Urteil des BGH vom 21.03.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 260/11
Verkündet am:
21. März 2013
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB §§ 328, 335, 675 Abs. 1; InsO § 92 Satz 1
a) Zu Inhalt und Umfang des Forderungsrechts einer Anlagegesellschaft als
Versprechensempfänger gemäß § 335 BGB, die einen Mittelverwen-
dungskontrolleur auf Schadensersatz wegen Verletzung des zugunsten
von Anlegern geschlossenen Mittelverwendungskontrollvertrags in An-
spruch nimmt.
b) Schadensersatzansprüche der Gesellschafter einer insolventen Anlage-
gesellschaft gegen einen Mittelverwendungskontrolleur können vom Insol-
venzverwalter der Anlagegesellschaft nicht gemäß § 92 Satz 1 InsO als
Gesamtschaden geltend gemacht werden.
BGH, Urteil vom 21. März 2013 - III ZR 260/11 - OLG Hamburg
LG Hamburg
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöst-
mann, Seiters, Tombrink und Dr. Remmert
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats
des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 27. Oktober 2011
aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 26. Zivilkammer
des Landgerichts Hamburg vom 2. Dezember 2009 wird zurück-
gewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der E.
AG & Co. KG (Schuldnerin), über deren Vermögen im Feb-
ruar 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Er macht Schadensersatzan-
sprüche gegen die Beklagte wegen Schlechterfüllung eines zwischen dieser und
der Schuldnerin geschlossenen Vertrags über die Mittelverwendungskontrolle
geltend.
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Der Gesellschaftsvertrag der Schuldnerin, welcher in dem im Jahr 2003
herausgegebenen Emissionsprospekt der Schuldnerin abgedruckt war, sah als
deren Gesellschaftszweck unter anderem das Leasing von Anlagegütern, ins-
besondere von Technologieprodukten und das Immobilien-Leasing vor. Durch
den Beitritt weiterer Kommanditisten, längstens bis 31. Dezember 2005, sollte
ein Kommanditkapital von 55 Mio.
€ erreicht werden. Zur Geschäftsführung der
Schuldnerin war allein ihre Komplementärin, die E. AG, berechtigt
und verpflichtet. Diese sollte für ihre Geschäftsführung den Ersatz aller für die
Schuldnerin getätigten Kosten und Auslagen erhalten.
Im Fondsprospekt war ferner ein zwischen der Schuldnerin und der Be-
klagten abgeschlossener Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle "zuguns-
ten der noch einzuwerbenden Kommanditisten, die sich nach Maßgabe der Bei-
trittserklärung an der Gesellschaft beteiligen" wiedergegeben. Der Vertrag, in
dem die Beklagte als Einzahlungstreuhänder bezeichnet wird, enthielt unter
anderem folgende Regelungen:
"Präambel: Die Gesellschaft sucht Gesellschafter, die sich als
Kommanditisten … beteiligen...Um sicherzustellen, dass die Ein-
zahlungen der Kommanditisten zweckgerichtet nach Maßgabe der
im Prospekt beschriebenen Vorhaben verwendet werden, wird die-
ser Mittelverwendungs
kontrollvertrag vereinbart…
Soweit sich ein Anleger über
den Treuhandkommanditisten … be-
teiligt, gilt dieser Vertrag entsprechend.
§ 2
1. Über das Konto kann die Gesellschaft nur zusammen mit dem
Einzahlungstreuhänder verfügen.
2. Zahlungen des Einzahlungstreuhänders vom Einzahlungskonto
dürfen nur erfolgen, wenn
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a) dem Einzahlungstreuhänder eine ordnungsgemäß ausge-
füllte und vom Zeichner unterschriebene Beitrittserklärung
vorliegt und die Gesellschaft diese schriftlich angenommen
hat;
3. Sind die vorstehenden Bedingungen erfüllt, ist der Einzahlungs-
treuhänder angewiesen, 18 % der Kommanditeinlage zuzüglich
5 % Agio an die Gesellschaft zur Deckung der Vorbereitungs-
und Vertriebskosten freizugeben.
4. Im übrigen erfolgt Freigabe, wenn die Gesellschaft
a) entweder Leasingverträge mit Leasingnehmern von der Boni-
tät, wie im Prospekt beschrieben, vorlegt in dem zur Durch-
führung dieser Verträge erforderlichen Umfang
§ 3
1. Der Vertrag endet nach Ablauf der Einzahlungsphase und Aus-
zahlung aller auf dem Konto eingegangenen Mittel inkl. etwai-
ger Guthabenzinsen.
§ 5
1. Dieser Vertrag gilt zugunsten der Zeichner, die mit Unter-
zeichnung der Beitrittserklärung den Vertrag über die Mittel-
verwendungskontrolle anerkannt haben. Eine Änderung des
Vertrages kann nur einvernehmlich zwischen allen Anlegern,
die noch Mittel auf dem Einzahlungskonto haben, und dem
Einzahlungstreuhänder sowie der Gesellschaft erfolgen ..."
Am 15. Juli 2005 wurde eine neue Auflage des Emissionsprospekts der
Schuldnerin herausgegeben. In diesem war ein teilweise veränderter Mittelver-
wendungskontrollvertrag abgedruckt.
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Bis Ende 2005 traten der Schuldnerin Anleger mit unterschiedlichen Be-
teiligungssummen entweder direkt als Kommanditisten oder mittelbar als Treu-
geber über eine als Treuhänder fungierende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
bei. Sie zahlten zur Erbringung der Kommanditeinlagen und des Agios von 5 %
der Beteiligungssumme insgesamt 4.825.050
€ auf das im Mittelverwendungs-
kontrollvertrag genannte Konto der Schuldnerin ein. Die Beklagte gab diese Gel-
der frei, nachdem ihr die Schuldnerin Leasingverträge vorgelegt hatte, die zwi-
schen ihrer Komplementärin und den jeweiligen Leasingnehmern abgeschlossen
worden waren. Der genaue Verbleib der Gelder ist streitig beziehungsweise nicht
festgestellt.
Am 13. Dezember 2006 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Zu die-
sem Zeitpunkt betrug das Guthaben auf dem Einzahlungskonto etwa 10.000
€.
Mit Beschluss des Amtsgerichts H. vom 2. Februar 2007 wurde das In-
solvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger
zum Insolvenzverwalter bestellt. Er zeigte mit an das Insolvenzgericht gerichte-
tem Schreiben vom 21. Dezember 2009 die Masseunzulänglichkeit an. Im April
2007 wurde auch über das Vermögen der Komplementärin der Schuldnerin das
Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Kläger hat Klage auf Zahlung von 4.016.395,11
€ erhoben. Er stützt
sein Schadensersatzbegehren auf eine pflichtwidrige Freigabe eingezahlter
Kommanditeinlagen vom Einzahlungskonto durch die Beklagte. Nach dem (ur-
sprünglichen) Mittelverwendungskontrollvertrag habe die Beklagte die Freigabe
der Gelder nur bei Vorlage von Leasingverträgen erklären dürfen, an welchen
die Schuldnerin als Vertragspartnerin beteiligt gewesen sei. Lediglich Zahlun-
gen von insgesamt 715.445
€ an die Kommanditisten und die Komplementärin
hätten einer ordnungsgemäßen Mittelverwendung entsprochen. Da sich die ein-
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gezahlten Einlagen bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten größtenteils
noch auf dem Einzahlungskonto befänden, bestehe der Schaden in dem Ab-
fluss der Gelder. Dieser sei im Wege der Naturalrestitution durch die Wiederauf-
füllung des Kontos in entsprechender Höhe auszugleichen.
Gegenstand der Klage sind, wie der Kläger in der Berufungsinstanz aus-
drücklich klargestellt hat, allein Schäden der Anleger, nicht jedoch ein etwaiger
Schaden der Schuldnerin. Seine Aktivlegitimation leitet er sowohl aus § 92
Satz 1 InsO als auch aus § 335 BGB her. In der Berufungsinstanz hat er sich
hilfsweise auf das abgetretene Recht eines Anlegers gestützt und eine schrift-
liche Abtretungsvereinbarung vom 28. Januar/1. Februar 2010 vorgelegt. In die-
ser ist vereinbart, dass der Zedent an den Kläger "seinen Anspruch gegen die
(Beklagte) gem. §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB auf Einzahlung eines Betrages
in Höhe von bis zu € 4.016.395,11" abtritt und der Kläger die Abtretung an-
nimmt.
Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation des
Klägers abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte auf die Berufung
des Klägers zur Zahlung von 3.094.498,27
€ nebst Zinsen verurteilt und die Be-
rufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelasse-
nen Revision begehrt die Beklagte, die Berufung des Klägers in vollem Umfang
zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung
des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.
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I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe durch die Frei-
gabe der auf das Einzahlungskonto gelangten Kommanditeinlagen ihre den An-
legern gegenüber bestehenden Pflichten aus dem Mittelverwendungskontroll-
vertrag, der einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB darstelle,
schuldhaft verletzt. Nach richtiger Auslegung von § 2 Nr. 4 Buchst. a der - allein
maßgeblichen - Vertragsfassung aus dem Jahr 2003 habe die Beklagte die
Gelder nur bei Vorlage von Leasingverträgen freigeben dürfen, an welchen die
Schuldnerin als Vertragspartnerin beteiligt gewesen sei. Sie habe auch schuld-
haft gehandelt, da sie bei sorgfältiger Prüfung der Freigabevoraussetzungen hät-
te erkennen können, dass die Vorlage von Leasingverträgen mit der Komple-
mentärin als Vertragspartnerin die Voraussetzungen von § 2 Nr. 4 Buchst. a
des Mittelverwendungskontrollvertrags nicht erfülle.
Es sei ein Schaden in der tenorierten Höhe entstanden. Der unmittelbare
Schaden habe darin gelegen, dass sich das freigegebene Geld nicht mehr auf
dem durch den Mittelverwendungskontrollvertrag geschützten Einzahlungskonto
befinde. Der Umstand, dass die Schuldnerin von dem freigegebenen Geld mög-
licherweise (auch) berechtigte Forderungen ihrer Gläubiger - unter anderem der
Komplementärin - befriedigt habe, welche nunmehr in der Insolvenz der Schuld-
nerin der Kläger hätte erfüllen müssen, könne allenfalls im Rahmen der Vorteils-
ausgleichung berücksichtigt werden.
Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie als Schadenser-
satz mehr zahlen müsse, als letztlich den Kommanditisten im Wege der Auskeh-
rung gemäß § 199 InsO nach Befriedigung der Insolvenzgläubiger unter Verwen-
dung des Klagebetrages zugute komme. Denn die Zahlungspflicht der Beklagten
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sei nicht höher als der Schaden der Kommanditisten. Dieser bestehe wirtschaft-
lich in dem Verlust ihrer Einlage, formell in der Freigabe vom Einzahlungskonto.
Durch die Schadensersatzpflicht der Beklagten sollten die Kommanditisten so
gestellt werden, wie sie ohne deren Pflichtverletzung stünden. Dann hätten die
Einlagen auf dem Einzahlungskonto zur Verfügung gestanden. Die Kommanditis-
ten hätten darauf keinen unmittelbaren eigenen Zugriff gehabt, sondern, da es
auch ohne die Pflichtverletzung der Beklagten zur Insolvenz der Schuldnerin ge-
kommen wäre, nur der Kläger als Insolvenzverwalter. Da die Kommanditeinlagen
für die Verpflichtungen der Schuldnerin hafteten und durch einen Mittelverwen-
dungskontrollvertrag die gesetzliche Haftung der Kommanditisten nicht außer
Kraft gesetzt werden könne, hätte der Insolvenzverwalter zur Befriedigung der
Insolvenzgläubiger unbeschränkten Zugriff auf das Einzahlungskonto gehabt.
Dieses Ergebnis werde vorliegend dadurch erzielt, dass Zahlung an den Insol-
venzverwalter der Schuldnerin verlangt werde, der erst nach Abschluss des
Insolvenzverfahrens einen Überschuss an die Kommanditisten auskehren kön-
ne. Die Anleger würden auf diese Weise nicht besser gestellt, als sie ohne die
Pflichtverletzung und ohne die Schadensersatzleistung stünden.
Andererseits sei die volle Schadensersatzzahlung der Beklagten erfor-
derlich, um die Kommanditisten wenigstens so zu stellen, wie sie ohne die
Pflichtverletzung stünden. Würde die Beklagte nur so viel zahlen, wie bei den
Kommanditisten gegebenenfalls bei einer Verteilung nach § 199 InsO ankomme,
müssten die Insolvenzgläubiger dennoch im selben Umfang befriedigt werden, so
dass die Kommanditisten noch weniger erhielten. Auch wenn somit die Aufwen-
dungen für die Herstellung des schadenfreien Zustands deutlich höher seien als
der eigentlich bei den Anlegern entstandene Schaden, sei die aus dem Grund-
satz der Naturalrestitution folgende Zahlungspflicht der Beklagten nicht nach
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§ 251 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeschlossen, weil es sich hier nicht um "unverhält-
nismäßige" Aufwendungen handele.
Die Pflichtverletzung der Beklagten sei kausal für die Entstehung des
Schadens. Da die Schuldnerin nur zusammen mit der Beklagten über die Gel-
der auf dem Einzahlungskonto habe verfügen können, habe das Geld ohne die
Freigabe durch die Beklagte nicht abfließen können.
Der Kläger sei nach § 335 BGB befugt, den Schadensersatzanspruch in
Form einer Zahlung an sich zu verlangen. Zwar könne beim Vertrag zugunsten
Dritter der Versprechensempfänger grundsätzlich Ansprüche des begünstigten
Dritten nur als Leistung an diesen geltend machen. Da die Anleger vorliegend
jedoch ohnehin nur einen Anspruch auf Wiederauffüllung des Kontos hätten, sei
ihr Anspruch mit dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch identisch. Eine
Aktivlegitimation nach § 92 InsO bestehe hingegen nicht.
Allerdings sei die vom Kläger geltend gemachte Forderung insbesondere
um die zu Recht freigegebenen Vorbereitungs- und Vertriebskosten (18 % der
jeweiligen Einlage zuzüglich 5 % Agio gemäß § 2 Nr. 3 des Mittelverwendungs-
kontrollvertrags) sowie im Wege der Vorteilsausgleichung um weitere Beträge
zu kürzen, welche die Schuldnerin nach Freigabe der Gelder durch die Beklagte
zur Tilgung berechtigter Forderungen von Gläubigern verwendet habe, die auch
in der Insolvenz vor den Kommanditisten hätten befriedigt werden müssen.
Zahlungen der Schuldnerin an ihre Komplementärin seien hingegen größten-
teils nicht schadensmindernd zu berücksichtigen, da die insofern darlegungs-
und beweispflichtige Beklagte nicht vorgetragen habe, dass es sich hierbei um
berechtigte, also im Insolvenzverfahren zu berücksichtigende Forderungen ge-
handelt habe.
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II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Klä-
ger kann von der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt (teilweise)
Erstattung der vom Einzahlungskonto abgeflossenen Kommanditeinlagen durch
Zahlung an sich in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Schuldnerin
verlangen.
1.
Ein entsprechender Zahlungsanspruch der Schuldnerin gegen die Be-
klagte, den der Kläger als Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO geltend ma-
chen könnte, ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus
§ 335 BGB in Verbindung mit Schadensersatzansprüchen der Anleger nach
§ 280 Abs. 1 BGB. Denn die Anleger können als Dritte im Sinne von § 335 BGB
von der Beklagten als Folge einer - unterstellten - Verletzung des Mittelverwen-
dungskontrollvertrags nicht die Wiederauffüllung des Einzahlungskontos oder
die Erstattung der von diesem Konto abgeflossenen Gelder an die Schuldnerin,
sondern lediglich Ersatz des ihnen jeweils konkret entstandenen Vermögens-
schadens im Wege der Zahlung an sich selbst beanspruchen. Dementspre-
chend kann auch der Kläger gemäß § 335 BGB allenfalls Zahlung an die Anle-
ger, nicht aber an sich selbst verlangen.
a) Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Berufungsgericht
davon ausgegangen, dass es sich bei dem zwischen der Schuldnerin und der
Beklagten geschlossenen Mittelverwendungskontrollvertrag um einen Vertrag
im Sinne des § 328 BGB zugunsten der Anleger, die der Schuldnerin (unmittel-
bar oder mittelbar über den Treuhandkommanditisten) als Kommanditisten bei-
getreten sind, handelt. Dies wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt.
Der Mittelverwendungskontrollvertrag wurde laut seiner Präambel "zugunsten"
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der noch einzuwerbenden Kommanditisten geschlossen. Er sollte die Anleger
gegen bestimmte unwirtschaftliche oder gar missbräuchliche Maßnahmen der
Schuldnerin beziehungsweise ihres geschäftsführenden Organs, der Komple-
mentärin, schützen. Daraus hat das Berufungsgericht zutreffend auf eine
Schutzfunktion des Vertrags zugunsten der als Kommanditisten beitretenden
Anleger geschlossen. Daneben weist auch die Regelung in § 5 des Mittelver-
wendungskontrollvertrags, wonach dieser nicht ohne die Zustimmung der Anle-
ger, deren Einlagen sich noch auf dem Einzahlungskonto befinden, geändert
werden kann, auf einen echten Vertrag zugunsten Dritter hin.
b) Die Beklagte schuldet den Anlegern jedoch entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts nicht die (teilweise) Wiederauffüllung des Einzahlungs-
kontos der Schuldnerin oder eine entsprechende Zahlung an die Masse. Dabei
kann dahinstehen, ob, wie das Berufungsgericht annimmt, die Beklagte die ihr
aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag gegenüber den Anlegern obliegenden
Pflichten verletzt hat. Denn etwaige hieraus resultierende Schadensersatzan-
sprüche der Anleger gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB wären jedenfalls
nicht auf Erstattung der vom Einzahlungskonto an die Schuldnerin freigegebe-
nen Geldbeträge, sondern allein auf Ausgleich des individuellen Vermögens-
schadens des jeweiligen Anlegers durch Leistung an diesen gerichtet.
aa) Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete
den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflich-
tende Umstand nicht eingetreten wäre. Gewahrt wird mithin das Herstellungs-
interesse (Integritätsinteresse) des Geschädigten (Staudinger/Schiemann,
BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 210; MünchKommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 249
Rn. 325). Das Berufungsgericht hat eine Pflichtverletzung der Beklagten darin
gesehen, dass diese die auf dem Einzahlungskonto befindlichen Gelder unter
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Verletzung des Mittelverwendungskontrollvertrags freigegeben hat. Dement-
sprechend ist eine - unterstellte - Schadensersatzpflicht der Beklagten gegen-
über den Anlegern nach § 249 Abs. 1 BGB darauf gerichtet, den Zustand her-
zustellen, der bestünde, wenn die Kommanditeinlagen nicht vom Einzahlungs-
konto freigegeben worden wären. Diese Pflicht des Schädigers bezieht sich in-
des allein auf die Rechtsgüter und das Vermögen des jeweiligen Geschädigten.
Nur auf diese Weise kann das durch § 249 Abs. 1 BGB geschützte Integritätsin-
teresse des Geschädigten gewahrt werden. Bei ihm und durch Leistung an ihn,
nicht jedoch bei einem Dritten oder durch Leistung an den Dritten, ist der scha-
denfreie Zustand in tatsächlicher wie vermögensmäßiger Hinsicht herzustellen
(1) Die gesellschaftsrechtliche Stellung der Anleger als Kommanditisten
der Schuldnerin ist durch die - unterstellte - Pflichtverletzung der Beklagten
nicht berührt worden. Sie ist damit auch nicht Gegenstand des Herstellungsinte-
resses der Anleger. Sind jedoch die Einlagen der Kommanditisten unter Verlet-
zung der Bestimmungen des Mittelverwendungskontrollvertrags durch die Frei-
gabe der Beklagten von dem Einzahlungskonto abgeflossen, kann sich hier-
durch der Wert der Kommanditbeteiligungen der Anleger verringert haben. Ge-
genstand des Herstellungsinteresses der Anleger ist damit der Wert ihrer (je-
weiligen) Beteiligung und der durch seine etwaige Verringerung verursachte
Vermögensschaden der Anleger.
(2) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Er-
mittlung und Bemessung eines nach §§ 249 ff BGB zu ersetzenden Ver-
mögensschadens grundsätzlich von der Differenzhypothese auszugehen, also
die nach dem haftungsbegründenden Ereignis eingetretene Vermögenslage mit
derjenigen zu vergleichen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (vgl. Se-
natsurteile vom 6. Mai 2004 - III ZR 247/03, BGHReport 2004, 1159, 1161 und
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vom 11. Mai 2006 - III ZR 228/05, NJW-RR 2006, 1403 Rn. 9; BGH, Urteile vom
6. Juli 2000 - IX ZR 198/99, NJW 2001, 673, 674 und vom 7. November 2000
- VI ZR 400/99, NJW 2001, 1274). Maßgebender Zeitpunkt für den Vermögens-
vergleich ist dabei im Schadensersatzprozess die letzte mündliche Tatsachen-
verhandlung (Senatsurteil vom 6. Mai 2004, aaO; MünchKommBGB/Oetker,
aaO Rn. 312, 317 mwN). Der von der Beklagten im Fall einer Pflichtverletzung
zu ersetzende Schaden besteht mithin in der Differenz zwischen dem hypothe-
tischen Wert des Kommanditanteils des jeweiligen Anlegers bei ausschließlich
vertragsgemäß vorgenommenen Auszahlungen vom Einzahlungskonto und
dem tatsächlichen Wert des Kommanditanteils infolge des - unterstellt - pflicht-
widrig veranlassten Abflusses der Einlagen vom Einzahlungskonto im Zeitpunkt
der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht.
(a) Bei der Bemessung des tatsächlichen Werts der Kommanditanteile im
Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist die zwi-
schenzeitlich eingetretene Insolvenz der Schuldnerin zu berücksichtigen. Die
Anleger können aufgrund der - selbst im Anfechtungsfall - nicht rückwirkend zu
beseitigenden gesellschaftsrechtlichen Beteiligung ihre Einlage nicht zurückfor-
dern, sondern allein an einem etwaigen Überschuss nach Abschluss des Insol-
venzverfahrens partizipieren (§ 199 Satz 2 InsO). Der Wert ihrer jeweiligen Be-
teiligung an der Schuldnerin entspricht damit der Höhe eines nach § 199 Satz 2
InsO zu erwartenden Überschusses. Angesichts der vom Kläger gemäß § 208
Abs. 1 InsO angezeigten Masseunzulänglichkeit ist davon auszugehen, dass
die Anleger einen solchen Überschuss nicht zu erwarten haben, ihre Beteili-
gungen an der Schuldnerin mithin wertlos sind.
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(b) Bei der Bemessung des hypothetischen Werts der Kommanditanteile
ist darauf abzustellen, wie sich die Fondsgesellschaft ohne die - unterstellte -
Pflichtverletzung der Beklagten entwickelt hätte, sei es, dass sie hätte fortge-
führt werden können, sei es, dass es - wie die Beklagte vorgetragen hat - auch
in diesem Fall zur Insolvenz der Fondsgesellschaft gekommen wäre.
Die sich aus dem Vergleich des hypothetischen Werts mit dem tatsächli-
chen Wert der Kommanditanteile ergebende Differenz stellt den Schaden des
(jeweiligen) Anlegers dar. Er ist in dem Vermögen des Anlegers entstanden.
Nach den vorstehenden schadensrechtlichen Grundsätzen ist er allein durch
Leistung an den Anleger auszugleichen.
bb) Dem damit grundsätzlich auf Leistung an ihn selbst gerichteten An-
spruch des Anlegers stehen weder schadensersatzrechtliche noch gesell-
schaftsrechtliche Gesichtspunkte entgegen oder solche, die sich aus der ver-
traglich festgelegten Drittbegünstigung ergeben.
(1) Das Berufungsgericht hat den von ihm bestimmten Inhalt des An-
spruchs der Kommanditisten auf Wiederauffüllung des Einzahlungskontos damit
begründet, dass die Kommanditisten nicht besser gestellt werden sollten als sie
ohne die Pflichtverletzung der Beklagten stünden. Sie hätten dann keinen An-
spruch auf Rückzahlung ihrer Einlage.
Indes werden bei einer Zahlung unmittelbar an die Kommanditisten diese
nicht besser gestellt als ohne Pflichtverletzung der Beklagten. Der Anspruch
des einzelnen Kommanditisten bemisst sich - wie ausgeführt - nach der Diffe-
renz des Werts seines Kommanditanteils mit und ohne (unterstellter) Pflichtver-
letzung der Beklagten. Damit wird ihm nicht seine Einlage zurückgewährt, son-
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dern der in seinem Vermögen entstandene Schaden - nicht aus dem Vermögen
der Fondsgesellschaft, sondern durch einen Dritten - ausgeglichen.
Demgegenüber führte der Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts
dann, wenn es sowohl auf der Grundlage der tatsächlichen wie auch der hypo-
thetischen Vermögenslage der Schuldnerin nach Abschluss des Insolvenzver-
fahrens nichts mehr zu verteilen gäbe, also im Vermögen der Anleger kein
Schaden feststellbar wäre, zu einer unbilligen Schlechterstellung der Beklagten.
Diese müsste im Ergebnis ausschließlich den im Vermögen der Schuldnerin
feststellbaren Vermögensnachteil (zum Nutzen der Gesellschaftsgläubiger) aus-
gleichen, obwohl der Mittelverwendungskontrollvertrag gerade nicht die (Ver-
mögens-)Interessen der Fondsgesellschaft, sondern die der Anleger schützen
soll.
Andererseits könnte auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Beru-
fungsgerichts eine nach Maßgabe der §§ 249 ff BGB nicht zu rechtfertigende
Schlechterstellung der Anleger eintreten; nämlich dann, wenn ohne das pflicht-
widrige Verhalten des Mittelverwendungskontrolleurs nicht nur die Insolvenz
des Fonds vermieden worden wäre, sondern dieser sich gewinnbringend ent-
wickelt hätte. In diesem Falle würde es allgemeinen schadensersatzrechtlichen
Grundsätzen widersprechen, die Höhe des zu ersetzenden Schadens sum-
menmäßig auf den Betrag der pflichtwidrig freigegebenen Zahlungen zu be-
grenzen.
(2) Soweit der Bundesgerichtshof im Bereich der Personenhandelsge-
sellschaften entschieden hat, bei Schädigung von Rechtsgütern oder des Ver-
mögens der Gesellschaft könne Ausgleich des Schadens allein im Gesell-
schaftsvermögen, nicht aber beim einzelnen Gesellschafter verlangt werden
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(vgl. BGH, Urteile vom 17. Juni 1953 - II ZR 205/52, BGHZ 10, 91, 100 und vom
17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 194), hat dies für den vorlie-
genden Fall keine Bedeutung. Denn Gegenstand der Entscheidungen war nicht
die - hier zu beurteilende - Frage, welchen Inhalt ein eigenständiger individueller
Schadensersatzanspruch des Gesellschafters bei einer zugleich erfolgten
Schädigung der Gesellschaft hat, insbesondere ob sein Anspruch auf Leistung
an ihn selbst oder an die Gesellschaft gerichtet ist. Vielmehr ging es in den Ur-
teilen allein um die Anspruchsinhaberschaft. Der Bundesgerichtshof hat inso-
fern klargestellt, dass bei einer handelsrechtlichen Gesamthand nur die Gesell-
schaft selbst ersatzberechtigt ist, weil die Verselbständigung des Gesellschafts-
vermögens im Rahmen des § 124 HGB und die damit verbundene eigene An-
spruchsberechtigung und Verpflichtungsfähigkeit der Gesellschaft einem eige-
nen Anspruch des Gesellschafters entgegenstehen (BGH aaO). Die Frage, ob
ein etwaiger Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen Schädigung
der Schuldnerin alternativ den Anlegern oder der Schuldnerin zusteht, stellt sich
im vorliegenden Verfahren jedoch nicht. Hier ist vielmehr zu entscheiden, worauf
ein - allein streitgegenständlicher - (potenzieller) Schadensersatzanspruch der
Anleger wegen Verletzung von ihnen gegenüber bestehenden Sorgfaltspflichten
inhaltlich gerichtet ist.
(3) Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Schadens-
ersatz für sogenannte "Reflexschäden" bei Gesellschaftern vor allem von Kapi-
talgesellschaften ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
(a) Nach ständiger Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesge-
richtshofs steht einem Gesellschafter ein Anspruch auf Leistung von Schadens-
ersatz an sich persönlich wegen einer Minderung des Werts seiner Beteiligung,
die aus einer Schädigung der Gesellschaft resultiert, grundsätzlich nicht zu.
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Vielmehr kann er wegen der Grundsätze der Kapitalerhaltung, der Zweckbin-
dung des Gesellschaftsvermögens sowie des Gebots der Gleichbehandlung
aller Gesellschafter auch aus einem eigenen Anspruch gegen den Ersatzpflichti-
gen in der Regel allein Leistung an die Gesellschaft verlangen (vgl. Urteile vom
10. November 1986 - II ZR 140/85, NJW 1987, 1077, 1079; vom 29. Juni 1987
- II ZR 173/86, NJW 1988, 413, 414 und vom 11. Juli 1988 - II ZR 243/87, BGHZ
105, 121, 130 f). Aus den Regelungen in § 117 Abs. 1 Satz 2 und § 317 Abs. 1
Satz 2 AktG, die jeweils einen eigenen Anspruch des Aktionärs wegen eines
"Reflexschadens" von vornherein ausschließen, um zu verhindern, dass der
Aktionär der Gesellschaft zuvorkommt und dieser dadurch die Realisierung ihres
Anspruchs erschwert (vgl. BR-Drucks. 100/60a S. 147 zu § 113 AktG-E), hat der
II. Zivilsenat in Übereinstimmung mit großen Teilen der Literatur den verallge-
meinerungsfähigen Rechtsgedanken abgeleitet, dass generell, also auch bei
Bestehen eines eigenen Schadensersatzanspruchs des Gesellschafters gegen
den Schädiger, der Ausgleich solcher mittelbarer Schäden, die allein auf der
Schädigung der Gesellschaft beruhen, in das Privatvermögen des Gesellschaf-
ters nicht in Betracht kommt (vgl. Urteile vom 10. November 1986, vom 29. Juni
1987 und vom 11. Juli 1988, jeweils aaO; MünchKommBGB/Oetker aaO § 249
Rn. 288; MünchKommAktG/Spindler, 3. Aufl., § 93 Rn. 283 und § 117 Rn. 52).
(b) Zwar besteht auch vorliegend der potenzielle Schaden der Anleger
allein in der Minderung ihres jeweiligen Beteiligungswerts an der Schuldnerin.
Der Schutzweck des streitgegenständlichen Mittelverwendungskontrollvertrags
schließt jedoch eine Anwendung der vorstehend dargelegten Rechtspre-
chungsgrundsätze aus.
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Der Mittelverwendungskontrollvertrag wurde, wie das Berufungsgericht
zutreffend ausgeführt hat, im ausschließlichen Interesse der Anleger geschlos-
sen. Er diente nicht dem Interesse der Schuldnerin, sondern dem Schutz des
Interesses der Kommanditisten gegenüber der Schuldnerin und deren Komple-
mentärin (zur Schutzrichtung eines zugunsten der Anleger von einer Fondsge-
sellschaft als Versprechensempfängerin geschlossenen Mittelverwendungskon-
trollvertrags vgl. auch Senat, Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 108/08,
BGHZ 183, 220 Rn. 19 f). Da die Beklagte zur Kontrolle der Verwendung der
Einlage jedes einzelnen beitretenden Kommanditisten berufen war, wurde ihre
Schutzpflicht gegenüber jedem Anleger mit dessen Beitritt zur Schuldnerin be-
gründet. Ziel der Kontrolle war es sicherzustellen, dass die vom jeweiligen An-
leger eingebrachten Mittel im Rahmen des Investitionsplans verwendet wurden
und auf diese Weise die im Fondsprospekt in Aussicht gestellte Chance auf
eine entsprechende Werthaltigkeit seiner Beteiligung gewahrt wurde. Nur im
Hinblick auf dieses Vermögensinteresse der vom Mittelverwendungskontrollver-
trag begünstigten Anleger hatte sich die Beklagte um die Geschäfte der
Schuldnerin zu kümmern. Nur zur Vermeidung einer potenziellen Entwertung
der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung der begünstigten Anleger hatte die Be-
klagte gegebenenfalls eine Mittelverwendung zu verhindern, die auch die
Schuldnerin selbst schädigen konnte. Gegenüber der Schuldnerin bestand die
Kontrollpflicht der Beklagten indes nicht. Ein in Folge einer Verletzung der im
Verhältnis zu den Kommanditisten bestehenden Schutzpflicht der Beklagten im
Vermögen der Kommanditisten entstandener Schaden ist daher nicht lediglich
ein "Reflexschaden" eines zugleich im Vermögen der Schuldnerin entstandenen
Schadens. Es handelt sich vielmehr um einen eigenständig zu bewertenden
und gegenüber den Kommanditisten auszugleichenden Schaden.
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Könnte der geschädigte Anleger vorliegend in Anwendung der vom II. Zi-
vilsenat entwickelten gesellschaftsrechtlichen Grundsätze nur Leistung an die
Gesellschaft fordern, so käme die Ersatzleistung vor allem - wenn nicht ange-
sichts der Insolvenz und der vorrangigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger
sogar ausschließlich - der Schuldnerin beziehungsweise ihren Gläubigern zugu-
te. Damit würde der Zweck des Mittelverwendungskontrollvertrags weitgehend
verfehlt. Denn durch ihn werden weder die Interessen der Schuldnerin noch die
Interessen ihrer Gläubiger geschützt.
Im Fall der Verletzung von dem Mittelverwendungskontrolleur (aus-
schließlich) gegenüber den Anlegern obliegenden Kontrollpflichten ist der hier-
durch im Vermögen der Anleger entstandene Schaden daher auch dann durch
Leistung unmittelbar an die geschädigten Anleger auszugleichen, wenn in Folge
der vertragswidrigen Mittelverwendung (durch das geschäftsführende Organ)
zugleich auch ein Schaden im Vermögen der Fondsgesellschaft entstanden ist.
(c) Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Mittelverwendungskon-
trollvertrags verbietet sich auch eine Auslegung des Vertrags dahin, dass die
Schuldnerin (neben beziehungsweise zusätzlich zu den Anlegern) als Vertrags-
partnerin der Beklagten (Versprechensempfängerin) im Falle einer Pflichtverlet-
zung der Beklagten Ersatz eigener Vermögensschäden verlangen kann (vgl.
BGH, Urteil vom 10. Januar 1984 - VI ZR 158/82, BGHZ 89, 263, 266 f). Es ver-
bleibt daher bei dem - sich bereits aus dem Wortlaut der Norm eindeutig erge-
benden - Grundsatz, dass das neben das Recht des Dritten (Anleger) tretende
eigene Forderungsrecht des Versprechensempfängers (Schuldnerin) gegen den
Versprechenden (Beklagte) ausschließlich auf Leistung an den Dritten geht, un-
beschadet dessen, dass es vorliegend nicht um Primär- sondern um Sekun-
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däransprüche geht (vgl. Staudinger/Jagmann, BGB, Neubearb. 2009, § 335
Rn. 6; MünchKommBGB/Gottwald aaO § 335 Rn. 4).
2.
Die vom Berufungsgericht angenommene Verpflichtung der Beklagten,
den Schaden der Anleger durch Erstattung der vom Einzahlungskonto abge-
flossenen Gelder an die Masse auszugleichen, kann auch nicht auf eine Einzie-
hungsbefugnis des Klägers gemäß oder entsprechend § 92 Satz 1 InsO ge-
stützt werden.
Nach § 92 Satz 1 InsO können während der Dauer des Insolvenzverfah-
rens Ansprüche der Insolvenzgläubiger auf Ersatz eines Gesamtschadens, also
eines Schadens, den diese Gläubiger gemeinschaftlich durch Verminderung
des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung
des Insolvenzverfahrens erlitten haben, nur vom Insolvenzverwalter geltend
gemacht werden. Als Insolvenzgläubiger sind in diesem Zusammenhang nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und herrschender Meinung
in der Literatur sowohl Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO als auch nach-
rangige Gläubiger im Sinne des § 39 InsO zu verstehen, also die persönlichen
Gläubiger des Schuldners (vgl. Kreft/Kayser, InsO, 6. Aufl., § 92 Rn. 18; Jaeger/
Müller, InsO, § 92 Rn. 19; Wittkowski/Kruth in Nerlich/Römermann [2012], InsO,
§ 92 Rn. 10). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
a) Eine unmittelbar am Wortlaut der Norm orientierte Anwendung von
§ 92 Satz 1 InsO scheidet aus. Da die Anleger als Gesellschafter nicht Gläubiger
der Schuldnerin sind, sondern sie als Personengesellschaft konstituieren, und
da ihnen in der Insolvenz der Gesellschaft, wie aus § 199 Satz 2 InsO folgt,
jeweils nur der nach Befriedigung aller Gläubiger verbleibende Überschuss an-
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teilig zusteht, fallen sie nach dem Wortlaut der Norm nicht in deren persönlichen
Anwendungsbereich.
b) Aber auch eine erweiternde Auslegung oder entsprechende Anwen-
dung von § 92 Satz 1 InsO und des dort verwandten Begriffs des Insolvenz-
gläubigers auf Gesellschafter des Insolvenzschuldners und ihre Ansprüche
kommt vorliegend nicht in Betracht. Sie ist - unabhängig von der Frage einer im
Fall der Analogie erforderlichen Regelungslücke - durch Normzweck und Inte-
ressenlage nicht geboten (so Kiethe, ZIP 2005, 1535, 1538 für über reine
Reflexschäden hinausgehende Schäden der Gesellschafter; Graf-Schlicker/
Hofmann, InsO, 3. Aufl., § 92 Rn. 2; a.A. für reine Reflexschäden der Gesell-
schafter: Haas/Hossfeld in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 4. Aufl., § 92
Rn. 497).
aa) § 92 InsO soll den ungestörten Ablauf des Insolvenzverfahrens si-
chern, indem der Wettlauf der Gläubiger um das pfändbare Vermögen des Er-
satzpflichtigen ausgeschlossen wird. Zugleich soll die gleichmäßige Befriedigung
aller Gläubiger gewährleistet werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 139 zu § 103
InsO-E; MünchKommInsO/Brandes aaO § 92 Rn. 1; Hammes in Hess, Insol-
venzrecht, § 92 InsO Rn. 1; Jaeger/Müller aaO Rn. 3). Darüber hinaus soll § 92
InsO auch dazu dienen, die Insolvenzmasse zugunsten aller Gläubiger zu ver-
vollständigen (vgl. BT-Drucks. 12/2443 aaO; MünchKommInsO/Brandes aaO
Rn. 2). Die Vorschrift hat jedoch nicht eine materielle Umverteilung zum Ziel; sie
will insbesondere nicht durch eine Mehrung der Masse den Insolvenzgläubigern
Vermögenswerte zukommen lassen, die ihnen - wie hier ein etwaiger Scha-
densersatzanspruch der Gesellschafter gegen die Beklagte (s. oben 1 b bb (3)
(b)) - nicht zustehen. Daher ist weitgehend anerkannt, dass der Insolvenzver-
walter sogenannte "Teilgesamtschäden" nur zugunsten der anspruchsberech-
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tigten Gläubiger einziehen darf und insoweit eine Sondermasse zu bilden hat
(vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2008 - IX ZB 199/05, NZI 2009, 108,
109 (zur parallelen Problematik bei § 93 InsO); MünchKommInsO/Brandes aaO
Rn. 11; Wittkowski/Kruth aaO Rn. 5; Graf-Schlicker/Hofmann aaO Rn. 3). Kei-
nesfalls könnte daher vorliegend wegen des von den Kommanditisten erlittenen
Schadens - zum Vorteil vor allem auch der Insolvenzgläubiger (im Sinne von
§§ 38, 39 InsO) - eine Wiederauffüllung des Einzahlungskontos in Höhe der von
dort abgeflossenen Einlagen gefordert werden. Allenfalls käme die Geltendma-
chung von Schäden in der vorstehend (unter 1 b aa (2)) definierten Höhe als
Teilgesamtschaden unter Bildung einer Sondermasse zugunsten der geschä-
digten Kommanditisten in Betracht.
bb) Ein Bedürfnis nach einer solchen Bündelung auch von Schadenser-
satzansprüchen der Gesellschafter gegen Dritte wegen einer Minderung des
Werts ihrer Beteiligungen in der Hand des Insolvenzverwalters ist indes nicht
ersichtlich. Allein der Umstand, dass gegebenenfalls auch hier ein "Wettlauf"
derjenigen Gesellschafter vermieden werden könnte, denen der Dritte (aus
demselben Rechtsgrund) auf Schadensersatz haftet, begründet eine erweitern-
de Auslegung oder entsprechende Anwendung von § 92 Satz 1 InsO nicht. Ein
"Wettlauf" zwischen der Schuldnerin oder den Insolvenzgläubigern (im Sinne
von §§ 38, 39 InsO) einerseits wegen einer gegebenenfalls durch die vertrags-
widrige Mittelverwendung zugleich erfolgten Schädigung des Gesellschaftsver-
mögens und den Kommanditisten andererseits wegen der von ihnen erlittenen
Vermögensschäden ist ebenso wenig zu befürchten wie eine doppelte Inan-
spruchnahme des Schädigers. Denn die Beklagte als Mittelverwendungskon-
trolleurin haftet - wie ausgeführt - ausschließlich den Kommanditisten.
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Zudem würde, da die realisierten Ansprüche, wie gesehen, der Insol-
venzmasse nicht zugute kämen, der Funktionskreis des Insolvenzverwalters,
dessen primäre Aufgabe die Mehrung und Verteilung der Masse zugunsten der
Insolvenzgläubiger (im Sinne von §§ 38, 39 InsO) ist, ohne zwingenden Grund
erheblich erweitert. Für die Interessen der Gesellschafter des Schuldners erklärt
ihn das Gesetz nur ausnahmsweise für zuständig, so beispielsweise für die
Herausgabe eines Überschusses gemäß § 199 Satz 2 InsO (Kreft/Depré aaO
§ 199 Rn. 3; MünchKommInsO/Hintzen aaO § 199 Rn. 2; Westphal in Nerlich/
Römermann aaO § 199 Rn. 7 ff). Eine Kompetenz zur der Herausgabe des
Überschusses gleichsam vorgelagerten Geltendmachung von Ansprüchen der
Gesellschafter entsprechend § 92 Satz 1 InsO ergibt sich hieraus jedoch nicht.
3.
Die Klage ist schließlich auch nicht begründet, soweit sich der Kläger
hilfsweise auf das abgetretene Recht eines an der Schuldnerin beteiligten An-
legers stützt.
a) Ein Anspruch mit dem vom Kläger geltend gemachten Inhalt stand
dem Zedenten gegen die Beklagte nicht zu. Wie oben (1 b) dargelegt, konnte
der Zedent ebenso wenig wie die übrigen vom Mittelverwendungskontrollvertrag
begünstigten Anleger von der Beklagten Erstattung der vom Einzahlungskonto
der Schuldnerin freigegebenen Gelder an die Schuldnerin beziehungsweise an
den Kläger oder die Masse verlangen. Entsprechend konnte ein solcher An-
spruch auch nicht an den Kläger abgetreten werden.
b) Die Klage aus abgetretenem Recht kann auch nicht teilweise, nämlich
in Höhe des Teilbetrags Erfolg haben, welcher der vom Zedenten möglicher-
weise erlittenen Minderung des Werts seiner Beteiligung an der Schuldnerin
entspricht. Ob ein solcher Anspruch von der vorgelegten Abtretungsvereinbarung
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umfasst ist, bedarf dabei keiner Entscheidung. Denn jedenfalls ist er vom Kläger
prozessual nicht geltend gemacht worden und daher nicht streitgegenständlich.
Der Kläger hat, auch soweit er hilfsweise aus abgetretenem Recht vor-
gegangen ist, ausdrücklich nur einen Anspruch des Zedenten auf Erstattung der
vom Einzahlungskonto freigegebenen Gelder an die Masse, also einen auf Zah-
lung an einen Dritten gerichteten Anspruch geltend gemacht. Dieses Klagebe-
gehren unterscheidet sich schon in der Rechtsfolge von dem Anspruch, welcher
dem Zedenten möglicherweise gegen die Beklagte zustehen könnte. Letzterer
wäre auf Ersatz seiner, des Zedenten, Vermögenseinbuße in Höhe des Wertver-
lusts seiner Beteiligung durch Leistung an ihn persönlich gerichtet. Der klage-
weise geltend gemachte Anspruch hingegen geht auf Leistung an einen Dritten.
Er bemisst sich zudem (nach Vorstellung des Klägers) nicht nach den Vermö-
gensumständen des Zedenten, sondern nach denen der Schuldnerin (Wieder-
auffüllung des Einzahlungskontos), also wiederum eines Dritten. Insofern stellen
die Ansprüche nicht lediglich zwei verschiedene Liquidationsformen eines ein-
heitlichen Schadensersatzanspruchs dar (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. Juni
1992 - I ZR 107/90, BGHZ 119, 20, 23) und ist der potenzielle Wertersatzan-
spruch des Zedenten in der Klageforderung nicht als "Minus" enthalten. Vielmehr
ist er aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen ein "Aliud". Daran hat auch die
(behauptete) Zession, die wegen § 399 1. Alt. BGB keine Inhaltsänderung zur
Folge haben konnte, nichts geändert.
4.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Berufung des Klä-
gers gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Der Senat kann in der
Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da dem Kläger unter keinem
rechtlichen Gesichtspunkt ein auf Wiederauffüllung des Einzahlungskontos oder
auf sonstige Erstattung des von diesem Konto abgeflossenen Guthabens ge-
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richteter Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte beziehungsweise eine
Einziehungsbefugnis für einen solchen Anspruch zusteht, erweist sich das kla-
geabweisende Urteil des Landgerichts als richtig. Die hiergegen gerichtete Be-
rufung des Klägers ist unbegründet.
Schlick
Wöstmann
Seiters
Tombrink
Remmert
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 02.12.2009 - 326 O 134/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 27.10.2011 - 6 U 190/09 -