Urteil des BGH vom 11.06.2014

BGH: gefahr, beschränkung, gerät, widerrufsrecht, versicherungsvertrag, rückzahlung, form, rückabwicklung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I V Z R 3 9 3 / 1 2
vom
11. Juni 2014
in dem Rechtsstreit
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsi t-
zende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 11. Juni 2014
beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen
das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Saar-
brücken vom 13. November 2012 als unzulässig zu ver-
werfen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen
eines Monats
Stellung zu nehmen.
Gründe:
Der Kläger begehrt Rückabwicklung eines Rentenversicherungs-
vertrags. Den Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrags s tellte er
am 27. Dezember 2004 auf elektronischem Wege "online".
Nachdem der Kläger ab Vertragsbeginn die monatlich vereinbarten
Versicherungsprämien gezahlt hatte, wurde der Vertrag zum 30. April
2009 beitragsfrei gestellt. Mit Anwaltsschreiben vom 21. Juli 2010 erklär-
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te er unter anderem den Widerspruch nach § 5a VVG a.F. und den W i-
derruf gemäß § 355 BGB. Die Beklagte wickelte den Vertrag auf der
Grundlage einer Kündigung ab und zahlte den Rückkaufswert aus.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung aller von ihm
geleisteten Beiträge zuzüglich 7% Anlagezinsen abzüglich des bereits
gezahlten Rückkaufwerts. Er ist der Ansicht, dass die Informationen nach
Nr. 1 lit. c) und i) sowie nach Nr. 2 lit. c) der Anlage zu § 48b VVG a.F.
ihm nicht in der nach § 48b Abs. 4 VVG a.F. vorgeschriebenen, in einer
hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form mitgeteilt worden seien
und trägt vor, ihm sei eine Reihe von Informationen überhaupt nicht e r-
teilt worden, demgemäß habe die Widerrufsfrist des § 48c Abs. 1 VVG
a.F. für ihn nicht zu laufen begonnen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung des Klä-
gers ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich
die Revision des Klägers, der die Bereicherungsansprüche aufgrund des
gemäß § 48c VVG a.F. erklärten W iderrufs weiterverfolgt.
Die Revision des Klägers ist nach § 552 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO
als unzulässig zu verwerfen, weil sie unstatthaft ist (§ 542 Abs. 1, § 543
Abs. 1 ZPO). Sie ist vom Berufungsgericht nur im Hinblick auf den ge-
mäß § 495 Abs. 1, § 355 BGB erklärten Widerruf zugelassen worden
(§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
1. Soweit das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, li e-
gen die Voraussetzungen für die Zulassung i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1
ZPO wegen der Senatsentscheidung vom 6. Februar 2013 (IV ZR
230/12, BGHZ 196, 150) nicht mehr vor. Die Frage ist nunmehr im Sinne
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des Berufungsurteils geklärt und der im Zeitpunkt der Entscheidung des
Berufungsgerichts gegebene Zulassungsgrund der grundsätzlichen B e-
deutung ist entfallen, was auch die Revision zutreffend sieht. Der Senat
versteht die Revision so, dass sie sich auf diese Frage nicht erstreckt.
2. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision im Tenor
und den Gründen ausdrücklich auf die grundsätzliche Frage beschränkt,
ob ein Versicherungsvertrag, der die Vereinbarung unterjähriger Prä-
mienzahlungen mit Ratenzahlungszuschlag enthält, bei unterbliebener
Belehrung über ein Widerrufsrecht gemäß § 495 Abs. 1, § 355 BGB wi-
derrufen werden kann. Diese Beschränkung ist entgegen der Ansicht der
Revision wirksam. Die Zulassung der Revision kann zwar nicht auf ein-
zelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente beschränkt werden, wohl
aber auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und damit a b-
trennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch die Partei selbst i h-
re Revision beschränken könnte. Dafür reicht es aus, dass der von der
Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher Hi n-
sicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden kann
und nach einer Zurückverweisung eine Änderung des vo n der beschränk-
ten Zulassung erfassten Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu
dem nicht anfechtbaren Teil gerät (BGH, Beschluss vom 15. April 2014
- XI ZR 356/12, juris Rn. 4 m.w.N.; vgl. auch Senatsurteil vom 1 7. Sep-
tember 2008 - IV ZR 191/05, VersR 2008, 1524 Rn. 7 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Widerrufserklärung
gemäß § 48c VVG a.F. und ein nach §§ 495, 355 BGB erklärter Widerruf
sind zwei rechtlich selbständige und abtrennbare Teile des Gesamtstrei t-
stoffs. Auch der Kläger hätte seine Revision auf eine der beiden Wider-
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rufsmöglichkeiten beschränken können. Die Gefahr eines Widerspruchs
besteht nicht.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt
worden.
Vorinstanzen:
AG Saarbrücken, Entscheidung vom 23.09.2011 - 42 C 399/10 (10) -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 13.11.2012 - 14 S 18/11 -