Urteil des BGH vom 17.07.2014

Suhrkamp Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I X Z B 1 3 / 1 4
vom
17. Juli 2014
in dem Insolvenzplanverfahren der
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
Suhrkamp
InsO § 253 Abs. 2 Nr. 3, § 251
Macht ein Gesellschafter der Schuldnerin glaubhaft, durch den Insolvenzplan we-
sentlich schlechter gestellt zu werden als ohne ihn, ist seine sofortige Beschwerde
zulässig, auch wenn er im Rahmen der Planbestätigung keinen Antrag auf Minder-
heitenschutz gestellt hat.
BGH, Beschluss vom 17. Juli 2014 - IX ZB 13/14 - LG Berlin
AG Berlin-Charlottenburg
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die
Richterin Möhring
am 17. Juli 2014
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 vom 14. März
2014 werden die Beschlüsse der Zivilkammer 51 des Landgerichts
Berlin vom 21./24. Februar 2014 und vom 14. April 2014 aufgeho-
ben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten
des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zu-
rückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
50.000
€ festgesetzt.
Gründe:
I.
Auf den Eigenantrag vom 27. Mai 2013 wurde über das Vermögen der
S. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin), die einen deut-
schen Literaturverlag betreibt, am 6. August 2013 das Insolvenzverfahren eröff-
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net. Das Insolvenzgericht ordnete Eigenverwaltung durch die Schuldnerin an
und bestellte den Beteiligten zu 2 zum Sachwalter.
An der Schuldnerin sind als Kommanditisten die U.
Familienstiftung (nachfolgend: Stiftung) mit 61 v.H. und die Beteiligte zu 1,
eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts, mit 39 v.H. beteiligt. Komple-
mentär-GmbH der Schuldnerin ist die S. Verlagsleitungs-Gesellschaft
mit beschränkter Haftung, an der - jeweils mittelbar - die Stiftung Geschäftsan-
teile von 55 v.H. und die Beteiligte zu 1 Geschäftsanteile von 45 v.H. halten. Die
Schuldnerin legte am 6. August 2013 einen - durch Nachtrag vom 21. Oktober
2013 modifizierten - Insolvenzplan vor, der insbesondere ihre Umwandlung in
eine Aktiengesellschaft vorsieht. Im Erörterungs- und Abstimmungstermin vom
22. Oktober 2013 fand der Insolvenzplan in allen Gläubigergruppen die Mehr-
heit. Die Beteiligte zu 1 stimmte gegen den Plan, dem sie zuvor widersprochen
hatte. Von der ihr durch das Gericht gegebenen Möglichkeit, einen Antrag nach
§ 251 InsO zu stellen, machte die Beteiligte zu 1 keinen Gebrauch.
Das Insolvenzgericht bestätigte den Insolvenzplan. Die dagegen einge-
legte sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Beschwerdegericht mit
Beschluss vom 21./24. Februar 2014 als unzulässig verworfen und durch weite-
ren Beschluss vom 14. April 2014 gemäß § 253 Abs. 4 InsO zurückgewiesen.
Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt
die Beteiligte zu 1 ihr Begehren weiter.
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II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zu-
lässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Be-
schlüsse vom 21./24. Februar und 14. April 2014.
Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung bei ZIP 2014, 893 abge-
druckt ist, hat zur Begründung des Beschlusses vom 21./24. Februar 2014 aus-
geführt, die Beschwerde sei unzulässig, weil die Beteiligte zu 1 versäumt habe,
im Abstimmungstermin einen Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO zu
stellen. Zwar erhebe § 253 ZPO die Durchführung des Verfahrens nach § 251
InsO nicht zur Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels. Indessen
müsse der beschwerdeführende Gläubiger seine verfahrensmäßigen Rechte
ausgeschöpft haben. Deshalb seien die Rechtsmittelvoraussetzungen des
§ 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO erst erfüllt, wenn der Gläubiger im Abstimmungstermin
glaubhaft gemacht habe, einen Nachteil erlitten zu haben, der einen individuel-
len Anspruch auf Minderheitenschutz nach § 251 InsO begründe. Einen solchen
Antrag habe die Beteiligte zu 1 ausweislich der Sitzungsniederschrift trotz eines
gerichtlichen Hinweises nicht gestellt.
III.
Mit dieser Begründung kann der sofortigen Beschwerde der Beteiligten
zu 1 die Zulässigkeit nicht versagt werden. Das Beschwerdegericht hat unter-
stellt, dass die in § 253 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 InsO geregelten Voraussetzungen für
die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Bestätigung des Insol-
venzplans erfüllt sind. Entgegen seiner weiteren Würdigung hängt die Zulässig-
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keit des Rechtsmittels nicht von dem zusätzlichen Erfordernis ab, dass die Be-
teiligte zu 1 vor dem Insolvenzgericht einen Minderheitenschutzantrag nach
§ 251 InsO gestellt hat.
1. Auf der Grundlage der bis zum 29. Februar 2012 maßgeblichen Fas-
sung des § 253 InsO ging der Senat im Blick auf die Zulässigkeit der Be-
schwerde eines Gläubigers gegen die Bestätigung eines Insolvenzplans davon
aus, dass die allein zu fordernde materielle Beschwer gegeben ist, wenn sich
der Gläubiger darauf beruft, durch den Plan in seinen Rechten beeinträchtigt zu
werden (BGH, Beschluss vom 7. Juli 2005 - IX ZB 266/04, BGHZ 163, 344,
347; vom 15. Juli 2010 - IX ZB 65/10, WM 2010, 1509 Rn. 26; vom 13. Januar
2011 - IX ZB 29/10, ZIP 2011, 781 Rn. 5; vom 13. Oktober 2011 - IX ZB 37/08,
WM 2012, 180 Rn. 7). Eine formelle Beschwer, die voraussetzt, dass der Be-
schwerdeführer dem Plan vor seiner Bestätigung widersprochen hat, erachtete
der Senat als entbehrlich (BGH, Beschluss vom 7. Juli 2005, aaO; vom 13. Ja-
nuar 2011, aaO). Auch das weitergehende Zulässigkeitserfordernis, dass der
Beschwerdeführer glaubhaft macht, durch den Plan schlechtergestellt zu wer-
den als bei Durchführung des Regelinsolvenzverfahrens, hat der Senat mit
Rücksicht auf den damaligen Wortlaut des § 253 InsO abgelehnt (BGH, Be-
schluss vom 15. Juli 2010, aaO).
2. In Fortführung dieser Überlegungen hat der Gesetzgeber durch Ände-
rungen des § 253 InsO im Rahmen des am 1. März 2012 in Kraft getretenen
Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom
7. Dezember 2011 (ESUG; BGBl. 2011 I. S. 2582) die Rechtsschutzmöglichkei-
ten gegen die Bestätigung eines Insolvenzplans "moderat" beschränkt, "ohne
berechtigten Anliegen den gebotenen Rechtsschutz" verwehren zu wollen (BT-
Drucks. 17/5712 S. 35).
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a) Mit Rücksicht auf die Möglichkeit ihrer Einbeziehung in einen Insol-
venzplan wird durch § 253 Abs. 1 InsO auch den an der schuldnerischen Ge-
sellschaft beteiligten Personen die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss
eröffnet, durch den das Gericht einen Insolvenzplan bestätigt oder durch den es
die Bestätigung versagt (BT-Drucks. 17/5712, aaO). Außerdem modifiziert
§ 253 Abs. 2 InsO die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der sofortigen Be-
schwerde. Allgemeine Voraussetzung einer Beschwerde ist ungeachtet von
§ 253 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 InsO das Vorliegen einer Beschwer, die gegeben ist,
wenn der Plan in Rechte des Beschwerdeführers eingreift (BT-Drucks., aaO).
Der Beschwerdeführer hat gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO seine formelle Be-
schwer durch einen schriftlichen oder zu Protokoll des Abstimmungstermins
erklärten Widerspruch zweifelsfrei geltend zu machen. Ferner knüpft § 253
Abs. 2 Nr. 2 InsO das Beschwerderecht daran, dass der Beschwerdeführer an
der Abstimmung teilgenommen und dabei gegen den Plan gestimmt hat (BT-
Drucks., aaO).
b) Schließlich führt § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO als Verschärfung der materi-
ellen Beschwer eine Erheblichkeitsschwelle für die Zulässigkeit der sofortigen
Beschwerde ein, weil der Beschwerdeführer glaubhaft zu machen hat, dass er
durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stün-
de. Eine wesentliche Schlechterstellung in diesem Sinne soll nach der Geset-
zesbegründung jedenfalls dann nicht angenommen werden können, wenn die
Abweichung von dem Wert, den der Gläubiger voraussichtlich bei einer Verwer-
tung ohne Insolvenzplan erhalten hätte, unter 10 v.H. liegt (BT-Drucks., aaO).
Zusätzlich wird in § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO darauf hingewiesen, dass die Auf-
nahme von Vorsorgemaßnahmen nach § 251 Abs. 3 InsO in den Insolvenzplan
eine materielle Beschwer ausschließen kann (BT-Drucks., aaO).
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3. Nach dem Wortlaut des § 253 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 InsO und dem Inhalt
der Gesetzesmaterialien ist die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde auch
unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik entgegen der Würdigung des
Beschwerdegerichts (ebenso Braun/Frank, InsO, 6. Aufl., § 253 Rn. 11 f; HK-
InsO/Haas, 7. Aufl., § 253 Rn. 6; G. Fischer, NZI 2013, 513, 515; Fölsing, EWiR
2014, 293 f; Skauradszun, DZWiR 2014, 338, 339 f) nicht an die Voraussetzung
gebunden, dass der Beschwerdeführer im Verfahren der Planbestätigung einen
zulässigen Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO gestellt hat (Schmidt/
Spliedt, InsO, 18. Aufl., § 251 Rn. 17, § 253 Rn. 6; MünchKomm-InsO/Sinz,
3. Aufl., § 251 Rn. 57).
a) Die Regelung des § 253 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 InsO baut im Wesentlichen
auf zuvor in der Senatsrechtsprechung entwickelten Vorarbeiten auf. Dies gilt
für die Notwendigkeit eines Widerspruchs gegen den Plan (BGH, Beschluss
vom 7. Juli 2005 - IX ZB 266/04, BGHZ 163, 344, 347; vom 13. Januar 2011
- IX ZB 29/10, ZIP 2011, 781 Rn. 5) ebenso wie für die glaubhaft zu machende
Darlegung, durch den Plan schlechter gestellt zu werden als bei Durchführung
des Regelinsolvenzverfahrens (BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 - IX ZB
65/10, WM 2010, 1509 Rn. 26). Soweit der Senat die ergänzende Zulässig-
keitsvoraussetzung einer Schlechterstellung in Betracht gezogen hat, hing sie
ersichtlich nicht davon ab, dass der Beschwerdeführer vor der Planbestätigung
einen Minderheitenschutzantrag gestellt hatte. Der Senat hat insoweit lediglich
die Notwendigkeit der Glaubhaftmachung einer Schlechterstellung "im Rahmen
der Beschwerde" und folglich nicht eine Antragstellung nach § 251 InsO in ei-
nem früheren Verfahrensabschnitt erwogen (BGH, aaO).
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b) In Einklang mit dieser Rechtsprechung verlangt § 253 Abs. 2 Nr. 3
InsO nicht, dass der Beschwerdeführer vor Einlegung der Beschwerde im Ver-
fahren der Planbestätigung einen Minderheitenschutzantrag gestellt hat.
aa) Die Grundsätze über die Einlegung und Begründung von Rechtsmit-
teln müssen sich durch ein besonderes Maß an Gleichheit, Klarheit und innerer
Logik auszeichnen (BVerfGE 74, 228, 234). Die Regeln über den Zugang zu
Rechtsmittelgerichten sind für den Bürger möglichst klar erkennbar und be-
stimmt zu halten. Denn sie legen fest, in welchen Grenzen und auf welche Wei-
se er sein Recht suchen kann (BVerfGE 54, 277, 292 f). Art. 19 Abs. 4 GG ver-
bietet zwar nicht die Errichtung jeder Schranke vor dem Zugang zum Gericht.
Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung des Rechtswegs
muss aber das Ziel dieser Gewährleistung - den wirkungsvollen Rechtsschutz -
verfolgen; sie muss im Hinblick darauf geeignet und angemessen sowie für den
Rechtsuchenden zumutbar sein. Das muss auch der Richter bei der Auslegung
dieser Normen beachten; er darf den Beteiligten den Zugang zu den in den Ver-
fahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sach-
gründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (BVerfGE 77, 275,
284).
bb) Nach diesen Maßstäben ist es mit dem Wortlaut des § 253 Abs. 2
Nr. 3 InsO nicht vereinbar, die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde an die
ungeschriebene Voraussetzung eines vor dem Insolvenzgericht gestellten Min-
derheitenschutzantrags (§ 251 InsO) zu knüpfen.
(1) Die sofortige Beschwerde gegen die Bestätigung eines Insolvenz-
plans ist gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO zulässig, wenn der Beschwerdeführer
glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als
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er ohne einen Plan stünde, und dass dieser Nachteil nicht durch eine Zahlung
aus den in § 251 Abs. 3 InsO genannten Mitteln ausgeglichen werden kann.
Angelehnt an die Senatsrechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli
2010 - IX ZB 65/10, WM 2010, 1509 Rn. 26) hat die Glaubhaftmachung der
Schlechterstellung als Bestandteil der Beschwerdebegründung zu erfolgen,
aber nicht bereits mittels eines Minderheitenschutzantrags nach § 251 InsO vor
der Planbestätigung. In diesem Sinne hat sich auch der Gesetzgeber, der durch
§ 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO "eine Erheblichkeitsschwelle für die Zulässigkeit der
sofortigen Beschwerde" einzuführen suchte, geäußert (BT-Drucks. 17/5712
S. 35 f). Da ein vor der Planbestätigung gestellter Minderheitenschutzantrag
gemäß § 251 InsO einer Glaubhaftmachung bedarf, wäre die von § 253 Abs. 2
Nr. 3 InsO ebenfalls verlangte Glaubhaftmachung im Grunde weitgehend be-
deutungslos, wenn die Zulässigkeit der Beschwerde ohnehin an die vorherige
Stellung eines Minderheitenschutzantrags gekoppelt wäre. Die Regelung des
§ 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO lässt vielmehr nicht erkennen, dass der Beschwerde-
führer vor Einlegung des Rechtsmittels einen Minderheitenschutzantrag gestellt
haben muss (G. Fischer, NZI 2013, 513, 515; Brünkmans, ZInsO 2014, 993,
994), sondern begnügt sich ausdrücklich mit einem Vortrag in der Beschwer-
debegründung zu einer Schlechterstellung nebst Glaubhaftmachung.
(2) Die Notwendigkeit der Stellung eines Minderheitenschutzantrags
nach § 251 InsO kann nicht aus einer Äußerung in der Gesetzesbegründung
hergeleitet werden, dass der Beschwerdeführer seine verfahrensmäßigen
Rechte auszuschöpfen hat (in diesem Sinne aber HK-InsO/Haas, 7. Aufl., § 253
Rn. 6; G. Fischer, aaO; Fölsing, EWiR 2014, 293).
Die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien dürfen nicht verkürzt und
aus ihrem Zusammenhang gelöst werden. Tatsächlich heißt es dort: "Nach Ab-
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satz 2 Nummer 1 (gemeint ist: § 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO) ist die Beschwerde nur
dann zulässig, wenn der Beschwerdeführer zuvor seine verfahrensmäßigen
Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um die Bestätigung des Plans zu verhindern"
(BT-Drucks. 17/5712 S. 35). Wie der ausdrückliche Bezug der Gesetzesbe-
gründung auf die Bestimmung des § 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO unterstreicht, er-
blickt der Gesetzgeber die verfahrensmäßigen Möglichkeiten, die Bestätigung
des Plans zu verhindern, ausschließlich in der Befugnis, dem Insolvenzplan zu
widersprechen. Als naheliegende weitere verfahrensmäßige Möglichkeit, die
Bestätigung des Plans zu verhindern, wird von dem Gesetzgeber in diesem Zu-
sammenhang die Regelung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 InsO, welche die Zulässig-
keit der Beschwerde an eine ablehnende Stimmrechtsausübung knüpft, nicht
einmal erwähnt. Erst recht fehlt jeder Hinweis auf die Befugnis, gemäß § 251
InsO einen Minderheitenschutzantrag zu stellen. Vor diesem Hintergrund hat
der Gesetzgeber von weitergehenden formellen Anforderungen an die Zuläs-
sigkeit einer Beschwerde im Sinne der Geltendmachung eines Minderheiten-
schutzantrags nach § 251 InsO ersichtlich Abstand genommen (MünchKomm-
InsO/Sinz, 3. Aufl., § 251 Rn. 57). Die Ausschöpfung der verfahrensmäßigen
Rechte erfordert darum nicht die Stellung eines Minderheitenschutzantrags
nach § 251 InsO.
(3) Der Gesetzgeber hätte ohne weiteres unmissverständlich klarstellen
können, dass eine Beschwerde nur zulässig ist, wenn der Beschwerdeführer
zuvor die Planbestätigung durch einen zulässigen, glaubhaft gemachten Min-
derheitenschutzantrag im Sinne des § 251 InsO angegriffen hat. Mit Hilfe des
Tatbestandsmerkmals, dass der Beschwerdeführer "eine wesentliche Schlech-
terstellung durch einen Antrag nach § 251 InsO glaubhaft gemacht hat", hätte
der Wortlaut des § 253 Abs. 2 Nr. 3 verkürzt, vereinfacht und ohne jeden Aus-
legungszweifel gefasst werden können. Da der Gesetzgeber auf diese sich bei
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einem entsprechenden Gesetzesverständnis aufdrängende Klarstellung ver-
zichtet hat, kann ein Minderheitenschutzantrag nach § 251 Abs. 2 InsO nicht
entgegen der Gesetzesfassung als Zulässigkeitsvoraussetzung der Beschwer-
de begriffen werden. Die Klarheit und Bestimmtheit von Rechtswegvorschriften
im Rahmen dessen, was generell-abstrakter Regelung praktisch möglich ist,
bildet unabdingbare Anforderung an eine rechtsstaatliche Ordnung (BVerfGE
57, 9, 22). Würden die Gerichte ohne Anhalt im Gesetzeswortlaut die Zulässig-
keit einer Beschwerde an die selbständige zusätzliche Voraussetzung eines
Minderheitenschutzantrags knüpfen, würde den Verfahrensbeteiligten der Zu-
gang zu der Beschwerdeinstanz in unzumutbarer Weise erschwert.
c) Diesem Verständnis entsprechen die mit der Neuregelung zugleich
eingeführten Belehrungspflichten des § 253 Abs. 3 InsO und die an ihre Verlet-
zung geknüpften Rechtsfolgen. Danach gelten die an die Zulässigkeit einer Be-
schwerde zu stellenden Anforderungen des § 253 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO nur,
wenn in der öffentlichen Bekanntmachung des Termins (§ 235 Abs. 2 InsO) und
in den Ladungen zum Termin (§ 235 Abs. 3 InsO) auf die Notwendigkeit des
Widerspruchs und der Ablehnung des Plans besonders hingewiesen wurde. Da
§ 253 Abs. 3 InsO zur Notwendigkeit eines Minderheitenschutzantrags (§ 251
InsO) schweigt, kann mit Rücksicht auf den Grundsatz der Rechtsmittelklarheit
darin kein weiteres Erfordernis für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erkannt
werden.
Die Vorschrift des § 253 Abs. 3 InsO stellt nach dem Willen des Gesetz-
gebers sicher, dass dem Kreis der betroffenen Personen die Notwendigkeit der
Mitwirkung während des Verfahrens für die Geltendmachung ihrer Rechte nach
§ 253 InsO bekannt gemacht wird. Hatte der Beschwerdeführer keine Kenntnis
und keine Möglichkeit der Kenntnisnahme hiervon, erscheint es aus rechts-
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staatlichen Gründen geboten, ihn nicht grundsätzlich von Rechtsmitteln auszu-
schließen (BT-Drucks. 17/5712 S. 36). Der Gesetzgeber erachtet mithin eine
Unterrichtung über die vor Einlegung der Beschwerde zu beachtenden beson-
deren Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 1 und 2 InsO als un-
abdingbar. Mangels eines Hinweises über die Notwendigkeit der Stellung eines
Minderheitenschutzantrags nach § 251 Abs. 2 InsO kann § 253 Abs. 2 Nr. 3
InsO nicht dahin aufgefasst werden, dass ein solcher Antrag zu den Zulässig-
keitsvoraussetzungen der Beschwerde gehört. Vielmehr wäre es geboten ge-
wesen, den Beschwerdeführer von Gesetzes wegen über das Erfordernis der
Stellung eines Minderheitenschutzantrags zu belehren, sofern es - wie der
Widerspruch (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO) und die ablehnende Stimmausübung
(§ 253 Abs. 2 Nr. 2 InsO) - eine unerlässliche Voraussetzung für die Zulässig-
keit der Beschwerde darstellt (vgl. Fölsing, EWiR 2014, 293, 294). Da der Ge-
setzgeber von einer entsprechenden Unterrichtung abgesehen hat, ist daraus
im Gegenteil zu schließen, dass die Stellung eines Minderheitenschutzantrags
vor der Planbestätigung entbehrlich ist und es genügt, wenn der Beschwerde-
führer entsprechend dem Wortlaut des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO eine Schlech-
terstellung als Voraussetzung der Zulässigkeit der Beschwerde glaubhaft
macht.
d) Es entspricht Wortlaut und Systematik des Gesetzes, eine Schlechter-
stellung zum einen als nur auf Antrag zu berücksichtigendes materielles Bestä-
tigungshindernis eines Insolvenzplans (§ 251 InsO) und zum anderen als for-
melles Zulässigkeitserfordernis einer Beschwerde gegen die Bestätigung eines
Insolvenzplans (§ 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO) zu behandeln. Bei dieser Sachlage
kann ein Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO nicht als Voraussetzung
für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels betrachtet werden.
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aa) Die Bestätigung eines Insolvenzplans ist gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 1
und 2 InsO zu versagen, wenn der Antragsteller dem Plan widersprochen hat
und durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne ihn
stünde. Die Zulässigkeit des Antrags hängt gemäß § 251 Abs. 2 InsO davon ab,
dass der Antragsteller die voraussichtliche Benachteiligung im Sinne überwie-
gender Wahrscheinlichkeit glaubhaft (§ 4 InsO, § 294 ZPO) macht (BGH, Be-
schluss vom 29. März 2007 - IX ZB 204/05, WM 2007, 902 Rn. 10). Hat der An-
tragsteller der Glaubhaftmachung genügt, trifft das Gericht eine Amtsermitt-
lungspflicht (§ 5 InsO), ob die Schlechterstellung tatsächlich vorliegt (Münch-
Komm-InsO/Sinz, aaO § 251 Rn. 50; Schmidt/Spliedt, aaO § 251 Rn. 28). Diese
Prüfung ist ausschließlich auf der Grundlage des glaubhaft gemachten Vorbrin-
gens vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 - IX ZB 250/11, WM
2012, 1640 Rn. 6). Im Falle einer - auch nur unwesentlichen - Schlechterstel-
lung muss das Gericht, soweit nicht Ausgleichsmittel nach § 251 Abs. 3 InsO
bereitgestellt wurden, ohne Ermessensspielraum die Bestätigung versagen
(HmbKomm-InsO/Thies, 4. Aufl., § 251 Rn. 25; HK-InsO/Haas, aaO § 251
Rn. 10).
bb) Ein Rechtsmittel gegen die Bestätigung des Insolvenzplans ist ge-
mäß § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO zulässig, wenn der Beschwerdeführer glaubhaft
macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne
einen Plan stünde, und dass dieser Nachteil nicht durch eine Zahlung aus den
in § 251 Abs. 3 InsO genannten Mitteln ausgeglichen werden kann. Im Unter-
schied zu § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO begnügt sich § 253 Abs. 3 Nr. 2 InsO nicht
mit jeder Schlechterstellung, sondern setzt als Zulässigkeitsvoraussetzung eine
wesentliche Schlechterstellung voraus. Abweichend von § 251 Abs. 1 Nr. 2
InsO bedarf es nicht der im Wege der Amtsermittlung (§ 5 InsO) zu treffenden
Feststellung, ob die Schlechterstellung tatsächlich vorliegt. Vielmehr ist die Be-
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schwerde bereits zulässig, wenn der Beschwerdeführer die Schlechterstellung
glaubhaft macht.
cc) Aus den tatbestandlichen Divergenzen wird erkennbar, dass der Ge-
setzgeber strikt zwischen dem Bestätigungshindernis des § 251 InsO und der
Zulässigkeitsvoraussetzung des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO trennt. Deswegen hat
ein Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO keine Bedeutung für die Zuläs-
sigkeit des Rechtsmittels. Vielmehr ist ein Rechtsmittel bereits zulässig, wenn
allein die Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO vorliegen.
e) Da es sich bei der gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO glaubhaft zu ma-
chenden Schlechterstellung als spezielles Erfordernis der materiellen Beschwer
um eine allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung jeder gegen die Bestätigung
eines Insolvenzplans gerichteten Beschwerde handelt, ist sie entgegen der Auf-
fassung der Rechtsbeschwerde auch zu beachten, wenn der Beschwerdeführer
- wie im Streitfall - eine Verletzung von § 251 InsO nicht geltend macht, sondern
die Beschwerde auf Verstöße gegen § 250 InsO stützt.
Ebenso wenig wie § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO in erweiternder Auslegung die
Zulässigkeitsvoraussetzung der Notwendigkeit eines Minderheitenschutzan-
trags beigelegt werden kann, gestattet die Vorschrift umgekehrt die einschrän-
kende Interpretation, dass es der Zulässigkeitsvoraussetzung der Glaubhaftma-
chung einer Schlechterstellung nicht bedarf, wenn sich das Rechtsmittel der
Rüge einer Verletzung des § 251 InsO enthält (aA Brünkmans, ZInsO 2014,
993, 996 f; unklar BT-Drucks. 17/7511 S. 36). Vielmehr ist eine Beschwerde
ohne Rücksicht auf die gerügte Gesetzesverletzung mangels einer materiellen
Beschwer gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO stets unzulässig, wenn es - etwa
durch Aufnahme von Vorsorgemaßnahmen in den Insolvenzplan - an einer we-
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sentlichen Schlechterstellung fehlt (BT-Drucks. 17/5712 S. 36). Die Vorschrift
des § 253 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 InsO verschärft die Voraussetzungen für die Zuläs-
sigkeit der Beschwerde (BT-Drucks. aaO S. 35). Demnach hat der Gesetzgeber
mit der von § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO geforderten materiellen Beschwer eine all-
gemeine "Erheblichkeitsschwelle" für die Zulässigkeit jeder sofortigen Be-
schwerde geschaffen (BT-Drucks., aaO). Wäre die Regelung des § 253 Abs. 2
Nr. 3 InsO ausschließlich auf die Rüge einer Verletzung des § 251 InsO be-
schränkt, hätte sie - sieht man von der Notwendigkeit der Glaubhaftmachung
einer wesentlichen Schlechterstellung ab - keine praktische Bedeutung, weil die
Beschwerde auf eine Verletzung des § 251 InsO ohnehin nur gestützt werden
kann, sofern die Schlechterstellung bereits vor Bestätigung des Insolvenzplans
glaubhaft gemacht wurde (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 - IX ZB 250/11,
WM 2012, 1640 Rn. 6). In der Rechtswirklichkeit gewinnt die Vorschrift erst das
ihr von dem Gesetzgeber zugewiesene Gewicht, wenn sie entsprechend ihrem
Inhalt auch Beachtung findet, sofern die Beschwerde nicht auf eine Verletzung
des Minderheitenschutzes gegründet wird.
f) Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ist schließlich nicht durch
den von dem Beschwerdegericht im Anschluss an die angefochtene Entschei-
dung erlassenen Beschluss vom 14. April 2014 entfallen, durch den die soforti-
ge Beschwerde auf der Grundlage von § 253 Abs. 4 InsO zurückgewiesen wur-
de. Dieser Beschluss durfte nicht ergehen und konnte mithin die vorliegend an-
gefochtene Entscheidung nicht abändern.
aa) Nach Verwerfung der Beschwerde als unzulässig durch den vorlie-
gend angefochtenen Beschluss konnte das Beschwerdegericht die Beschwerde
nicht durch einen weiteren Beschluss gemäß § 253 Abs. 4 InsO zurückweisen.
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1)
Zwar unterliegen gerichtliche Beschlüsse, weil § 318 ZPO in § 329
Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht genannt wird, keiner strengen Bindungswirkung. Das
Gericht kann sie, so lange es instanziell mit der Sache befasst ist, grundsätzlich
abändern.
Aus
dem Erfordernis der Einlegung der Rechtsbeschwerde bei dem
Rechtsbeschwerdegericht (§ 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO) folgt, dass im Unterschied
zu einer sofortigen Beschwerde (§ 572 Abs. 1 ZPO) im Rechtsbeschwerdever-
fahren eine Abhilfe nicht stattfindet (BT-Drucks. 14/4722 S. 117; Zöller/Heßler,
ZPO, 30. Aufl., § 575 Rn. 5; Wieczorek/Schütze/Rensen, ZPO, 3. Aufl., § 318
Rn. 6; Musielak/Ball, ZPO, 11. Aufl., § 575 Rn. 3; Prütting/Gehrlein/Lohmann,
ZPO, 6. Aufl., § 575 Rn. 3). Mithin können auf eine sofortige Beschwerde er-
gangene Beschlüsse von dem Beschwerdegericht nicht abgeändert werden
(Zöller/Vollkommer, aaO § 318 Rn. 9; Prütting/Gehrlein/Lohmann, aaO).
(2) Bei dieser Sachlage war das Beschwerdegericht nach Verwerfung
der sofortigen Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen die Planbestätigung nicht
befugt, außerdem eine Entscheidung nach § 253 Abs. 4 InsO zu treffen. Viel-
mehr durfte die angefochtene Entscheidung des Beschwerdegerichts mangels
einer Abhilfebefugnis nicht mehr abgeändert werden. Eine nachträgliche Ände-
rung läge aber vor, wenn die zunächst als unzulässig verworfene Beschwerde
auf der Grundlage des § 253 Abs. 4 InsO zurückgewiesen würde.
bb) Das Beschwerdegericht war auch nicht gemäß § 321 ZPO befugt, die
Beschwerde auf der Grundlage des § 253 Abs. 4 InsO zurückzuweisen.
Der in § 321 ZPO zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke lässt sich
auf Beschlüsse übertragen, um versehentliche Entscheidungslücken nachträg-
lich zu schließen (MünchKomm-ZPO/Musielak, 4. Aufl., § 329 Rn. 14). Jedoch
sind die Voraussetzungen der Vorschrift, auch wenn man unterstellt, dass der
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Antrag der Schuldnerin, nach § 253 Abs. 4 InsO zu entscheiden, übergangen
wurde, nicht erfüllt. Die unterlassene Entscheidung muss auf einem Versehen
des Gerichts beruhen. Daran fehlt es, wenn das Gericht einen gestellten Antrag
bewusst nicht beschieden hat (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - IX ZR
306/00, NJW 2002, 1500, 1501). So verhält es sich im Streitfall. Das Beschwer-
degericht hat im Beschluss vom 14. April 2014 ausdrücklich verlautbart, den
Antrag nach § 253 Abs. 4 InsO im Blick auf die für unzulässig gehaltene soforti-
ge Beschwerde für nicht entscheidungserheblich erachtet zu haben. Ein solcher
Fehler kann nur im allgemeinen Rechtsmittelzug, der insoweit mangels einer
Rechtsbeschwerde der Schuldnerin nicht eröffnet ist, korrigiert werden (BGH,
aaO).
4. Da § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO lediglich eine Zulässigkeitsvoraussetzung
für die Beschwerde gegen die Bestätigung eines Insolvenzplans bildet, hat sich
- falls eine wesentliche Schlechterstellung glaubhaft gemacht wurde - das Pro-
gramm für die Prüfung ihrer Begründetheit nicht gewandelt.
a) Der Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss,
durch den ein Insolvenzplan bestätigt oder die Bestätigung versagt wird, ent-
spricht demjenigen der Rechtmäßigkeitsprüfung des Insolvenzgerichts im Be-
stätigungsverfahren (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - IX ZB 235/06,
WM 2009, 85 Rn. 10). Darum kann der Beschwerdeführer eine Verletzung sei-
ner Rechte aus §§ 248 bis 252 InsO geltend machen (BGH, Beschluss vom
24. März 2011 - IX ZB 80/11, WM 2011, 946 Rn. 11; G. Fischer, NZI 2013, 513,
515). Der Beschwerdeführer kann sich mit der Beschwerde nicht auf eine Ver-
letzung des § 251 InsO berufen, wenn er es gegenüber dem Insolvenzgericht
versäumt hat, die behauptete Schlechterstellung durch den Insolvenzplan ge-
mäß § 251 Abs. 2 InsO glaubhaft zu machen (BGH, Beschluss vom 15. Juli
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2010 - IX ZB 65/10, WM 2010, 1509 Rn. 17 ff). Die Beschwerde kann in diesem
Fall jedoch auf eine Verletzung des § 250 InsO gestützt werden (BGH, aaO
Rn. 23). Diese Grundsätze, die der Senat bereits als einschlägig erachtet hat,
falls von strengeren Zulässigkeitsvoraussetzungen auszugehen wäre (BGH,
aaO Rn. 17 ff), gelten für die durch das ESUG modifizierte Fassung des § 253
InsO grundsätzlich fort (HmbKomm-InsO/Thies, aaO § 253 Rn. 21; Pape/
Uhländer/Backes, InsO, § 253 Rn. 35).
b) Nicht zuzustimmen vermag der Senat der aus § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO
hergeleiteten weitergehenden Schlussfolgerung, dass Verfahrensverstöße, die
nicht zu einer wesentlichen Schlechterstellung geführt haben, für die Begrün-
detheit der Beschwerde ohne Bedeutung sind, weil derartige Verfahrensverstö-
ße nicht durch eine Zahlung nach § 251 Abs. 3 InsO kompensiert werden kön-
nen (in diesem Sinne Schmidt/Spliedt, aaO § 253 Rn. 14; MünchKomm-InsO/
Sinz, aaO § 253 Rn. 55; ebenso G. Fischer, aaO, der freilich schon zur Unzu-
lässigkeit des Rechtsmittels gelangt).
aa) Ein solches Verständnis hat im Wortlaut des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO,
der eine Beschneidung der Begründetheitsprüfung nicht kennt, keinen Anhalt
gefunden. Auch wenn die in § 251 Abs. 3 InsO geregelte Ausgleichszahlung mit
dem Minderheitenschutz des § 251 Abs. 1 InsO als materiellem Bestätigungs-
hindernis korrespondiert (Schmidt/Spliedt, aaO; MünchKomm-InsO/Sinz, aaO,
G. Fischer, aaO), ist der Gesetzgeber nicht gehindert, eine Schlechterstellung
im Sinne des § 251 InsO durch die Tatbestandsfassung des § 253 Abs. 2 Nr. 3
InsO allgemein als formelles Zulässigkeitserfordernis einer Beschwerde gegen
die Bestätigung eines Insolvenzplans auszugestalten. Folglich kann der Rege-
lung des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO, die sich nur mit der Zulässigkeit einer Be-
schwerde befasst, nicht entgegen ihrem Wortlaut ein weitergehender, auf die
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materielle Prüfung des Beschwerdegerichts gerichteter Inhalt beigemessen
werden. Der Gesetzgeber ist ungeachtet rechtssystematischer Erwägungen
nicht gehindert, im Falle der Glaubhaftmachung der Zulässigkeitsvoraussetzung
einer wesentlichen Schlechterstellung (§ 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO) eine über die
Frage des Minderheitenschutzes (§ 251 InsO) hinausgehende umfassende Be-
gründetheitsprüfung zuzulassen. Wenn die Zulässigkeitsvoraussetzung einer
wesentlichen Schlechterstellung nicht glaubhaft gemacht wird, ist es ihm umge-
kehrt nicht verwehrt, jegliche und damit auch für eine Ausgleichszahlung uner-
hebliche Verfahrensverstöße gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO einer Prüfung
durch das Beschwerdegericht zu entziehen (ablehnend Schmidt/Spliedt, aaO;
Brünkmans, ZInsO 2014, 993, 996 f). In dieser Weise hat der Gesetzgeber von
seiner Gestaltungsfreiheit Gebrauch gemacht, weil eine Beschwerde gemäß
§ 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO bei Glaubhaftmachung einer wesentlichen Schlechter-
stellung grundsätzlich auf jegliche - nicht aus verfahrensrechtlichen Erwägun-
gen präkludierte - Gesetzesverletzung gestützt werden kann.
bb) Ferner bildet die gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO glaubhaft zu ma-
chende wesentliche Schlechterstellung lediglich eine Zulässigkeitsvorausset-
zung der Beschwerde. Ist die Glaubhaftmachung erfolgt, sieht das Gesetz keine
Beschränkung der sich anschließenden Begründetheitsprüfung vor. Da sich
eine wie auch immer geartete "Ausstrahlungswirkung" (MünchKomm-InsO/Sinz,
aaO) des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO auf die Begründetheitsprüfung weder aus
dem Gesetz noch den Materialien ergibt, verbietet es sich, § 253 Abs. 2 Nr. 3
InsO zu einer Voraussetzung für die Begründetheit des Rechtsmittels umzufor-
men. Vielmehr ist in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen,
dass die Beschwerde, wenn ein Verstoß gegen den Minderheitenschutz des
§ 251 InsO nicht hinreichend dargelegt ist, auf sonstige Gesetzesverletzungen
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gestützt werden kann (BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 - IX ZB 65/10, WM
2010, 1509 Rn. 23).
cc) Schließlich begnügt sich das Gesetz für die Zulässigkeit des Rechts-
mittels mit der Glaubhaftmachung der Schlechterstellung (§ 253 Abs. 2 Nr. 3
InsO). Muss die Schlechterstellung im weiteren Verfahren nicht kraft einer
Amtsermittlung (§ 5 InsO) erhärtet werden, kann sie für sich genommen keine
Bedeutung für die Begründetheit des Rechtsmittels gewinnen. Gelingt der volle
Nachweis einer Schlechterstellung nicht, scheidet lediglich ein Verstoß gegen
§ 251 InsO aus. Dem Beschwerdeführer bleibt im Falle der Glaubhaftmachung
unbenommen, zur Rechtfertigung der Beschwerde andere Gesetzesverletzun-
gen aufzugreifen. Die gegenteilige Würdigung liefe auf das Ergebnis hinaus,
dass eine Beschwerde nur Erfolg haben kann, wenn ein Verstoß gegen § 251
InsO gegeben ist. Mit der gesetzgeberischen Intention, durch die "Erheblich-
keitsschwelle" des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO "die Rechtsschutzmöglichkeiten
moderat zu beschränken" (BT-Drucks. 17/5712 S. 35), wäre es nicht zu verein-
baren, aus einer Verschärfung allein der Zulässigkeitsvoraussetzungen ohne
weiteres zu einer Verengung der Begründetheitsprüfung auf § 251 InsO zu ge-
langen.
IV.
Bei dieser Sachlage kann die Entscheidung vom 21./24. Februar 2014
keinen Bestand haben. Da das Beschwerdegericht zu einer nachträglichen Ab-
änderung der angefochtenen Entscheidung nicht berechtigt war, ist auf die
Rechtsbeschwerde von Amts wegen der nach Beendigung der Beschwer-
deinstanz verfahrensfehlerhaft ergangene Beschluss vom 14. April 2014 eben-
falls aufzuheben (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - IX ZA 46/08,
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- 21 -
NJW-RR 2009, 718 Rn. 7). Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzu-
verweisen, um nunmehr über die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde und
insbesondere die Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO abschließend
zu befinden. Es spricht manches dafür, dass die Beteiligte zu 1 auf der Grund-
lage der unstreitigen und offenkundigen (§ 291 ZPO) Tatsachen eine wesentli-
che Schlechterstellung im Sinne überwiegender Wahrscheinlichkeit (BGH, Urteil
vom 11. September 2003 - IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139, 141) glaubhaft ge-
macht hat (§ 294 ZPO).
Nach dem Inhalt des Insolvenzplans werden hier alle Insolvenzgläubiger
ohne die Notwendigkeit weiterer Sanierungsmaßnahmen voll befriedigt. Vor
diesem Hintergrund hätte die Schuldnerin in ihrer bisherigen Rechtsform wei-
tergeführt oder ihr Geschäftsbetrieb im Wege einer übertragenden Sanierung
veräußert werden können. Angesichts des Fortbestands des insolventen Unter-
nehmens ist nicht der von § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO gemeinte Regelfall gegeben,
dass der Wert der Beteiligung an der insolventen Gesellschaft wirtschaftlich mit
Null anzusetzen ist (BT-Drucks. 17/5712, S. 24 f; FK-InsO/Jaffé, 7. Aufl., § 251
Rn. 6a, § 253 Rn. 3 h). Bei einer Fortsetzung der Schuldnerin in ihrer unverän-
derten Rechtsform hätte für die Beteiligte zu 1 die Möglichkeit bestanden, je-
derzeit ihre Kommanditbeteiligung nach eigenem Ermessen an einen beliebigen
Erwerber zu ihrem vollen Wert frei zu veräußern. Im Falle der Alternative einer
übertragenden Sanierung und Veräußerung des Unternehmens an einen meist-
bietenden Erwerber hätte die Beteiligte zu 1 ebenfalls entsprechend ihrer Betei-
ligung an dem erzielten Verwertungserlös partizipiert. Ungeachtet der von der
Schuldnerin geäußerten Bedenken ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
anzunehmen, dass angesichts ihrer Stellung im Verlagswesen und der in ihr
vereinigten Werte die lohnende Veräußerung einer Kommanditbeteiligung oder
des gesamten Geschäftsbetriebs ohne weiteres möglich wäre.
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Aufgrund des Insolvenzplans wird die mit erheblichen Mitwirkungsrech-
ten ausgestattete Kommanditbeteiligung des Beteiligten zu 1 in eine Aktienbe-
teiligung umgewandelt. Die ins Auge gefasste Möglichkeit einer Kapitalerhö-
hung führt zu einer Verwässerung ihrer Beteiligung. Infolge der außerdem vor-
gesehenen Vinkulierung (§ 68 Abs. 2 Satz 1 AktG) ist die Beteiligte zu 1 nur mit
Zustimmung der Schuldnerin zu einer Veräußerung ihrer Aktien berechtigt. Die-
se drei Umstände, insbesondere die Bindung einer Veräußerung an eine Zu-
stimmung des Vorstands der Schuldnerin, können den Wert der Beteiligung
erheblich mindern. Bei dieser Sachlage liegt es auf der Hand, dass die Beteilig-
te zu 1 durch den Insolvenzplan einen Verlust erleiden kann, der auch mit
Rücksicht auf die hier vorgesehenen Ausgleichsmittel die Größenordnung von
10 v.H. überschreitet.
Kayser
Gehrlein
Fischer
Grupp
Möhring
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 15.01.2014 - 36s IN 2196/13 -
LG Berlin, Entscheidung vom 24.02.2014 - 51 T 107/14 -
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