Urteil des BGH vom 29.05.2008

Ernährungsberatung Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 75/05 Verkündet
am:
29. Mai 2008
Walz
Justizamtsinspektor
als
Urkundsbeamter
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ernährungsberatung
UWG §§ 3, 4 Nr. 11;
Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Hessen (1998) § 3 Abs. 2
Ein Arzt, der in den Räumen seiner Praxis eine gewerbliche Ernährungsbera-
tung durchführt, handelt weder berufsrechtswidrig noch wettbewerbswidrig,
wenn er diese Tätigkeit im Übrigen von seiner freiberuflichen ärztlichen Tätig-
keit in zeitlicher, organisatorischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht ge-
trennt hält.
BGH, Urt. v. 29. Mai 2008 - I ZR 75/05 - OLG Frankfurt a.M.
LG
Darmstadt
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 29. Mai 2008 durch die Richter Dr. Bergmann, Prof. Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. April 2005 auf-
gehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts
Darmstadt - 1. Kammer für Handelssachen - vom 23. März 2004
wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte bietet über sogenannte Ernährungsberater ein "B. Diät-
und Ernährungsprogramm" zur Gewichtsreduktion an.
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In ihrem Internetauftritt vom 22. Juli 2003 wandte sich die Beklagte unter
der Überschrift "Der richtige Partner für Sie auf dem Weg in die Zukunft" (Anla-
ge K 1, S. 3) an Ärzte und warb für die Vorteile eines "nachfrageorientiert agie-
renden Dienstleistungsunternehmens Arztpraxis". Dabei führte sie unter ande-
rem aus:
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"Als Arzt wird Ihnen in der Bevölkerung eine besonders hohe Beratungs-
kompetenz zum Themenkomplex 'Gesunde Ernährung' zugesprochen. Mit
B.
Sie die Möglichkeit, Ihr Leistungsspektrum jenseits der heilkundlich orien-
tierten Tätigkeit durch eine qualifizierte Ernährungsberatung zu erweitern."
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Unter der Überschrift "Informationen zu Gewerbe und Recht" (Anlage
K 1, S. 4) hieß es unter anderem:
"Sofern die gewerbliche Ernährungsberatung und die freiberufliche ärztli-
che Tätigkeit organisatorisch, wirtschaftlich und rechtlich voneinander ge-
trennt durchgeführt werden, steht das ärztliche Berufsrecht einer gewerb-
lichen Tätigkeit nicht entgegen. Mit der Trennung ist insbesondere ge-
meint, dass die gewerbliche Tätigkeit außerhalb der Sprechstundenzeiten
und Behandlungszeiten stattfindet. Darüber hinaus müssen Kassen,
Bankkonten sowie Sach- und Arbeitsmittel von Gewerbe und Arztpraxis
getrennt verwaltet werden."
In steuerrechtlicher Hinsicht sei "insbesondere sicherzustellen, dass …
die Kosten für Einrichtung, Räume, Telefon, Porto etc., die sowohl für die Arzt-
praxis als auch für die Ernährungsberatung anfallen, beiden Unternehmen an-
teilig zugerechnet werden".
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In einem von der Beklagten bei Schulungen für Berater verwendeten Ar-
beitsblatt (Anlage K 5) findet sich unter dem Stichwort "Örtliche Trennung" die
Angabe:
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"Optimal ist die örtliche Trennung zwischen Arztpraxis und Gewerberaum.
Mehrfachnutzung vorhandener Praxisräume unterliegt jedoch keiner Be-
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Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.,
mahnte die Beklagte wegen dieser Werbung ab. Die Beklagte verpflichtete sich
daraufhin, es zu unterlassen, bei Ärzten ein Konzept zu bewerben und/oder
umzusetzen, das vorsieht, dass Ärzte das "B. Diät- und Ernährungspro-
gramm" empfehlen und/oder vertreiben, soweit im gesamten Kontext der Wer-
bung oder Umsetzung nicht darauf hingewiesen wird, dass die Empfehlung
und/oder die Anwendung und/oder der Vertrieb organisatorisch und zeitlich von
der ärztlichen Niederlassung getrennt sein müssen.
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Nach Ansicht der Klägerin verstößt ein Arzt, der gewerbliche Ernäh-
rungsberatung in den Räumen seiner Praxis betreibt, gegen § 3 Abs. 2 und
§ 34 Abs. 5 der Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Hessen (v.
2.9.1998 [HÄBl. 10/1998, S. I], zul. geänd. am 10.4.2007 [HÄBl. 5/2007,
S. 325]; im Weiteren: BOÄ). Die Beklagte veranlasse durch ihre Werbung Ärzte
zu einem solchen berufs- und zugleich wettbewerbswidrigen Verhalten.
Die im ersten Rechtszug unterlegene Klägerin hat im Berufungsverfahren
zuletzt beantragt,
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es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu
untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei
Ärzten ein Konzept zu bewerben, das vorsieht, dass Ärzte das B. Diät-
und Ernährungsprogramm empfehlen und/oder vertreiben, und hierbei
den Eindruck zu vermitteln, der Arzt dürfe die Empfehlung und/oder die
Anwendung und/oder den Vertrieb des B.
-Programms ohne eine
(auch) räumliche Trennung von der Arztpraxis vornehmen, wenn dies ge-
schieht wie in der Anlage K 1, Seite 3 und 4 mit den Überschriften: "Der
richtige Partner für Sie auf dem Weg in die Zukunft" und "Informationen zu
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Gewerbe und Recht" und/oder wie im Anhang zu Anlage K 5 "Arbeitsblatt
Rechtsgrundlage".
Ferner hat die Klägerin von der Beklagten die Bezahlung von Abmahn-
kosten in Höhe von 189 € nebst Zinsen begehrt.
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Das Berufungsgericht hat der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruchs
stattgegeben (OLG Frankfurt GRUR-RR 2005, 230).
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Die Beklagte, die der Klage entgegengetreten ist, verfolgt mit ihrer vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Antrag auf Klageabweisung wei-
ter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
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Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
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Der Unterlassungsantrag in der zuletzt gestellten Form sei hinreichend
bestimmt und gehe auch nicht zu weit. Seine Begründetheit folge daraus, dass
die Beklagte die mit der streitgegenständlichen Werbung angesprochenen Ärzte
zu einem gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 3 Abs. 2 BOÄ wettbewerbswid-
rigen Verhalten anstifte. Das in § 3 Abs. 2 BOÄ geregelte Verbot solle verhin-
dern, dass das besondere Vertrauen in den Arztberuf zur Verkaufsförderung
von Produkten missbraucht werde, die die Patienten nicht notwendigerweise im
Zusammenhang mit ihrer Behandlung benötigten, und stelle damit eine zulässi-
ge Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit dar. Ein unzulässiger Zusam-
menhang zwischen gewerblicher und ärztlicher Tätigkeit liege vor, wenn kon-
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krete Berührungspunkte zwischen den beiden Tätigkeiten den angesprochenen
Verbrauchern den Eindruck nahelegten, der Arzt trete ihnen bei seiner gewerb-
lichen Tätigkeit insofern "wie ein Arzt" gegenüber, als er seine Empfehlungen
und Ratschläge unvoreingenommen, nur dem gesundheitlichen Wohl der Rat-
suchenden dienend und unbeeinflusst von kommerziellen Interessen gebe. Die
Nutzung der Praxisräume für den Vertrieb eines Diät- und Ernährungspro-
gramms vermittle einen solchen Eindruck auch dann, wenn die gewerbliche
Tätigkeit organisatorisch getrennt und außerhalb der Sprechzeiten stattfinde.
Soweit die kommerzielle Orientierung erkannt werde, bestehe die Gefahr, dass
das Vertrauen in den Arztberuf Schaden nehme. Dass die als Arzt begründete
Vertrauenswürdigkeit auf die an gleicher Stelle ausgeübte Beratungstätigkeit
übergreife, sei das Ziel der Werbung der Beklagten, in der auf die in der Bevöl-
kerung vorhandene besonders hohe Beratungskompetenz der Ärzte zum The-
menkomplex "Gesunde Ernährung" hingewiesen werde. Unstreitig seien bereits
zahlreiche Ärzte als B. -Diät- und Ernährungsberater in ihren Praxisräumen
tätig geworden. Es sei wettbewerbswidrig, dass die Beklagte mit der beanstan-
deten Werbung ihren Wettbewerb planmäßig durch die Veranlassung Dritter zur
Verletzung der diesen obliegenden Standespflichten zu Lasten rechtstreuer Mit-
bewerber fördere.
Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten sei unter dem Gesichts-
punkt der Geschäftsführung ohne Auftrag gegeben und in der geltend gemach-
ten Höhe angemessen; der Zinsanspruch sei in der sich aus § 288 Abs. 1 BGB
ergebenden Höhe begründet.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten ist be-
gründet und führt zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden Urteils ers-
ter Instanz. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Be-
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klagte die mit der streitgegenständlichen Werbung angesprochenen Ärzte zu
einem berufs- und wettbewerbswidrigen Verhalten veranlasst.
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1. Das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren der Klägerin, das
auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, setzt voraus, dass das beanstandete
Wettbewerbsverhalten der Beklagten zur Zeit seiner Begehung im Jahr 2003
einen Unterlassungsanspruch begründet hat und dieser auch auf der Grundlage
der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt.
v. 20.12.2007 - I ZR 205/04, GRUR 2008, 275 Tz. 20 = WRP 2008, 356 - Ver-
sandhandel mit Arzneimitteln, m.w.N.). Die nach Ansicht der Klägerin verletzten
berufsrechtlichen Bestimmungen in § 3 Abs. 2 und § 34 Abs. 5 BOÄ sind inso-
weit unverändert geblieben. Für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung sind
nunmehr die §§ 3, 4 Nr. 11 UWG einschlägig (vgl. BGH, Urt. v. 2.6.2005
- I ZR 215/02, GRUR 2005, 875, 876 f. = WRP 2005, 1240 - Diabetestest-
streifen). Nach dem zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Werbung noch
geltenden § 1 UWG a.F. kam es darauf an, ob die Beklagte die mit der Wer-
bung angesprochenen Ärzte planmäßig zu Verstößen gegen für diese binden-
des Recht aufforderte, um sich durch entsprechende Gesetzesverstöße dieser
Ärzte Vorteile gegenüber solchen Wettbewerbern zu verschaffen, die die
Rechtsverbindlichkeit der betreffenden Regelung anerkannten (vgl. BGH, Urt. v.
4.10.1990 - I ZR 299/88, GRUR 1991, 540, 542 = WRP 1991, 157 - Gebühren-
ausschreibung; Urt. v. 28.9.2000 - I ZR 141/98, GRUR 2001, 255, 256 = WRP
2001, 151 - Augenarztanschreiben; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm,
UWG, 26. Aufl., § 4 Rdn. 11.21).
2. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte
mit der streitgegenständlichen Werbung eine Anstiftung der angesprochenen
Ärzte zu einem berufswidrigen Verhalten begangen hat. Denn die angespro-
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chenen Ärzte verstießen, wenn sie sich wie in der streitgegenständlichen Wer-
bung als zulässig dargestellt verhielten, weder - wie das Berufungsgericht an-
genommen hat - gegen § 3 Abs. 2 BOÄ noch auch - wie die Klägerin weiterhin
geltend gemacht hat - gegen § 34 Abs. 5 BOÄ.
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a) Die Beklagte weist in der von der Klägerin beanstandeten Werbung
darauf hin, dass die gewerbliche Ernährungsberatung und die freiberufliche
ärztliche Tätigkeit organisatorisch, wirtschaftlich und rechtlich voneinander ge-
trennt durchgeführt werden müssen. Das Unterlassungsbegehren der Klägerin
wendet sich lediglich dagegen, dass die Werbung der Beklagten nicht darüber
hinaus auch eine räumliche Trennung der gewerblichen Ernährungsberatung
von der Arztpraxis fordert. Es ist folglich nur begründet, wenn die berufsrechtli-
chen Bestimmungen eine solche Trennung erfordern. Dies ist nicht der Fall.
b) Nach § 3 Abs. 2 BOÄ ist es dem Arzt unter anderem untersagt, im Zu-
sammenhang mit der Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit gewerbliche Dienst-
leistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen, soweit diese nicht wegen ih-
rer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind. Bei
der Auslegung des für den Anwendungsbereich der Norm maßgeblichen Be-
griffs des Zusammenhangs ist neben der hinter der Regelung stehenden Ge-
meinwohlerwägung auch die Reichweite des Grundrechts der Berufsfreiheit
gemäß Art. 12 GG zu berücksichtigen. Das in § 3 Abs. 2 BOÄ bestimmte Verbot
dient der Trennung merkantiler Gesichtspunkte vom Heilauftrag des Arztes. Der
Patient soll darauf vertrauen können, dass sich der Arzt nicht von kommerziel-
len Interessen, sondern ausschließlich von medizinischen Notwendigkeiten lei-
ten lässt (vgl. BVerfG GRUR 2003, 966, 967 = WRP 2003, 1209 zur Werbung
eines Zahnarztes im Internet; BGH GRUR 2005, 875, 876 - Diabetestest-
streifen; Ratzel in Ratzel/Lippert, Kommentar zur Musterberufsordnung der
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deutschen Ärzte, 4. Aufl., § 3 Rdn. 2). Das Verbot in § 3 Abs. 2 BOÄ beugt da-
mit der gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs
vor und ist daher nur insoweit gerechtfertigt, als vernünftige Zwecke des Ge-
meinwohls dies erfordern und den seinen Beruf ausübenden Arzt nicht über-
mäßig oder unzumutbar treffen (vgl. BVerfGE 85, 248, 260 = NJW 1992, 2341).
Bei der Bestimmung der Reichweite des Verbots ist insbesondere zu beachten,
dass mit ihm nicht unmittelbar bestehenden Gesundheitsgefahren begegnet
werden soll, sondern lediglich langfristig negative Rückwirkungen auf die medi-
zinische Versorgung durch eine Kommerzialisierung des Arztberufs verhindert
werden sollen. Es ist daher grundsätzlich eine enge Auslegung des in § 3
Abs. 2 BOÄ enthaltenen Verbotstatbestands geboten (vgl. BGH GRUR 2005,
875, 876 - Diabetesteststreifen).
c) Bei der Beurteilung der Frage, ob die von der Beklagten den ange-
sprochenen Ärzten vorgeschlagene gewerbliche Betätigung bei Verwendung
der eigenen Praxisräume notwendigerweise berufsrechtswidrig ist, ist außer-
dem in Rechnung zu stellen, dass Ärzten eine gewerblich-unternehmerische
Tätigkeit auf dem Gebiet des Heilwesens grundsätzlich nicht untersagt ist (vgl.
BVerfGE 71, 183, 195, 196 = GRUR 1986, 387, 390; BGH, Urt. v. 26.4.1989
- I ZR 172/87, GRUR 1989, 601 = WRP 1989, 585 - Institutswerbung). Dem
Arzt ist daher gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BOÄ neben der Ausübung seines Be-
rufs die Ausübung einer anderen Tätigkeit nicht grundsätzlich verboten, son-
dern im Grundsatz erlaubt und nur dann untersagt, wenn die Tätigkeit mit den
ethischen Grundsätzen des ärztlichen Berufs nicht vereinbar ist. Ebenso ist
dem Arzt die Hergabe seines Namens in Verbindung mit einer ärztlichen Be-
rufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BOÄ nicht
schlechthin, sondern nur dann verboten, wenn dies in unlauterer Weise ge-
schieht. Dementsprechend ist die Klägerin auch nicht gegen das von der Be-
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klagten beworbene und vertriebene, Ärzte mit einbeziehende Geschäftsmodell
als solches, sondern allein gegen dessen Durchführung in den Praxisräumen
des jeweils mit eingebundenen Arztes vorgegangen.
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d) Danach wäre ein die Berufsrechtswidrigkeit des Verhaltens der Ärzte
gemäß § 3 Abs. 2 BOÄ begründender Zusammenhang nur dann zu bejahen,
wenn anzunehmen wäre, dass gerade von der Abhaltung der Informationsver-
anstaltungen in den Praxisräumen des Arztes eine nicht gänzlich unerhebliche
Wirkung in Richtung auf eine gesundheitspolitisch unerwünschte Kommerziali-
sierung des Arztberufs ausgehen wird. Das ist aber nicht der Fall.
Die Beklagte wendet sich mit ihrem "B. Diät- und Ernährungspro-
gramm" zur Gewichtsreduktion an diejenigen - weiten - Teile der Bevölkerung,
die mit Übergewicht zu kämpfen haben. Diesen ist geläufig, dass Übergewicht
zwar nicht stets krankhaft ist, eine Ernährungsberatung mit dem Ziel der Ge-
wichtsreduktion aber sinnvollerweise auch die insoweit gewonnenen medizini-
schen Erkenntnisse berücksichtigen sollte. Eine solche Beratung wird daher
- zumal im Hinblick darauf, dass entsprechende Beratungsaktionen bereits in
der Vergangenheit wiederholt von Krankenkassen und Gesundheitsämtern
durchgeführt worden sind - als sinnvoll und nicht ungewöhnlich empfunden. Die
betreffenden Personen werden die Mitwirkung von Ärzten an dem von der Be-
klagten angebotenen Diät- und Ernährungsprogramm daher nach der Lebens-
erfahrung nicht als Anzeichen dafür ansehen, dass sich die Ärzte inzwischen
zunehmend als Gewerbetreibende verstehen und ihr Verhalten dementspre-
chend nicht mehr in erster Hinsicht an den gesundheitlichen Interessen ihrer
Patienten, sondern an ökonomischen Erfolgskriterien ausrichten. Dies gilt auch
dann, wenn die Beratung durch den Arzt in dessen Praxisräumen erfolgt.
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e) Die Klage ist auch nicht, wie die Revisionserwiderung unter Hinweis
auf den entsprechenden vorinstanzlichen Vortrag der Klägerin geltend macht,
aus § 34 Abs. 5 BOÄ begründet. Danach ist es dem Arzt nicht gestattet, Patien-
ten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken, Geschäfte oder Anbie-
ter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen. Wie das Berufungsgericht
zutreffend ausgeführt hat, zielen das Klagebegehren und insbesondere der von
der Klägerin gestellte Unterlassungsantrag nicht darauf ab, die mögliche Veran-
lassung einer Verweisung von Patienten durch die mit der streitgegenständli-
chen Werbung angesprochenen Ärzte an die Beklagte zu unterbinden.
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3. Da nach allem der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungs-
anspruch nicht gegeben ist, steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Ersatz
von Abmahnkosten zu.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1
ZPO.
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Bergmann
Büscher
Schaffert
Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 23.03.2004 - 12 O 563/03 -
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 14.04.2005 - 6 U 111/04 -