Urteil des BGH vom 30.01.2006

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 73/06 Verkündet
am:
19. März 2007
Vondrasek
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 707
a) Sollen in dem Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft über die be-
tragsmäßig festgelegte Einlageschuld hinausgehende laufende Beitrags-
pflichten vereinbart werden, müssen diese aus dem Gesellschaftsvertrag
eindeutig hervorgehen und der Höhe nach bestimmt oder zumindest objektiv
bestimmbar sein (Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04, ZIP 2006, 754,
755).
b) Eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die den einzelnen Gesellschafter
zu Nachschusszahlungen verpflichtet, "soweit bei der laufenden Bewirtschaf-
tung der Grundstücke Unterdeckungen auftreten", genügt diesen Anforde-
rungen nicht und kann deshalb nicht Grundlage einer Nachschussverpflich-
tung sein.
BGH, Urteil vom 19. März 2007 - II ZR 73/06 - LG Berlin
AG
Charlottenburg
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 19. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Dr. Reichart
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 52
des Landgerichts Berlin vom 30. Januar 2006 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts
Charlottenburg - 208 C 145/05 - vom 2. August 2005 wird zurück-
gewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte als Gesellschafterin der als
geschlossener Immobilienfonds ausgestalteten Klägerin zur Zahlung eines als
Nachschuss bezeichneten Geldbetrages verpflichtet ist.
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Die klagende BGB-Gesellschaft ist im Jahr 1990 gegründet worden und
dient dem Zweck, die Grundstücke Ba. straße 19 und S. straße 60 in B.
mit sozial geförderten Wohnanlagen zu bebauen und diesen Grundbesitz zu
verwalten und zu vermieten.
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Der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag (GV) der Klägerin vom
27. Dezember 1990 legt in § 2 Nr. 2 Abs. 1 das geplante Investitionsvolumen
(Gesamtaufwand einschließlich Damnum), das - wie es dort heißt - nur "be-
gründet" überschritten werden darf, auf 16.726.400,00 DM fest. Wegen der
Aufgliederung des Gesamtaufwands und der vorgesehenen Finanzierung wird
in Abs. 2 dieser Bestimmung auf die dem Gesellschaftsvertrag beigefügte Anla-
ge verwiesen. Diese enthält einen Investitionsplan, dem ein nach Eigenkapital
und Darlehen aufgeschlüsselter Finanzierungsplan gegenübergestellt wird.
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§ 3 Nr. 3 Abs.1 GV sieht vor, dass das - nach § 3 Nr. 1 GV bei dessen
Unterzeichnung 70.000,00 DM betragende - Eigenkapital durch Aufnahme wei-
terer Gesellschafter bis auf 5.050.000,00 DM erhöht werden soll. Die Anlage
zum GV weist ein Eigenkapital in Höhe dieses Betrages zuzüglich Agio aus.
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In § 3 GV ist unter Nr. 3 Abs. 3 bestimmt:
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"Der Geschäftsführer wird ermächtigt, die von den Gesellschaf-
tern zu erbringenden Gesellschaftereinlagen gemäß vorste-
hendem Absatz, etwaige wirksam beschlossene Nachschüsse
der Gesellschafter und Unterdeckungsbeiträge im eigenen Na-
men für Rechnung der Gesellschaft bei den Gesellschaftern
einzufordern und erforderlichenfalls gerichtlich geltend zu ma-
chen".
In § 5 GV ("Haftung/Nachschüsse") heißt es unter Nr. 3:
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"Soweit bei der laufenden Bewirtschaftung der Grundstücke Un-
terdeckungen auftreten, ist der jeweilige Gesellschafter ver-
pflichtet, binnen vier Wochen nach entsprechender Anforde-
rung der Geschäftsführung die seinem Anteil am Gesellschafts-
vermögen entsprechenden Zahlungen zu erbringen. Die Ge-
schäftsführung ist berechtigt, bei sich abzeichnenden Unterde-
ckungen angemessene laufende Vorschüsse anzufordern."
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Nach § 9 Nr. 3 GV beschließt die Gesellschafterversammlung über die
Feststellung der jährlichen Vermögensübersicht und der Überschussrechnung.
§ 11 Nr. 2 Abs. 1 GV regelt, dass der Geschäftsführer und/oder Geschäftsbe-
sorger für den Schluss eines jeden Kalenderjahres möglichst binnen sechs Mo-
naten eine Vermögensübersicht nebst Überschussrechnung aufzustellen hat.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind die Vermögensübersicht und die Über-
schussrechnung von der Gesellschafterversammlung zu genehmigen, nach
Abs. 3 sind sie während der Investitionsphase von einem Angehörigen der wirt-
schaftsprüfenden oder steuerberatenden Berufe zu überprüfen.
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Am 24. Dezember 1990 erklärte der Vater der Beklagten mit einem Ei-
genkapital von 100.000,00 DM seinen Beitritt zur Klägerin. Im Jahr 1997 über-
trug er mit Zustimmung der Klägerin seinen Gesellschaftsanteil unentgeltlich im
Wege der Sonderrechtsnachfolge an die Beklagte.
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Die von der Geschäftsführung der Klägerin beauftragte Verwaltungsge-
sellschaft forderte die Beklagte mit Schreiben vom 2. September 2004 - unter
Hinweis auf § 5 Nr. 3 GV - auf, für das Jahr 2004 einen Vorschuss auf den er-
warteten Nachschuss in Höhe von 2,6
% ihrer Gesellschaftsbeteiligung
(1.329,26 €) zu zahlen. Nach dem Vortrag der Klägerin hatte ihre Geschäftsfüh-
rung zu diesem Zeitpunkt einen - sich bis Anfang des Jahres 2005 abzeichnen-
den - Unterdeckungsbetrag von 72.341,11 € prognostiziert, der 2,6 % des vor-
handenen Gesellschaftskapitals entsprach. Anders als in den zurückliegenden
Jahren 1999 bis 2003, für die die Beklagte Nachschussforderungen in Höhe
von insgesamt 5.777,59 € erfüllte, verweigerte sie für das Jahr 2004 die Zah-
lung weiterer Beträge.
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Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr
stattgegeben. Hiergegen richtet sich die von dem Berufungsgericht zugelasse-
ne Revision der Beklagten.
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Entscheidungsgründe:
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Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Wiederherstellung
des amtsgerichtlichen Urteils.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-
sentlichen ausgeführt:
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Die Beklagte sei zur Erfüllung der - als Vorschuss geltend gemachten -
Nachschussforderung der Klägerin verpflichtet, ohne dass die Festlegung des
Betrages und dessen Einforderung eines Gesellschafterbeschlusses bedürften.
§ 707 BGB stehe einer Nachschusspflicht nicht entgegen, weil die Gesellschaf-
ter der Klägerin im Gesellschaftsvertrag über den bezifferten Eigenkapitalanteil
hinaus eine erweiterte, der Höhe nach nicht festgelegte Beitragspflicht über-
nommen und somit bereits bei ihrem Eintritt den zur Erreichung des Gesell-
schaftszwecks erforderlichen Beitragserhöhungen zugestimmt hätten. Für die
Wirksamkeit einer solchen gesellschaftsvertraglichen Regelung genüge es,
dass die Nachschussverpflichtung eindeutig und in objektiv bestimmbarer, künf-
tigen Entwicklungsmöglichkeiten Rechnung tragender Weise ausgestaltet sei.
Diesen Anforderungen genüge die Regelung in § 5 Nr. 3 GV. Durch das Krite-
rium der "Unterdeckung bei laufender Bewirtschaftung" sei die Höhe der Nach-
schussverpflichtung hinreichend bestimmt. Dies gelte auch für das - bei der An-
forderung von Vorschüssen maßgebliche - Kriterium der "sich abzeichnenden
Unterdeckung".
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II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, dem die einschlägigen
Senatsurteile vom 23. Januar 2006 (II ZR 126/04, ZIP 2006, 754 und II ZR
306/04, ZIP 2006, 562) noch nicht bekannt sein konnten, ist die Beklagte nicht
zu Nachschusszahlungen verpflichtet. Dem steht § 707 BGB entgegen. Eine
Nachschussverpflichtung ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesellschafts-
vertrag, sondern erfordert einen Beschluss, dem alle Gesellschafter zustimmen
müssen. Auch die gesellschafterliche Treuepflicht rechtfertigt den mit der Bei-
tragserhöhung verbundenen Eingriff in die Mitgliedschaft der Beklagten nicht.
1. Eine Verpflichtung der Gesellschafter, Nachschüsse zu leisten, ergibt
sich nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag.
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a) Nach § 707 BGB besteht vor Auflösung der Gesellschaft eine Nach-
schusspflicht über die vereinbarte Einlage hinaus grundsätzlich nicht. Die
- dispositives Recht enthaltende - Regelung in § 707 BGB greift allerdings u.a.
dann nicht ein, wenn sich die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag keine der
Höhe nach festgelegten Beiträge versprochen, sondern sich verpflichtet haben,
entsprechend ihrer Beteiligung das zur Erreichung des Gesellschaftszwecks
Erforderliche beizutragen (Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 - II ZR 342/03, ZIP 2005,
1455, 1456; Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04, ZIP 2006, 754, 755
Tz. 14 und II ZR 306/04, ZIP 2006, 562, 563 Tz. 14 m.w.Nachw.). Ebenso ist
§ 707 BGB dann nicht berührt, wenn sich die Gesellschafter zum einen eine
betragsmäßig festgelegte Einlage, zum anderen laufende Beiträge versprochen
haben (Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO; v. 7. November 1960
- II ZR 216/59, WM 1961, 32, 34). In einem solchen Fall bedürfen die Festle-
gung der Höhe und die Einforderung der Beiträge keines Gesellschafterbe-
schlusses, sondern sind Sache der Geschäftsführer (Sen.Urt. v. 4. Juli 2005
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und v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl.
§ 707 Rdn. 3). Allerdings ist bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrages die
in § 707 BGB getroffene Grundentscheidung zu beachten. Sollen über die ei-
gentliche Beitragsschuld hinausgehende Beitragspflichten begründet werden,
muss dies aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig hervorgehen (vgl. zuletzt
Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO m.w.Nachw.). Zudem muss
auch im Falle einer derartigen Aufspaltung der Beitragspflicht die Höhe der lau-
fenden Beiträge im Gesellschaftsvertrag zumindest in objektiv bestimmbarer
Weise ausgestaltet sein (Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO; v.
7. November 1960 aaO; MünchKommBGB/Ulmer aaO Rdn. 2 f.).
b) Ein derartiger Sachverhalt ist hier entgegen der Ansicht des Beru-
fungsgerichts nicht gegeben. Das kann der Senat selbst feststellen, weil der
Gesellschaftsvertrag der Klägerin als Publikumsgesellschaft objektiv auszule-
gen ist (vgl. zuletzt Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 aaO; v. 23. Januar 2006 - II ZR
126/04 aaO Tz. 15 und II ZR 306/04 aaO Tz. 15 m.w.Nachw.). Danach ergibt
sich aus dem Gesellschaftsvertrag, dass Nachschüsse einen entsprechenden
Gesellschafterbeschluss erfordern.
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aa) Die Einlagen der Gesellschafter sind im Gesellschaftsvertrag be-
tragsmäßig festgelegt. Nach § 5 Nr. 3 S. 1 GV sind die Gesellschafter zwar ver-
pflichtet, bei auftretenden Unterdeckungen im Rahmen der laufenden Bewirt-
schaftung der Grundstücke nach entsprechender Aufforderung der Geschäfts-
führung die ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen entsprechenden Zahlungen
zu erbringen. Verbindlich festgesetzt werden etwaige Unterdeckungsbeiträge
aber gemäß § 11 Nr. 2 Abs. 2 GV durch Beschluss der Gesellschafterversamm-
lung, wenn diese die jährliche Vermögensübersicht und die Überschussrech-
nung genehmigt.
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bb) Bei der gebotenen objektiven Auslegung folgt schon aus dem Zweifel
ausschließenden Wortlaut von § 3 Nr. 3 Abs. 3 GV, wonach die Geschäftsfüh-
rung ermächtigt ist, "etwaige wirksam beschlossene Nachschüsse und Unter-
deckungsbeiträge" im eigenen Namen geltend zu machen, dass die Nach-
schusspflicht einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss voraussetzt.
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cc) Die - gegenteilige - Annahme, dass im Gesellschaftsvertrag selbst
über die Einlageschuld hinausgehende weitere Beitragspflichten begründet
wurden, lässt sich - anders als das Berufungsgericht meint - nicht schon darauf
stützen, dass der Gesellschaftsvertrag der Klägerin keine Bestimmung enthält,
in der das Gesellschaftskapital auf einen bestimmten Betrag festgesetzt und
ausdrücklich geregelt ist, dass dieser Betrag den zur Durchführung des Gesell-
schaftszwecks erforderlichen Gesellschaftereinlagen entspricht. Das Beru-
fungsgericht verkennt die Anforderungen, die nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung an die vertragliche Vereinbarung einer, in eine bezifferte Ein-
lage und laufende Beiträge gespaltenen Beitragspflicht zu stellen sind. Danach
genügt es nicht, dass der Gesellschaftsvertrag die Beitragspflicht der Gesell-
schafter nicht ausdrücklich auf den vereinbarten Einlagebetrag begrenzt. Viel-
mehr muss eine über die bezifferte Einlageschuld hinausgehende Beitrags-
pflicht eindeutig aus dem Gesellschaftsvertrag hervorgehen und der Höhe nach
bestimmt oder zumindest objektiv bestimmbar sein.
dd) Diese erforderliche Eindeutigkeit fehlt dem Gesellschaftsvertrag. Er
regelt in § 2 Nr. 2 Abs. 1 ein geplantes Investitionsvolumen. Die in Absatz 2
dieser Bestimmung wegen der Finanzierung in Bezug genommene Anlage zum
Gesellschaftsvertrag enthält einen Finanzierungsplan, in dem ein Eigenkapital
von 5.050.000,00 DM ausgewiesen ist. Dieses entspricht dem in § 3 Nr. 3
Abs. 1 GV festgelegten Eigenkapitalbetrag, der durch Aufnahme neuer Gesell-
schafter realisiert werden soll. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
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ergibt sich aus der vom Gesellschaftsvertrag - in "begründeten" Fällen - zuge-
lassenen Überschreitung des Investitionsvolumens während der Bauphase
nicht, dass die Gesellschafter grundsätzlich über die betragsmäßig festgelegte
Einlageschuld hinaus zu weiteren Beiträgen verpflichtet sein sollen. Zudem geht
aus dem Gesellschaftsvertrag jedenfalls nicht mit der erforderlichen Eindeutig-
keit hervor, dass eine - "begründete" - Überschreitung des Investitionsvolumens
durch Beitragserhöhungen finanziert werden soll.
c) Der Annahme, schon der Gesellschaftsvertrag begründe eine über
den bezifferten Einlageanteil hinausgehende Beitragspflicht, steht außerdem
entgegen, dass im Gesellschaftsvertrag die Höhe der nachzuschießenden Bei-
träge nicht in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet ist. § 5 Nr. 3 GV be-
schränkt zwar die Verpflichtung der Gesellschafter, weitergehende Zahlungen
zu erbringen, auf den Fall, dass bei der laufenden Bewirtschaftung der
Grundstücke Unterdeckungen auftreten. Die danach für das Entstehen der Bei-
tragspflicht maßgeblichen Kriterien der "laufenden Bewirtschaftung" und der
"Unterdeckung" werden im Gesellschaftsvertrag in keiner Weise konkretisiert.
Insbesondere legt der Gesellschaftsvertrag der Klägerin nicht fest, nach wel-
chen Maßstäben der Wirtschaftsplan aufzustellen ist und welche Positionen in
die Kalkulation einzubeziehen sind (vgl. Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II ZR
126/04 aaO Tz. 18). Die Verpflichtung, bei der Erstellung der Vermögensüber-
sicht und der Überschussrechnung handelsrechtliche Bewertungsvorschriften
zu beachten, grenzt die Höhe der laufenden Beitragspflichten ebenso wenig in
der erforderlichen Weise ein wie die in § 11 Nr. 3 GV - ohnehin nur während der
Bauphase - vorgesehene Überprüfung der Abschlüsse durch einen Angehöri-
gen der wirtschaftsprüfenden oder steuerberatenden Berufe.
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d) Eine Verpflichtung der Gesellschafter zur Zahlung weiterer Beiträge
über die bezifferte Einlageschuld hinaus kann auch nicht § 5 Abs. 3 S. 2 GV
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entnommen werden. Diese Vertragsbestimmung regelt schon nicht die Voraus-
setzungen einer erweiterten Beitragspflicht. Vielmehr knüpft sie an die Nach-
schussregelung in § 5 Abs. 3 S. 1 GV an und legt nur die Verpflichtung zur Zah-
lung von Vorschüssen vor Auftreten und Feststellung der Unterdeckung fest. Da
§ 5 Abs. 3 S. 1 GV keine Verpflichtung der Gesellschafter zur Zahlung von
Nachschüssen - zum Ausgleich von Unterdeckungen bei laufender Bewirtschaf-
tung - begründet, sind die Gesellschafter ebenso wenig verpflichtet, Vorschüsse
auf solche - nicht geschuldeten - Beiträge zu leisten.
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist zudem die Höhe der
Vorschusszahlungen in § 5 Abs. 3 S. 2 GV nicht - wie nach der Rechtsprechung
des Senats erforderlich - in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet. Der Ge-
sellschaftsvertrag lässt offen, wann sich "Unterdeckungen abzeichnen" und
welche laufenden Vorschüsse "angemessen" sind.
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III. Das Berufungsurteil kann auch nicht mit anderer Begründung auf-
rechterhalten werden (§ 561 ZPO).
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Die Beklagte ist nicht aus gesellschafterlicher Treuepflicht verpflichtet,
den geforderten Nachschuss zu zahlen.
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Zwar kann auch bei Fehlen eines antizipierten Einverständnisses im Ge-
sellschaftsvertrag die gesellschafterliche Treuepflicht in engen Ausnahmefällen
eine Zustimmung der Gesellschafter zu Beitragserhöhungen gebieten mit der
Folge, dass § 707 BGB einer - ohne Zustimmung des einzelnen Gesellschafters
beschlossenen - Nachforderung nicht entgegensteht. Ein solcher Sachverhalt
ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil ein Gesellschafterbeschluss über
eine Nachschussverpflichtung, dem die Beklagte zustimmen müsste, nicht ge-
fasst wurde.
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Im Übrigen ist ein Gesellschafter zur Hinnahme von Eingriffen in seine
Mitgliedschaft nur dann verpflichtet, wenn diese im Gesellschaftsinteresse ge-
boten und ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange
zumutbar sind (Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 aaO, 1456 f.; v. 23. Januar 2006 - II ZR
126/04 aaO Tz. 24 und II ZR 306/04 aaO Tz. 24 m.w.Nachw.). Dabei sind an
die aus der Treuepflicht abgeleitete Verpflichtung, einer Beitragserhöhung zu-
zustimmen, besonders hohe Anforderungen zu stellen, da ein Gesellschafter
grundsätzlich nicht zu neuen Vermögensopfern gezwungen werden darf
(Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 aaO; v. 23. Januar 2006 aaO; MünchKommBGB/Ulmer
aaO § 705 Rdn. 233).
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Derartige besondere Umstände sind nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass
die Mehrheit der Gesellschafter die geforderten Nachschüsse leistet und auch
die Beklagte in der Vergangenheit so verfahren ist, genügt hierfür allein ebenso
wenig wie der Umstand, dass die Gesellschaft - ohne weitere Beitragsleistun-
gen der Gesellschafter - aufgelöst werden müsste oder in Insolvenz geraten
würde (Sen.Urt. v. 23. Januar 2006 - II 126/04 aaO Tz. 25). Entgegen den Aus-
führungen der Revisionserwiderung muss sich die Beklagte nicht auf die Mög-
lichkeit verweisen lassen, das Gesellschaftsverhältnis zu kündigen und sich
dadurch in der Zukunft weiteren Nachschusszahlungen zu entziehen. Jedenfalls
für das Jahr 2004 bestand diese Möglichkeit nicht, weil das Gesellschaftsver-
hältnis nach § 15 Nr. 2 Satz 1 GV erstmals zum 31. Dezember 2005 gekündigt
werden konnte. Eine - ohnehin nur mit Zustimmung des Geschäftsführers mög-
liche - Kündigung vor diesem Zeitpunkt war der Beklagten schon wegen der
- sich nach § 16 Nr. 1 Abs. 2 GV ergebenden - Nachteile bei der Berechnung
des Auseinandersetzungsguthabens nicht zumutbar.
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IV. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht in Betracht kommen, hat
der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden.
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Goette
Kurzwelly
Gehrlein
RiBGH Dr. Strohn kann
urlaubsbedingt nicht unter-
schreiben.
Goette
Reichart
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 02.08.2005 - 208 C 145/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 30.01.2006 - 52 S 286/05 -