Urteil des BGH vom 22.11.2000

BGH (lpg, antragsteller, blw, auskunft, abtretbarkeit, anteil, abtretung, zweifel, mitgliedschaft, beschwerde)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 1/00
vom
22. November 2000
in der Landwirtschaftssache
betreffend Auskunft und Einsichtnahme in Unterlagen
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am
22. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Rich-
ter Prof. Dr. Krüger und Dr. Klein sowie die ehrenamtlichen Richter Ehlers und
Böhme
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß
des Landwirtschaftssenats des Brandenburgischen Oberlandes-
gerichts vom 21. Dezember 1999 aufgehoben.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des
Landwirtschaftsgerichts Fürstenwalde vom 19. Januar 1999 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten der beiden Rechtsmittelverfahren einschließlich der
außergerichtlichen Kosten des Antragstellers trägt die Antrags-
gegnerin.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
5.000 DM.
Gründe:
I.
I. S. trat am 1. Januar 1969 als landloses Mitglied in die
LPG (P) L. , die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, ein. Am
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14. Mai 1991 unterzeichnete sie eine von der LPG formulierte Erklärung, wo-
nach ihre Mitgliedschaft im Zuge der Umwandlung der LPG in die Antragsgeg-
nerin aufgehoben wurde. Der Umwandlungsbeschluß wurde am 31. Mai 1991
gefaßt.
Mit Erklärung vom 4. November 1997 trat I. S. ihre "An-
sprüche aus der Mitgliedschaft" der LPG an den Antragsteller ab. Dieser ist der
Auffassung, ihm stünden aufgrund der Abtretung Abfindungsansprüche nach
dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz zu. Er hat im Wege des Stufenantrags
u.a. Auskunft über die Umwandlungsbilanz und den Anteil der Zessionarin an
der früheren LPG sowie Zahlung des sich daraus ergebenden Betrages ver-
langt.
Das Landwirtschaftsgericht hat dem Auskunftsantrag stattgegeben. Das
Oberlandesgericht hat ihn abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt der
Antragsteller die Wiederherstellung der Entscheidung des Landwirtschaftsge-
richts. Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist zulässig. Da das Be-
schwerdegericht sie nicht zugelassen hat und der Senat hieran gebunden ist
(vgl. nur Senatsbeschl. v. 3. Mai 1996, BLw 39/95, NJW 1996, 2229), ist sie
nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG als Abweichungs-
rechtsbeschwerde zulässig. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Be-
schwerdegericht verneint die Abtretbarkeit eines Auskunftsanspruchs zur Ver-
folgung von Abfindungsansprüchen nach § 44 LwAnpG. Die Rechtsbeschwer-
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de macht zu Recht geltend, daß es damit von einer Entscheidung des Ober-
landesgerichts Naumburg vom 11. Mai 1999 (2 Ww 27/98) abweicht, in der die
Abtretbarkeit eines solchen Anspruchs bejaht wird. Auf dieser Abweichung be-
ruht auch die Entscheidung; denn das Beschwerdegericht hat mit der Nichtab-
tretbarkeit des Anspruchs die Abweisung des Antrags gestützt.
2. Die Beschwerde ist auch begründet.
a) Daß der Abfindungsanspruch nach § 44 LwAnpG abtretbar ist, unter-
liegt keinem Zweifel (vgl. BGH, Urt. v. 8. Dezember 1997, II ZR 217/96, WM
1998, 384, 387). Davon geht auch das Beschwerdegericht aus. Dasselbe gilt -
wie der Senat inzwischen entschieden hat (Beschl. v. 16. Juni 2000,
BLw 30/99, RdL 2000, 243 = ZIP 2000, 1444) - auch für den Auskunftsan-
spruch, dem lediglich eine Hilfsfunktion zukommt und ohne den der abgetrete-
ne Zahlungsanspruch wertlos wäre. Es ist daher auch im Zweifel davon auszu-
gehen, daß ein nicht gesondert abgetretener Auskunftsanspruch in entspre-
chender Anwendung des § 401 BGB auf den Zessionar des Zahlungsan-
spruchs mit übergeht (MünchKomm-BGB/Roth, 3. Aufl., § 401 Rdn. 7; Erman/
Westermann, BGB, 9. Aufl., § 401 Rdn. 2). Soweit sich aus den Besonderhei-
ten des Rechtsverhältnisses, aus dem der Auskunftsanspruch herrührt, Be-
schränkungen seines Inhalts oder seiner Geltendmachung ergeben, führt das
nicht zum Ausschluß der Abtretbarkeit. Die Rechte des zur Auskunft Verpflich-
teten werden vielmehr durch § 404 BGB gewahrt. Das gilt auch für einen auf
§ 242 BGB gestützten Einwand (BGH, Urt. v. 30. Mai 1962, VIII ZR 173/61,
NJW 1962, 1388, 1390; zur Fortwirkung einer inhaltlichen Beschränkung:
BGH, Urt. v. 1. Dezember 1982, VIII ZR 206/81, NJW 1983, 749).
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b) Soweit das Beschwerdegericht seine abweichende Auffassung unter
Berufung auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 25, 116, 122;
Urt. v. 3. November 1975, II ZR 98/74, BB 1975, 11) damit begründet, daß das
Einsichtsrecht eines Genossenschafters zu den Verwaltungsrechten eines Mit-
glieds gehöre, die höchstpersönlicher Art seien und daher nur von den Gesell-
schaftern selbst ausgeübt werden könnten, verkennt es, daß im vorliegenden
Fall keine Abspaltung des Auskunfts- oder Einsichtsrechts von den Mitglied-
schaftsrechten in Rede steht. Die Zessionarin ist aus der Rechtsvorgängerin
der Antragsgegnerin ausgeschieden. Ihr stehen keine Mitgliedschaftsrechte
mehr zu. Vielmehr beschränken sich ihre Rechte auf eine ihrem früheren Anteil
entsprechende vermögensmäßige Beteiligung am Eigenkapital. Diese Rechte
sind ebensowenig wie der zur Durchsetzung erforderliche Auskunftsanspruch
höchstpersönlicher Art. Durch Abtretung sind sie auf den Antragsteller überge-
gangen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel
Krüger
Klein