Urteil des BGH vom 09.11.2000

BGH (demonstration, teilnahme, annahme, umstand, wirkung, funktion, mitgliedschaft, stgb, anfang, antrag)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 430/00
vom
9. November 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. November 2000 einstimmig be-
schlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 17. Mai 2000 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Rechtlich fehlerhaft ist allerdings die Annahme des Landgerichts, es
sei zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, daß er sich einer
tateinheitlichen Zuwiderhandlung gegen § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG
schuldig gemacht habe, da die Spendensammlung für die PKK/ERNK
im Breich Homburg und seine Teilnahme an der PKK-Demonstration
am 16. Februar 1999 in Frankfurt a. M. sich zeitlich überlagerten und
ein ideologisch bedingter genereller Unterstützungswille vorliege.
Allerdings trifft die Auffassung des Landgerichts zu, daß der Ange-
klagte durch die Übernahme einer verantwortlichen Position für die
PKK/ERNK im Bereich Homburg Anfang 1998 eine Tätigkeit ausgeübt
hat, die konkret geeignet war, eine vorteilhafte Wirkung für die mit ei-
nem Betätigungsverbot belegte PKK/ERNK zu entfalten; bereits da-
durch hat er gegen § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG verstoßen.
Die Feststellungen, daß der Angeklagte von Januar 1998 bis zum
15. Juli 1999 im Bereich Homburg Mitgliedsbeiträge und Geldspenden
eingesammelt und damit die finanzielle Struktur der PKK unterstützt
hat, geben jedoch lediglich eine allgemeine Umschreibung des Tätig-
keitsbereichs des Angeklagten wieder und belegen nur den Umstand,
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daß er in dem genannten Zeitraum eine derartige verantwortliche Posi-
tion innegehabt hat. Weitere konkrete Tätigkeiten, die der Angeklagte
in Ausübung dieser Position vorgenommen hat und die als an sich ei-
genständige Zuwiderhandlungen gegen § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG zu
einer Tat zusammengefaßt werden könnten (vgl. BGH NJW 2000,
2118, 2119 f.), sind hingegen nicht festgestellt. Daß der Angeklagte an
der PKK-Demonstration am 16. Februar 1999 in Frankfurt a. M. in Aus-
übung seiner "leitenden Funktion für die PKK/ERNK im Bereich Hom-
burg" teilgenommen hat, ergibt sich aus den Feststellungen nicht.
Die bloße Mitgliedschaft in der PKK oder - wie das Landgericht meint -
ein "ideologisch bedingter genereller Unterstützungswille" können den
Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG durch Teilnahme an einer
Demonstration nicht mit der in der Übernahme der verantwortlichen
PKK-Position liegenden Zuwiderhandlung gegen das Betätigungsver-
bot zu einer Tat im Rechtssinne verbinden, ebensowenig würde eine
bloße zeitliche Überlagerung für sich genommen ausreichen (vgl. Ris-
sing-van Saan in LK StGB 11. Aufl. § 52 Rdn. 8 m.w.Nachw.). Entge-
gen der Auffassung des Generalbundesanwalts liegen auch die Vor-
aussetzungen einer natürlichen Handlungseinheit (vgl. dazu BGHSt
43, 312, 315; BGH NJW 2000, 2118, 2119) schon deshalb nicht vor,
weil es an dem erforderlichen engen räumlichen und zeitlichen Zu-
sammenhang zwischen der Übernahme der verantwortlichen Position
für den Bereich Homburg im Januar 1998 und der Teilnahme an der
Demonstration am 16. Februar 1999 in Frankfurt a. M. fehlt.
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Durch die Annahme einer statt zweier tatmehrheitlich begangener Zu-
widerhandlungen gegen § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG ist der Angeklagte
jedoch nicht beschwert.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Kutzer Rissing-van Saan Pfister
von Lienen Becker