Urteil des BGH vom 09.08.2005

BGH (in dubio pro reo, fahrzeug, wehrlosigkeit, annahme, heftige gemütsbewegung, führer, arg, stgb, unfall, kollision)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 594/05
vom
16. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2006 gemäß § 464
Abs. 3 StPO beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die
Kostenentscheidung des Urteils des Landgerichts Regensburg
vom 9. August 2005 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die
dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Aus-
lagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten u.a. wegen Mordes in drei tatein-
heitlichen Fällen zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat davon
abgesehen, dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der
Senat hat die gegen dieses Urteil zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte
Revision der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung vom heutigen Tage
verworfen. Die zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen
die Kostenentscheidung des Urteils hat ebenfalls keinen Erfolg.
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Zwar hat das Landgericht in den Urteilsgründen zu der Kostenentschei-
dung lediglich ausgeführt, dass diese auf § 74 JGG beruhe. Dies gefährdet den
Bestand der Kostenentscheidung jedoch entgegen der Auffassung der Be-
schwerdeführerin nicht. Vielmehr lässt sich dem Gesamtzusammenhang der
Urteilsgründe, insbesondere auch den Ausführungen zur Bemessung der Ju-
gendstrafe, entnehmen, dass sich das Landgericht bewusst war, dass es ge-
mäß § 74 JGG eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte (vgl. BGHR JGG
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§ 74 Kosten 2) und dass es von seinem Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch
gemacht hat. Nach den zur Person, insbesondere auch zu den wirtschaftlichen
Verhältnissen des Angeklagten getroffenen Feststellungen des Landgerichts,
an die der Senat gemäß § 464 Abs. 3 Satz 2 StPO gebunden ist, ist die vom
Landgericht getroffene Ermessensentscheidung, von der Auferlegung der Kos-
ten und Auslagen abzusehen, nicht zu beanstanden. Sie wird der besonderen
Situation des zur Tatzeit 19 Jahre alten, bisher nicht bestraften Angeklagten
gerecht, der sein Studium nicht aufnehmen konnte, weil er in dieser Sache in
Untersuchungshaft genommen wurde. Der Angeklagte hat nunmehr die rechts-
kräftige Jugendstrafe zu verbüßen und ist deshalb nicht - jedenfalls nicht in ab-
sehbarer Zeit - in der Lage, die wegen der umfangreichen Beweiserhebungen
nicht unerheblichen Kosten und Auslagen des Verfahrens aus eigenen Mitteln
zu begleichen, so dass die Auferlegung der Kosten und Auslagen einem Neu-
anfang des Angeklagten nach Verbüßung der Jugendstrafe entgegenstehen
würde. Zur Unterstützung von Strafzwecken dient die Kostenentscheidung
nicht. Dass Straftaten auch Kostenfolgen haben, wird dem Angeklagten, der in
der Hauptverhandlung durch einen Wahlverteidiger verteidigt worden ist, im Üb-
rigen auch dadurch klargemacht, dass er seine eigenen notwendigen Auslagen
selbst tragen muss, weil diese mangels entsprechender Rechtsgrundlage
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der Staatskasse nicht auferlegt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom
25. Juli 2000 - 4 StR 229/00 - bei Böhm NStZ-RR 2001, 326 m.N.).
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann