Urteil des BGH vom 22.05.1984

Imprägnieren von Tintenabsorbierungsmitteln Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 185/00 Verkündet
am:
16. März 2004
Wermes
Justizhauptsekretär
als
Urkundsbeamter
der
Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk :
ja
BGHZ
:
nein
BGHR
:
ja
Imprägnieren von Tintenabsorbierungsmitteln
EPÜ Art. 69, Art. 52 ff., Art. 138
IntPatÜG Art. II § 6
PatG §§ 81 ff., 110 ff.
Eine Auslegung eines angegriffenen Patentanspruchs unter seinem Sinngehalt
kann der Prüfung im Nichtigkeitsverfahren nicht zugrunde gelegt werden.
BGH, Urt. v. 16. März 2004 - X ZR 185/00 - Bundespatentgericht
- 2 -
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 16. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf
für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 21. Juni 2000 verkündete Urteil des
4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf
Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des unter Inanspruchnahme der Priorität der
Voranmeldungen JP 102 841 und JP 102 843 vom 22. Mai 1984 angemeldeten
und mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteil-
ten europäischen Patents 0 406 982 (Streitpatents), das durch Teilung aus der
europäischen Patentanmeldung 90 201 873.8 hervorgegangen ist und ein Ver-
fahren zum Imprägnieren von Tintenabsorbierungsmitteln betrifft (method of
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impregnating ink absorbing means). Patentanspruch 1 lautet in der Ver-
fahrenssprache Englisch:
"1. A method of impregnating absorbing means (60´´, 61, 62) con-
tained in an ink supply tank (2, 2´´) for a wire dot matrix printer
head at which ink is supplied to the distal ends of the wires,
characterised in that the ink absorbing means (60´´, 61, 62
)
is
impregnated with ink at a pressure lower than atmospheric
pressure."
und in deutscher Übersetzung:
"1. Verfahren zum Imprägnieren von Tintenabsorbierungsmitteln
(60´´, 61, 62), die in einem Tintenversorgungstank (2, 2´´) für
einen Matrix-Nadeldruckerkopf enthalten sind, dem an distalen
Nadelenden Tinte zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, daß
die Tintenabsorbierungsmittel (60´´, 61, 62) mit Tinte impräg-
niert werden, bei einem Druck, der geringer als der Atmosphä-
rendruck ist."
Die Klägerin hat unter Hinweis auf die US-Patentschriften 3 863 686,
3 491 685, 4 194 846 und 4 095 237 sowie die japanische Patentanmeldung
JP 58-142861 A geltend gemacht, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1
nicht patentfähig sei, und beantragt, das Streitpatent im Umfang des Patentan-
spruchs 1 für nichtig zu erklären.
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Die Beklagte hat den Patentanspruch 1 des Streitpatents in der nachfol-
gend wiedergegebenen Fassung verteidigt:
"1. Verfahren zum Imprägnieren von Tintenabsorptionsmitteln (60´´,
61, 62), die in einem Tintenversorgungstank (2, 2´´) für einen
Matrix-Nadeldruckerkopf enthalten sind, dem an distalen Nadel-
enden Tinte zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, daß die
Tintenabsorbierungsmittel (60´´, 61, 62) in den Tintenversor-
gungstank (2, 2´´) eingebracht werden, daß der Tintenversor-
gungstank (2, 2´´) ein Luftloch aufweist und zwischen den Tin-
tenabsorbierungsmitteln (60´´, 61, 62) und einer inneren Wand-
oberfläche des Tintenversorgungstanks sich ein Raum (50 b)
befindet, der mit dem Luftloch (42) kommuniziert, und daß die
Tintenabsorbierungsmittel (60´´, 61, 62) nach Einbringen in den
Tintenversorgungstank (2, 2´´) mit Tinte imprägniert werden bei
einem Druck, der geringer als der Atmosphärendruck ist."
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent im Umfang des Patentan-
spruchs 1 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig er-
klärt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie Patentan-
spruch 1 in erster Linie in der nachfolgend wiedergegebenen Fassung vertei-
digt:
"Verfahren zum Imprägnieren von Tintenabsorbierungsmitteln (60´´,
61, 62), die in einem Tintenversorgungstank (2, 2´´) für einen Mat-
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rix-Nadeldruckerkopf enthalten sind, dem an distalen Nadelenden
Tinte zugeführt wird,
dadurch gekennzeichnet, daß die Tintenabsorbierungsmittel (60´´,
61, 62) in den Tintenversorgungstank (2, 2´´) eingebracht werden,
die Tintenabsorbierungsmittel (60´´, 61, 62) nach Einbringen in den
Tintenversorgungstank (2, 2´´) mit Tinte imprägniert werden bei ei-
nem niedrigen Druck, der geringer als Atmosphärendruck ist, so
daß es im wesentlichen keine von der Tinte in den mit Tinte im-
prägnierten Tintenabsorbierungsmitteln eingeschlossene Luft-
schicht oder -blase gibt, und das Verfahren angewendet wird auf
einen Tintenversorgungstank (2, 2´´), der ein Luftloch (42) aufweist
und bei dem sich zwischen den Tintenabsorbierungsmitteln (60´´,
61, 62) und einer inneren Wandoberfläche des Tintenversorgungs-
tanks ein Raum (50b) befindet, der mit einem Luftloch (42) kommu-
niziert."
Hilfsweise verteidigt die Beklagte Patentanspruch 1 in folgender Fas-
sung:
"Verfahren zum Imprägnieren von Tintenabsorbierungsmitteln (60´´,
61, 62), die in einem Tintenversorgungstank (2, 2´´) für einen Mat-
rix-Nadeldruckerkopf enthalten sind, dem an distalen Nadelenden
Tinte zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Tintenab-
sorbierungsmittel (60´´, 61, 62) in den Tintenversorgungstank ein-
gebracht werden, die Tintenabsorbierungsmittel (60´´, 61, 62) nach
Einbringen in den Tintenversorgungstank (2, 2´´) mit Tinte impräg-
niert werden bei einem Druck, der geringer als Atmosphärendruck
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ist, und das Verfahren angewendet wird auf einen Tintenversor-
gungstank (2, 2´´), der ein Luftloch (42) aufweist und bei dem sich
zwischen den Tintenabsorbierungsmitteln (60´´, 61, 62) und einer
inneren Wandoberfläche des Tintenversorgungstanks ein Raum (50
b) befindet, der mit dem Luftloch (42) kommuniziert."
Für den Fall, daß die Verteidigung des Streitpatents in den vorstehend
wiedergegebenen Fassungen nicht zulässig sein sollte, verteidigt die Beklagte
Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung des Streitpatents.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Prof.
Dr.-Ing.
C.
H. ,
, hat im Auftrag des Senats ein
schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläu-
tert und ergänzt hat. Die Beklagte hat gutachtliche Stellungnahmen des Prof.
Dr.-Ing. W. W. vom 20. April 2000 und vom 27. März 2002 vorgelegt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Gegenstand des Patentan-
spruchs 1 ist in allen verteidigten Fassungen nicht patentfähig, da er nicht auf
erfinderischer Tätigkeit beruht. Das Streitpatent ist daher vom Bundespatentge-
richt im Ergebnis zu Recht für nichtig erklärt worden (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1
IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ i.V. mit Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ).
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I. 1. Der Prüfung der Schutzfähigkeit ist die in den Patentansprüchen un-
ter Schutz gestellte Lehre zu unterziehen. Dabei bedarf es der Feststellung des
Gegenstandes der angegriffenen Patentansprüche nur in dem Umfang, wie
dies zur Prüfung der Bestandsfähigkeit des Patents gegenüber den geltend
gemachten Nichtigkeitsgründen erforderlich ist. Für diese Feststellung gelten
die gleichen Grundsätze wie bei der Feststellung des Sinngehalts und bei der
Auslegung des Patents im Verletzungsstreit (vgl. Sen.Urt. v. 24. 9. 2003
- X ZR 7/00, GRUR 2004, 47 - blasenfreie Gummibahn I, zur Veröffentlichung
in BGHZ vorgesehen).
a) Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Imprägnieren von Tinten-
absorbierungsmitteln, die sich in einem Tintenversorgungstank für einen Matrix-
Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte zugeführt wird, befinden.
Die Beschreibung des Streitpatents befaßt sich nicht mit am Prioritätstag
im Stand der Technik bekannten Verfahren zum Imprägnieren (Befüllen) von
Tintenversorgungstanks für Druckerköpfe. Sie weist den Fachmann lediglich
darauf hin, daß mit der Lehre nach dem Streitpatent ein Verfahren zum Im-
prägnieren von Tintenabsorbierungsmitteln, die sich in einem Tintenversor-
gungstank für einen Matrix-Nadeldruckerkopf befinden, dem an distalen Nadel-
enden Tinte zugeführt wird, vorgeschlagen wird, bei dem das Tintenabsorbie-
rungsmittel unter einem Druck, der geringer ist als Atmosphärendruck, mit Tinte
imprägniert wird (Beschreibung deutsche Übersetzung Seite 3, Zeile 32, bis
Seite 4, Zeile 3). Der Fachmann erfährt aus der Beschreibung weiter, daß der
Druck, bei dem die Tinte zugesetzt wird, vorzugsweise im Bereich von 5 bis
10 mmHg liegt, wie dies Gegenstand des mit der Nichtigkeitsklage nicht ange-
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griffenen Patentanspruchs 2 ist (Beschreibung deutsche Übersetzung Seite 4,
Zeilen 5 und 6). Außerdem erfährt der Fachmann, daß das patentgemäße Ver-
fahren vorzugsweise eingesetzt wird, um Tintenversorgungstanks zu befüllen,
in denen sich ein Luftloch befindet, welches in mindestens einem Raum zwi-
schen dem Tintenabsorbierungsmittel und einer inneren Wandoberfläche des
Tintenversorgungstanks mit Luft in Verbindung steht (Beschreibung deutsche
Übersetzung Seite 4, Zeilen 8 bis 12). Daneben erhält der Fachmann aus der
Beschreibung Hinweise darauf, welche Wirkungen mit dem patentgemäßen
Verfahren erzielt werden können. So wird in der Beschreibung erwähnt, daß die
mit Tinte imprägnierten Elemente unter einem unter dem Atmosphärendruck
liegenden Druck im Bereich von 5 bis 10 mmHg mit Tinte imprägniert werden,
wodurch die in den mit Tinte imprägnierten Porenelementen verbleibende Luft
so weit wie möglich reduziert wird, um die Menge der zugesetzten Tinte zu er-
höhen (Beschreibung deutsche Übersetzung Seite 11, Zeilen 1 bis 6). Dem
entspricht der Hinweis in der Beschreibung, es gebe im wesentlichen keine von
der Tinte in den mit Tinte imprägnierten Elementen eingeschlossene Luft-
schicht oder -blase, weil die Tinte unter niedrigem Druck zugesetzt werde (Be-
schreibung deutsche Übersetzung Seite 17, Zeile 33, bis Seite 18, Zeile 1).
b) Nach der Fassung des in der Berufungsinstanz in erster Linie vertei-
digten Patentanspruchs 1 lehrt das Streitpatent ein Verfahren zur Imprägnie-
rung von Tintenabsorbierungsmitteln in einem Tintenversorgungstank für einen
Matrix-Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte zugeführt wird, mit
folgenden Merkmalen:
1. Die Tintenabsorbierungsmittel werden in den Tintenversor-
gungstank eingebracht.
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2. Nach dem Einbringen in den Tintenversorgungstank werden die
Tintenabsorbierungsmittel mit Tinte imprägniert.
3. Dies geschieht
a) bei einem niedrigen Druck, der geringer als Atmosphären-
druck ist,
b) so daß es im wesentlichen keine von der Tinte in dem mit
Tinte imprägnierten Tintenabsorbierungsmitteln einge-
schlossene Luftschicht oder -blase gibt.
4. Das Verfahren wird auf einen Tintenversorgungstank angewen-
det,
a) der ein Luftloch enthält und
b) bei dem sich zwischen den Tintenabsorbierungsmitteln und
einer inneren Wandoberfläche des Tintenversorgungstanks
ein Raum befindet,
c) der mit dem Luftloch kommuniziert.
2. a) Aus der Angabe, daß es sich bei dem mit Tinte zu imprägnierenden
Gegenstand um einen Tintenversorgungstank für einen Matrix-Nadeldrucker-
kopf handelt, erkennt der Fachmann ohne weiteres, daß der zu befüllende Ge-
genstand zur bestimmungsgemäßen Verwendung in befülltem Zustand in einen
Drucker eingesetzt wird, damit beim Druckvorgang Tinte vorhanden ist, die den
distalen Nadelenden des Druckerkopfes zugeführt werden kann. Der Fach-
mann weiß, daß derartige Druckerköpfe beim Druckvorgang mit erheblicher
Geschwindigkeit bewegt werden, was ohne weitere Maßnahmen zu einem Auf-
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schäumen der Tinte in dem Tintenversorgungstank führt. Ihm ist, wie der ge-
richtliche Sachverständige weiter zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat,
auch bekannt, daß dieses durch die Unterbringung der Tinte in einem - in der
Regel schwammartigen - Tintenabsorbierungsmittel in den Tank zu verhindern
ist. Auch deshalb weiß er, daß die in dem Tintenversorgungstank enthaltenen
Tintenabsorbierungsmittel vor allem aus diesem Grund vorgesehen sind.
Der Angabe, daß die Tintenabsorbierungsmittel in dem Tintenversor-
gungstank "enthalten" sind, entnimmt der Fachmann weiter, daß sie bei Beginn
des Imprägniervorgangs bereits in dem Tintenversorgungstank vorhanden und
damit zuvor eingesetzt sind. Darauf wird er durch die Merkmale 1 und 2 aus-
drücklich hingewiesen, nach denen das Imprägnieren erst erfolgt, nachdem die
Tintenabsorbierungsmittel in den Tintenversorgungstank eingebracht worden
sind.
Der Fachmann ersieht aus dieser Angabe auch, daß durch das patent-
gemäße Verfahren die in dem Tintenversorgungstank eingesetzten Tintenab-
sorbierungsmittel erstmals mit Tinte imprägniert werden. Soweit in der Be-
schreibung des Streitpatents davon die Rede ist, daß mit Tinte imprägnierten
Elementen Tinte zugesetzt wird, handelt es sich nach den überzeugenden Aus-
führungen des gerichtlichen Sachverständigen um eine für den Fachmann oh-
ne weiteres erkennbare mißverständliche Formulierung. Bei dem patentgemä-
ßen Verfahren geht es nicht um die (weitere) Befüllung bereits mit Tinte im-
prägnierter und danach in den Tintenversorgungstank eingesetzter Tintenab-
sorbierungsmittel, sondern um den Vorgang des ersten Befüllens des die Tin-
tenabsorbierungsmittel enthaltenden Tintentanks.
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Bezüglich der Gestaltung des Tintentanks entnimmt der Fachmann
schließlich den weiteren Angaben in der Merkmalsgruppe 4, daß dieser ein
Luftloch und einen Raum, der mit dem Luftloch kommuniziert, aufweist, wobei
er aus der Angabe, daß sich der Raum zwischen den Tintenabsorbierungsmit-
teln und einer inneren Wandoberfläche des Tintenversorgungstanks befindet,
erkennt, daß der Luftraum im Inneren des Tintenversorgungstanks liegt.
b) Die Befüllung des Tintenabsorbierungsmittels soll nach dem Merk-
mal 3 a des Patentanspruchs 1 in seiner in erster Linie verteidigten Fassung
bei einem niedrigen Druck stattfinden, der geringer als Atmosphärendruck ist.
Diese Angabe sagt dem Fachmann, daß die Tinte nicht unter einem von außen
angelegten Überdruck in den Tintenversorgungstank eingebracht wird, sondern
daß während des Befüllvorgangs jedenfalls in dem Tintentank ein zu der um-
gebenden Atmosphäre abgesenkter Druck, also ein Unterdruck, herrscht. Wie
der gerichtliche Sachverständige im einzelnen überzeugend dargelegt hat und
auch ohne weiteres einsichtig ist, erfaßt die Druckangabe daher insbesondere
solche Ausgestaltungen des Verfahrens, bei denen die Tinte infolge eines ge-
genüber der umgebenden Atmosphäre abgesenkten Drucks in die in dem Tin-
tenversorgungstank enthaltenen Tintenabsorbierungsmittel gesaugt wird.
Dagegen erhält der Fachmann mit dieser Angabe keinen Hinweis zur
genauen Größe des jeweiligen Unterdrucks und darauf, ob das Verfahren mit
einer gegenüber der umgebenden Atmosphäre großen oder kleinen Druckdiffe-
renz ausgeführt wird. Ein absoluter Wert für den Unterdruck wird weder im Pa-
tentanspruch noch in der Beschreibung des Streitpatents genannt. Der Fach-
mann zieht daher für die Ausführung des Verfahrens sowohl größere als auch
kleinere Druckdifferenzen gegenüber der umgebenden Atmosphäre in Betracht.
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Dabei gehört es nach den überzeugenden Darlegungen des gerichtlichen
Sachverständigen zum Grundwissen des Fachmanns, daß er die Tintenabsor-
bierungsmittel nur in dem Maße mit Tinte befüllen kann, in dem er durch Anle-
gen von Unterdruck Luft aus den Tintenabsorbierungsmitteln evakuiert. Infol-
gedessen wird er von einem Unterdruck ausgehen, bei dem die Tinte in den
Tank eingebracht werden kann, und die Verfahrensparameter so auswählen,
daß er unter Berücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Gegeben-
heiten eine optimale Befüllung des Tintenversorgungstanks erreicht. Will er den
Vorgang des Imprägnierens dagegen als selbststoppendes und behutsames
Befüllverfahren auslegen, so stellt er die Druckdifferenz zum Atmosphären-
druck so auf die Kapillarwirkung ab, daß der Unterdruck die Kapillarwirkung un-
terstützt und gleichzeitig eine hinreichend sichere Füllung auch der
Porenelemente bewirkt. Dabei wird er je nach dem Zweck, auf den hin er das
Verfahren ausrichtet, sowohl geringe als auch große Druckdifferenzen
gegenüber dem Atmosphärendruck in Betracht ziehen, die bis zur Erzeugung
eines nahezu vollständigen Vakuums reichen können. Dessen genauen Wert
wird er durch praktische Versuche herausfinden und dabei auf eine
Optimierung des Befüllvorgangs unter Berücksichtigung der technischen und
wirtschaftlichen Gegebenheiten achten.
c) In diesem Verständnis wird der Fachmann durch das Merkmal 3 b un-
terstützt, demzufolge das Imprägnieren der in dem Tintenversorgungstank ent-
haltenen Tintenabsorbierungsmittel mit gegenüber dem Atmosphärendruck ge-
ringerem niedrigen Druck bewirkt, daß es "im wesentlichen keine von der Tinte
in den mit Tinte imprägnierten Tintenabsorbierungsmitteln eingeschlossene
Luftschicht oder Luftblase" gibt.
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Wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats aus-
geführt hat, enthält diese Wirkungsangabe allerdings auch eine nähere Ein-
grenzung des für die Ausführung des Verfahrens anzulegenden Unterdrucks.
Wie dem Fachmann bekannt ist, enthalten schwammartige Materialien, wie sie
bei den Tintenabsorbierungsmitteln eingesetzt werden können, auch sackartige
Kammern, die auf einer Seite geschlossen sind und aus denen die Luft beim
Befüllen nicht oder nur schwer entweichen kann, so daß im gefüllten Tank gas-
gefüllte Hohlräume verbleiben, die sich später ausdehnen und zu Störungen im
Tintenfluß führen können, zumindest aber eine vollständige Befüllung des
Tanks verhindern. Ausgehend hiervon liegt der Wirkungsangabe die Erkenntnis
zugrunde, daß sich dieser Verbleib von Gas in dem Maße verringern läßt, in
dem die Luft abgesaugt wird, bis schließlich bei einem vollständigen Vakuum
keine Gaseinschlüsse mehr zu besorgen sind. Dem Fachmann erschließt sich
daher aus der Wirkungsangabe, daß er bei Ausführung des Verfahrens in der
Fassung des Hauptantrags zu einer größeren Druckdifferenz greifen muß,
wenn möglichst viel Luft aus den Tintenabsorbierungsmitteln evakuiert und die
Tintenabsorbierungsmittel möglichst vollständig mit Tinte befüllt werden sollen.
Dagegen gibt das Streitpatent im Zusammenhang mit dem hier allein interes-
sierenden Patentanspruch 1 auch insoweit dem Fachmann keine Bemessungs-
regel für das Ausmaß der Druckdifferenz an die Hand. Zwar soll dem Merkmal
4 b zufolge durch den "niedrigen" Druck erreicht werden, daß in dem fertig be-
füllten Tintenversorgungstank im wesentlichen keine Luft mehr in den Tinten-
absorbierungsmitteln eingeschlossen ist. Wieviel Luft noch eingeschlossen sein
darf und wie stark deshalb der Unterdruck beim Imprägnieren auszulegen ist,
hängt, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt hat, davon
ab, welche Störfaktoren vom Ausmaß eingeschlossener Luft in dem fertigen
Produkt unter Beachtung aller Verfahrensparameter, zu denen auch fertigungs-
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technische Gesichtspunkte einer automatisierten Massenproduktion gehören,
noch ausgehen können und unter technischen wie wirtschaftlichen Gesichts-
punkten tolerabel sind.
d) Demgegenüber erhält der Fachmann entgegen dem Vorbringen der
Beklagten weder aus den Merkmalen des Patentanspruchs 1 in seiner in erster
Linie verteidigten Fassung noch aus der Beschreibung des Streitpatents einen
Hinweis darauf, ob bei dem patentgemäßen Verfahren der Tintenzufluß zu den
Absorptionsmitteln bei der Beaufschlagung mit Unterdruck freizugeben ist (von
der Beklagten als einstufiges Verfahren bezeichnet), oder der Unterdruck auf
den die Absorptionsmittel enthaltenden Tintenversorgungstank bei gesperrtem
Tintenzufluß aufgeschaltet und anschließend der Tintenzufluß freigegeben wird
(von der Beklagten als zweistufiges Verfahren bezeichnet). Weder die Patent-
ansprüche noch die Beschreibung des Streitpatents enthalten Angaben zu die-
ser Frage.
Ein entsprechender Hinweis kann insbesondere nicht darin gefunden
werden, daß es in der maßgeblichen englischen Fassung des Streitpatents
at
below atmospheric pressure …" (Streitpatent erteilte Fassung Seite 4, Zei-
len 44 bis 46). Zwar wird "at" in der englischen Sprache unter anderem dazu
verwendet, die Art und Weise eines Vorgangs zu beschreiben; die englische
Wendung besagt aber auch danach lediglich, daß das Imprägnieren "unter"
oder "bei" einem bestimmten Druck erfolgt. Wie die Beklagte zur Erläuterung
der Verwendung des Begriffs "at" in der mündlichen Verhandlung ausgeführt
hat, kommt es bei der Durchführung des patentgemäßen Verfahrens darauf an,
daß der Unterdruck während des gesamten Imprägniervorgangs wirksam ist
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und der den Tintenversorgungstank beaufschlagende Druck daher von Beginn
bis Ende des Imprägniervorgangs aufrechterhalten wird. Dies ist, wie der
Fachmann weiß, im wesentlichen sowohl bei dem von der Beklagten als einstu-
fig als auch bei dem von ihr als zweistufig bezeichneten Verfahren der Fall, so
daß der Fachmann beide Alternativen als vom Streitpatent erfaßt in Betracht
zieht.
Denn die überzeugenden Darlegungen des gerichtlichen Sachverständi-
gen und ihre eingehende Erörterung mit den Parteien haben ergeben, daß bei
dem von der Beklagten als zweistufig bezeichneten Verfahren nach der Beauf-
schlagung mit Unterdruck und vor der Öffnung der Tintenzufuhr ein starker
Druckabfall in den Tintenabsorbierungsmitteln zu verzeichnen ist, der im we-
sentlichen bis zur Beendigung des Imprägniervorgangs durch Wiederherstel-
lung von Atmosphärendruck anhält. Im wesentlichen gleiche Druckverhältnisse
herrschen in den Tintenabsorbierungsmitteln auch dann, wenn bei dem von der
Beklagten als einstufig bezeichneten Verfahren die Beaufschlagung mit Unter-
druck erfolgt, ohne daß die Öffnung für die Tintenzufuhr zunächst verschlossen
ist. Auch bei diesem Verfahren stellt sich zunächst ein starker Druckabfall in
den Tintenabsorbierungsmitteln ein, da die in ihnen enthaltene Luft wie Gase
überhaupt unter Beaufschlagung mit Unterdruck schneller aus den Tintenab-
sorbierungsmitteln entweicht als Flüssigkeiten. Flüssigkeiten wie Tinte reagie-
ren träger als Gase. Auch im Falle des von den Parteien als "einstufig" be-
zeichneten Verfahrens findet daher eine kontinuierliche Beaufschlagung der
Tintenabsorbierungsmittel mit Unterdruck statt, der so lange aufrechterhalten
werden muß, bis die gewünschte Menge an Tinte in die Tintenabsorbierungs-
mittel gesaugt ist.
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Zwischen den von der Beklagten als einstufig und als zweistufig be-
zeichneten Verfahren besteht daher aus der Sicht des Fachmanns allenfalls ein
gradueller Unterschied. Wird die Tintenzuführung etwa durch Nadeln definiert,
die nur wenig Tinte unter der Einwirkung von Unterdruck den Tintenabsorbie-
rungsmitteln zuzuführen in der Lage sind, stellt sich ein über einen vergleichs-
weise langen Zeitraum anhaltender Unterdruck in den Tintenabsorbierungsmit-
teln ein; wird der Tintenzufluß dagegen durch ein Rohr oder dergleichen mit
großem Querschnitt definiert, kann es zu einer - wie sich der gerichtliche Sach-
verständige ausgedrückt hat und durch den Untersuchungsbericht des Partei-
gutachters der Beklagten belegt ist - unkontrollierten "explosionsartigen" Tin-
tenzufuhr kommen, die der Fachmann zu vermeiden bestrebt ist. Der Fach-
mann entnimmt der Angabe, das Verfahren solle bei (at) einem gegenüber dem
Atmosphärendruck niedrigen Druck ausgeführt werden, so daß die im An-
spruch genannte Wirkung erreicht wird, daher lediglich, daß vom Beginn der
Befüllung bis zu deren Ende die Tinte unter Aufrechterhaltung eines Unter-
drucks zugeführt wird, und zieht sowohl eine Ausführung des Verfahrens in Be-
tracht, bei welcher der erforderliche Unterdruck durch kontinuierliche Beauf-
schlagung des Tintentanks mit Unterdruck (kontinuierliches "Saugen") erzeugt
wird, als auch eine Ausführung, bei welcher der Tintenversorgungstank zu-
nächst unter Absperrung des Tintenversorgungstanks von der umgebenden
Luft sowie von der Tintenzuführung mit Unterdruck beaufschlagt wird, die Tinte
sodann den Tintenabsorbierungsmitteln injiziert und der Tintentank danach
wieder Atmosphärendruck ausgesetzt wird. Wie er das Verfahren führt, ist nicht
Gegenstand des Patentanspruchs und bleibt dem Können des Fachmanns ü-
berlassen.
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Die von der Beklagten erstrebte Auslegung des verteidigten Patentan-
spruchs 1 stellt demgegenüber eine Auslegung unter dessen Sinngehalt dar.
Sie erfaßt dessen Gegenstand nur teilweise und kann der Prüfung seines Ge-
genstandes auf Patentfähigkeit nicht zugrunde gelegt werden.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte das Streitpatent in der
Fassung ihres Hauptantrags in zulässiger Weise verteidigt. Denn das Verfah-
ren ist in dieser Fassung nicht patentfähig, da es nicht auf erfinderischer Tätig-
keit beruht (Art. 56 EPÜ).
a) Tintenabsorbierungsmittel enthaltende Tintenversorgungstanks sind
nicht nur aus der US-Patentschrift 4 194 846 bekannt, die in der Beschreibung
des Streitpatents angeführt ist (deutsche Übersetzung Seite 1, Zeilen 10 bis
15), sondern werden dem Fachmann auch in der Tintenversorgungstanks für
Tintenstrahldrucker betreffenden japanischen Patentschrift 57-26477 offenbart
(Fig. 9; vgl. auch deutsche Übersetzung der Beschreibung der gleichlautenden
US-Patentschrift 4 630 758 Seite 2, Zeilen 26 f). In diesen Schriften finden sich
auch Hinweise auf den Zweck dieser Mittel, die ein Aufschäumen der Tinte
beim Druckvorgang verhindern. Dem druckschriftlich belegten Stand der Tech-
nik konnte der Fachmann weiter entnehmen, daß diese Absorbierungsmittel,
wenn die Tintenversorgungstanks beim Druckvorgang Tinte abgeben sollen,
zuvor mit Tinte befüllt (imprägniert) werden müssen.
Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 22. Oktober 2003 in dem
zwischen den Parteien geführten Nichtigkeitsverfahren X ZR 220/99 ausgeführt
hat, ist es für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit, einen Tintenversor-
gungstank, in dem die für den Druckvorgang erforderliche Tinte bereit gehalten
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wird, mit einem Luftloch zu versehen, durch das in dem Maße, in dem beim
Druck Tinte verbraucht wird, Luft in den Tintenversorgungstank eintreten kann,
so daß das Entstehen eines den Tintenfluß störenden oder verhindernden Un-
terdrucks vermieden wird. Ebenso war es für den Fachmann eine naheliegende
Maßnahme, in dem Tintentank einen mit dem Luftloch kommunizierenden Luft-
raum vorzusehen, um zu verhindern, daß die Tinte in dem Tintenversorgungs-
tank mit dem Luftloch in Kontakt steht, durch Kapillarwirkung des Luftlochs aus
diesem austritt oder dieses beim Eintrocknen der Tinte verschließt. Wie der ge-
richtliche Sachverständige auf erneutes Befragen in der mündlichen Verhand-
lung bestätigt hat, handelt es sich hierbei (Merkmalgruppe 4) um selbstver-
ständliche Maßnahmen, die der Fachmann zwangsläufig ergreift, um einen
funktionsfähigen, Tintenabsorbierungsmittel enthaltenden Tintenversorgungs-
tank für Druckerköpfe zu erhalten.
b) Einem Fachmann, der sich vor die Aufgabe gestellt sah, einen derar-
tigen Tintenversorgungstank mit Tinte zu imprägnieren, wurde durch die eine
Vorrichtung zum Fassen von Tinte und zum Auftragen von Tinte auf eine
Druckwalze oder Ähnliches betreffende US-Patentschrift 3 491 685 offenbart,
zur Befüllung einen Unterdruck (ein Vakuum) anzulegen, um mit dessen Hilfe
Tinte in den Versorgungstank einzusaugen. Zu diesem Zweck weist die vorge-
stellte Kartusche an ihrem Ende Löcher auf, die in einer Flüssigtintenversor-
gung so angeordnet werden, daß die Löcher unterhalb der Oberfläche der Tinte
eingetaucht sind. Wird an dem oberen Ende der Kartusche ein Vakuum gezo-
gen, dann wird je nach Stärke und Dauer der Beaufschlagung mit Unterdruck
Tinte durch die Löcher in dem Schaummaterial nach oben in die Kartusche ge-
zogen (Beschreibung deutsche Übersetzung Seite 12, mittlerer Absatz). Das
Befüllen von Tintenabsorbierungsmittel enthaltenden Tintenversorgungstanks
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mittels eines gegenüber der umgebenden Atmosphäre niedrigen Drucks (Un-
terdrucks, Merkmal 3 a) war mithin bekannt.
Darüber hinaus wird der Fachmann in der Druckschrift, die von einem
Tank mit bei Beginn des Befüllvorgangs vorhandenem Absorptionsmittel aus-
geht, ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das Vakuum aufrechtzuerhalten ist,
bis die Kartusche 90 % Sättigung erreicht. Der Fachmann entnimmt dieser An-
gabe, daß der Unterdruck nicht nur während irgendeines Teilabschnitts des
Imprägnierverfahrens den Tintenversorgungstank beaufschlagen muß, sondern
daß der Unterdruck über die Dauer der Imprägnierung der Tintenabsorbie-
rungsmittel aufrechterhalten werden muß, bis die gewünschte Sättigung der
Kartusche mit Tinte erreicht ist. Die Druckschrift offenbart dem Fachmann da-
her, daß das Imprägnieren der in dem Tintentank enthaltenen Tintenabsorbie-
rungsmittel "bei" einem Unterdruck ("at" a low pressure) im Sinne des Merk-
mals 4 a des Streitpatents erfolgt.
Darüber hinaus hat der gerichtliche Sachverständige im einzelnen und
überzeugend dargelegt, daß dem Fachmann durch die Angabe in der Druck-
schrift, das Vakuum werde angelegt, bis eine 90 %ige Sättigung erreicht sei, of-
fenbart wird, daß er das Verfahren mit einem gegenüber dem Atmosphären-
druck erheblich abgesenkten, niedrigen Druck ausführen muß. Diese mit Rück-
sicht auf die Porigkeit der von ihm ausgewählten Tintenabsorbierungsmittel er-
forderliche Druckdifferenz zur Erreichung der gewünschten Sättigung der Tin-
tenabsorbierungsmittel ermittelt der Fachmann nach den Darlegungen des ge-
richtlichen Sachverständigen, denen die Parteien nicht widersprochen haben
und denen der Senat folgt, nicht durch Berechnungen, sondern durch prakti-
sche Versuche, so daß er aufgrund des Offenbarungsgehalts dieser Druck-
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schrift dazu angehalten wird, durch Anlegen eines gegenüber der umgebenden
Atmosphäre erheblichen Unterdrucks so viel Luft aus den Tintenabsorbierungs-
mitteln zu evakuieren, daß die gewünschte Sättigung mit Tinte erzielt wird. Die
Druckschrift offenbart dem Fachmann mithin die Merkmale 1 bis 2, 3 a und 4
des Patentanspruchs 1 in der in erster Linie verteidigten Fassung sowohl je für
sich als auch in Kombination.
Demgegenüber findet sich kein ausdrücklicher Hinweis auf das Maß des
anzulegenden Unterdrucks; insbesondere fehlt eine Merkmal 3 b entsprechen-
de Wirkungsangabe und die dieser zugrundeliegende Erkenntnis, aus der bei
der Lehre des Streitpatents Rückschlüsse auf die Bemessung des Drucks ge-
zogen werden können.
In dieser Erkenntnis und ihre Benutzung für die Bemessung des Drucks
kann jedoch keine erfinderische Leistung gesehen werden.
Denn bei der Beurteilung, ob der beanspruchten Lösung eine erfinderi-
sche Bedeutung beizumessen ist, muß von dem ausgegangen werden, was die
Erfindung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet (Sen.Urt. v.
12.2.2003 - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger m.w.N.).
Die Erkenntnis, daß sich das Ausmaß der im Absorbierungsmittel ver-
bleibenden Gasreste nach dem Umfang des angelegten Unterdrucks richtet, ist
als solche, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, trivial. Bei einem
reinen Vakuum wären keine Einschlüsse mehr zu erwarten; bei einem geringen
Druck wäre die Verteilung der Gase so, daß bei einer anschließenden Befül-
lung der Tanks allenfalls geringe Restmengen von Gas in den Sackporen
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verblieben, die von der hochfließenden Tintenflüssigkeit zurückgedrängt wür-
den. Schon das legt es nahe, einen möglichst großen Unterdruck anzulegen
und diesen allenfalls nach den technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten
zu begrenzen. Da es nach den überzeugenden Darlegungen des gerichtlichen
Sachverständigen, die er auch auf wiederholte Nachfrage bestätigt hat, am Pri-
oritätstag zum allgemeinen Fachwissen gehörte, daß je nach Ausmaß der
Druckdifferenz mehr oder weniger Luft aus den Tintenabsorbierungsmitteln e-
vakuiert wird und demzufolge die in den Tintenabsorbierungsmitteln vorhande-
nen Poren einschließlich der Sackporen je nach der Größe der Druckdifferenz
zur umgebenden Atmosphäre mehr oder weniger mit Tinte benetzt werden, gibt
die Streitpatentschrift dem Fachmann zwar einen Hinweis, bei der Ausführung
des Verfahrens auch diese ihm bekannte Erkenntnis zu berücksichtigen und zu
einer erheblichen Druckdifferenz zu greifen, um möglichst viel Luft aus den Tin-
tenabsorbierungsmitteln zu evakuieren; sie gibt ihm aber keine über das allge-
meine Fachwissen hinausreichende technische Lehre - etwa in Form einer
Bemessungsregel -, wie er diese Erkenntnis bei der Auslegung des Verfahrens
in einer über die ihm bekannten Wirkungszusammenhänge hinausgehenden
Art umzusetzen hat.
Da das Streitpatent damit den Fachmann lediglich in gleicher Weise wie
die US-Patentschrift 3 491 685 darauf hinweist, daß die Imprägnierung mit ei-
nem relativ zur umgebenden Atmosphäre erheblichen Unterdruck zu erfolgen
hat, wenn eine erhebliche, beispielsweise 90 %ige, Befüllung des Tintenver-
sorgungstanks erreicht werden soll, bleibt es in beiden Fällen dem Fachmann
überlassen, die Druckdifferenz gegenüber der umgebenden Atmosphäre je
nach dem angestrebtem Umfang der Befüllung zu bemessen. Sowohl die US-
Patentschrift als auch das Streitpatent erwarten vom Fachmann, daß er dabei
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von allgemeinen Überlegungen ausgeht und gegebenenfalls anhand prakti-
scher Versuche ermittelt, bei welcher Druckdifferenz das von ihm ausgewählte
und in den Tintenversorgungstank eingesetzte poröse Material optimal impräg-
niert wird.
Das mit dem Patentanspruch 1 in erster Linie verteidigte Verfahren war
dem Fachmann demzufolge aus dem Stand der Technik nahegelegt.
c) Nichts anderes gilt, soweit die Beklagte geltend gemacht hat, durch
die Kombination der Merkmale des Patentanspruchs 1 in der in erster Linie ver-
teidigten Fassung würden Synergieeffekte ausgelöst. Insoweit kann dahinste-
hen, unter welchen Voraussetzungen synergetische Effekte, die über die bloße
Summenwirkung der kombinierten Merkmale hinausgehen, auf das Vorliegen
erfinderischer Tätigkeit hinzuweisen geeignet sind. Denn die vorteilhaften Wir-
kungen der Ausbildung eines Tintenversorgungstanks mit den Merkmalen der
Merkmalsgruppe 4 waren dem Fachmann aus dem Stand der Technik bekannt.
Der von der Beklagten in den Vordergrund gerückte Aspekt einer Befüllung der
Tintenabsorbierungsmittel unter besonders weitgehender Vermeidung von
Lufteinschlüssen ist lediglich eine zwangsläufige Folge der durch den Stand der
Technik nahegelegten Maßnahmen der Anwendung starken Unterdrucks zur
Optimierung des Imprägnierverfahrens. Der Umstand, daß die in dem bean-
spruchten Verfahren mit Tinte imprägnierten Tintenabsorbierungsmittel mögli-
cherweise in besonderer Weise von Lufteinschlüssen frei sind, ist daher kein
unerwarteter und überraschender Effekt und kann daher eine erfinderische Tä-
tigkeit ebenfalls nicht begründen (vgl. auch Sen.Urt. v. 10.12.2002
- X ZR 68/99, GRUR 2003, 317 - Kosmetisches Sonnenschutzmittel).
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II. Aus diesen Gründen beruht auch der Patentanspruch 1 in der hilfs-
weise verteidigten wie in der erteilten Fassung nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
1. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 in der hilfsweise verteidigten
Fassung unterscheidet sich von dem Verfahren nach dem Hauptantrag ledig-
lich dadurch, daß die Wirkungsangabe des Merkmals 4 b fehlt. Gegenstand
dieses Verfahrens ist daher das Imprägnieren von in einem Tintenversorgungs-
tank enthaltenen porösen Materials bei einem gegenüber der umgebenden At-
mosphäre niedrigen Druck. Ein solches Verfahren war, wie dargelegt, durch die
US-Patentschrift 3 491 685 nahegelegt.
2. Das Fehlen einer erfinderischen Leistung gilt erst Recht für den Pa-
tentanspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung. Gegenstand des Ver-
fahrens ist danach jede Imprägnierung von Tintenabsorbierungsmittel enthal-
tenden Tintenversorgungstanks bei gegenüber der umgebenden Atmosphäre
geringerem Druck. Dieses Verfahren ist für den Fachmann das Mittel der Wahl,
das Befüllen von Tintenabsorbierungsmittel enthaltenden und wie im Stand der
Technik bekannt ausgebildeten Tintenversorgungstanks mittels Unterdrucks
beruht demzufolge jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
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III. Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 121 Abs. 2 PatG,
§ 97 ZPO zurückzuweisen.
Melullis
Jestaedt
Scharen
Keukenschrijver
Asendorf