Urteil des BGH vom 22.10.2009

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 50/09
vom
22. Oktober 2009
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 575 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2
Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Rechtsfortbildung.
BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - IX ZB 50/09 - LG Hannover
AG
Hannover
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 22. Oktober 2009
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 20. Zivilkammer
des Landgerichts Hannover vom 27. Januar 2009 wird auf Kosten
des Gläubigers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 €
festgesetzt.
Gründe:
I.
Über das Vermögen des Schuldners wurde auf dessen mit einem Rest-
schuldbefreiungsgesuch verbundenen Eigenantrag am 13. Dezember 2001 das
Insolvenzverfahren eröffnet. Der Gläubiger hat im Schlusstermin vom 19. März
2008 unter Bezugnahme auf frühere Schriftsätze und eine binnen zwei Wochen
einzureichende weitere Begründung beantragt, dem Schuldner die Restschuld-
befreiung zu versagen. Er meint, der Schuldner habe erhebliche Einkünfte ver-
schwiegen, die er als "Leitender Repräsentant" einer Versicherung beziehe.
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Das Amtsgericht hat den Antrag des Gläubigers mangels Glaubhaftma-
chung des Versagungsgrundes als unzulässig erachtet und dem Schuldner die
Restschuldbefreiung angekündigt. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwer-
de ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger
sein Begehren weiter.
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II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2 Satz 1
InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil der Gläubiger den gel-
tend gemachten Zulässigkeitsgrund der Rechtsfortbildung nicht ordnungsge-
mäß dargelegt hat (§ 575 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 ZPO).
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1. Die schlüssige Darlegung des Zulassungsgrundes der Rechtsfortbil-
dung erfordert als Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeu-
tung (BFH, Beschl. v. 27. Januar 2003 - II B 194/01, BFH/NV 2003, 792), dass
der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls er-
hebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellt und substantiiert darauf eingeht,
inwiefern diese Rechtsfrage klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klär-
bar ist. Im vorliegenden Fall vermag der Gläubiger keine Nachweise aus Recht-
sprechung und Schrifttum zu benennen, wonach eine Glaubhaftmachung ent-
gegen dem Wortlaut des § 290 Abs. 2 InsO noch in einem späteren Verfah-
rensabschnitt erfolgen kann. Mithin ist den Darlegungsanforderungen nicht ge-
nügt.
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Im Übrigen ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Glaubhaftma-
chung des Versagungsgrundes schon im Schlusstermin erfolgen muss und im
Beschwerdeverfahren nicht nachgeschoben werden kann (BGH, Beschl. v.
5. Februar 2009 - IX ZB 185/08, ZInsO 2009, 481, 482 Rn. 6 m.w.N.). Bei die-
ser Sachlage haben die Vordergerichte den Antrag des Gläubigers zutreffend
als unzulässig erachtet, weil die vermeintlichen Einkünfte des Schuldners nicht
glaubhaft gemacht wurden und das spätere diesbezügliche Vorbringen verfah-
rensrechtlich unbeachtlich ist.
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2. Dass die Vorinstanzen angenommen haben, im Schlusstermin sei ein
Versagungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden, verletzt nicht das rechtliche
Gehör des Gläubigers. Dieses Recht beinhaltet nur, dass das Vorbringen des
Gläubigers zur Kenntnis genommen und gewürdigt wird, besagt aber nicht,
dass das Gericht seiner Ansicht folgen muss. Fehlt es an der gebotenen
Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes durch den Gläubiger in dem
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Schlusstermin, scheidet eine entscheidungserhebliche Verletzung des Art. 103
Abs. 1 GG auch im weiteren Verfahren aus.
Ganter Gehrlein
Vill
Lohmann
Fischer
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 15.12.2008 - 906 IN 788/01-8- -
LG Hannover, Entscheidung vom 27.01.2009 - 20 T 3/09 -