Urteil des BGH vom 14.12.2007

BGH (ehefrau, wohnrecht, aufhebung, rücktritt, anfechtung, vertrag, widerklage, zpo, kenntnis, sache)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 9/07
vom
27. September 2007
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. September 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil
des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
14. Dezember 2007 aufgehoben.
Der Rechtstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Beru-
fungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt
161.900 €.
Gründe:
I.
Die Beklagte ist Eigentümerin eines Hausgrundstücks, das sie von ihrem
in Finanznot geratenen Bruder, dem Kläger, aufgrund notariellen Vertrages vom
20. August 2002 erworben hatte. Als Gegenleistung hatte sie Verbindlichkeiten
übernommen und sich dazu verpflichtet, dem Kläger und seiner Ehefrau ein
Wohnrecht an Räumen einzuräumen, die noch nicht für Wohnzwecke herge-
richtet waren. Der Kläger und seine Ehefrau verpflichteten sich in dem Vertrag
dazu, eine Nutzungsentschädigung sowie anteilig die Grundsteuer zu zahlen.
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Gegenstand der Klage ist das Rückabwicklungsverlangen des Klägers,
der geltend macht, die Beklagte habe den Umbau der dem Wohnrecht unterfal-
lenden Räume geschuldet, wobei zwischen den Parteien Einigkeit darüber be-
standen habe, dass es sich bei dem im Kaufvertrag genannten Wohnzimmer
um die (umzubauende) frühere sog. LKW-Garage gehandelt habe. Nachdem
der Kläger die Beklagte erfolglos unter Fristsetzung aufgefordert hatte, sämtli-
che dem Wohnrecht unterliegenden Räume bewohnbar zu machen, erklärte er
mit Schreiben vom 19. Januar 2004 den Rücktritt vom Vertrag. Darüber hinaus
hat er während des Rechtsstreits die Anfechtung des Kaufvertrags erklärt; Ein-
zelheiten hierzu lassen sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Seit März
2003 zahlen der Kläger und seine Ehefrau, die Drittwiderbeklagte, nicht mehr
den Grundsteueranteil und seit September 2003 auch nicht mehr die Nutzungs-
entschädigung. Gestützt hierauf hat die Beklagte Widerklage erhoben.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattge-
geben. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Die Revision hat das Oberlandes-
gericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde
des Klägers und der Drittwiderbeklagten (im Folgenden Beschwerdeführer).
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II.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhe-
bung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits
an das Berufungsgericht, weil dieses in entscheidungserheblicher Weise
Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (§ 544 Abs. 7 ZPO).
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verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Pro-
zessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Geht das
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Gericht auf den wesentlichen Kern des Vorbringens einer Partei zu einer Frage,
die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgrün-
den nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schlie-
ßen (BGH Beschl. v. 6. Dezember 2006, XII ZB 99/06, NJW 2007, 1455-1457,
m.w.N.). So verhält es sich hier. Das Berufungsgericht hat sich nicht mit dem
Vorbringen zur Anfechtung befasst, das neben den Ausführungen zum Rücktritt
den Schwerpunkt der Berufungsangriffe gebildet hat (vgl. Berufungsbegründung
S. 10 f. unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 21. Juni 2005). Unterliegt
das Berufungsurteil schon deshalb der Aufhebung, kommt es nicht mehr darauf
an, ob auch die weiteren auf Art. 103 Abs. 1 GG gestützten Verfahrensrügen
durchgreifen.
2. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich
mit der Sache auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens erneut
zu befassen und bei Entscheidungsreife Urteilsgründe darzulegen, die sich an
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konkreten Anspruchsgrundlagen und ihren gesetzlichen Voraussetzungen aus-
richten.
Krüger
Klein
RiBGH Dr. Lemke ist infolge
Krankheit an der Unterschrift
gehindert.
Karlsruhe, den 1. Oktober 2007
Der Vorsitzende
Krüger
Schmidt-Räntsch
Roth
Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 23.12.2005 - 2 O 132/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.12.2006 - I-12 U 24/06 -