Urteil des BGH vom 08.11.2001

BGH (angebot, uwg, falle, versicherungsnehmer, verhalten, leistung, dauer, kaskoversicherung, wechsel, kunde)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 124/99
Verkündet am:
8. November 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Mietwagenkostenersatz
UWG § 1
Zur Frage, ob das von einem Versicherungsunternehmen Porsche-Fahrern
unterbreitete Angebot, bei einem Wechsel zu diesem Versicherer im ersten
Versicherungsjahr im Falle eines Kaskoschadens die Kosten für ein Mietfahr-
zeug der Mittelklasse bis zur Dauer von sieben Tagen zu erstatten, ein unlau-
teres Abwerben von Kunden darstellt.
BGH, Urt. v. 8. November 2001 - I ZR 124/99 - OLG Celle
LG Hannover
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 8. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Büscher
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandes-
gerichts Celle vom 24. März 1999 wird auf Kosten der Klägerin zu-
rückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind auf dem Gebiet der Kraftfahrzeugversicherung Wett-
bewerber.
Der Beklagte läßt seine Versicherungsleistungen u.a. von der P. GmbH
(im folgenden: P.-GmbH) vermitteln. Die P.-GmbH wandte sich im April 1997 in
einem Rundschreiben an Porsche-Fahrer und bot ihnen dabei den Abschluß
eines Versicherungsvertrages bei dem Beklagten an. Sie wies in diesem
Schreiben noch nicht auf das Angebot des Beklagten hin, daß er bei einem
Versicherungswechsel im Falle eines Kaskoschadens für einen Zeitraum von
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bis zu sieben Tagen im ersten Laufjahr des Versicherungsvertrages die Kosten
für einen Mietwagen der Mittelklasse erstatte. Mit Schreiben vom 30. Oktober
1997 informierte die P.-GmbH die Vertriebsstellen der P. AG darüber, daß der
Beklagte im Nachgang zum Schreiben vom April 1997 im November 1997
nochmals 3.500 Interessenten anschreiben werde, die auf die erste Werbeakti-
on vom April 1997 reagiert hätten. In dem Rundschreiben der P.-GmbH hieß es
u.a. wie folgt:
Auch dieses Mailing (gemeint war das Rundschreiben vom April
1997) war, besonders durch Ihre Unterstützung, äußerst erfolg-
reich. Die Response-Quote lag bei fast 7 %, was ca. 3.500 Ant-
worten entspricht.
Nun bedeutet das Ende des Kalenderjahres auch das Ende der
Kündigungsfrist für einen geplanten Versicherungswechsel hin zum
H.. Aus diesem Grund wird der H. am 3. November 1997 diese
3.500 an einem Versicherungswechsel interessierten Kunden
nochmals anschreiben und auf das bevorstehende Ende hinwei-
sen. Dazu hat der H. sein bisher schon attraktives Angebot noch-
mals aufgewertet, indem er ausschließlich diesem Kundenkreis bei
einem Versicherungswechsel mindestens einen Mietwagen der
Mittelklasse (z.B. Mercedes Benz C-Klasse) auch bei einem Kasko-
Schaden kostenlos für max. sieben Tage über A. zur Verfügung
stellt.
Anfang November 1997 versandte dann aber nicht - wie in dem Schrei-
ben vom 30. Oktober 1997 angekündigt - der Beklagte, sondern die P.-GmbH
ein Werbeschreiben an die 3.500 interessierten Porsche-Fahrer, die auf die
erste Werbebriefaktion vom April 1997 reagiert hatten, das u.a. folgenden
Wortlaut hatte:
Ihr persönliches Angebot
...
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Bereits heute nutzen über 6.000 Porsche-Fahrer die günstigen Ta-
rife des P.-Versicherungsdienstes. Zur Zeit wird bereits jeder dritte
in Deutschland zugelassene Porsche-Neuwagen über uns, in Zu-
sammenarbeit mit unserem Kooperationspartner, dem H., versi-
chert.
...
PS: Exklusiv für Sie! Entscheiden Sie sich bis zum 30.11.1997 für
uns und wir halten Sie auch im Falle eines Kaskoschadens inner-
halb der ersten zwölf Monate mobil.
Die Klägerin hat die Werbung in dem Rundschreiben von Anfang No-
vember 1997 insbesondere wegen Verstoßes gegen § 1 UWG unter den Ge-
sichtspunkten des übertriebenen Anlockens und der Erlangung eines Vor-
sprungs durch Rechtsbruch als wettbewerbswidrig angesehen. Darüber hinaus
hat sie in der beanstandeten Werbeaktion einen Verstoß gegen Vorschriften
des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung erblickt, für den auch der Be-
klagte verantwortlich sei.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verur-
teilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken
des Wettbewerbs bei dem Angebot, der Bewerbung oder dem
Vertrieb von Kraftfahrzeugkaskoversicherungen Versicherungs-
nehmern anderer Versicherer bei einem Wechsel zum Beklagten
für den Fall eines Kaskoschadens die kostenlose Zurverfügung-
stellung eines Mietwagens anzukündigen oder zu gewähren,
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2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen
Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Handlungen gemäß
Ziffer 1. seit dem 3. November 1997 entstanden ist und noch
entstehen wird,
3. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über Art und
Umfang der seit dem 3. November 1997 begangenen Handlun-
gen gemäß Ziffer 1. zu erteilen, einschließlich Auskunft über Art
und Anzahl der versandten Werbeschreiben und der Adressaten
der Werbeschreiben.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, nicht
er, sondern die P.-GmbH habe geworben. Mit seinem Angebot zur Erweiterung
des Leistungsumfangs in der Kraftfahrzeug-Kaskoversicherung habe er, der
Beklagte, den Schadensverlauf in dieser Versicherungssparte günstig beein-
flussen wollen. Alle Versicherungsnehmer einer Kraftfahrzeug-Kaskoversi-
cherung, also auch seine eigenen Versicherungsnehmer, hätten ihren beste-
henden Versicherungsvertrag bis zum 30. November 1997 kündigen und somit
ab 1. Januar 1998 zu den angekündigten Bedingungen bei ihm versichert wer-
den können. Die Gestaltung des Leistungsumfanges für die Kaskoversicherung
halte sich im Rahmen des Wettbewerbs und verstoße nicht gegen gesetzliche
Bestimmungen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos
geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt
die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
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Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe durch sein
Verhalten nicht den Wettbewerb gestört und sei deshalb weder zur Unterlas-
sung noch zum Schadensersatz verpflichtet. Dazu hat es ausgeführt:
Das Leistungsangebot des Beklagten verstoße weder gegen das Ra-
battgesetz noch gegen die Zugabeverordnung und die Sondervergütungs-Ver-
ordnung, weil es sich bei dem Leistungsteil "Erstattung von Mietwagenkosten
bei Kaskoschäden im ersten Jahr der Versicherungslaufzeit" um einen Teil der
Hauptleistung der Versicherung handele. Daran ändere nichts, daß diese Art
der Leistung bisher in der Kraftfahrzeugversicherung nicht üblich gewesen sei.
Es sei nicht unlauter, wenn ein Anbieter seine Hauptleistung verbessere, ohne
mehr Entgelt zu verlangen.
Allein der Umstand, daß ein verbessertes Angebot einen Anreiz dafür
darstellen könne, mit dem Beklagten und nicht mit der Klägerin oder anderen
Anbietern einen Kaskoversicherungsvertrag abzuschließen, lasse das verbes-
serte Angebot nicht als wettbewerbswidrig erscheinen. Der Beklagte sei in sei-
ner Vertragsgestaltung frei und dürfe sich darauf beschränken, nur für be-
grenzte Zeit und für einen begrenzten Personenkreis ein verbessertes Lei-
stungsversprechen zum Inhalt seiner Versicherungsverträge zu machen. So-
lange das Angebot nicht als besonders bedeutsam und unter anreißerischer
Hervorhebung der zeitlichen Grenzen an die interessierten Verkehrskreise
herangetragen werde, könne in dem Verhalten des Beklagten kein übertriebe-
nes Anlocken erblickt werden.
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Das Verhalten der P.-GmbH brauche sich der Beklagte nicht zurechnen
zu lassen, weil er diesem eigenständigen Unternehmen gegenüber nicht wei-
sungsbefugt sei und auch keine Möglichkeit habe, auf das Geschäftsgebaren
der P.-GmbH Einfluß zu nehmen. Es könne deshalb letztlich offenbleiben, ob
die Art der Bewerbung des Versicherungsangebots des Beklagten durch die
P.-GmbH im "Mailing" vom 3. November 1997 gegen das Wettbewerbsrecht
verstößt.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe bleiben im
Ergebnis ohne Erfolg.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß der Be-
klagte mit seinem Leistungsangebot, Versicherungsnehmern im Falle eines
Kaskoschadens im ersten Jahr seit Versicherungsbeginn für eine begrenzte
Zeit die Kosten für einen Mietwagen zu erstatten, nicht gegen § 1 UWG unter
dem Gesichtspunkt des unlauteren übertriebenen Anlockens verstößt. Entge-
gen der Ansicht der Revision kann auch nicht - was das Berufungsgericht un-
erörtert gelassen hat - von einem unlauteren Einbrechen in fremde Vertragsbe-
ziehungen ausgegangen werden. Zu Recht hat das Berufungsgericht des wei-
teren einen Verstoß gegen das Rabattgesetz - was für den geltend gemachten
Schadensersatzanspruch von Bedeutung sein könnte - verneint.
1. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht besteht - was von der Revision nicht
verkannt wird - grundsätzlich kein Anspruch auf den Fortbestand eines einmal
begründeten Vertragsverhältnisses. Der Kundenkreis ist kein geschütztes
Rechtsgut. Der Kaufmann muß mit einer Kündigung seiner Kunden und dem
Wettbewerb seiner Mitbewerber rechnen. Das Abwerben von Kunden gehört
zum Wesen des Wettbewerbs, auch wenn die Kunden noch an den Mitbewer-
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ber gebunden sind (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.1965 - Ib ZR 122/63, GRUR 1966,
263, 264 = WRP 1966, 139 - Bau-Chemie; Urt. v. 5.10.1966 - Ib ZR 136/64,
GRUR 1967, 104, 106 = WRP 1967, 21 - Stubenhändler; Köhler/Piper, UWG,
2. Aufl., § 1 Rdn. 764). Das Bestimmen zu ordnungsgemäßer Vertragsauflö-
sung unter Beachtung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen
ist daher wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (Köh-
ler/Piper aaO § 1 Rdn. 764). Wettbewerbswidrig wird ein Einbrechen in fremde
Vertragsbeziehungen erst dann, wenn besondere Unlauterkeitsumstände hin-
zutreten (BGH, Urt. v. 27.2.1986 - I ZR 210/83, GRUR 1986, 547, 548 = WRP
1986, 379 - Handzettelwerbung; BGHZ 110, 156, 170 = GRUR 1990, 522, 527
- HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz).
2. Die von der Revision angeführten Umstände reichen weder einzeln
noch in der Gesamtschau aus, die Unlauterkeit des Angebots des Beklagten zu
begründen.
a) Die Revision macht geltend, der Inhalt der Schreiben vom 30. Oktober
1997 und November 1997 belege, daß die Abwerbungsaktion durch besondere
Unlauterkeitsumstände gekennzeichnet sei. Es habe sich um eine gezielte
Wiederholungswerbung gegenüber den 3.500 Haltern von Porsche-
Fahrzeugen gehandelt, die aufgrund der Mailing-Aktion vom April 1997 ihr In-
teresse an einem Versicherungswechsel bekundet hätten. Diese seien aufge-
fordert worden, den bei anderen Versicherern bestehenden Versicherungsver-
trag bis zum 30. November 1997 zu kündigen. Das Abwerben sei zudem durch
das Inaussichtstellen einer Exklusiv-Umsteigprämie - kostenlose Mietwagenge-
stellung für einen Zeitraum bis zu sieben Tagen bei einem Kaskoschaden -
erfolgt, wobei die Anlockwirkung noch durch eine enge zeitliche Begrenzung
des Angebots erhöht worden sei. Der Hinweis auf die "kostenlose Überlas-
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sung" eines Mietwagens sei zudem irreführend. Dieses Vorbringen verhilft der
Revision nicht zum Erfolg.
aa) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch ein zielbewußtes
und systematisches Ausspannen von Kunden für sich allein kein besonderer
Grund, der die Sittenwidrigkeit einer Abwerbung begründet. Es ist legitim und
liegt im Wesen des Wettbewerbs, daß ein Kaufmann, der neue Kunden zu ge-
winnen sucht, dabei planmäßig und systematisch vorgeht. Planmäßigkeit des
Handelns ist daher grundsätzlich kein Kriterium der wettbewerbsrechtlichen
Beurteilung (vgl. BGH GRUR 1986, 547, 548 - Handzettelwerbung; Köh-
ler/Piper aaO § 1 Rdn. 764).
bb) Es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, daß in dem Rundschrei-
ben von November 1997 darauf hingewiesen wurde, daß bestehende Versiche-
rungsverträge noch bis zum 30. November 1997 gekündigt werden könnten.
Denn die Leistung von Kündigungshilfe durch bloße Hinweise auf Notwendig-
keit, Frist und Form einer Kündigung ist grundsätzlich wettbewerbskonform.
Erst der Einsatz von unlauteren Mitteln, die insbesondere in der Herabsetzung
des Mitbewerbers und seiner Leistung sowie in einer Irreführung des umwor-
benen potentiellen Kunden bestehen können (Baumbach/Hefermehl, Wettbe-
werbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 603; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 764 f.),
führt zur Sittenwidrigkeit einer Abwerbungsmaßnahme. Solche Unlauterkeit-
sumstände liegen im Streitfall entgegen der Auffassung der Revision nicht
darin, daß in dem Werbeschreiben von November 1997 der Hinweis enthalten
war: "Exklusiv für Sie! Entscheiden Sie sich bis zum 30.11.1997 für uns und wir
halten Sie auch im Falle eines Kaskoschadens innerhalb der ersten zwölf Mo-
nate mobil". Die Leistungen der Mitbewerber des Beklagten finden in dem ge-
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nannten Rundschreiben keine Erwähnung, so daß in bezug auf deren Ange-
bote weder unwahre noch herabsetzende Aussagen getroffen werden.
cc) Der von der Revision hervorgehobene Umstand, der Beklagte nutze
die zeitlich begrenzte Mietwagengestellung bei einem Kaskoschaden unter
Betonung des Exklusiv-Charakters als Lockmittel für einen Wechsel des Versi-
cherungsunternehmens, rechtfertigt auch nicht die Annahme eines unlauteren
übertriebenen Anlockens. Die Anlockwirkung, die von einem günstigen Ange-
bot ausgeht, ist als solche nicht sittenwidrig, sondern eine gewollte Folge des
Leistungswettbewerbs (vgl. BGH, Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 84/95, GRUR 1998,
500, 502 = WRP 1998, 388 - Skibindungsmontage; BGHZ 139, 368, 374
- Handy für 0,00 DM). Sie wird erst unlauter, wenn das Angebot so gestaltet ist,
daß der Kunde "gleichsam magnetisch" angezogen und in seiner Entschlie-
ßungsfreiheit - im Streitfall die Rationalität seiner Entscheidung für einen Ver-
sicherungswechsel - in unsachlicher Weise beeinflußt wird (vgl. BGH, Urt. v.
14.12.2000 - I ZR 147/98, GRUR 2001, 752, 754 = WRP 2001, 688
- Eröffnungswerbung). Das kann hier nicht angenommen werden. Der Beklagte
hat sein vertragliches Leistungsangebot lediglich für eine bestimmte Zeitdauer
erweitert. Darin kann kein wettbewerbswidriges Verhalten erblickt werden, da
dies im Wesen des Wettbewerbs liegt. Der Kunde kann unbeeinflußt abwägen,
ob das Angebot des Beklagten ihm ausreichende Veranlassung für einen
Wechsel des Versicherungsunternehmens gibt.
dd) Entgegen der Auffassung der Revision werden die Adressaten der
beanstandeten Werbung nicht darüber im Unklaren gelassen, daß der Be-
klagte die Erstattung von Mietwagenkosten nur für die Dauer eines Jahres
(vom 1. Januar bis 31. Dezember 1998) angeboten hat. Die zeitliche Begren-
zung der in Rede stehenden Versicherungsleistung ergibt sich für einen durch-
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schnittlich informierten und verständigen Verbraucher, auf den im Streitfall ab-
zustellen ist, weil es sich bei dem Angebot des Beklagten nicht um eine nur
geringwertige Dienstleistung handelt (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999
- I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-
Teppichmuster; Urt. v. 19.4.2001 - I ZR 46/99, GRUR 2002, 81, 83 = WRP
2002, 81 - Anwalts- und Steuerkanzlei), mit hinreichender Deutlichkeit aus dem
in dem Werbeschreiben von November 1997 enthaltenen Hinweis, daß ein
Versicherungsnehmer im Falle eines Kaskoschadens "innerhalb der ersten
zwölf Monate" (also nur für die Dauer eines Jahres) mobil bleibt.
ee) Der Revision kann auch nicht darin beigetreten werden, daß die An-
kündigung einer "kostenlosen" Überlassung eines Mietwagens i.S. von § 3
UWG irreführend sei. Für den mit der Werbung angesprochenen Verkehr ist
erkennbar, daß der Beklagte sein vertragliches Leistungsangebot für einen
begrenzten Zeitraum um die Erstattung von Mietwagenkosten bis zur Dauer
von sieben Tagen im Falle eines Kaskoschadens erweitert hat. Der umworbene
potentielle Kunde wird deshalb nicht davon ausgehen, daß es sich bei der zu-
sätzlichen Leistung um ein kostenloses Angebot im eigentlichen Sinne handelt,
sondern annehmen, daß die Zusatzleistung von der Versicherungsprämie mit
abgedeckt wird. Entgegen dem Vorbringen der Revision ergibt sich aus § 6 der
"Besonderen Bedingungen zum P.-Kasko-Mobility-Tarif" auch nicht die zwin-
gende Verpflichtung für den Versicherungsnehmer, für das Mietfahrzeug wäh-
rend seiner Nutzung eine Kaskoversicherung abzuschließen.
b) Die beanstandete Werbemaßnahme kann auch nicht wegen Versto-
ßes gegen Nr. 56 der Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft (ab-
gedruckt bei Baumbach/Hefermehl aaO als Anhang XII nach § 3 UWG) als sit-
tenwidrig i.S. von § 1 UWG angesehen werden, wonach es unzulässig ist, in
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fremde Versicherungsbestände planmäßig oder mit unlauteren Mitteln einzu-
dringen.
Die hier in Rede stehende Wettbewerbsrichtlinie könnte allenfalls als In-
diz dafür herangezogen werden, welches Wettbewerbsverhalten nach der
Auffassung der beteiligten Verkehrskreise als unlauter anzusehen ist (vgl.
BGH, Urt. v. 17.12.1976 - I ZR 77/75, GRUR 1977, 619, 621 = WRP 1977, 183
- Eintrittsgeld; Urt. v. 8.11.1990 - I ZR 48/89, GRUR 1991, 462, 463
- Wettbewerbsrichtlinie der Privatwirtschaft; Baumbach/Hefermehl aaO § 1
UWG Rdn. 603; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 619). Dabei ist aber auch zu be-
achten, daß in den Wettbewerbsrichtlinien - ebenso wie in einer Standesrichtli-
nie - eine besonders strenge Auffassung der beteiligten Berufskreise und ein
Bemühen um vorbeugenden Schutz des lauteren Wettbewerbs ihren Nieder-
schlag gefunden haben können und dadurch möglicherweise die Freiheit des
Wettbewerbs in einem Umfang beschränkt wird, der wegen des Gebots der
Lauterkeit des Wettbewerbs nicht erforderlich ist. Deshalb ist bei der Berück-
sichtigung von Wettbewerbsrichtlinien der Wirtschaft stets zu prüfen, ob ein
wettbewerbliches Verhalten bei Anlegung des Maßstabes des § 1 UWG auch
vom Standpunkt der ebenfalls betroffenen Allgemeinheit aus als unlauter er-
scheint (vgl. BGH GRUR 1991, 462, 463 - Wettbewerbsrichtlinie der Privatwirt-
schaft; BGH, Urt. v. 3.12.1998 - I ZR 112/96, GRUR 1999, 748, 749 = WRP
1999, 824 - Steuerberaterwerbung auf Fachmessen).
Im Streitfall sind - wie bereits dargelegt - keine Umstände festzustellen,
die das beanstandete Werbeverhalten - auch wenn es als Einheit gewürdigt
wird - als unlauter und damit als sittenwidrig i.S. von § 1 UWG erscheinen las-
sen.
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c) Unter diesen Umständen bedarf die vom Berufungsgericht offengelas-
sene Frage, ob den Beklagten für den Inhalt der von der P.-GmbH versandten
Rundschreiben vom 30. Oktober 1997 und November 1997 eine (Mit-)Ver-
antwortung trifft, keiner Entscheidung mehr.
3. Entgegen der Ansicht der Revision ist auch ein Rabattverstoß, der i.V.
mit § 823 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Ersatz des vor Aufhebung des Ra-
battgesetzes entstandenen Schadens begründen könnte, zu verneinen.
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daß ein Preisnachlaß
nicht nur in der Form der Preisherabsetzung, sondern auch als Leistungsstei-
gerung, also einer Verbesserung der Hauptleistung, in Erscheinung treten kann
(vgl. Köhler/Piper aaO RabattG § 1 Rdn. 56). Nach § 1 Abs. 2 RabattG ist je-
doch erforderlich, daß ein Nachlaß auf einen angekündigten oder allgemein
geforderten Preis, den sogenannten Normalpreis, gewährt wird. Es müssen
somit zwei Preise einander gegenübergestellt werden, der Normalpreis und der
davon abgeleitete niedrigere Ausnahmepreis (BGHZ 99, 69, 70 f.
- Unternehmeridentität; BGH, Urt. v. 28.4.1994 - I ZR 68/92, GRUR 1994, 743,
745 - Zinsgünstige Kfz-Finanzierung durch Herstellerbank; Urt. v. 26.3.1998
- I ZR 222/95, GRUR 1999, 256, 257 = WRP 1998, 857 - 1.000,-- DM Umwelt-
Bonus).
Hier fehlt es bereits am Erfordernis eines für alle Versicherungsnehmer
des Beklagten geltenden Normalpreises, weil die Prämien in der Kraftfahrzeug-
versicherung nach unterschiedlichen Kriterien, die hauptsächlich mit der von
dem Fahrzeug ausgehenden Gefährdung zusammenhängen, berechnet wer-
den.
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III. Danach war die Revision der Klägerin auf ihre Kosten (§ 97 Abs. 1
ZPO) zurückzuweisen.
Erdmann
v. Ungern-Sternberg
Starck
Pokrant
Büscher