Forderung des Bauträgers
mit vorrangigem Geltungsanspruch vor dem Gesetzesrecht regele. Vielmehr
regele § 3 Abs. 2 MaBV ausschließlich gewerberechtliche Verbote und Gebote,
deren alleiniger Normadressat der Bauträger sei. Die sich hieraus ergebende
Lücke im Vertrag werde durch § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB geschlossen.
22
bb) An dieser Rechtslage hat sich, wie das Berufungsgericht im Ergebnis
zu Recht erkennt, weder mit dem Inkrafttreten der HausbauVO noch durch den
durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000
(BGBl. I, 330) geschaffenen § 632 a BGB etwas geändert.
§ 1 Satz 1 HausbauVO kommt nicht die Wirkung zu, dass an die Stelle
einer nach § 3 Abs. 2, § 12 MaBV i. V. mit § 134 BGB nichtigen Zahlungsrege-
lung ein Zahlungsplan entsprechend § 3 Abs. 2 MaBV tritt (1). § 632 a BGB fin-
det keine Anwendung (2).
23
(1) Die Frage der rechtlichen Wirksamkeit von § 1 HausbauVO bedarf
hier keiner Entscheidung. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass jedenfalls im
Hinblick auf die Ermächtigungsgrundlage in § 27 a AGBG (jetzt Art. 244
EGBGB) keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Letztlich kann dies
aber ebenso offen bleiben wie die weiteren Fragen, ob die in § 2 HausbauVO
geregelte Rückwirkung auf Verträge, die zwischen dem 1. Mai 2000 und dem
29. Mai 2001 geschlossen worden sind, verfassungskonform ist und ob die
HausbauVO gegen die Richtlinie 93/13/EWG des Rates über missbräuchliche
Klauseln in Verbraucherverträgen (vom 5. April 1993, ABl. EG 1993 L 95/29)
verstößt.
24
Denn § 1 Satz 1 HausbauVO kommt nicht die Wirkung zu, dass an die
Stelle einer nach § 3 Abs. 2, § 12 MaBV i. V. mit § 134 BGB nichtigen Zah-
lungsvereinbarung ein Zahlungsplan entsprechend § 3 Abs. 2 MaBV tritt (vgl.
25
- 11 -
Basty, Der Bauträgervertrag, 5. Aufl., Rdn. 68 f. und IBR 2005, 329; Staudin-
ger/Peters (2003), § 632a Rdn. 29; a. A.: MünchKomm-Busche, BGB, 4. Aufl.,
§ 632 a Rdn. 16; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 4.
Aufl.,
Rdn. 376 a.E.; Ullmann, NJW 2002, 1073, 1078 (Fußnote 41); ders. in
Brambring/Krüger, Immobilienrecht 2002, 105, 112 (Fußnote 17); Marcks,
MaBV, 7. Aufl., § 12 Rdn. 12 und 13).
§ 1 Satz 1 HausbauVO eröffnet nach seinem Wortlaut lediglich die Mög-
lichkeit, Verträge unter Zugrundelegung des § 3 MaBV zu gestalten. Sinn und
Zweck dieser Regelung ist es, im Hinblick auf § 632 a BGB klarzustellen, dass
Vertragsklauseln, die sich an § 3 MaBV orientieren, der Inhaltskontrolle nach
§ 307 BGB standhalten (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses, BT-Drucks. 14/2752, S. 14). Dagegen enthält § 1 Satz 1 Hausbau-
VO keine Regelung für den Fall, dass eine vertragliche Zahlungsbestimmung
den Anforderungen des § 3 Abs. 2 MaBV nicht entspricht. Zudem wäre eine
Ausfüllung der in einem solchen Fall entstehenden Lücke durch Übernahme
eines Zahlungsplans entsprechend § 3 Abs. 2 MaBV mittels einer bloßen Ver-
weisung auf diese Regelung gar nicht möglich. § 3 Abs. 2 MaBV bestimmt für
insgesamt dreizehn Bauabschnitte jeweils maximale Vom-Hundert-Sätze, aus
denen die Ratenhöhe in bis zu sieben Teilbeträgen beliebig zusammengestellt
werden kann. Damit gibt § 3 Abs. 2 MaBV lediglich einen Rahmen vor, der von
den Vertragsparteien individuell auszufüllen ist. Haben die Vertragsparteien
eine Zahlungsvereinbarung getroffen, die nicht den Vorgaben des § 3 MaBV
entspricht, ist eine Ausfüllung der dadurch entstandenen Lücke durch bloße
Bezugnahme auf diese Regelung nicht möglich.
26
(2) An die Stelle der nichtigen Zahlungsvereinbarung tritt auch nicht
§ 632 a BGB.
27
- 12 -
§ 632 a BGB findet auf Bauverträge, die dem Anwendungsbereich der
MaBV unterliegen, keine Anwendung (vgl. OLG Celle, BauR 2004, 1007, 1009;
Basty, Der Bauträgervertrag, 5. Aufl., Rdn. 69; Grziwotz/Bischoff, MaBV,
3. Aufl., § 3 Rdn. 209; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 632 a Rdn. 3; a. A.:
Wagner, ZfIR 2001, 422; Karczewski/Vogel, BauR 2001, 859, 866; Blank, ZfIR
2001, 85, 90 f.). Der Gewerbetreibende darf, soweit er dem Anwendungsbe-
reich der MaBV unterfällt, in Abweichung von den allgemeinen Fälligkeitsrege-
lungen Zahlungen von dem Erwerber nur unter den Voraussetzungen der §§ 3,
7 MaBV entgegennehmen. Werden die Vorgaben der MaBV nicht eingehalten,
ist es dem Gewerbetreibenden verboten, Zahlungen von dem Erwerber zu for-
dern. Dieses Verbot kann nicht dadurch umgangen werden, dass dem Gewer-
betreibenden in diesem Fall gestattet wird, Zahlungen unter den Voraussetzun-
gen des § 632 a BGB zu beanspruchen (vgl. OLG Celle aaO).
28
d) Der Vergütungsanspruch der Beklagten war noch nicht fällig, § 641
Abs. 1 Satz 1 BGB, da der Kläger das Werk der Beklagten noch nicht abge-
nommen hatte.
29
e) Im Ergebnis als richtig erweist sich die Auffassung des Berufungsge-
richts, dass der Kläger nur Zahlung von 20.343,50 € und nicht die Rückzahlung
weiterer Zahlungen verlangen kann.
30
Der Kläger hat sämtliche Zahlungen auf eine Forderung geleistet, die
mangels eines wirksam vereinbarten Zahlungsplans und vor Abnahme des ge-
schuldeten Werks noch nicht fällig war. Ginge es in einem solchen Fall nur um
eine vorzeitige Leistung auf eine betagte Forderung, so würde einem bereiche-
rungsrechtlichen Rückforderungsanspruch grundsätzlich die gesetzliche Rege-
lung in § 813 Abs. 2 BGB entgegenstehen. Bei den Zahlungen, die § 3 Abs. 1, 2
MaBV widersprechen, kommt jedoch hinzu, dass der Bauträger durch die Ent-
31
- 13 -
gegennahme dieser Vermögenswerte gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne
des § 134 BGB verstoßen hat und daher einem bereicherungsrechtlichen Rück-
forderungsanspruch aus § 817 Abs. 1 BGB ausgesetzt ist. Da das Verbotsge-
setz gerade die Entgegennahme von Zahlungen auf eine betagte Forderung
verbietet, solange die Fälligkeitsvoraussetzungen noch nicht vorliegen, kann die
Regelung des § 813 Abs. 2 BGB keine Anwendung finden, soweit sie den vom
Verbotsgesetz bezweckten Schutz des Erwerbers ausschalten würde (vgl.
Kniffka, NZBau 2000, 552,553).
Die Regelung in § 813 Abs. 2 BGB kann jedoch nur insoweit zurücktre-
ten, als dies im Hinblick auf Sinn und Zweck des genannten Verbotsgesetzes
gerechtfertigt ist. Soweit der vorrangige Schutz des Erwerbers die Rückzahlung
der vor Fälligkeit geleisteten Zahlungen nicht gebietet, verbleibt es beim gesetz-
lichen Ausschluss des Kondiktionsanspruchs. Dies ist der Fall, wenn und soweit
der Erwerber Zahlungen geleistet hat, die bei wirksamer Vereinbarung eines
Zahlungsplans im Rahmen des § 3 Abs. 1, 2 MaBV nicht zu beanstanden wä-
ren. Denn es bedarf des Rückforderungsanspruchs nicht, soweit der von der
MaBV bezweckte Schutz des Erwerbers bereits verwirklicht ist.
32
Legt man diese Überlegungen zugrunde, so kann der Kläger von den
insgesamt geleisteten Zahlungen in Höhe von 114.020 € den vom Berufungsge-
richt zuerkannten Betrag von 20.343,50 € zurückfordern, während seinem An-
spruch auf die weiteren 93.676,50 € § 813 Abs. 2 BGB entgegensteht. Das Be-
rufungsgericht geht beanstandungsfrei davon aus, dass sich Zahlungen in der
zuletzt genannten Höhe im Rahmen eines nach § 3 Abs. 2 MaBV zulässigen
Zahlungsplans gehalten haben und dem Kläger das Eigentum am Grundstück
übertragen wurde. Da nichts für das Fehlen weiterer Voraussetzungen im Sinne
von § 3 Abs. 1 MaBV ersichtlich ist, steht sein Schutz, der durch die Regelun-
gen der MaBV gewährleistet werden soll, dem in § 813 Abs. 2 BGB normierten
33
- 14 -
Ausschluss der Rückforderung vor Fälligkeit geleisteter Zahlungen in diesem
Umfang nicht entgegen.
Dressler
Kuffer
Bauner
Safari Chabestari
Eick
Vorinstanzen:
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 05.01.2005 - 3 O 179/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.10.2005 - I-9 U 16/05 -