Urteil des BGH vom 15.05.2007

Papiermaschinengewebe Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 273/02 Verkündet
am:
15. Mai 2007
Potsch
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Papiermaschinengewebe
EPÜ Art. 56; PatG § 4
Ein nach Maßgabe von "Teilaufgaben" in einzelne Merkmalsgruppen aufge-
splitterter Gegenstand der Erfindung kann nicht in der Weise der Prüfung auf
erfinderische Tätigkeit zugrunde gelegt werden, dass einzelne Merkmale oder
Merkmalsgruppen daraufhin untersucht werden, ob sie dem Fachmann durch
den Stand der Technik je für sich nahegelegt waren. Der Prüfung der Rechts-
frage, ob der Gegenstand der Erfindung am Prioritätstag des Streitpatents
durch den Stand der Technik nahegelegt war, ist vielmehr der Gegenstand der
Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen
Zusammenhang zugrunde zu legen.
BGH, Urt. v. 15. Mai 2007 - X ZR 273/02 - Bundespatentgericht
- 2 -
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 15. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-
Beck und Asendorf
für Recht erkannt:
Auf die Berufungen der Beklagten werden das am 9. Juli 2002 ver-
kündete sowie das der Beklagten am 27. November 2003 zuge-
stellte Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatent-
gerichts wie folgt abgeändert:
Die Klagen werden mit der Maßgabe abgewiesen, dass in Patent-
anspruch 1 des europäischen Patents 0 532 510 mit Wirkung für
das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland die Worte "An
industrial fabric" durch die Worte "A papermaker's fabric" ersetzt
werden und sich die Patentansprüche 3, 5, 10, 12, 13 und 14 auf
den so geänderten Patentanspruch 1 rückbeziehen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen
- 3 -
Tatbestand:
Die Beklagte, die nunmehr als A. PGmbH firmiert, ist eingetragene
Inhaberin des deutschen Teils des am 15. März 1991 angemeldeten und mit
Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents
0 532 510 (Streitpatent), für das die Prioritäten dreier Patentanmeldungen in
den Vereinigten Staaten von Amerika vom 6. Juni 1990, 15. August 1990 und
14. Februar 1991 beansprucht sind. Das Streitpatent trägt die Bezeichnung
"Papermakers fabric with flat machine direction yarns" und umfasst siebenund-
dreißig Patentansprüche. Mit den Nichtigkeitsklagen hat die Klägerin die Pa-
tentansprüche 1, 3, 5, 10, 12, 23, 24, 26, 34 und 36 sowie 13 und 14 angegrif-
fen. Diese Patentansprüche lauten:
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1. An industrial fabric comprising a system of CMD yarns and a
system of flat monofilament MD yarns interwoven with said
CMD yarns in a selected repeat pattern characterised in that:
said MD yarns having paired upper and lower yarns stacked in
vertical alignment; and the actual warp fill of at least said up-
per MD yarns is in the range of 80% - 125%.
3. A fabric according to claim 1 wherein said upper MD yarns are
interwoven with floats over a selected number of said CMD
yarns such that the upper surface of the fabric is predominated
by said upper MD yarn floats.
5. A fabric according to claim 3 wherein said lower MD yarns are
interwoven with said CMD yarns in an inverted image of the
repeat of said upper MD yarns whereby the bottom surface of
the fabric is also predominated by floats of said MD yarns.
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10. A fabric according to claim 1 wherein the actual warp fill of
said lower MD yarns is also in the range of 80% - 125%.
12. A fabric according to claim 1 wherein said fabric consists es-
sentially of all monofilament yarns.
23. A papermaker's fabric comprising a single layer system of
CMD yarns and a system of flat monofilament MD yarns inter-
woven with said CMD yarns in a selected repeat pattern char-
acterized in that:
said MD yarns have paired upper and lower yarns stacked in
vertical alignment; and
the actual warp fill of at least said upper MD yarns is in the
range of 80% - 125%.
24. A papermaker's fabric according to claim 23 wherein said up-
per MD yarns are interwoven with floats over a selected num-
ber of said CMD yarns such that the upper surface of the fab-
ric is predominated by said upper MD yarn floats.
26. A papermaker's fabric according to claim 24 wherein said
lower MD yarns are interwoven with said CMD yarns in an in-
verted image of the repeat of said upper MD yarns whereby
the bottom surface of the fabric is also predominated by floats
of said MD yarns.
34. A papermaker's fabric according to claim 23 wherein the ac-
tual warp fill of said lower MD yarns is also in the range of
80% - 125%.
- 5 -
36. A papermaker's fabric according to claim 23 wherein said
fabric consists essentially of all monofilament yarns.
Die Patentansprüche 13 und 14 lauten:
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13. A fabric according to claim 1 wherein said system of CMD
yarns includes at least upper and lower layers of CMD yarns.
14. A fabric according to claim 13 wherein said upper MD yarns
are interwoven with floats over a selected number of said up-
per layer CMD yarns such that the upper surface of the fabric
is predominated by said upper MD yarn floats.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Gegenstände der angegriffenen
Patentansprüche seien nicht patentfähig. Hierzu hat sie sich auf die US-
Patentschriften 4 290 209 (D1) und 4 621 663 (D3) sowie auf die Veröffentli-
chung der europäischen Patentanmeldung 0 211 426 (D2) bezogen.
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Die Klägerin hat beantragt,
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das europäische Patent 0 532 510 im Umfang der Patentansprüche
1, 3, 5, 10, 12, 23, 24, 26, 34 und 36 sowie 13 und 14 mit Wirkung
für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig
zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klagen abzuweisen.
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Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent mit Urteil vom 9. Juli 2001
(BPatGE 46, 127) im Umfang seiner Patentansprüche 1, 3, 5, 10, 12, 23, 24,
26, 34 und 36 und mit dem der Beklagten am 27. November 2003 zugestellten
Urteil im Umfang seiner Patentansprüche 13 und 14 mit Wirkung für das Ho-
heitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
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Hiergegen richten sich die zur einheitlichen Entscheidung verbundenen
Berufungen der Beklagten, mit denen sie zunächst die Abänderung der ange-
fochtenen Urteile und die Abweisung der Nichtigkeitsklagen begehrt hat. In der
mündlichen Verhandlung hat die Beklagte Patentanspruch 1 nur noch mit der
Maßgabe verteidigt, dass in Patentanspruch 1 des europäischen Patents
0 532 510 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland
die Worte "An industrial fabric" durch die Worte "A papermaker's fabric" ersetzt
werden und sich die Patentansprüche 3, 5, 10, 12, 13 und 14 auf den so geän-
derten Patentanspruch 1 rückbeziehen. Hilfsweise verteidigt sie das Streitpa-
tent in einer weiter beschränkten Fassung der Patentansprüche 1 und 23, wo-
bei sich die angegriffenen weiteren Patentansprüche auf die Fassung des
Hilfsantrags rückbeziehen sollen.
Die Klägerin verteidigt die angefochtenen Urteile.
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Der Senat hat ein Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof.
Dr.-Ing. H. P.
vom 6. März 2006 eingeholt, das der Sachverständige in der
mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Beklagte hat ein Privat-
gutachten von Prof. Dr. E. J. und Prof. J. M.
vom 25. Oktober 2006 zu den Akten gereicht.
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Entscheidungsgründe:
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt,
dass mit dem Hauptantrag der Berufung Patentanspruch 1 des Streitpatents
nur noch in der Weise beschränkt verteidigt wird, dass "A papermaker’s fabric"
(Papiermaschinengewebe) beansprucht ist. Mit dieser eindeutig und vorbe-
haltslos erfolgten Erklärung hat sie ihre Berufungen teilweise zurückgenommen
(§ 516 Abs. 1 ZPO; vgl. Sen.Urt. v. 17.2.2004 - X ZR 48/00 - Tintenstands-
detektor; Rogge in Benkard, PatG u. GebrMG, 10. Aufl., vor §§ 110 - 121 PatG
Rdn. 8; Keukenschrijver in Busse, PatG, 6. Aufl., vor § 110 PatG Rdn. 6). Nur in
diesem auf zulässige Weise noch verteidigten Umfang ist das Streitpatent Ge-
genstand des Berufungsverfahrens. Insoweit haben die in zulässiger Weise
eingelegten Rechtsmittel Erfolg. Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass
die Gegenstände nach den Patentansprüchen 1 in seiner noch verteidigten
Fassung und nach Patentanspruch 23 nicht patentfähig wären, so dass die gel-
tend gemachten Nichtigkeitsgründe nicht vorliegen (Art. 138 Abs. 1 Buchst. a,
Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 52, 54, 56 EPÜ).
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I. 1. Das Streitpatent betrifft in den mit den Nichtigkeitsklagen angegrif-
fenen und zuletzt noch beschränkt verteidigten Patentansprüchen ein Papier-
maschinengewebe (papermaker’s fabric) mit CMD-Fäden (Cross-Machine-
Direction-Fäden, nachfolgend Schussfäden) und MD-Fäden (Machine-Direc-
tion-Fäden, nachfolgend Kettfäden), das flache, monofile (einfädige) Fäden
aufweist. Mit derartigen Geweben werden kontinuierliche Papierbahnen durch
die Papiermaschine hindurchtransportiert, insbesondere durch deren Trock-
nungstrommeln. Bei ihnen kommt es, wie der gerichtliche Sachverständige in
der mündlichen Verhandlung in Übereinstimmung mit den Parteien erläutert
hat, maßgeblich zum einen auf eine möglichst glatte Oberfläche in dem Bereich
an, in dem die Papiermasse auf dem Gewebe aufliegt; nur so lässt sich die ge-
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- 8 -
wünschte glatte Oberfläche des Papiers erzeugen. Zum anderen muss das
Gewebe in einem der jeweiligen Maschine zur Papierherstellung angepassten
Umfang dampfdurchlässig sein, um den Trocknungsvorgang gezielt beeinflus-
sen zu können. Dazu gibt die Beschreibung des Streitpatents an, bei der Her-
stellung von Papiermaschinengeweben spiele die Durchlässigkeit des Gewe-
bes eine wichtige Rolle, weil die Gewebe dazu bestimmt seien, mit hohen Ge-
schwindigkeiten in modernen Trocknungsanlagen umzulaufen, wobei es wün-
schenswert sei, Trocknungsgewebe mit einer relativ niedrigen Durchlässigkeit
zu haben (Beschreibung Spalte 1, Zeilen 36 bis 41).
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Derartige Gewebe waren als solche an den Prioritätstagen des Streitpa-
tents bekannt. Die Beschreibung des Streitpatents verweist insoweit etwa auf
die US-Patentschrift 4 438 788, aus der ein Gewebe mit drei Lagen von
Schussfäden bekannt sei, die mit einem System von flachen, einfädigen Kettfä-
den so verwebt seien, dass sowohl auf der oberen als auch auf der unteren
Seite des Gewebes Schleifen zur Erzielung einer glatten Oberfläche entstün-
den (Beschreibung Spalte 1, Zeilen 28 bis 35), ferner auf die US-Patentschrift
4 290 209, die ein Gewebe offenbare, das aus flachen, einfädigen Kettfäden
gewebt sei (Beschreibung Spalte 1, Zeilen 20 bis 23), wobei die Kettfäden nahe
beieinander verwebt würden, um ein Gewebe mit verminderter Durchlässigkeit
zu bilden (Beschreibung Spalte 1, Zeilen 42 bis 45). An letzterem wird kritisiert,
dass zusätzliche Mittel wie Auffüllfäden nötig seien, um die Durchlässigkeit des
Gewebes zu vermindern, was zu vermeiden sei (Beschreibung Spalte 1, Zei-
len 45 bis 52).
Die Erfindung ist der Beschreibung zufolge darauf gerichtet, ein Papier-
maschinengewebe anzugeben, dessen Durchlässigkeit gering ist, mit geweb-
ten, flachen Kettfäden gesteuert wird, und insgesamt aus Monofilamenten unter
Verzicht auf Füllfäden hergestellt ist und bei dem kein Teil der Festigkeit oder
Stabilität geopfert wird (Beschreibung Spalte 4, Zeilen 14 bis 20).
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- 9 -
2. Dies soll nach Patentanspruch 1 in der zuletzt verteidigten Fassung
durch ein Papiermaschinengewebe erreicht werden, das wie folgt ausgebildet
ist:
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1. Das Papiermaschinengewebe besteht aus einem System von
Schussfäden (system of CMD yarns) und einem System von
flachen, einfädigen Kettfäden (system of flat monofilament MD
yarns), bei dem
2. die Schuss- und die Kettfäden in einem ausgewählten sich wie-
derholenden Muster verwoben sind.
3. Die Kettfäden haben paarweise obere und untere Fäden, die in
vertikaler Ausrichtung geschichtet (gestapelt) sind (said MD
yarns having paired upper an lower yarns stacked in vertical
alignment).
4. Die tatsächliche Kettfüllung (actual warp file) wenigstens der
oberen Kettfäden liegt im Bereich zwischen 80 und 125%.
In der Beschreibung des Streitpatents wird darauf hingewiesen, dass
wenigstens die oberen Kettfäden flache, monofile Fäden sind, die dicht beiein-
ander gewebt werden, um die Durchlässigkeit des Gewebes zu vermindern und
um die in Maschinenrichtung weisende Ausrichtung aufeinander liegender Paa-
re von Kettfäden festzulegen (Beschreibung Spalte 3, Zeilen 24 bis 28; deut-
sche Übersetzung Seite 5, 3. Abs.). Das gestapelte, eng verwobene Kettfäden-
system bietet Stabilität und macht ein relativ hohes Maßverhältnis (Quer-
schnittsbreite zu Höhe) möglich, das auch größer als 3:1 sein kann (Beschrei-
bung Spalte 3, Zeilen 33 bis 36). Wie die Schichtung der paarweise verwobe-
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nen Kettfäden erfolgen kann, wird in der Beschreibung anhand der nachste-
hend wiedergegebenen Fig. 2 und 3a
erläutert. Danach bedeutet die paarweise vertikale Ausrichtung der Kettfäden
nach Merkmal 3, dass beim Webvorgang zwei übereinander liegende Kettfäden
Verwendung finden, die in dem fertigen Gewebe, wie die Abbildung zu den Be-
zugszeichen 15, 17 und 19 sowie 14, 16 und 18 erkennen lässt, in der Senk-
rechten - gegebenenfalls getrennt durch die Schussfäden - übereinander lie-
gen, indem die unteren MD-Fäden (15, 17 und 19) jeweils direkt unter den obe-
ren MD-Fäden (14, 16 und 18) zu liegen kommen (in a vertically stacked realti-
onship; Beschreibung Spalte 6, Zeilen 8 bis 11).
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Wie die Erörterung mit den Parteien und dem gerichtlichen Sachver-
ständigen ergeben hat, ist in dem Ausführungsbeispiel der Erfindung nach
Fig. 1 des Streitpatents ein Gewebe mit zwei übereinander angeordneten
Schussfäden und einem nachfolgenden dritten Schussfaden dargestellt, bei
dem die im Prioritätszeitpunkt in der Webtechnik geläufige Köper-Bindung mit
Unterkettverstärkung verwendet worden ist. Bei dieser wird der Kettfaden nicht
um jeden Schussfaden, sondern um zwei nebeneinander liegende Schussfä-
den herumgeführt, wobei dies jeweils versetzt geschieht, so dass der erste
Kettfaden etwa über dem ersten und zweiten sowie unter dem dritten Schuss-
faden, der zweite Kettfaden über dem ersten, unter dem zweiten sowie über
dem dritten und vierten Schussfaden, der dritte Kettfaden unter dem ersten,
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über dem zweiten sowie über dem dritten und vierten Schussfaden liegt. Auf
diese Weise werden jeweils mehrere Schussfäden von den Kettfäden abge-
deckt, wodurch die Oberfläche des Gewebes glatter wird. Dem entspricht die
Darstellung in den Schnitten der Fig. 2 und 3a, nach denen die vertikale
Schichtung (vertically stacked relationship) der Kettfäden bei der Wahl einer
Köperbindung bedeutet, dass die Kettfäden jedes Kettfadenpaares im Gewebe
übereinander angeordnet so verwoben werden, dass sie den einen Schussfa-
den oder die mehreren Schussfäden übereinander liegend (Fig. 2 und Fig. 3a)
umgreifen. Eine solche Lage tritt, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt
hat, zwangsläufig ein, wenn mehrere übereinander angeordnete Kettfäden im
Wege der Köper-Bindung miteinander verbunden werden. Um derartige Kettfa-
denpaare nach Art des in den Fig. 6 bis 8 des Streitpatents dargestellten einla-
gigen Gewebes zu verbinden, standen im Prioritätszeitpunkt ebenfalls Web-
techniken, wie die Atlasbindung, zur Verfügung.
Die Angabe, dass die tatsächliche Kettfüllung wenigstens der oberen
Kettfäden im Bereich zwischen 80 und 125% liegen soll, wird in der Beschrei-
bung mit einem Hinweis auf die US-Patentschrift 4 290 209 und die dort be-
schriebene Webart erläutert, bei der die tatsächliche Kettfüllung zwischen die-
sen Werten schwanken kann und dennoch als hundertprozentige Kettfüllung
behandelt wird (Beschreibung Spalte 6, Zeilen 32 bis 41; deutsche Überset-
zung Seite 11, 3. Abs.). Von dieser Art der Kettfüllung geht damit auch das
Streitpatent aus. Als Vorteil einer solchen Gestaltung wird angegeben, das Ge-
webe mit einer so gestapelten Kettfüllung (mit beim Weben übereinander an-
geordneten Kettfäden) führe zu einer wesentlich höheren Füllung als bei Ge-
weben, die zwar den gleichen Höchstsatz von 125% aufwiesen, bei denen aber
lediglich einzelne, nicht aufeinander gestapelte Kettfäden verwebt würden (Be-
schreibung Spalte 8, Zeile 44 bis Spalte 9, Zeile 6; deutsche Übersetzung Sei-
te 15, 4. Abs.).
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Ein bestimmtes Maß der Durchlässigkeit des fertigen Gewebes ist nicht
Gegenstand der Lehre nach Patentanspruch 1. Das folgt auch daraus, dass die
Durchlässigkeit des Gewebes nach dem Streitpatent durch die Anordnung der
Kettfäden gesteuert werden soll, was nicht nur eine möglichst geringe Durch-
lässigkeit umfasst, sondern - je nach Einsatzzweck - auch eine größere als die
mögliche geringste Durchlässigkeit. Die Lehre des Streitpatents ermöglicht es
daher infolge der Verwendung flacher Monofilamente und durch Auswahl einer
geeigneten Bindungsart, etwa durch Verwendung einer mehrere Schussfäden
übergreifenden Köper- oder Atlasbindung, einerseits eine glatte Oberfläche des
Gewebes zu erzeugen. Andererseits kann über das Nebeneinanderliegen fla-
cher Monofilamente auch dicht gewebt werden, so dass bei dem schnellen Lauf
des Gewebes in einer modernen Papiermaschine vom Gewebe wenig Luft mit-
genommen wird, was einem Flattern der Papierbahn entgegenwirkt. Ferner
können über das Verweben paarweise vertikal übereinander geschichteter Kett-
fäden gezielte Räume zum Durchtritt von Gasen, insbesondere Wasserdampf,
vorgesehen werden, wodurch der Dampfdurchtritt durch das Gewebe gesteuert
werden kann, etwa indem Räume nach Art einer Labyrinthdichtung entstehen.
Ferner kann durch die Verwendung paarweise geschichteter oder gestapelter
flacher Kettfäden die Stabilität des Gewebes gestärkt werden. Schließlich kann
durch die Verwendung einer mehrere Schussfäden übergreifenden Bindung nur
auf der Papierseite, nicht aber auch auf der Maschinenseite des Gewebes, er-
reicht werden, dass das Gewebe auf der Maschinenseite elastisch bleibt und
sich um die Trocknungstrommel legen kann, ohne auf der Maschinenseite ge-
staucht zu werden. Mit Hilfe der patentgemäßen Lehre kann somit jedes Ge-
webe erzeugt werden, das nach Maßgabe des herzustellenden Papiers die je-
weils für den vorgesehenen Einsatzzweck erforderliche Permeabilität aufweist.
Erreicht wird dies durch ein Zusammenwirken der einzelnen Merkmale des
Streitpatents nach Patentanspruch 1, die damit in einer Wechselwirkung mit-
einander stehen, die ein gezieltes Ausrichten auf die gewünschte Durchlässig-
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- 13 -
keit des Gewebes unter Stärkung seiner Stabilität bei glatter Oberfläche des
Gewebes auf der Papierseite erlaubt.
II. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 ist neu (Art. 54 EPÜ), da er,
wie die Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen ergeben hat und
wovon die angefochtenen Urteile und auch die Parteien ausgehen, in der Ge-
samtheit seiner Merkmale im Stand der Technik nicht vorweggenommen ist. Er
ist auch im Übrigen patentfähig, da nicht festgestellt werden kann, dass er
durch den Stand der Technik nahegelegt war (Art. 56 EPÜ).
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1. Wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats
ausgeführt hat, werden Papiermaschinengewebe typischerweise in mittelstän-
digen Unternehmen hergestellt, die in der Regel keine Entwicklungsabteilungen
unterhalten. Zwar sind solche Gewebe in der Regel teure Spezialprodukte, die
in Papiermaschinen in der Regel mit 300 bis 400 Umdrehungen pro Minute um-
laufen, daher einer hohen Belastung ausgesetzt sind und demzufolge entspre-
chend belastbar ausgelegt sein müssen. Typischerweise sind mit der Entwick-
lung derartiger Gewebe aber Weber und Webtechniker befasst, die eine Aus-
bildung zum Meister durchlaufen haben und über langjährige Berufserfahrung
in der Herstellung von Papiermaschinengeweben und Filtergeweben verfügen.
Diese Fachleute kommen aus der Webtechnik, kennen die verschiedenen Bin-
dungsarten von Geweben und verfügen darüber hinaus über spezielle Erfah-
rungen mit Maschinen zum Weben von Papiermaschinen- und Filtergeweben,
wobei es sich bei den hierfür erforderlichen Maschinen um gegenüber Webma-
schinen zum Weben von Stoffen wesentlich komplexere Maschinen handelt.
Vor allem auf Erfahrungen in der Webtechnik und im Umgang mit derartigen
Maschinen und deren Ausbildung in der Praxis beruhen Weiterentwicklungen
bei Papiermaschinengeweben. Auch akademisch ausgebildete Fachleute müs-
sen solche Erfahrungen vor der Befassung mit Weiterentwicklungen der hier
fraglichen Art sammeln. Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist da-
- 14 -
her in erster Linie von diesen, nicht im Wege einer akademischen Ausbildung
an einer Hochschule oder Fachhochschule erworbenen Fähigkeiten und
Kenntnissen auszugehen. Die auf diesem Spezialgebiet tätigen Fachleute sind,
was der gerichtliche Sachverständige auf Nachfrage näher erläutert hat, typi-
scherweise nicht akademisch ausgebildet.
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2. Zu den Kenntnissen und Fähigkeiten, von deren Vorhandensein da-
nach im Prioritätszeitpunkt auszugehen ist, gehörte die Erkenntnis, dass für die
Papierherstellung mit hohen Geschwindigkeiten Trocknungsgewebe mit niedri-
ger Durchlässigkeit erforderlich sind.
22
a) Einen Hinweis, wie ein solches Gewebe ausgebildet werden kann,
gab die US-Patentschrift 4 290 209, die ein Mehrlagentrocknungsgewebe be-
schreibt, bei dem in Laufrichtung des Gewebes flache Kettfäden mit Schussfä-
den verwoben werden. Die Schrift offenbart, die einzelnen Kettfäden nebenein-
ander so anzuordnen, dass sie horizontal versetzt liegen und an ihren vertika-
len Berührungsstellen aneinander liegen; bei dieser Anordnung entsteht ein
vergleichsweise dichtes Gewebe mit reduzierter Durchlässigkeit für Gase. In-
soweit weit die US-Patentschrift ausdrücklich darauf hin, dass die Reduzierung
des Abstandes zwischen den einen Schussfaden umgreifenden abgeflachten
Kettfäden eine Verringerung der Zwischenräume im Gewebe an den Stellen, an
denen die Kettfäden die Schussfäden umgreifen, und damit eine Reduktion der
Durchlässigkeit des Gewebes bewirkt (US-Patentschrift 4 290 209, Spalte 9
Zeilen 31 bis 40; deutsche Übersetzung Seite 16, Zeilen 7 bis 13; Fig. 4, 4A
und 4B). Die Dichte des Gewebes wird hierbei allein durch den Abstand einla-
giger Kettfäden erzeugt. Das Verweben von Kettfadenpaaren wird nicht er-
wähnt. Über Maßnahmen zur Verbesserung der Festigkeit des Gewebes nach-
zudenken, gab diese Schrift ebenfalls keinen Anlass. Falls bei der Verwendung
der Lehre aus dieser Schrift Probleme bei der Festigkeit aufgetreten wären,
hätte das, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat,
- 15 -
zudem allenfalls Anlass gegeben, die Materialeigenschaften des Gewebes und
der zu seiner Erzeugung verwendeten Kett- und Schussfäden zu überprüfen.
Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten, von einem Ent-
wickler mit der oben angegebenen Qualifikation wäre am Prioritätstag des
Streitpatents eine Webart mit oberen und unteren Kettfäden in Betracht gezo-
gen worden, um auf diese Weise die Durchlässigkeit des Gewebes durch die
Kettfäden innerhalb des Gewebes zu steuern, sind auch in den Ausführungen
des gerichtlichen Sachverständigen nicht zutage getreten. Allein der Umstand,
dass insoweit nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen von
der Kenntnis der Webart mit Kettfadenpaaren auszugehen ist, rechtfertigt nicht
die Annahme, das schließe ohne weitere Anregungen und insbesondere ohne
Kenntnis von der Lehre des Streitpatents den Schritt zur Verwendung einer sol-
chen, an sich bekannten Webart zur Steuerung der Durchlässigkeit eines Pa-
piermaschinengewebes ein. Eine Anregung, Kettfäden paarweise geschichtet
zu verweben, um über die Schichtung der Kettfäden die Räume im Gewebe so
zu bemessen, dass eine bestimmte Durchlässigkeit des Gewebes erreicht wird,
lässt sich der US-Patentschrift 4 290 209 auch vor diesem Hintergrund nicht
entnehmen.
23
b) Eine weitergehende Information findet sich auch nicht in der US-
Patentschrift 4 621 663. Diese zeigt ein Papiermaschinengewebe, das papier-
seitig mit einer Bespannung versehen ist, um die für die Papierherstellung ge-
wünschte glatte Oberfläche zu erzeugen. Die Bespannung kann aus jedem be-
liebigen Material sein. Es wird als vorteilhaft bezeichnet, die Breite der Längs-
streifen der Bespannung so zu wählen, dass sie ebenso breit sind wie die Ge-
samtdicke zweier nebeneinander liegender Kettfäden einschließlich deren Zwi-
schenraums (US-Patentschrift 4 621 663, Spalte 2 Zeilen 35 bis 40; deutsche
Übersetzung Seite 2, letzter Abs.). Ein Hinweis auf die Verwendung vertikal ge-
schichteter Kettfadenpaare zur Steuerung der Durchlässigkeit des Gewebes
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- 16 -
ergibt sich aus dieser Schrift jedoch ebenso wenig wie aus der britischen Pa-
tentschrift 17 620.
c) Die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 211 426
betrifft ein Papiermaschinengewebe, das bestimmungsgemäß eine hohe
Durchlässigkeit für Gase, zu denen bei der Papierherstellung insbesondere
Wasserdampf zählt, besitzen soll. Zu diesem Zweck schlägt die Schrift ein Ge-
webe mit großen Öffnungen vor. Um das damit verbundene Stabilitätsproblem
zu lösen, sollen vertikal zueinander ausgerichtete Kettfäden, bei denen es sich
auch um flache Fäden handeln kann (Beschreibung Spalte 5, Zeilen 24 bis 29)
mit stabilisierenden Schussfäden (Spalte 4, Zeilen 5 bis 10) in der Weise ver-
woben werden, dass das Kettfadenpaar die Schussfäden teils über- und teils
untergreift, so dass der Schussfaden durch das vertikal fluchtend angeordnete
Kettfadenpaar hindurchgeführt ist, teils aber auch auf einer Seite eines Schuss-
fadens übereinander zu liegen kommt (Beschreibung Spalte 3, Zeile 52 bis
Spalte 4, Zeile 4).
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Die Schrift bestätigt die Annahme des gerichtlichen Sachverständigen,
dass die Webart mit Kettfadenpaaren als solche am Prioritätstag des Streitpa-
tents bekannt war. Die Durchlässigkeit des Gewebes wird dieser Schrift zufolge
jedoch mittels der Größe der im Gewebe vorgesehenen offenen Flächen be-
stimmt. Die Größe dieser Flächen ergibt sich aus dem Abstand der nebenein-
ander verwobenen Kettfadenpaare voneinander sowie aus dem Abstand zwi-
schen den Schussfäden. Die Schrift weist zwar darauf hin, dass die mit Ab-
stand voneinander verwobenen Kettfäden paarweise vertikal fluchtend ange-
ordnet sind, jedoch so, dass die effektive Dichte der lastaufnehmenden Kettfä-
den verdoppelt ist, ohne dass sich dadurch eine Verringerung der offenen Flä-
che des Siebes ergibt. Die vertikale Fluchtung der Kettfäden im fertigen Gewe-
be kann durch Verkleben oder Beschichten gesichert werden (Veröffentlichung
der europäischen Patentanmeldung 0 211 426, Spalte 1, Zeile 50 bis Spalte 2,
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Zeile 2). Dies gab keinen Hinweis darauf, mit Hilfe vertikal fluchtender paarwei-
se angeordneter Kettfäden beim Webvorgang eine dem jeweiligen Zweck ent-
sprechende Anpassung der Durchlässigkeit erreichen zu können.
d) Es kann dahinstehen, ob eine Kombination der US-Patentschrift
4 290 209 mit der europäischen Patentanmeldung 0 211 426 zu dem Gegens-
tand des Patentanspruchs 1 in der zuletzt verteidigten Fassung hätte führen
können; zu einer solchen Kombination bestand im Prioritätszeitpunkt ohne
Kenntnis der Lehre des Streitpatents kein Anlass. Beide Schriften verfolgen ein
gegensätzliches Ziel; ihre Kombination war schon deshalb für den Fachmann
eher fernliegend. Während die US-Patentschrift ein dichtes Gewebe für die Pa-
pierherstellung anstrebt, will die europäische Patentanmeldung das Problem
der geringeren Stabilität bei einer durch Erweiterung der Abstände im Gewebe
vergrößerten Durchlässigkeit lösen. Auf die besondere Webtechnik dieser zwei-
ten Lösung zur Verbesserung des aus der US-Patentschrift bekannten Gewe-
bes zurückzugreifen, bestand kein technischer Grund, weil sich Stabilitätsprob-
leme insoweit nicht stellten, sondern in erster Linie die glatte Oberfläche des
Gewebes für eine Verbesserung bei der Papierherstellung im Raum stand, mit
der sich die europäische Patentanmeldung nicht befasst. Ebenso wenig boten
beide Schriften für eine Steuerung der Durchlässigkeit durch den Webvorgang
und hierbei die Verwendung eines vertikal angeordneten, den Schussfaden un-
terschiedlich umgreifenden Kettfadenpaares eine Anregung; die Kombination
der in ihnen geschilderten Webtechniken zur Erreichung dieses Ziels konnten
sie daher auch deshalb ohne Kenntnis der Lehre des Streitpatents nicht nahe-
legen. Wie im Fall der US-Patentschrift 4 290 209 wird die Durchlässigkeit des
Gewebes auch nach der europäischen Patentanmeldung 0 211 426 durch den
Abstand zwischen den nebeneinander angeordneten Kettfäden und damit
durch die Größe des Zwischenraums zwischen Schuss- und Kettfäden be-
stimmt, nicht jedoch durch eine Webart, bei der sich diese Lage nicht notwen-
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dig in einer horizontalen Ebene einstellt, sondern in der Regel erst aus der ver-
tikalen Schichtung der nebeneinander verwobenen Kettfäden ergibt.
e) Soweit das Bundespatentgericht seine gegenteilige Wertung mit der
Erwägung begründet hat, die Veröffentlichung der europäischen Patenanmel-
dung 0 211 426 offenbare in Spalte 1, Zeilen 31 bis 35, dass mit der von ihr
vorgeschlagenen Verwendung von Kettfadenpaaren eine hohe Längsstabilität
erzielt werde, was identisch sei mit der Merkmalsgruppe 3 des Streitpatents,
durch welche die "Teilaufgabe" ausreichender Festigkeit und Stabilität gelöst
werde; die US-Patentschrift 4 290 209 offenbare, dass mit der dort beschriebe-
nen Webweise ein Flattern der Papierbahn auf dem Gewebe bei geringer
Durchlässigkeit des Gewebes erreicht werde, wodurch die "Restaufgabe" der
Merkmalsgruppe 4 nach Patentanspruch 1 des Streitpatents gelöst werde, be-
ruht diese Wertung auf einer isolierten Betrachtung einzelner Merkmale, die
außer Acht lässt, dass mit der Gesamtkombination sämtlicher Merkmale des
Gegenstands nach Patentanspruch 1 das Verweben von Kettfadenpaaren zu
einer vertikal ausgerichteten Schichtung in dem aus Kett- und Schussfäden
hergestellten Gewebe nicht nur die Stabilität des Gewebes hinreichend bemes-
sen und verbessert, sondern auch die Durchlässigkeit des Gewebes gezielt
eingerichtet wird. Ein nach Maßgabe von "Teilaufgaben" in einzelne Merkmals-
gruppen aufgesplitterter Gegenstand der Erfindung kann nicht in der Weise der
Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zugrunde gelegt werden, dass einzelne
Merkmale oder Merkmalsgruppen daraufhin untersucht werden, ob sie dem
Fachmann durch den Stand der Technik je für sich nahegelegt waren. Der Prü-
fung der Rechtsfrage, ob der Gegenstand der Erfindung am Prioritätstag des
Streitpatents durch den Stand der Technik nahegelegt war, ist vielmehr der
Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem
technischen Zusammenhang zu Grunde zu legen (BGHZ 147, 137, 141 - Trigo-
nellin m.w.N.; Keukenschrijver in Busse, aaO, § 4 PatG Rdn. 58, 59; Asendorf/
Schmidt in Benkard, aaO, § 4 PatG Rdn. 26; zur Gefahr des "Zerhackens" der
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Erfindung durch Merkmalsgliederungen vgl. Meier-Beck, GRUR 2001, 967 f.).
Bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit dürfen wie bei der Auslegung des
Patentanspruchs einzelne Merkmale oder Merkmalsgruppen auch dann nicht
isoliert mit dem Stand der Technik verglichen werden, wenn sich der Gegen-
stand der Erfindung in einzelne "Teilaufgaben" aufspalten lässt. Deshalb ist
auch in einem solchen Fall der gesamte Inhalt der unter Schutz gestellten Leh-
re in den Blick zu nehmen.
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Patentanspruch 1 hat demzufolge in der zuletzt verteidigten Fassung mit
den auf ihn rückbezogenen angegriffenen Unteransprüchen Bestand.
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III. Patentanspruch 23 betrifft ein Gewebe, das mit nur einer Lage von
Schussfäden mit den Merkmalen nach Patentanspruch 1 in der zuletzt vertei-
digten Fassung gewebt ist. Da Patentanspruch 1 nicht auf ein Gewebe mit
mehreren Lagen Schussfäden beschränkt ist, sondern auch ein Gewebe mit ei-
ner Lage von Schussfäden umfasst, ist der Gegenstand nach Patentan-
spruch 23 im Gegenstand nach Patentanspruch 1 enthalten. Deshalb kann auf
die Ausführungen zur Patentfähigkeit des Gegenstandes nach Patentanspruch
1 verwiesen werden. Mit Patentanspruch 1 hat daher auch Patentanspruch 23
mit den angegriffenen und auf ihn rückbezogenen Patentansprüchen Bestand.
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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. § 91
ZPO. Soweit die Beklagte Patentanspruch 1 zuletzt nur noch beschränkt vertei-
digt und damit ihre Berufung teilweise zurückgenommen hat (§ 516 ZPO), fällt
die Beschränkung des Anspruchs auf Papiermaschinengewebe wertmäßig
nicht ins Gewicht, so dass eine Belastung der Beklagten mit einem Teil der
Rechtsmittelkosten (§ 516 Abs. 3 ZPO) nicht veranlasst ist.
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Melullis Keukenschrijver
Mühlens
Meier-Beck
Asendorf
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 09.07.2002 - 1 Ni 18/01 (EU) -