Urteil des BGH vom 09.06.2008

BGH (stpo, steuerhinterziehung, hinterziehung, stgb, rechtsmittel, freiheitsstrafe, höhe, arbeitsentgelt, abgabe, beschränkung)

5 StR 98/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 9. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juni 2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten W. K.
gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. Sep-
tember 2007 wird
a) das Verfahren
aa) gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der
Angeklagte in den Fällen II. 1 sowie II. 2. a bis
II. 2. i der Urteilsgründe verurteilt worden ist; in-
soweit werden die Kosten des Verfahrens und die
notwendigen Auslagen des Angeklagten der
Staatskasse auferlegt;
bb) gemäß § 154a Abs. 2 StPO im Komplex II. 4 der
Urteilsgründe auf den Vorwurf der Hinterziehung
von Körperschaftsteuer im Veranlagungszeitraum
1999 (II. 4. a der Urteilsgründe) beschränkt;
b) das vorbezeichnete Urteil
aa) entsprechend a) im Schuldspruch dahin geändert,
dass der Angeklagte der Steuerhinterziehung in
fünf Fällen schuldig ist;
bb) gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die
Gesamtstrafe aufgehoben.
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2. Die weitergehende Revision des Angeklagten W.
K. und die Revision der Angeklagten I. K.
gegen das genannte Urteil werden nach § 349 Abs. 2
StPO als unbegründet verworfen. Die Angeklagte I.
K. hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden
Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten W.
K. , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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Das Landgericht hat den Angeklagten W. K. wegen
Bankrotts, wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in neun Fällen und wegen
Steuerhinterziehung in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei
Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagte I. K.
hat das Landgericht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eine Freiheits-
strafe von zehn Monaten verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung
ausgesetzt hat. Hiergegen richten sich die Revisionen beider Angeklagter,
mit denen sie die Verletzung materiellen, der Angeklagte W. K.
auch formellen Rechts rügen. Nach der aus der Beschlussformel ersichtli-
chen Teileinstellung sowie Beschränkung des Verfahrens hat das Rechtsmit-
tel des Angeklagten W. K. nur zum Gesamtstrafenausspruch
Erfolg. Sein weitergehendes Rechtsmittel und die Revision der Angeklagten
I. K. sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundes-
anwalts vom 19. März 2008 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesan-
walts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte W. K.
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wegen Bankrotts und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt zu Einzelgeld-
strafen verurteilt worden ist. Die Verurteilung unter II. 1 wegen Bankrotts be-
gegnet jedenfalls mit Blick auf die Entscheidung des 2. Strafsenats des Bun-
desgerichtshofs in wistra 1998, 105 (vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Mai 2008
– 5 StR 34/08, Rdn. 43) deswegen Bedenken, weil das Landgericht zum
30. Juni 2001 weder eine Überschuldung (vgl. UA S. 29) noch eine Zah-
lungsunfähigkeit oder zumindest eine drohende Zahlungsunfähigkeit festge-
stellt hat. Im Komplex II. 2 ist – wie der Generalbundesanwalt zutreffend
ausgeführt hat – auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht
zu entnehmen, dass die vom Angeklagten als Geschäftsführer geleitete
GmbH noch in ausreichendem Umfang liquide Mittel hatte, um die Sozialver-
sicherungsbeiträge abzuführen (§ 266a Abs. 1 StGB; vgl. dazu BGHSt 47,
318, 319 f.). Auch ein vorgelagertes pflichtwidriges Verhalten als Ursache
einer späteren Zahlungsunfähigkeit zum Fälligkeitszeitpunkt (sogenannte
omissio libera in causa) ist nicht festgestellt (vgl. BGH aaO).
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2. Im Komplex II. 4 der Urteilsgründe beschränkt der Senat das Ver-
fahren gemäß § 154a Abs. 2 StPO mit Zustimmung des Generalbundesan-
walts auf die Hinterziehung von Körperschaftsteuer für den Veranlagungs-
zeitraum 1999. Denn die dem Angeklagten W. K. zur Last lie-
genden Taten der Hinterziehung von Körperschaftsteuer für den Veranla-
gungszeitraum 1998 (infolge des auf denselben unvollständigen Angaben in
der Körperschaftsteuererklärung 1999 beruhenden Verlustrücktrags, vgl. da-
zu BGH wistra 2001, 309, 310) und 1999 sowie von Gewerbesteuer und Um-
satzsteuer für den Veranlagungszeitraum 1999 durch Einreichung unvoll-
ständiger Steuererklärungen stehen – entgegen der Annahme des Landge-
richts – zueinander nicht im Verhältnis der Tatmehrheit, sondern der Tatein-
heit (§ 52 StGB). Zwar ist die Abgabe jeder einzelnen unrichtigen oder un-
vollständigen Steuererklärung grundsätzlich als selbständige Tat im Sinne
von § 53 StGB zu werten. Fällt aber die Abgabe mehrerer Steuererklärungen
im äußeren Vorgang zusammen, kann ausnahmsweise dann Tateinheit vor-
liegen, wenn in den Erklärungen übereinstimmende unrichtige oder unvoll-
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ständige Angaben über die Besteuerungsgrundlagen enthalten sind (st.
Rspr.; BGH wistra 2005, 56 f.; 30, 31 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 2. Ap-
ril 2008 – 5 StR 62/08). So verhält es sich hier.
3. Der Senat kann ausschließen, dass die Höhe der verbleibenden,
nunmehr rechtskräftigen fünf Einzelfreiheitsstrafen (von zwei Jahren, von
einem Jahr und vier Monaten, von einem Jahr und zwei Monaten sowie von
zweimal einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe) von der Einstellung
bzw. Beschränkung des Verfahrens beeinflusst wird. Dagegen ist die Höhe
der Gesamtfreiheitsstrafe neu zu bemessen, ohne dass es allerdings der
Aufhebung von Feststellungen bedarf. Neue Feststellungen dürfen der Ge-
samtstrafenbildung zugrunde gelegt werden, sofern sie den bisherigen nicht
widersprechen.
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