Urteil des BGH vom 26.06.2009

BGH (antragsteller, beschwerde, notar, besetzung, anordnung, erlass, stelle, unabhängigkeit, antrag, gestaltung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
NotZ 7/09
vom
26. Juni 2009
in dem Verfahren
wegen Besetzung einer Notarstelle
- 2 -
Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat am 26. Juni 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Wendt und Dr. Herrmann sowie die
Notarin Dr. Doyé und den Notar Eule
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss
des Oberlandesgerichts Dresden, Senat für Notarverwaltungssa-
chen, vom 11. Mai 2009 - DSNot 0003/09 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfah-
rens zu tragen und dem Antragsgegner die in diesem Verfahren
erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Geschäftswert: 50.000 €.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Notar in A. . Der Antragsgegner beabsichtigt, eine
andere Notarstelle im selben Amtsgerichtsbezirk, die zum 1. November 2009
frei wird, neu zu besetzen. Das Ausschreibungsverfahren ist noch nicht been-
det.
1
- 3 -
Der Antragsteller verlangt, dem Antragsgegner die Wiederbesetzung der
Stelle zu untersagen. Er meint, seine wirtschaftlichen Aussichten würden hier-
durch angesichts des bereits in der Vergangenheit rückläufigen Urkundenauf-
kommens, der im Schnitt geringen Wertigkeit der einzelnen Urkunden, der zu
erwartenden demographischen Entwicklung und der Wirtschaftskrise unzumut-
bar beeinträchtigt.
2
Das Oberlandesgericht hat den Antrag, dem Antragsgegner zu untersa-
gen, die ausgeschriebene Stelle zu besetzen, in der Hauptsache und bezüglich
einer insoweit begehrten einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.
3
Der Antragsteller hat gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts
sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt den Erlass einer einstweiligen
Anordnung, dem Antragsgegner aufzugeben, die Notarstelle bis zur Entschei-
dung über das Rechtsmittel freizuhalten.
4
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42
Abs. 4 BRAO zulässig, jedoch unbegründet. Der Antragsteller hat keinen An-
spruch gegen den Antragsgegner, die Wiederbesetzung der frei werdenden
Notarstelle zu unterlassen. Es ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller durch
die beabsichtigte Maßnahme in seinen subjektiven Rechten (§ 111 Abs. 1
Satz 2, 3 BNotO) beeinträchtigt wird.
5
- 4 -
1.
BNotO (Bedürfnisprüfung) geschieht - wie grundsätzlich die Organisation staat-
licher Aufgaben - ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit und dient eben-
so wenig wie die Einrichtung von Dienstposten der Beamten dazu, Berufsaus-
sichten Interessierter oder den Besitzstand amtierender Notare zu wahren. So
besteht etwa zwischen Bewerbern um ein Notaramt beziehungsweise Amtsin-
habern und der Justizverwaltung grundsätzlich keine Rechtsbeziehung, die eine
Rücksichtnahme auf deren Belange bei der Einrichtung von Stellen einforderte.
Der Pflicht der Landesjustizverwaltungen,
BNotO festzulegen, korrespondiert in
Abs. 1 GG (z.B.: Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2008 - NotZ 15/08 -
DNotZ 2009, 309 f, Rn. 6; vom 14. April 2008 - NotZ 118/07 - ZNotP 2008, 329,
330, Rn. 11 und vom 23. Juli 2007 - NotZ 42/07 - NJW 2007, 3723, 3726,
Rn. 23 m.w.N.).
6
2.
Einer der Ausnahmefälle, in denen § 4 BNotO eine Schutzfunktion zu-
gunsten eines Notars oder Notarbewerbers entfaltet (vgl. Senatsbeschluss vom
23. Juli 2007 aaO Rn. 24 m.w.N.), liegt nicht vor. In der Rechtsprechung des
Senats ist allerdings anerkannt, dass die Justizverwaltung gehalten ist, den No-
taren eine Berufsausübung zu ermöglichen, die dem gesetzlichen Leitbild ent-
spricht. Seine Aufgabe, als unabhängiger und unparteiischer Berater der Betei-
ligten (vgl. § 14 BNotO) auf eine möglichst gerechte Gestaltung ihrer Rechtsbe-
ziehungen hinzuwirken, kann er nur erfüllen, wenn ihm ein solches Maß an
wirtschaftlicher Unabhängigkeit gewährleistet ist, dass er sich nötigenfalls wirt-
schaftlichem Druck widersetzen kann. Vor diesem Hintergrund kann sich ein
amtierender Notar gegen die Besetzung einer Notarstelle in seinem Amtsge-
richtsbezirk mit der Begründung zur Wehr setzen, es würden unter Verstoß ge-
gen § 4 BNotO so viele Notarstellen besetzt, wie gerade noch oder nicht mehr
7
- 5 -
lebensfähig sind (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2008 aaO S. 310,
Rn. 7 und vom 11. Juli 2005 - NotZ 1/05 - DNotZ 2005, 947, 949 m.w.N.).
3.
Dass die Voraussetzungen hierfür im Streitfall erfüllt sind, hat der Antrag-
steller weder vorgetragen noch ist dies ansonsten ersichtlich. Er hat, worauf
bereits das Oberlandesgericht zutreffend hingewiesen hat, nicht ansatzweise
mit Substanz dargetan, dass das Mindestmaß seiner wirtschaftlichen Unabhän-
gigkeit gefährdet sein könnte, wenn der Antragsgegner die frei werdende No-
tarstelle im Amtsgerichtsbezirk A. wieder besetzt. Auch mit seinem Be-
schwerdevorbringen beschränkt er sich auf völlig allgemein gehaltene Erwä-
gungen, aus denen er seine negative Erwartung der Geschäftsentwicklung her-
leitet. Im Übrigen spricht die Tatsache, dass eine Einkommensergänzung für
keinen im betroffenen Amtsgerichtsbezirk amtierenden Notar geleistet wird (vgl.
Stellungnahme der Ländernotarkasse vom 26. Januar 2009), dagegen, dass die
vorgesehene Wiederbesetzung die Lebensfähigkeit der vom Antragsteller inne
gehaltenen Notarstelle gefährdet.
8
- 6 -
4.
Mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde hat sich der Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.
9
Schlick
Wendt
Herrmann
Doyé
Eule
Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 11.05.2009 - DSNot 3/09 -