Urteil des BGH vom 04.07.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 249/12
Verkündet am:
4. Juli 2013
Boppel,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 309 Nr. 7b
a) Die Klauseln in Textilreinigungsverträgen mit Verbrauchern
"Haftungsgrenze
Der Textilreiniger haftet für den Verlust des Reinigungsgu-
tes unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes.
Für Bearbeitungsschäden haftet der Textilreiniger nur bei
Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit unbegrenzt in Höhe
des Zeitwertes."
sind wegen der Begrenzung der Haftung für Schäden, die auf einer vorsätzli-
chen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders beruhen, unwirk-
sam.
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BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Bg, Cf
b) Die Klauseln in Textilreinigungsverträgen mit Verbrauchern
"Ansonsten ist die Haftung auf das 15fache des Bearbei-
tungspreises begrenzt.
Achtung:
Unsere Haftung kann auf das 15fache des Bearbeitungs-
preises begrenzt sein (s. Nr. 5 AGB).
Sie können aber unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeit-
werts, zum Beispiel durch Abschluss einer Versicherung,
vereinbaren."
sind unwirksam, weil sie entgegen den Geboten von Treu und Glauben den
Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - VII ZR 249/12 - OLG Köln
LG Köln
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Rich-
ter Dr. Eick, Halfmeier, Kosziol und Prof. Dr. Jurgeleit
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Köln vom 10. August 2012 wird zurück-
gewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von dem Beklagten, dem deutschen Textilreini-
gungsverband, es zu unterlassen, drei in den von ihm formulierten "Lieferungs-
bedingungen des deutschen Textilreinigungsgewerbes" (im Folgenden: Bedin-
gungen) enthaltene Klauseln für den Abschluss von Verträgen mit Verbrau-
chern zu empfehlen.
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsmäßigen
Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher wahrzunehmen, und er ist
in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach
§ 4 UKlaG eingetragen.
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Der Beklagte hat die Bedingungen, die er Textilreinigungsbetrieben für
die Formulierung und Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
empfiehlt, 1997 als "Konditionenempfehlung" beim Bundeskartellamt angemel-
det. Im gleichen Jahr wurden sie im Amtsblatt veröffentlicht.
Die Bedingungen enthalten unter "Nummer 5 Haftungsgrenze" folgende
Regelungen:
"Der Textilreiniger haftet für den Verlust des Reinigungsgutes un-
begrenzt in Höhe des Zeitwertes (im Folgenden: Klausel 1).
Für Bearbeitungsschäden haftet der Textilreiniger nur bei Vorsatz
oder grober Fahrlässigkeit unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes (im
Folgenden: Klausel 2).
Ansonsten ist die Haftung auf das 15fache des Bearbeitungsprei-
ses begrenzt.
Achtung:
Unsere Haftung kann auf das 15fache des Bearbeitungspreises
begrenzt sein (s. Nr. 5 AGB).
Sie können aber unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeitwerts, zum
Beispiel durch Abschluss einer Versicherung, vereinbaren (im Fol-
genden: Klausel 3)."
Zudem verbreitet der Beklagte bei Textilreinigungsbetrieben und auf sei-
ner Homepage eine "Zeitwerttabelle für Textilien und Leder", die Reinigungsbe-
trieben und Kunden als Orientierungshilfe dienen soll.
Das Landgericht hat der Klage auf Unterlassung und Erstattung von Ab-
mahnkosten stattgegeben; die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sei-
nen Antrag auf Klageabweisung weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht bejaht die klägerischen Ansprüche auf Unterlas-
sung der Verwendung der beanstandeten Klauseln und auf Erstattung der Ab-
mahnkosten.
Die Klausel 1 sei wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des
§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Zwar sei eine Beschränkung auf den rich-
tig berechneten Wiederbeschaffungswert nicht zu beanstanden, weshalb diese
Klausel in der Literatur auch für wirksam erachtet werde. Es sei aber nicht aus-
zuschließen, dass einzelne Verwender die Berechnung des Schadens nach
dem Zeitwert in Prozent des Anschaffungswertes - wie in der Zeitwerttabelle
vorgeschlagen - berechnen würden statt nach dem Anschaffungspreis im Zeit-
punkt der Ersatzbeschaffung abzüglich des prozentualen Wertverlustes der be-
nutzten Textilie. Dadurch würden Preissteigerungen zwischen Erstanschaffung
und Ersatzbeschaffung bei der Schadensberechnung zu Unrecht nicht berück-
sichtigt. Angesichts des Empfehlungscharakters der Tabelle müsse diese auch
der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Zudem könne die Klausel bei der
gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung so verstanden werden, dass sie
sämtliche Schäden des Kunden abdecke, was nicht angemessen sei, weil dem
Kunden bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten des Reinigungsun-
ternehmens auch der Anspruch auf Ersatz von Folgeschäden - beispielsweise
beim Erwerb des Reinigungsgutes im Ausland - zustehen könne und diese den
Zeitwert überschreiten könnten.
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Aus den gleichen Gründen sei auch die Klausel 2 unwirksam. Zudem
könnten die Kosten einer Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 und 2 Satz 1
BGB den Zeitwert übersteigen, weshalb die Klausel auch wegen unangemes-
sener Benachteiligung des Kunden gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei.
Die Haftungsbeschränkung auf das 15fache des Bearbeitungspreises bei
einfacher Fahrlässigkeit in Klausel 3 stelle ebenfalls eine unangemessene Be-
nachteiligung des Kunden dar und sei nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Die
Berechnungsmethode vernachlässige den teilweise sehr unterschiedlichen
Wert der Reinigungsgüter und sei daher ungeeignet. Die leichte Handhabbar-
keit der Berechnungsmethode stelle keinen Grund dar, den Ersatzanspruch des
Kunden für besonders hochwertiges Reinigungsgut auf diese Weise zu be-
schränken. Daran ändere sich auch durch die Möglichkeit des Abschlusses ei-
ner Versicherung durch den Kunden nichts. Die Beschädigung hochwertigen
Reinigungsgutes spreche dem ersten Anschein nach für eine fahrlässige Ver-
letzung vertragswesentlicher Pflichten des Textilreinigers. Hierfür habe er nach
dem Grundgedanken der §§ 249 ff. BGB ohne Weiteres einzustehen, weswe-
gen er hierfür nicht eine Zusatzleistung in Form des Abschlusses einer Versi-
cherung vom Kunden verlangen könne. Zudem müsse der Kunde auf diese
Möglichkeit in aller Deutlichkeit hingewiesen werden, wozu die Bedingungen
nicht geeignet erschienen. Zudem sei auch hier die Verwendung des Begriffes
"Zeitwert" intransparent.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Dem Kläger
steht gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG ein Anspruch gegen den Be-
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klagten auf Unterlassung der Empfehlung der beanstandeten Klauseln für Ver-
träge mit Verbrauchern zu.
1. Der Kläger ist eine nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 4 UKlaG an-
spruchsberechtigte Einrichtung.
2. Der Unterlassungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten be-
steht, weil die beanstandeten Klauseln der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB
nicht standhalten.
a) Bei den streitgegenständlichen Klauseln handelt es sich um von dem
Beklagten vorformulierte und von ihm empfohlene Allgemeine Geschäftsbedin-
gungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das nimmt die Revision hin.
b) Es kann dahinstehen, ob die Klauseln 1 und 2 wegen der Verwendung
des Begriffes "Zeitwert" gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2
BGB verstoßen, wie das Berufungsgericht meint. Sie sind jedenfalls wegen
Verstoßes gegen § 309 Nr. 7b BGB unwirksam. Sie begrenzen die Haftung des
Textilreinigers für Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen
Pflichtverletzung beruhen.
aa) Die Klauseln 1 und 2 regeln die gesetzliche Haftung des Reinigungs-
betriebes für Schäden bei Verlust und Beschädigung des Reinigungsgutes auf-
grund grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhaltens. Das ist in Klausel 2
ausdrücklich so formuliert. Klausel 1 unterscheidet nicht zwischen den Haf-
tungsformen, so dass sie auch den Fall des grob fahrlässigen oder vorsätzli-
chen Verlustes erfasst.
bb) Der Schadensersatzanspruch des Kunden gegen den Reinigungsbe-
trieb wegen Verlustes oder Beschädigung aus § 280 Abs. 1 BGB ist gesetzlich
entweder auf Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB (Reparatur oder Er-
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satzbeschaffung), auf Geldersatz nach § 249 Abs. 2 BGB oder auf Geldent-
schädigung nach § 251 Abs. 1 BGB gerichtet. Ersatzbeschaffung und Geldent-
schädigung orientieren sich am Wiederbeschaffungswert, also grundsätzlich am
Preis für die Ersatzbeschaffung im Zeitpunkt der Ersatzbeschaffung gegebe-
nenfalls unter Abzug "neu für alt" (BGH, Urteile vom 10. Juli 1984
- VI ZR 262/82, BGHZ 92, 85, 87; vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 314/90, BGHZ
115, 364, 367 f.; vom 24. März 1959 - VI ZR 90/58, BGHZ 30, 29, 32 jeweils
m.w.N.).
cc) Diese gesetzliche Haftung wird durch die Klauseln 1 und 2 im Falle
grober Fahrlässigkeit und Vorsatzes beschränkt. Denn die Klauseln können
jedenfalls auch dahin verstanden werden, dass sie für die Berechnung des
Schadensersatzanspruchs nicht von den Ersatzbeschaffungskosten im Zeit-
punkt der Ersatzbeschaffung, sondern von den möglicherweise niedrigeren An-
schaffungskosten ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel, die einen
Ersatz des Zeitwerts vorsieht. Das Klauselwerk gibt keinen Hinweis auf das
Verständnis dieses Begriffs, so dass darauf abzustellen ist, wie ein verständiger
und redlicher Kunde einer Textilreinigung ihn versteht (BGH, Urteile vom
17. Dezember 1987
- VII ZR 307/86,
BGHZ
102,
384,
387 f.;
vom
23. November 2005 - VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056; vom 3. Mai 2011
- XI ZR 373/08, NJW-RR 2011, 1350). Insoweit kommt ein Verständnis in Be-
tracht, der Zeitwert entspräche dem Wert des Textils, der in der Weise berech-
net wird, dass die Ersatzbeschaffungskosten und gegebenenfalls ein Abzug
"neu für alt" in Ansatz gebracht werden. In Betracht kommt auch eine Ausle-
gung, mit Zeitwert sei - wenn nicht gar der Verkaufswert der Textilie gemeint
sein sollte (vgl. zum Zeitwert: § 9 BewertungsG und § 255 HGB) - ein Wert ge-
meint, der sich zunächst am Anschaffungspreis orientiert und von diesem einen
altersabhängigen Abzug für Nutzung und Gebrauch vornimmt. Dieses Ver-
ständnis ist nicht so fernliegend, dass es bei der Auslegung nicht berücksichtigt
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werden könnte. Die Beklagte selbst vertritt offenbar diese Auslegung, denn sie
liegt der von ihr verbreiteten Zeitwerttabelle zugrunde. Im Hinblick darauf, dass
diese Tabelle auch Kunden eine Orientierungshilfe für die Berechnung des
Zeitwerts sein soll, ist es naheliegend, dass ein solches Verständnis nicht nur
bei den Reinigungsunternehmen vorherrscht, sondern auch Kunden die Klausel
in diesem Sinne verstehen. Jedenfalls bestehen im Wesentlichen durch die von
der Beklagten selbst durch ihre Zeitwerttabelle genährte Zweifel zum Verständ-
nis des Begriffs Zeitwert in den empfohlenen Bedingungen. Solche Zweifel ge-
hen zu Lasten des Verwenders, § 305c Abs. 2 BGB, so dass davon auszuge-
hen ist, dass die Beklagte Bedingungen empfiehlt, die die gesetzliche Haftung
beschränken.
dd) Die Klauseln 1 und 2 sind im Übrigen auch deshalb gemäß § 309
Nr. 7b, § 305c Abs. 2 BGB unwirksam, weil sie auch eine Auslegung dahin zu-
lassen, dass der Ersatz anderer Schäden des Kunden als Sachschäden am
Reinigungsgut ausgeschlossen sein soll, soweit alle Schadenspositionen in ih-
rer Summe den Zeitwert übersteigen, denn sie beschränken den Anspruch auf
Schadensersatz der Höhe nach auf den Zeitwert des Reinigungsgutes. Das
kann vom Kunden dahin gehend verstanden werden, dass die Geltendmachung
von weiteren Schadenspositionen, soweit in ihrer Summe der Zeitwert über-
schritten wird, ausgeschlossen sein soll. Damit wäre es dem Kunden versagt, in
diesen Fällen Ersatz von Folgeschäden wie Reise- oder Fahrtkosten oder
Rechtsverfolgungskosten geltend zu machen.
c) Die Klausel 3 hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
nicht stand, weil sie den Kunden des Verwenders entgegen den Geboten von
Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
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aa) Zwar ist eine Haftungsbeschränkung in Allgemeinen Geschäftsbe-
dingungen für Sachschäden auf Grund von einfacher Fahrlässigkeit nicht
grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. § 309 Nr. 7b BGB). Sie unterliegt jedoch der
Kontrolle auf unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB.
Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen in diesem
Sinne, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich
eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht,
ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und
ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr., z.B. BGH, Urteil
vom 8. Dezember 2012 - VII ZR 111/11, NJW-RR 2012, 626).
bb) Die Klausel benachteiligt den Kunden deshalb unangemessen, weil
der Bearbeitungspreis ein untauglicher Maßstab für die Beschränkung der Haf-
tung ist. Die mögliche Schadenshöhe steht in keiner Relation zum Bearbei-
tungspreis (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Januar 1984 - VII ZR 220/82, NJW
1984, 1350 für den Fall einer Haftungsbeschränkung bei Kühllagerung und vom
20. März 1978 - II ZR 19/76, BGHZ 71, 167 für den Fall einer Haftungsbe-
schränkung in Konnossementsbedingungen). Die Begrenzung der Haftung auf
das 15fache des Bearbeitungspreises berücksichtigt den Wert des Reinigungs-
gutes nicht in angemessener Weise und führt bei wertvolleren Textilien zu einer
nicht gerechtfertigten Beschränkung des Schadensersatzanspruchs des Kun-
den (ebenso OLG Köln, NJW-RR 1998, 997; AG Bad Kreuznach, ZfSch 1991,
297; AG Prüm, NJW-RR 1991, 227; AG Nürnberg, NJW 1977, 1200; AG
Düsseldorf, NJW-RR 1989, 497; AG Dortmund, NJW-RR 1995, 823; Ulmer/
Brandner/Hensen/H.Schmidt, AGBG, 11. Aufl., Teil 2 "Textilreinigungsverträge"
Rn. 4; a.M. KG, VersR 1978, 1170; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Stoffels, AGB-Recht,
5. Aufl., Klauseln T 116-120). Vereinfachungs- und Rationalisierungsinteressen
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des Verwenders haben dahinter zurückzustehen und rechtfertigen die einseitige
Benachteiligung des Kunden nicht.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision stellt der Umstand, dass die Klau-
sel auf die Möglichkeit hinweist, es könne eine unbegrenzte Haftung in Höhe
des Zeitwerts, zum Beispiel durch Abschluss einer Versicherung, vereinbart
werden, keine ausreichende Kompensation für die Beschränkung der Haftung
dar.
Der Senat hat allerdings für den kaufmännischen Verkehr eine Bedin-
gung für die Teppich-Reinigung, mit der die Haftung auf das 15fache des Reini-
gungspreises beschränkt und mit Rücksicht auf die Haftungsbegrenzung eine
zusätzliche Versicherung empfohlen wurde, nicht für unwirksam gehalten. Er
hat darauf hingewiesen, dass ansonsten der Reinigungsbetrieb sich selbst
durch eine entsprechende Versicherung absichern müsste, die er wiederum
- was unbillig wäre - durch höhere Preise auf alle Kunden oder durch eine
Preisstaffelung nach dem Wert des Reinigungsgutes auf diese Kunden abwäl-
zen müsste. Das würde wirtschaftlich gesehen letztlich zum gleichen Ergebnis
führen, weshalb die Regelung keinen unangemessenen Nachteil für den Kun-
den darstelle (BGH, Urteil vom 12. Mai 1980 - VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126,
133 f.).
Im Verkehr mit Verbrauchern ist der in Allgemeinen Geschäftsbedingun-
gen enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit des Kunden, sich zu versichern,
nicht geeignet, eine Haftungsbegrenzung auf das 15fache des Bearbeitungs-
preises als wirksam erachten zu können. Insoweit muss bedacht werden, dass
mit der Haftungsbeschränkung im Allgemeinen solche Fälle erfasst werden, in
denen der Textilreiniger wesentliche Pflichten des Vertrages verletzt und die
Klausel den Kunden dazu zwingt, das Risiko solcher Pflichtverletzungen durch
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eine eigene Versicherung auszuschließen (vgl. Graf von Westphalen/Kappus,
Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 32. Ergänzungslieferung 2012, "Textil-
reinigungsvertrag"
Rn. 29;
Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt, aaO, Teil 2
"Textilreinigungsverträge" Rn. 4).
Einem angemessenen Interessenausgleich im Verkehr mit Verbrauchern
steht entgegen, dass nicht sichergestellt ist, dass der Kunde auf das für ihn bei
Abschluss des Reinigungsvertrages durch die Haftungsbeschränkung entste-
hende Risiko und die Möglichkeit der Versicherung deutlich genug hingewiesen
wird. Auf diese Hinweispflicht hat der Senat auch in dem bereits erwähnten Ur-
teil vom 12. Mai 1980 (VII ZR 166/79,
BGHZ 77, 126, 134) abgestellt. Mag bei
Geschäftsleuten ein Hinweis in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausrei-
chend sein, weil sie als geschäftserfahrene Kunden mit dem Risiko einer Haf-
tungsbegrenzung für wertvolle Textilien und der Möglichkeit einer Versicherung
allgemein vertraut sind, so kann das nicht für Kunden gelten, die Verbraucher
sind. Diese sind nicht hinreichend geschäftserfahren und mit den entsprechen-
den Gepflogenheiten der Branche nicht vertraut. Zudem sind sie in der Regel
nicht erfahren genug, im Einzelfall das Risiko zu erkennen und dementspre-
chend zu handeln. Durch den empfohlenen, in Allgemeinen Geschäftsbedin-
gungen enthaltenen Hinweis kann nicht mit ausreichender Sicherheit garantiert
werden, dass der Kunde im Einzelfall von dem Textilreinigungsunternehmer
darauf hingewiesen werden wird, dass sein Textil der Haftungsbegrenzung un-
terliegen könnte und die Möglichkeit der Versicherung besteht. Nur dadurch
würde dem Kunden ausreichend deutlich vor Augen geführt, dass er ein Risiko
übernimmt und wie er dieses Risiko mindern kann.
Der bloße "Achtung"-Hinweis in den Geschäftsbedingungen genügt die-
sen Anforderungen nicht, und zwar auch dann nicht, wenn er durch ein Schild
im Ladengeschäft deutlich sichtbar angebracht ist, denn er führt nicht mit der
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notwendigen Sicherheit zu einer ausreichenden Unterrichtung des Durch-
schnittskunden. Nur die persönliche Ansprache des Kunden durch das Personal
des Reinigungsbetriebes garantiert, dass der Verbraucher-Kunde das im Ein-
zelfall bestehende Risiko erkennt und dementsprechend die Gefährdung durch
die Haftungsbeschränkung realisiert und entsprechend reagiert.
Der Beklagte kann auch nicht geltend machen, es sei Sache des Textil-
reinigungsunternehmens, die Aufklärung im Einzelfall vorzunehmen; die von
ihm empfohlene Klausel würde eine solche Aufklärung nicht ausschließen. Der
Beklagte empfiehlt die Verwendung einer Klausel, mit der die Aufklärung über
den Hinweis: "Achtung
… Sie können aber die unbegrenzte Haftung … verein-
baren." erfolgt. Diese Klausel hält der Inhaltskontrolle nicht stand, weil dieser
Hinweis keine ausreichende Kompensation für die Haftungsbeschränkung dar-
stellt.
3. Die für einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG erforderliche
Wiederholungsgefahr liegt vor. Aus der seit 1997 unveränderten Empfehlung
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen resultiert die tatsächliche Vermutung
ihrer zukünftigen Empfehlung (BGH, Urteile vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10,
BGHZ 194, 208; vom 18. April 2002 - III ZR 199/01, NJW 2002, 2386; vom
12. Juli 2000 - XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485; vom 10. Dezember 1991
- XI ZR 119/91, NJW 1992, 1108; jeweils m.w.N.). Diese Vermutung hat der
Beklagte, der seine Klausel für rechtmäßig erachtet und verteidigt, nicht wider-
legt.
4. Der Kläger kann gemäß § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz
2 UWG auch Ersatz der Kosten der ersten Abmahnung verlangen.
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III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Kniffka
Eick
Halfmeier
Kosziol
Jurgeleit
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 08.02.2012 - 26 O 70/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.08.2012 - 6 U 54/12 -
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