Urteil des BGH vom 20.01.2004

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 53/03
Verkündet am:
20. Januar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
EWG-Vertrag Art. 92, 93
BGB § 134
a) Art. 93 Abs. 3 Satz 3 EWG-Vertrag ist ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134
BGB.
b) Ein zurückzuzahlender Beihilfebetrag ist vom Zeitpunkt der Auszahlung an ge-
mäß den marktüblichen Zinssätzen zu verzinsen.
BGH, Urteil vom 20. Januar 2004 - XI ZR 53/03 - OLG Hamm
LG Dortmund
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Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 20. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den
Richter Dr. Appl
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision
der Klägerin gegen das Urteil des 31. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Januar 2003 wer-
den zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Be-
klagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die klagende Bank nimmt die einem internationalen Konzern an-
gehörende beklagte Gesellschaft, die synthetische Teppichgarne produ-
ziert und vertreibt, auf Rückzahlung eines nach dem regionalen Wirt-
schaftsförderungsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen (RWP)
gewährten Zuschusses nebst Zinsen in Anspruch.
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Auf der Grundlage eines mit dem Land Nordrhein-Westfalen ge-
schlossenen Vertrages war die W.bank,
eine Anstalt des öffentlichen Rechts und Rechtsvorgängerin der Kläge-
rin, ermächtigt, im eigenen Namen Investitionshilfen nach dem RW P zu-
zusagen. Im Rahmen dieses Förderprogramms bewilligte sie auf Antrag
der Beklagten im Jahre 1982 einen Investitionszuschuß in Höhe von
1.223.000 DM zur Betriebserweiterung und zahlte ihn im eigenen Na-
men, aber für fremde Rechnung in zwei Raten am 17. Dezember 1982 in
Höhe von 978.400 DM und am 11. September 1984 in Höhe von
244.600 DM aus. Daneben erhielt die Beklagte aufgrund einer am
14. Januar 1983 vom Bundeswirtschaftsministerium erteilten Bescheini-
gung nach dem Investitionszulagengesetz aus Bundesmitteln eine Inve-
stitionszulage in Höhe von 1,7 Millionen DM. Die Fördergelder wurden
für den Ausbau der Produktionsstätte eingesetzt.
In einer an die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Entschei-
dung vom 10. Juli 1985 stellte die Kommission der Europäischen Ge-
meinschaften fest, die der Beklagten gewährten Beihilfen seien wegen
Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht des Art. 93 Abs. 3 EWG-
Vertrag illegal und im übrigen gemäß Art. 92 EW G-Vertrag mit dem Ge-
meinsamen Markt unvereinbar; sie seien deshalb vom Beihilfeempfänger
zurückzuzahlen. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage der Beklag-
ten wies der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Urteil
vom 24. Februar 1987 (Rs 310/85, Slg. 1987, 901 ff. = NJW 1987,
3072 f.) ab.
Bereits am 27. März 1986 hatte das Bundeswirtschaftsministerium
in Vollziehung der Kommissionsentscheidung die Bescheinigung nach
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dem Investitionszulagengesetz zurückgenommen. Auch hiergegen be-
schritt die Beklagte ohne Erfolg den Rechtsweg (BVerwG, Urteil vom
17. Februar 1993 - 11 C 47.92, BVerwGE 92, 81 ff.). In der Folgezeit
zahlte sie die Investitionszulage in Raten zurück.
Mit der Klage begehrt die Klägerin Rückzahlung des Investitions-
zuschusses nebst Zinsen in Höhe von 3% über dem jeweiligen Diskont-
satz der Deutschen Bundesbank ab Auszahlung.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Be-
klagten ist nur hinsichtlich eines Teils der Zinsen erfolgreich gewesen.
Mit der - zugelassenen - Revision und Anschlußrevision erstreben die
Parteien die vollständige Klageabweisung bzw. die Zurückweisung der
Berufung in vollem Umfang.
Entscheidungsgründe:
Revision und Anschlußrevision sind unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin könne sich nicht auf vertragliche Rückzahlungsan-
sprüche berufen, da der mit der Beklagten geschlossene Vertrag nicht
wirksam geworden sei. Gemäß Art. 93 Abs. 3 EW G-Vertrag (jetzt Art. 88
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Abs. 3 EG-Vertrag) sei die Subventionierung der Beklagten von einer
Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über
die Zulässigkeit der Förderung abhängig gewesen und habe das in Rede
stehende Geschäft behördlicher Genehmigung bedurft. Solange diese
nicht erteilt gewesen sei, sei die Vereinbarung schwebend unwirksam
gewesen; mit ihrer endgültigen Versagung sei sie als von Anfang an un-
wirksam anzusehen.
Der Klägerin stehe aber ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf
Rückzahlung des Investitionszuschusses unter dem Gesichtspunkt der
Leistungskondiktion zu. Demgegenüber könne sich die Beklagte ange-
sichts der Kommissionsentscheidung vom 10. Juli 1985 nicht auf ein
schutzwürdiges Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Subventionierung
berufen, zumal der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften einen
Vertrauensschutz bereits geprüft und abgelehnt habe.
Nach § 818 Abs. 1 BGB habe die Klägerin ferner Anspruch auf
Herausgabe der tatsächlich gezogenen Kapitalnutzungen in Form er-
sparter Zinsen in Höhe der beantragten 3% über dem jeweiligen Diskont-
bzw. Basiszinssatz, jedoch begrenzt auf maximal 8%. Nach einer an der
Bundesbankstatistik für langfristige Unternehmenskredite orientierten
Schätzung (§ 287 ZPO) habe der maßgebliche Zinssatz im Jahre 1982
bei 8% gelegen. Durch die Begrenzung auf 3% über dem jeweiligen Dis-
kont- bzw. Basiszinssatz werde einer möglichen Kreditzinsermäßigung
durch Neuverhandlung oder Umschuldung in den zwischenzeitlichen
Niedrigzinsphasen (etwa 1987/1988 oder in der zweiten Hälfte der 90er
Jahre) hinreichend Rechnung getragen.
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II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis
stand.
1. Revision der Beklagten
a) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch
der Klägerin gegen die Beklagte auf Rückzahlung des gezahlten Investi-
tionszuschusses unter dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion,
§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB, bejaht.
aa) Die Beklagte hat den Investitionszuschuß ohne Rechtsgrund
erlangt. Der zwischen den Parteien zustande gekommene, der Gewäh-
rung des Investitionszuschusses dienende Vertrag ist gemäß § 134 BGB
wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig.
(1) Wie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, bestä-
tigt durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften
vom 24. Februar 1987 (Rs 310/85, Slg. 1987, 901 ff. = NJW 1987,
3072 f.), festgestellt hat, verstieß die Gewährung des Investitionszu-
schusses an die Beklagte gegen das in Art. 93 Abs. 3 Satz 3 EWG-
Vertrag (jetzt Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag) enthaltene und unmittel-
bar anwendbare (dazu EuGH, Urteile vom 11. Dezember 1973
- Rs 120/73, Slg. 1973, 1471, 1483 Rz. 8 - , vom 21. November
1991 - Rs C-354/90, Slg. I 1991, 5505, 5527 Rz. 11 - und vom
11. Juli 1996 - Rs C-39/94, Slg. I 1996, 3547, 3590 Rz. 39 - ) Verbot
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der Durchführung beabsichtigter Beihilfemaßnahmen vor einer abschlie-
ßenden Entscheidung der Kommission. Nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften beeinträchtigt die Ver-
letzung dieses Verbots durch die nationalen Behörden die Gültigkeit der
Rechtsakte zur Durchführung von Beihilfemaßnahmen. Die nationalen
Gerichte müssen daraus entsprechend ihrem nationalen Recht sämtliche
Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit dieser Rechtsakte als auch
bezüglich der Beitreibung der unter Verletzung dieser Bestimmungen
gewährten finanziellen Unterstützungen oder eventueller vorläufiger
Maßnahmen ziehen (EuGH, Urteile vom 21. November 1991 - Rs C-
354/90, Slg. I 1991, 5505, 5528 Rz. 12 - und vom 16. Dezember
1992 - Rs C-144/91 und C-145/91, Slg. I 1992, 6613, 6631 Rz. 26
- ).
(2) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Ur-
teile vom 4. April 2003 - V ZR 314/02, W M 2003, 1491, 1492 f. und vom
24. Oktober 2003 - V ZR 48/03, Umdruck S. 5 f.) ist ein privatrechtlicher
Vertrag, durch den eine Beihilfe entgegen Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-
Vertrag gewährt wird, nichtig. Art. 88 Abs. 3 Satz 3 (früher Art. 93 Abs. 3
Satz 3) EG-Vertrag ist ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB, des-
sen Verletzung zur Nichtigkeit des zur Gewährung der Beihilfe abge-
schlossenen privatrechtlichen Vertrages führt (so auch LG Rostock
VIZ 2002, 632, 636; Jestaedt/Loest in Heidenhain, Handbuch des Euro-
päischen
Beihilfenrechts
§ 52
Rdn. 49;
Mederer
in
Groeben/
Thiesing/Ehlermann, EU-/EG-Vertrag, 5. Aufl. Art. 93 Rdn. 65; Kiethe
RIW 2003, 782, 784; Steindorff ZHR 152 (1988), 474, 488 f.; für Nichtig-
keit als unmittelbar aus Art. 93 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag abgeleitete
Rechtsfolge Pechstein EuZW 1998, 495, 496; a.A. Hopt/Mestmäcker
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WM 1996, 753, 805 f.; Scherer/Schödermeier ZBB 1996, 165, 183 f.;
Pütz, Das Beihilfeverbot des Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag S. 57 ff.,
72). Zwar stellt die unterlassene Notifizierung (Art. 88 Abs. 3 Satz 1 EG-
Vertrag) einen lediglich formellen Verstoß dar, der für sich genommen
noch nicht die Sanktion des § 134 BGB auslöst. Doch kommt dem Ab-
schluß Beihilfe gewährender Verträge ohne vorherige Notifizierung und
ohne abschließende (positive) Kommissionsentscheidung materielle Be-
deutung zu, weil das Durchführungsverbot des Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-
Vertrag im Interesse gleicher Wettbewerbsvoraussetzungen eine solche
verfrühte Beihilfegewährung verhindern soll (vgl. BGH, Urteil vom 4. April
2003 aaO S. 1492 m.w.Nachw.). Daß sich das Durchführungsverbot sei-
nem W ortlaut nach nur an die Mitgliedstaaten, nicht jedoch an die Emp-
fänger staatlicher Beihilfen richtet, steht der Anwendung des § 134 BGB
hier nicht entgegen. § 134 BGB findet nämlich anerkanntermaßen auch
dann Anwendung, wenn es zwar um die Verletzung eines nur an eine
Vertragspartei gerichteten gesetzlichen Verbots geht, der Zweck des Ge-
setzes aber nicht anders zu erreichen ist als durch Annullierung der
durch das Rechtsgeschäft getroffenen Regelung (BGHZ 131, 385, 389;
139, 387, 392).
Hier war die Klägerin als Anstalt öffentlichen Rechts, deren recht-
lich unselbständige Abteilung 64 zur Zusage von Investitionshilfen im
eigenen Namen ermächtigt war, Repräsentantin des Landes Nordrhein-
Westfalen. Das von der Klägerin zu beachtende Durchführungsverbot
dient neben der Sicherung des Systems der präventiven Beihilfenkon-
trolle durch die Europäische Kommission auch dazu, Wettbewerbsvor-
teile des Einzelnen zu verhindern, die er aus einer nicht auf dem vorge-
sehenen Weg gewährten Beihilfe ziehen könnte (BGH, Urteil vom 4. April
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2003 aaO S. 1493 m.w.Nachw.). Dieses Ziel kann nur erreicht werden,
indem der die Beihilfe gewährende privatrechtliche Vertrag als nichtig
angesehen wird, damit der Beihilfegeber oder ein Wettbewerber des Be-
günstigten (vgl. EuGH, Urteile vom 21. November 1991 - Rs C-354/90,
Slg. I 1991, 5505, 5528 Rz. 12 - , vom 16. Dezember 1992 - Rs C-
144/91 und C-145/91, Slg I 1992, 6613, 6631 Rz. 26 f. - und
vom 11. Juli 1996 - Rs C-39/94, Slg. I 1996, 3547, 3590 Rz. 40 - ) in
die Lage versetzt wird, umgehend die Erstattung der nicht genehmigten
Beihilfe zu verlangen (BGH, Urteil vom 4. April 2003 aaO S. 1493).
Dem läßt sich nicht mit der Revisionserwiderung entgegenhalten,
der von den Parteien geschlossene Vertrag sehe die Rückzahlung einer
rechtswidrig geleisteten Beihilfe vor, so daß es der Sanktion seiner Nich-
tigkeit nicht bedürfe. Eine Rückforderung der Beihilfe auf der Grundlage
eines wirksamen Vertrages würde nämlich den Vorgaben des europäi-
schen Rechts schon deshalb nicht gerecht, weil sich auf den vertragli-
chen Rückforderungsanspruch, anders als auf die Nichtigkeit des Vertra-
ges, lediglich der Vertragspartner, nicht aber ein Dritter, etwa ein Wett-
bewerber des Begünstigten, berufen könnte.
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klägerin auch nicht
nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) an der Durchsetzung ihres berei-
cherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruchs gehindert.
(1) Das Vertrauen der Beklagten in den Bestand der rechtswidri-
gen Beihilfe ist schon deshalb nicht schutzwürdig, weil es einem sorgfäl-
tigen Kaufmann regelmäßig möglich und zuzumuten ist, sich der Einhal-
tung der Beihilfevorschriften (Notifizierungspflicht) zu vergewissern (vgl.
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EuGH, Urteil vom 20. März 1997 - Rs C-24/95, Slg. I 1997, 1591, 1617
Rz. 25 - m.w.Nachw.; BVerwGE 92, 81, 86).
(2) Die Revision kann sich ferner nicht mit Erfolg auf Verwirkung
berufen mit der Begründung, die Beklagte sei erst mehr als achteinhalb
Jahre nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemein-
schaften in dieser Sache erstmals zur Rückforderung des Investitionszu-
schusses aufgefordert worden und ihr sei in der Vergangenheit von den
verantwortlichen Entscheidungsträgern in den Ministerien stets versi-
chert worden, die Umsetzung der Kommissionsentscheidung werde nur
auf der öffentlich-rechtlichen Ebene, nämlich im Hinblick auf die Investi-
tionszulage, nicht jedoch auf privatrechtlicher Ebene, nämlich im Hinblick
auf den Investitionszuschuß, erfolgen.
Ungeachtet dessen, was ihr von Entscheidungsträgern in den Mi-
nisterien erklärt worden ist, durfte die Beklagte sich nicht darauf einrich-
ten, die zuständigen staatlichen Behörden würden die vom Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften bestätigte Entscheidung der Kommis-
sion nicht umsetzen. Die nationalen Behörden haben hinsichtlich der
Rückforderung kein Ermessen; ihre Rolle beschränkt sich auf die
Durchführung der Entscheidung der Kommission (EuGH, Urteil vom
20. März 1997 - Rs C-24/95, Slg. I 1997, 1591, 1619 Rz. 34 - ).
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision schließlich gegen die Ent-
scheidung des Berufungsgerichts über die von der Beklagten an die Klä-
gerin zu zahlenden Zinsen.
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Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten erlangten Zins-
vorteile zutreffend nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen ermittelt
und sich daran orientiert, was die Beklagte für einen Kredit in entspre-
chender Höhe an Zinsen hätte aufbringen müssen. Es hat dabei zu
Recht auf den durch Schätzung nach § 287 ZPO ermittelten marktübli-
chen Zinssatz abgestellt und die von der Beklagten behauptete Möglich-
keit einer zinsgünstigen konzerninternen Kreditierung außer Betracht
gelassen.
Der Zinsanspruch der Klägerin richtet sich - wie die Rückforderung
insgesamt - nach nationalem Recht; dieses wird aber von Vorgaben des
europäischen Rechts überlagert und modifiziert. Nach der Rechtspre-
chung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften erfolgt die
Rückforderung unrechtmäßig gewährter Beihilfen in Ermangelung ge-
meinschaftsrechtlicher Bestimmungen nach den im nationalen Recht
vorgesehenen Modalitäten. Dabei ist zu berücksichtigten, daß die Rück-
forderung der Beihilfe der Wiederherstellung der vorherigen Lage dient.
Deshalb müssen alle sich aus der Beihilfe ergebenden finanziellen Vor-
teile, die wettbewerbswidrige Auswirkungen auf den Gemeinsamen Markt
haben, beseitigt werden (EuG, Urteile vom 8. Juni 1995 - Rs T-459/93,
Slg. II 1995, 1675, 1712 Rz. 97 - und vom 16. Dezember 1999
- Rs T-158/96, Slg. II 1999, 3927, 3978 Rz. 149 - ).
Nach den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften
wird die vorherige Lage nur dann annähernd wiederhergestellt, wenn der
zurückzuzahlende Beihilfebetrag vom Zeitpunkt der Auszahlung an zu
verzinsen ist und wenn die angewandten Zinssätze den marktüblichen
Zinssätzen entsprechen. Andernfalls verbliebe dem Empfänger zumin-
dest ein Vorteil, der der kostenlosen Verfügung über Barmittel oder ei-
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nem
vergünstigten
Darlehen
entspräche
(EuGH,
Urteil
vom
24. September 2002 - Rs C-74/00 P und C-75/00 P, Slg. I 2002, 7869,
7991 Rz. 159 - ). Davon ausgehend kann
sich die Beklagte nicht auf eine ihr angeblich möglich gewesene kon-
zerninterne Finanzierung zu einem Zinssatz von 3,5 oder 4% berufen.
2. Revision der Klägerin
Erfolglos bleiben auch die Einwände der Anschlußrevision gegen
die Zinsentscheidung des Berufungsgerichts.
a) Da - wie ausgeführt - der zwischen den Parteien geschlossene
Vertrag unwirksam ist, hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen den
marktüblichen Zinssatz möglicherweise überschreitenden vertraglichen
Zinsanspruch.
b) Das Berufungsgericht hat auch nicht seine Hinweispflicht aus
§ 139 ZPO verletzt, indem es den Parteien lediglich mitgeteilt hat, wel-
chen Referenzzinssatz es in Betracht ziehe, nicht aber, daß es konkret
einen Höchstzinssatz von 8% für im Jahre 1982 aufgenommene Kredite
als angemessen erachte. Dadurch ist es der Klägerin nicht verwehrt ge-
blieben, ihren Antrag entsprechend anzupassen und den Zinsanspruch
auszuschöpfen. Das Berufungsgericht hat die Begrenzung des Zinsan-
spruchs innerhalb der angesetzten Obergrenze von 8% auf 3% über dem
Diskont- bzw. Basiszinssatz nämlich nicht aufgrund seiner Bindung an
den Antrag der Klägerin, sondern - wie ausdrücklich dargelegt - vorge-
nommen, um der Möglichkeit einer Kreditzinsermäßigung durch Neuver-
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handlung des Zinssatzes nach Ablauf der Festzinszeit oder Umschul-
dung in Niedrigzinsphasen hinreichend Rechnung zu tragen.
III.
Revision und Anschlußrevision waren danach als unbegründet zu-
rückzuweisen.
Nobbe Bungeroth Joeres
Mayen Appl