Urteil des BGH vom 20.12.2007

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5 StR 233/08
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 4. September 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. Septem-
ber 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp
als
beisitzende
Richter,
Staatsanwalt
als
Vertreter
der
Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als
Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des
Landgerichts Görlitz vom 20. Dezember 2007 wird verwor-
fen.
Die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten und not-
wendigen Auslagen der Angeklagten fallen der Staatskasse
zur Last.
– Von Rechts wegen –
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagte – unter Freispruch im Übrigen –
wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz in 76 Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstre-
ckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Allein gegen
diese Aussetzungsentscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer
wirksam beschränkten, auf die Sachrüge gestützten Revision, die vom Gene-
ralbundesanwalt vertreten wird. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
I.
Das Landgericht hat gegen die Angeklagte, die ohne die erforderliche
Erlaubnis durch das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen Aktien- und Devi-
senkäufe vermittelte (§ 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1a
Satz 2 Nr. 1 KWG), Einzelgeldstrafen ab 50 Tagessätze bis zu Einzelfrei-
heitsstrafen von sechs Monaten verhängt und daraus eine Gesamtfreiheits-
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strafe von einem Jahr gebildet. Die günstige Sozialprognose im Sinne des
§ 56 Abs. 1 StGB hat das Landgericht mit der Unvorbestraftheit der Ange-
klagten, mit deren geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen und fortgeschrit-
tenem Lebensalter begründet. Dabei hat das Landgericht berücksichtigt (UA
S. 50), dass die Angeklagte noch während laufender Hauptverhandlung wei-
tere Finanzdienstleistungen erbrachte, die den geahndeten ähnlich waren.
Gleichwohl hat es sich unter dem von der geständigen Angeklagten in der
Hauptverhandlung gewonnenen Eindruck davon überzeugt, dass diese sich
durch die Strafverurteilung von weiteren unerlaubten Anlagevermittlungsge-
schäften werde abhalten lassen.
II.
3
Die Aussetzungsentscheidung des Landgerichts (§ 56 Abs. 1 StGB)
lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Dass das Landgericht davon ausgeht,
dass sein Strafurteil die Angeklagte mehr beeindruckt als das laufende Straf-
verfahren, ist vom tatrichterlichen Beurteilungsspielraum gedeckt. Es liegt auf
der Hand, dass die Aussetzungsentscheidung bei der unvorbestraften und
geständigen Angeklagten nicht den Bereich des Vertretbaren verlässt (vgl.
auch BGHR StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 17). Soweit die Staatsanwalt-
schaft mit der Sachrüge eine ablehnende Haltung der Angeklagten gegen-
über dem Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland geltend macht (vgl.
dazu auch BGHR StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 28), ist das dem zugrun-
de liegende Verhalten der Angeklagten urteilsfremd. Im Übrigen würden wirre
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und provokante Eingaben der bejahrten Angeklagten der günstigen Progno-
se angesichts ihrer bisherigen Unbestraftheit ersichtlich auch nicht entge-
genstehen.
Basdorf Raum Brause
Schneider Dölp