Urteil des BGH vom 08.01.2014, VIII ZR 210/13
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 210/13 Verkündet am: 8. Januar 2014 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 553
Erteilt der Vermieter dem Mieter eine Erlaubnis zur Untervermietung, so kann dieser
ohne besondere Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, dass die Erlaubnis eine tageweise Vermietung an Touristen umfasst.
BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - VIII ZR 210/13 - LG Berlin AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Januar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Milger sowie die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der Zivilkammer 65 des
Landgerichts Berlin vom 19. Juni 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1Der Beklagte ist seit dem 1. März 2003 Mieter einer 2-Zimmer-Wohnung
(42,85 qm) in Berlin. Die Miete beträgt 235 € zuzüglich Nebenkosten. Die Kläger sind im Jahr 2011 als Vermieter in den Vertrag eingetreten.
2Im Jahr 2008 erbat der Beklagte von der damaligen Vermieterin die Erlaubnis zur Untervermietung, weil er die Wohnung nur etwa alle 14 Tage am
Wochenende zu einem Besuch seiner Tochter nutze und er deshalb die Wohnung zeitweise untervermieten wolle. Die Vermieterin erteilte mit Schreiben vom
13. Februar 2008 eine Untervermietungserlaubnis "ohne vorherige Überprü-
fung" gewünschter Untermieter und erhob einen Untervermietungszuschlag in
Höhe von 13 € monatlich. In dem genannten Schreiben heißt es weiter:
"Sie verpflichten sich, Ihren Untermietern Postvollmacht zu erteilen. Das bedeutet, dass alle Willenserklärungen, Betriebskostenabrechnungen, Mieterhöhungsverlangen etc. der Hausverwaltung als ordnungsgemäß zugestellt gelten, wenn sie in Ihrem Briefkasten … landen, auch wenn sie vielleicht durch Ihre Untermieter nicht an Sie weitergegeben sein sollten."
3Im Mai 2011 bot der Beklagte die Wohnung im Internet zur tageweisen
Anmietung von bis zu vier Feriengästen an. Hierzu wurden Bilder der Wohnung
ins Internet gestellt und die touristischen Vorzüge der Umgebung hervorgehoben. Die Kläger beanstandeten eine derartige Nutzung als vertragswidrig und
mahnten den Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 2011 unter Androhung einer
Kündigung ab. Der Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 23. Mai 2011, dass
die Vermietung an Berlin-Touristen von der erteilten Untervermietungserlaubnis
umfasst sei und er damit lediglich eine Deckung der Unkosten durch Leerstand
erreichen wolle. Am Ende des Schreibens des Beklagten heißt es:
"Ihre Abmahnung betrachte ich damit als gegenstandslos. Sollten Sie weitere Fragen oder Probleme haben, wenden Sie sich bitte direkt an die Kanzlei…"
4Die Kläger teilten dem Beklagten daraufhin mit, dass es sich bei der
Vermietung der Wohnung an Tagesgäste um eine kommerzielle Tätigkeit handele, die nicht von der erteilten Untervermietungserlaubnis gedeckt sei, und
mahnten ihn mit Schreiben vom 31. Mai 2011 nochmals ab. Der Beklagte lehnte
die Entgegennahme dieses Schreibens ab; es wurde ihm daraufhin per Fax
übermittelt. Am 24. November 2011 sowie im August 2012 war das Internetangebot des Beklagten erneut auf einer der Zimmervermittlung dienenden Internetseite abrufbar. Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit Schreiben vom
12. Januar 2012, vom 5. Dezember 2012 sowie erneut mit der Klageschrift je-
weils fristlos und hilfsweise fristgemäß. Der Beklagte hat sich im Prozess unter
Beweisantritt darauf berufen, dass er die Vermietung an Touristen nach der
Abmahnung unverzüglich eingestellt und die Internetanzeigen gelöscht habe;
wenn die Wohnungsanzeige gleichwohl erneut im Internet abrufbar gewesen
sei, sei dies ohne sein Zutun und gegen seine ausdrückliche Anordnung geschehen.
5Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht
hat sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
6Die Revision hat Erfolg.
I.
7Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8Die von den Klägern ausgesprochenen Kündigungen seien unbegründet,
weil der Beklagte seine mietvertraglichen Pflichten nicht verletzt habe. Denn die
ihm erteilte Untervermietungserlaubnis habe eine Überlassung der Wohnung an
Touristen umfasst. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berechtige eine Vermietung von Ferienwohnungen in einem Mehrfamilienhaus den
Mieter nicht ohne weiteres dazu, die Miete zu mindern. Vielmehr komme es darauf an, ob durch die konkrete Ausgestaltung der Untervermietung über das bei
einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil
entstehe. Diese Rechtsprechung sei auf die Beurteilung einer Untervermietungsgenehmigung zu übertragen. Auch insoweit sei darauf abzustellen, ob es
durch die Vermietung an Feriengäste zu konkreten Beeinträchtigungen der
Mietsache oder anderer Mieter komme. Dies sei hier nicht der Fall. Im Übrigen
sei es in der besonderen Situation des Beklagten ersichtlich kaum möglich gewesen, einen Untermieter zu finden, der die Wohnung jeweils alle zwei Wochenenden verlasse, wenn der Beklagte sie für seine Besuche bei der Tochter
benötige. Der Beklagte habe die nicht mit Einschränkungen versehene Erlaubnis daher nach dem maßgeblichen Horizont des Empfängers dahin verstehen
dürfen, dass er auch tageweise an Touristen untervermieten dürfe.
II.
9Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Wirksamkeit der von den
Klägern ausgesprochenen Kündigungen nicht verneint werden. Entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts war der Beklagte nicht berechtigt, die Wohnung tageweise an Touristen zu überlassen.
10Die Auslegung der dem Beklagten erteilten Untervermietungserlaubnis
durch das Berufungsgericht ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Es hat bei seiner
Würdigung wesentliche Umstände außer Acht gelassen und ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass nach den Umständen nur eine kurzfristige Untervermietung an wechselnde Feriengäste in Betracht kam und eine solche Art der
Nutzung deshalb von der Genehmigung erfasst war.
11Eine Untervermietung von Wohnraum findet für gewöhnlich in der Weise
statt, dass der Mieter die Wohnung oder einen Teil davon mit Genehmigung
des Vermieters einem Dritten auf unbestimmte Zeit oder für einen (nach Monaten oder Jahren) befristeten Zeitraum überlässt, jedenfalls für eine gewisse
Dauer. Hiervon unterscheidet sich die aus den Werbeanzeigen des Beklagten
ersichtliche Art der Überlassung der Wohnung an Touristen grundlegend. Anders als das Berufungsgericht meint, lag es auch nicht deshalb, weil der Beklagte die Wohnung an zwei Wochenenden im Monat selbst benötigte, auf der
Hand, dass nur eine Vermietung an Feriengäste in Betracht käme und deshalb
stillschweigend von der Erlaubnis umfasst wäre. Vielmehr hätte es nahe gelegen, eines der beiden Zimmer der Wohnung einem "normalen" Untermieter
- etwa einem "Wochenendfahrer" - zu überlassen. Mangels ausdrücklicher Erlaubnis einer Überlassung an Touristen konnte der Beklagte deshalb nicht davon ausgehen, dass die ihm erteilte Erlaubnis eine solche ungewöhnliche Nutzung umfasste. Zudem hatte die frühere Vermieterin bei der Erteilung der Untervermietungserlaubnis verlangt, dass der Beklagte den Untermietern Postvollmacht für alle Willenserklärungen der Hausverwaltung im Zusammenhang
mit dem Mietverhältnis erteilen sollte; schon daraus konnte der Beklagte erkennen, dass sich die Erlaubnis nicht auf die Vermietung an Touristen bezog, die
eine derartige Funktion offensichtlich nicht wahrnehmen konnten.
III.
12Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist
daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist
zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Ball Dr. Frellesen Dr. Milger
Dr. Achilles Dr. Schneider
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 06.09.2012 - 8 C 67/12 -
LG Berlin, Entscheidung vom 19.06.2013 - 65 S 449/12 -
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