Urteil des BGH vom 30.10.2002

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 334/06 Verkündet
am:
20. Februar 2008
Ermel,
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 346, 433
Übernimmt der Kraftfahrzeughändler bei einem Kaufvertrag über ein Neufahrzeug
einen Gebrauchtwagen des Käufers und löst dafür den für den Gebrauchtwagen
noch laufenden Kredit durch Zahlung eines Betrages an die Bank ab, der über dem
vereinbarten Wert des Altfahrzeugs liegt, so liegt im Regelfall kein gesonderter Kauf-
vertrag über den Gebrauchtwagen, sondern ein einheitlicher Kaufvertrag vor. Verein-
baren die Vertragsparteien in einem solchen Fall die Rückabwicklung des Kaufver-
trages, so kann der Käufer Rückzahlung des Kaufpreises für das Neufahrzeug sowie
Rückübereignung des Gebrauchtwagens, der Händler dagegen Rückübereignung
des Neufahrzeugs sowie Wertersatz für die von ihm abgelöste Kreditverbindlichkeit
des Käufers verlangen (Fortführung der Rechtsprechung zur Inzahlungnahme eines
Gebrauchtwagens in BGHZ 46, 338 ff.; 89, 126 ff.; 128, 111 ff.; Senatsurteil vom
30. Oktober 2002 - VIII ZR 119/02, NJW 2003, 505).
BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 334/06 - KG
LG
Berlin
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel sowie den Richter
Dr. Achilles
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 26. Zivilsenats
des Kammergerichts vom 15. November 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger kaufte mit Vertrag vom 30. Oktober/3. November 2003 bei der
Beklagten einen Pkw vom Typ BMW X5 (im Folgenden: Neufahrzeug) zum
Preis von 88.652,40 €. Hinsichtlich des bisherigen Fahrzeugs des Klägers vom
Typ BMW M5 (im Folgenden: Altfahrzeug) vereinbarten die Parteien, dass die-
ses von der Beklagten gegen Ablösung des hierfür noch laufenden Kredits bei
der BMW-Bank übernommen wird, wobei die Differenz zwischen dem Ablöse-
betrag, der sich auf 38.628,40 € belief, und dem mit 32.500,-- € angesetzten
Wert des Altfahrzeugs "im Nachlass verrechnet" werden sollte. Die Beklagte
übernahm das Altfahrzeug und löste vereinbarungsgemäß den restlichen Kredit
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für das Altfahrzeug bei der BMW-Bank ab. Auf den Kaufpreis für das Neufahr-
zeug zahlte der Kläger an die Beklagte 59.346,-- €. Zur Finanzierung des restli-
chen Kaufpreises nahm er einen Kredit bei der BMW-Bank über 32.972,40 €
auf.
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Mit Schreiben vom 9. November 2004 erklärte der Kläger unter Berufung
auf Mängel des Neufahrzeugs den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Beklagte
nahm das Neufahrzeug zurück. Die Parteien streiten darüber, ob im Rahmen
der Rückabwicklung des Kaufvertrags über das Neufahrzeug, wie es die Be-
klagte verlangt, auch die Vereinbarung über das von der Beklagten übernom-
mene und sich noch bei ihr befindende Altfahrzeug rückabzuwickeln ist.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger Rückerstattung des von ihm gezahl-
ten Kaufpreisanteils sowie Befreiung von der zur Finanzierung des restlichen
Kaufpreises eingegangenen Darlehensverbindlichkeit. Das Landgericht hat der
Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es hat die Beklagte - unter Berücksichti-
gung eines vorangegangenen Teilanerkenntnisurteils - verurteilt, an den Kläger
(weitere) 39.839,38 € nebst Zinsen zu zahlen und ihn von seiner (neuen) Darle-
hensverbindlichkeit gegenüber der BMW-Bank freizustellen. Mit ihrer Berufung
hat die Beklagte die teilweise Abänderung des erstinstanzlichen Urteils dahin-
gehend beantragt, dass der vom Landgericht ausgeurteilte Zahlungsausspruch
um den im Vertrag angesetzten Wert des von ihr übernommenen Altfahrzeugs,
das heißt 32.500,-- €, auf 7.339,98 € nebst Zinsen herabgesetzt und die Zah-
lungsklage im Übrigen abgewiesen wird; zugleich hat die Beklagte beantragt,
zur Rückgabe und Übereignung des von ihr übernommenen Altfahrzeugs an
den Kläger verurteilt zu werden. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg
gehabt. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr
Berufungsbegehren weiter.
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Entscheidungsgründe:
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Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an
das Berufungsgericht.
I.
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Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Kläger habe gemäß § 346 Abs. 1 BGB Anspruch auf Rückzahlung
des vollen Kaufpreises für das Neufahrzeug. Der Kaufvertrag sei entgegen der
Auffassung der Beklagten nicht derart rückabzuwickeln, dass der Kläger das
Altfahrzeug zurücknehmen müsse und infolge dessen in Höhe von 32.500,-- €
- dem vereinbarten Wert des Altfahrzeugs - Rückzahlung des Kaufpreises für
das Neufahrzeug nicht verlangen könne.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rückabwicklung eines
Kaufvertrages über einen neuen Pkw bei Inzahlungnahme eines Altfahrzeugs,
nach welcher der Käufer bei einer Rückabwicklung des Vertrages - außer dem
in bar geleisteten Kaufpreisteil - nur den in Zahlung gegebenen Altwagen
selbst, nicht aber den auf den Kaufpreis angerechneten Geldbetrag zurückver-
langen könne, sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Zwar habe die
Beklagte den Kredit über den Altwagen nur abgelöst, um den Kläger zum Kauf
des Neuwagens zu bewegen und ihm auf diese Weise einen (versteckten)
Preisnachlass von 6.128,40 € zu gewähren. Aus dieser wirtschaftlich motivier-
ten Ablösung des Kredits für den Altwagen folge aber noch keine rechtliche
Verbindung beider Verträge. Eine entsprechende vertragliche Einigung der Par-
teien gebe es nicht; sie lasse sich dem geschlossenen Vertrag an keiner Stelle
entnehmen. Die Ablösung des Darlehens unter Übernahme des Altwagens sei
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nur "bei Gelegenheit" des Abschlusses des Kaufvertrages über den Neuwagen
erfolgt; an einer synallagmatischen Verknüpfung fehle es.
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Die fehlende Verpflichtung des Klägers zur Rücknahme des Altwagens
ergebe sich auch aus folgender Überlegung. Durch die Rückabwicklung nach
§ 346 Abs. 1 BGB solle der Zustand wiederhergestellt werden, der vor Ab-
schluss des Vertrages bestanden habe. Dies sei bezüglich des Kaufvertrages
über das Neufahrzeug ohne weiteres möglich, nicht dagegen bezüglich der Ver-
einbarung über den Altwagen. Zur Wiederherstellung des Ausgangszustandes
hätte der Altwagen der finanzierenden Bank rückübereignet, dem Kläger des-
sen Anwartschaftsrecht rückübertragen und erneut ein Darlehensvertrag mit der
Bank abgeschlossen werden müssen. Wegen der Beteiligung eines Dritten, der
finanzierenden Bank, sei eine Rückabwicklung im Sinne der Wiederherstellung
des Ausgangszustandes nicht möglich.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts ist im Zuge der Rückabwicklung des Kauf-
vertrages über das Neufahrzeug auch die Vereinbarung der Parteien über die
Übernahme des Altfahrzeugs und die Ablösung des dafür noch laufenden Rest-
darlehens durch die Beklagte rückabzuwickeln. Die Rückabwicklung ist auch
möglich und führt nach § 346 Abs. 1 und 2 BGB dazu, dass dem Kläger ein An-
spruch auf Rückübereignung des Altfahrzeugs zusteht und sein Anspruch auf
Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises für das Neufahrzeug mit dem An-
spruch der Beklagten auf Wertersatz für das von ihr abgelöste Restdarlehen zu
saldieren ist.
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1. Das Berufungsgericht hat den Kaufvertrag dahin ausgelegt, dass dem
Vertrag eine Einigung über einen rechtlichen Zusammenhang zwischen dem
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Kaufvertrag über das Neufahrzeug und der Vereinbarung über das Altfahrzeug
nicht zu entnehmen sei, es sich vielmehr um zwei voneinander unabhängige
Verträge handele. Diese Auslegung hat keinen Bestand. Der Kaufvertrag über
das Neufahrzeug bildet vielmehr mit der Vereinbarung über das Altfahrzeug
eine Einheit, so dass in die Rückabwicklung des Kaufvertrages über das Neu-
fahrzeug auch die Vereinbarung über das Altfahrzeug einzubeziehen ist.
a) Der Senat kann diese Auslegung des Vertrages selbst vornehmen.
Die tatrichterliche Auslegung einer Individualabrede ist zwar nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Revisionsverfahren nur einge-
schränkt darauf überprüfbar, ob eine Verletzung von gesetzlichen oder allge-
mein anerkannten Auslegungsregeln, Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vor-
liegt (vgl. dazu Senatsurteile vom 7. November 2001 - VIII ZR 213/00, WM
2002, 444 = NJW 2002, 506, unter II 1, und vom 30. Oktober 2002 - VIII ZR
119/02, NJW 2003, 505, unter II 2a aa). Ein solcher revisionsrechtlich beachtli-
cher Auslegungsfehler liegt hier aber vor. Zu den anerkannten Auslegungsre-
geln gehört auch der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerech-
ten Auslegung (Senatsurteil vom 7. November 2001, aaO). Dem wird die Aus-
legung des Berufungsgerichts, nach der im vorliegenden Fall ein rechtlicher
Zusammenhang zwischen dem Neuwagen- und dem Altwagengeschäft nicht
gegeben ist, offensichtlich nicht gerecht.
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b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bildet der Kaufver-
trag über ein Neufahrzeug mit der gleichzeitigen Vereinbarung über die Inzah-
lungnahme eines Altfahrzeugs durch den Verkäufer im Regelfall eine nicht nur
wirtschaftliche, sondern auch rechtliche Einheit der Gestalt, dass der Käufer bei
einer Rückabwicklung infolge einer Wandelung des Kaufvertrages nur den in
Zahlung gegebenen Altwagen selbst zurückverlangen kann, nicht aber Zahlung
des auf den Kaufpreis angerechneten Geldbetrags (BGHZ 46, 338 ff.; 89, 126,
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128; 128, 111, 115 f.; Senatsurteil vom 30. Oktober 2002 - VIII ZR 119/02, aaO,
unter II 2 a aa); dies gilt auch bei verwandten Vertragsgestaltungen mit ver-
gleichbarer Interessenlage (zur Inzahlungnahme bei einem Leasingvertrag: Se-
natsurteil vom 30. Oktober 2002, aaO) und selbst bei getrennten Vertragsur-
kunden über den Neuwagenkauf und den Verkauf des gebrauchten Altfahr-
zeugs (BGHZ 128, aaO).
Das Berufungsgericht hat diese Rechtsprechung zwar nicht übersehen,
hat aber verkannt, dass die Interessenlage der Vertragsparteien im vorliegen-
den Fall keine andere ist als in den bisherigen Entscheidungen zur Inzahlung-
nahme eines Altfahrzeugs beim Kauf eines Neuwagens. Zwar ist im vorliegen-
den Fall das Altfahrzeug vom Kläger nicht in der Weise in Zahlung gegeben
worden, dass hinsichtlich eines Teils des Kaufpreises - in Höhe des angerech-
neten Werts des in Zahlung gegebenen Altfahrzeugs - eine Ersetzungsbefugnis
des Klägers vereinbart wurde (vgl. dazu BGHZ 46, 338, 340; 89, 126, 128 ff.).
Stattdessen hatte der Kläger für das Neufahrzeug den vollen Kaufpreis an die
Beklagte zu entrichten, während die Beklagte ihrerseits den für das Altfahrzeug
noch laufenden Kredit abzulösen hatte. Dies steht aber einer Auslegung des
Kaufvertrags über das Neufahrzeug dahingehend, dass dieser mit der in ihm
enthaltenen Vereinbarung über das Altfahrzeug eine rechtliche Einheit bildet
und deshalb bei einem Rücktritt vom Kaufvertrag nicht isoliert, sondern nur un-
ter Einbeziehung der Vereinbarung über das Altfahrzeug rückabgewickelt wer-
den kann, nicht entgegen. Die Parteien können für die Durchführung der Über-
nahme eines Gebrauchtwagens durch den Verkäufer des Neufahrzeugs auch
eine vom typischen Fall der Inzahlungnahme abweichende Regelung treffen,
ohne dass sich dadurch an der maßgeblichen Interessenlage beider Seiten et-
was ändert. So verhält es sich hier.
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Schon der Umstand, dass die Vereinbarung zur Übernahme des Altfahr-
zeugs durch die Beklagte und zu deren Verpflichtung, den für dieses Fahrzeug
noch laufenden Kredit abzulösen, nicht separat getroffen, sondern handschrift-
lich in das Bestellformular für den Neuwagenkauf eingetragen wurde, spricht für
die rechtliche Einheit von Neuwagen- und Altwagengeschäft.
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Hinzu kommt, dass die Vereinbarungen über das Neufahrzeug und über
das Altfahrzeug auch dadurch untrennbar miteinander verbunden waren, dass
der von der Beklagten abzulösende Kredit für das Altfahrzeug noch in Höhe von
38.628,40 € valutierte und der Ablösebetrag damit über dem mit 32.500,-- €
angesetzten Wert des Altfahrzeugs lag; bei dem Differenzbetrag von
6.128,40 €, den die Beklagte aufwenden musste, um den Kredit für das Altfahr-
zeug abzulösen, handelte es sich, wie auch das Berufungsgericht nicht ver-
kannt hat, vereinbarungsgemäß um einen (versteckten) Nachlass der Beklagten
auf den Kaufpreis für das Neufahrzeug. Dementsprechend hat bereits das
Landgericht im erstinstanzlichen Urteil die Vereinbarung über die Ablösung des
den Altwagen betreffenden Kredits teilweise - in Höhe von 6.128,40 € - in die
Rückabwicklung des Kaufvertrags über das Neufahrzeug einbezogen, indem es
den Anspruch des Klägers auf Rückerstattung des von ihm gezahlten Kaufprei-
ses um diesen Betrag gekürzt hat. Der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger
mit der Ablösung des Kredits für das von ihr übernommene Altfahrzeug einen
(versteckten) Preisnachlass für das Neufahrzeug gewährte, ist ein gewichtiger
Hinweis darauf, dass der Kauf des Neufahrzeugs und die Vereinbarung über
das Altfahrzeug nach dem Parteiwillen auch rechtlich miteinander verbunden
sein sollten. Für die von den Vorinstanzen vorgenommene Aufspaltung der
Vereinbarung über die Ablösung des den Altwagen betreffenden Kredits dahin-
gehend, dass diese Vereinbarung mit dem Kauf des Neufahrzeugs nur hinsicht-
lich eines Teilbetrags von 6.128,40 € eine Einheit bildet und deshalb nur inso-
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weit, nicht aber insgesamt rückabzuwickeln sei, lässt sich der Vereinbarung
nichts entnehmen.
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Entscheidend dafür, dass im vorliegenden Fall die Vereinbarung über
das Altfahrzeug insgesamt mit dem Kauf des Neufahrzeugs eine rechtliche Ein-
heit bildet, spricht die Interessenlage. Beim Neuwagenkauf unter Inzahlung-
nahme des Gebrauchtwagens ist die Interessenlage der Vertragspartner nach
der Rechtsprechung des Senats dadurch gekennzeichnet, dass der Kraftfahr-
zeughändler sich auf die Hereinnahme des Altwagens nur einlässt, um den
Neuwagen verkaufen zu können (BGHZ 46, 338, 340; 83, 334, 339; 89, 126,
130; Senatsurteil vom 30. Oktober 2002, aaO). Das im Vordergrund stehende
Absatzinteresse des Verkäufers, das dem Käufer bewusst ist, rechtfertigt es,
den Verkauf des Neuwagens und die Vereinbarung über die Inzahlungnahme
des Altfahrzeugs als einheitlichen Kaufvertrag anzusehen mit der Folge, dass
bei einem Rücktritt vom Kaufvertrag auch die Abrede über die Inzahlungnahme
des Altfahrzeugs rückabzuwickeln ist und der Käufer dementsprechend nur
Rückgabe des Altfahrzeugs, nicht aber Zahlung des auf den Kaufpreis ange-
rechneten Geldbetrags verlangen kann (BGHZ 89, 126, 132). Die Interessenla-
ge im vorliegenden Fall ist keine andere als bei einer Inzahlungnahme, wie sie
der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Senats zugrunde liegt.
Nach den unangegriffenen Tatsachenfeststellungen löste die Beklagte
den Kredit für das Altfahrzeug nur ab, um den Kläger zum Kauf des Neufahr-
zeugs zu bewegen. Das Berufungsgericht geht selbst davon aus, dass die Be-
klagte den für den Altwagen laufenden Kredit, der noch mit 38.628,40 € valutier-
te, nicht abgelöst und den mit nur 32.500,-- € bewerteten Altwagen nicht über-
nommen hätte, wenn nicht der Kläger zum Kauf des Neuwagens bereit gewe-
sen wäre. Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass die Beklagte
bereit war, zur Ablösung des Kredits für das Altfahrzeug mehr zu zahlen, als
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das Altfahrzeug nach der Vorstellung der Parteien wert war. Auch darin ist der
vorliegende Fall mit einer Inzahlungnahme vergleichbar, bei der der Anrech-
nungsbetrag für das Altfahrzeug oft höher ist als dessen Verkehrswert (BGHZ
89, 126, 130). Daraus ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsge-
richts nicht lediglich eine wirtschaftliche, sondern auch eine rechtliche Verknüp-
fung des Neuwagenkaufs mit der Vereinbarung über das Altfahrzeug, die dazu
führt, dass der Kläger Rückabwicklung des Neuwagengeschäfts nur unter Ein-
beziehung des Altwagengeschäfts beanspruchen kann.
2. Die Rückabwicklung des Kaufvertrages über den Neuwagen unter
Einbeziehung der Vereinbarung über das Altfahrzeug ist entgegen der Auffas-
sung des Berufungsgerichts möglich und, wie ausgeführt, zu einem Teil auch
bereits in dem vom Berufungsgericht bestätigten Urteil des Landgerichts vollzo-
gen worden.
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Nach § 346 Abs. 1 BGB sind im Falle des Rücktritts die empfangenen
Leistungen zurückzugewähren. Als Leistungen der Beklagten hat der Kläger
Besitz und Eigentum an dem Neufahrzeug sowie die Befreiung von seiner noch
in Höhe von 38.628,40 € valutierenden Kreditverbindlichkeit für das Altfahrzeug
empfangen. Die Beklagte hat ihrerseits als Leistungen des Klägers den Kauf-
preis für das Neufahrzeug sowie Besitz und Eigentum an dem Altfahrzeug er-
halten. Dass die Beklagte den Kaufpreis für das Neufahrzeug zurückzugewäh-
ren hat, indem sie dem Kläger den von ihm gezahlten Teil des Kaufpreises zu-
rückerstattet und ihn von der hinsichtlich des Restbetrags neu eingegangenen
Kreditverbindlichkeit gegenüber der BMW-Bank freistellt, ist zwischen den Par-
teien nicht im Streit; das Gleiche gilt für die Rückübereignung des Neufahr-
zeugs.
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Für die Rückabwicklung der übrigen Leistungen, die aufgrund der Ver-
einbarung über das Altfahrzeug erbracht worden sind, gilt Folgendes:
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a) Soweit die Beklagte den Kläger von dessen restlicher Kreditverbind-
lichkeit gegenüber der BMW-Bank in Höhe von 38.628,40 € befreit hat, ist zwar
die Wiederherstellung des Ausgangszustandes durch Neubegründung eines
entsprechenden Restdarlehens des Klägers gegenüber der BMW-Bank nach
den unangegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht
möglich. Daraus folgt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber
nicht die Unmöglichkeit einer Rückabwicklung.
Nach § 346 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Rückgewährschuldner Wertersatz
zu leisten, wenn er die empfangene Leistung aus den in dieser Bestimmung
aufgeführten Gründen nicht oder nicht unverändert zurückgewähren kann. Die
Aufzählung der in § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB genannten Fallgruppen
ist - trotz der Auflistungstechnik - nicht abschließend. Vielmehr kommt in der
Vorschrift nach einhelliger Auffassung ein allgemeiner Rechtsgedanke des In-
halts zum Ausdruck, dass der Rückgewährschuldner in allen Fällen, in denen
ihm die Rückgewähr der empfangenen Leistung unmöglich ist, zum Wertersatz
verpflichtet ist (Staudinger/Kaiser, BGB (2004), § 346 Rdnr. 148 m.w.N.;
MünchKommBGB/Gaier, 5. Aufl., § 346 Rdnr. 43 m.w.N.; Palandt/Grüneberg,
BGB, 67. Aufl., § 346 Rdnr. 7). Wertersatz ist damit auch für die Befreiung von
einer Verbindlichkeit zu leisten, wenn diese - wie im vorliegenden Fall - im Zuge
der Rückabwicklung eines Vertrages etwa wegen fehlender Mitwirkung eines
Dritten nicht neu begründet werden kann (Staudinger/Kaiser, aaO, Rdnr. 75).
Danach hat der Kläger in entsprechender Anwendung des § 346 Abs. 2 BGB
der Beklagten den Wert der Forderung zu ersetzen, von der diese ihn befreit
hat. Einer der Ausschlusstatbestände des § 346 Abs. 3 BGB, in denen die
Pflicht zum Wertersatz entfällt, liegt nicht vor.
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Der Wertersatzanspruch der Beklagten entspricht der Höhe nach der
Forderung, von der die Beklagte den Kläger befreit hat, und beläuft sich damit
auf 38.628,40 €. Dieser Zahlungsanspruch der Beklagten ist mit dem Anspruch
des Klägers auf Rückzahlung des Kaufpreises für das Neufahrzeug zu saldie-
ren. Davon sind, wie unter 1 ausgeführt, hinsichtlich eines Teilbetrags von
6.128,40 € auch bereits die Vorinstanzen ausgegangen, indem sie den Kauf-
preisrückzahlungsanspruch des Klägers um diesen Betrag herabgesetzt haben.
Für den Restbetrag von 32.500,-- €, der dem Wert des von der Beklagten über-
nommenen Altfahrzeugs entspricht, gilt nichts Anderes. Da die Vereinbarung
über die Übernahme des Altfahrzeugs und die Ablösung des Restdarlehens
durch die Beklagte, wie unter 1 ausgeführt, insgesamt - und nicht lediglich hin-
sichtlich eines Teilbetrags von 6.128,40 € - rückabzuwickeln ist, steht der Be-
klagten auch hinsichtlich des Betrages von 32.500,-- € Wertersatz für die Be-
freiung des Klägers von dessen Altverbindlichkeit gegenüber der BMW-Bank
zu. Der dem Kläger vom Landgericht zugesprochene Kaufpreisrückzahlungsan-
spruch von 39.839,38 € ist daher im Wege der Saldierung um weitere
32.500,-- € auf 7.339,38 € nebst (entsprechend herabzusetzender) Zinsen zu
reduzieren; ein darüber hinausgehender Zahlungsanspruch des Klägers besteht
nicht.
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b) Hinsichtlich des an die Beklagte übereigneten Altfahrzeugs ist diese
zur Rückübereignung an den Kläger verpflichtet. Dem steht nicht, wie das Beru-
fungsgericht gemeint hat, entgegen, dass der Kläger im Zeitpunkt der
Übereignung des Altfahrzeugs an die Beklagte noch nicht Eigentümer, sondern
nur Inhaber eines entsprechenden Anwartschaftsrechts an dem damals noch
an die BMW-Bank sicherungsübereigneten Fahrzeugs war. Dies hinderte den
Kläger nicht, das Fahrzeug - wie geschehen - durch Einigung und Übergabe
(§ 929 BGB) an die Beklagte zu übereignen. Die in der Vereinbarung über die
Übernahme des Altfahrzeugs enthaltene dingliche Einigung der Parteien war
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darauf gerichtet, dass mit der Ablösung des Restdarlehens durch die Beklagte
und dem dadurch bedingten Wegfall des Sicherungseigentums der BMW-Bank
nicht der Kläger, sondern die Beklagte Eigentümer des Fahrzeugs werden soll-
te; der Kläger hat der Beklagten auch den unmittelbaren Besitz an dem Fahr-
zeug verschafft. Die Beklagte hat damit das Eigentum an dem Fahrzeug durch
Einigung und Übergabe vom Kläger erworben (§ 929 BGB) und nicht etwa
durch Rechtsgeschäft mit der BMW-Bank. Die vom Kläger vorgenommene
Übereignung des Fahrzeugs an die Beklagte ist durch Rückübereignung des
Fahrzeugs an den Kläger rückabzuwickeln. Ein bloßes Anwartschaftsrecht des
Klägers, verbunden mit Sicherungseigentum der BMW-Bank, kann ebenso we-
nig wieder begründet werden wie die von der Beklagten abgelöste Darlehens-
verbindlichkeit für das Altfahrzeug. Das vom Kläger durch Einigung und Über-
gabe auf die Beklagte übertragene Eigentum an dem Altfahrzeug steht nun-
mehr, nachdem diese Vereinbarung rückabzuwickeln ist und Sicherungseigen-
tum der BMW-Bank nicht mehr besteht, dem Kläger zu.
III.
Da die Revision Erfolg hat, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 563
Abs. 3 ZPO). Zwar ist die vom Kläger erhobene Zahlungsklage, wie ausgeführt,
nur in Höhe von 7.339,83 € nebst Zinsen begründet und deshalb im Übrigen
abzuweisen. Dem Kläger steht jedoch - als Äquivalent für die Herabsetzung
seines Zahlungsanspruchs - ein Anspruch auf Rückübereignung des Altfahr-
zeugs zu. Hierüber kann im Revisionsverfahren nicht entschieden werden, weil
der Kläger einen entsprechenden Antrag in der Berufungsinstanz - auch hilfs-
weise - noch nicht gestellt hat (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht
hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - den Kläger nicht auf die Sach-
dienlichkeit eines derartigen Antrags hingewiesen. Die Sache ist daher an das
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Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs.1 Satz 1 Abs. 3 ZPO), um dem
Kläger Gelegenheit zu geben, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Eine
Verurteilung der Beklagten zur Rückübereignung des Altfahrzeugs kann nur auf
Antrag des Klägers erfolgen, nicht dagegen aufgrund des von der Beklagten in
der Berufungsinstanz gestellten Antrags; die Beklagte kann nicht ihre eigene
Verurteilung beantragen, sondern nur einen gegen sie durch einen entspre-
chenden Klageantrag geltend gemachten Anspruch anerkennen (§ 307 ZPO).
Ball
Dr. Frellesen
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 07.06.2006 - 33 O 55/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.11.2006 - 26 U 175/06 -