Urteil des BGH vom 19.12.2012

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZR 186/11
vom
19. Dezember 2012
in dem Rechtsstreit
- 2 -
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, die Richterin Safari Chabestari und
die Richter Dr. Eick, Halfmeier und Kosziol
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Nürnberg vom 3. August 2011 in der Fassung des Berichtigungs-
beschlusses vom 21. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.
Die Zuständigkeit des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs unter
dem Gesichtspunkt des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbo-
tes ist offensichtlich nicht eröffnet (§ 87 Satz 1, § 94 Abs. 1 Nr. 3
Buchstabe a GWB). Von einer Abgabe an den Kartellsenat ist ab-
zusehen, wenn die kartellrechtliche Vorfrage vom Zivilsenat ohne
weiteres selbst beantwortet werden kann, weil sich die Antwort
unzweifelhaft aus der Anwendung des Gesetzes ergibt (Langen/
Bunte/Bornkamm, KartellR, Band 1, § 94 Rn. 7 m.w.N.). Ein sol-
cher Fall liegt hier vor. Insoweit kann auf die Begründung des Be-
rufungsgerichts (unter II. 2. e) Bezug genommen werden. Ergän-
zend ist darauf hinzuweisen, dass die Post-Wettannahmestelle
"H." keine Spielaufträge von gewerblichen Spielvermittlern ange-
nommen hat.
Die Zuständigkeit des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs ist
auch nicht aus § 87 Satz 2 GWB herzuleiten. Von der Anwendbar-
keit des Kartellverbotes (Art. 101 AEUV; früher Art. 81 EG) hängt
die Entscheidung des Rechtsstreits ersichtlich nicht ab.
- 3 -
Eine Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen
Union gemäß Art. 267 Abs. 1, 3 AEUV ist nicht erforderlich. Eine
vorlagebedürftige Frage stellt sich nicht.
Durch das Urteil des Oberlandesgerichts München vom
29. Juni 2006 - U (K) 3416/05 - ist rechtskräftig festgestellt, dass
die Beklagten nicht mehr berechtigt sind, über ihre Post-
Wettannahmestellen Spielaufträge von gewerblichen Spielvermitt-
lern entgegenzunehmen, die keine schriftliche Vereinbarung mit
der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern geschlossen haben.
Dies ist auch im Rahmen der Gemeinschaftsrechtsordnung zu be-
rücksichtigen. Nach dem Grundsatz der Rechtskraft sollen unan-
fechtbar gewordene Gerichtsentscheidungen zur Gewährleistung
des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicher Beziehungen
sowie einer geordneten Rechtspflege nicht mehr in Frage gestellt
werden können (so EuGH, EuZW 2012, 545 Rn. 96; NJW 2006,
1577 Rn. 20 ff.; NJW 2003, 3539 Rn. 38 ff.).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht
geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, un-
ter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2,
2. Halbsatz ZPO).
Die Gerichtskosten des Verfahrens über die Beschwerde gegen
die Nichtzulassung der Revision und die außergerichtlichen
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Kosten des Klägers tragen der Beklagte zu 1 zu 95 % und die Be-
klagte zu 2 zu 5 %. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Be-
klagten selbst.
Gegenstandswert:
4.215.143 €
Kniffka
Safari Chabestari
Eick
Halfmeier
Kosziol
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 13.08.2009 - 3 HKO 3808/06 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 03.08.2011 - 12 U 1846/09 -