Urteil des BGH vom 25.06.2013
BGH: rechtliches gehör, saldo, bereicherung, handbuch, beweislast, anhörung, wiederholung, staub, girovertrag, inhaber
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XI ZR 210/12
vom
25. Juni 2013
in dem Rechtsstreit
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Der  XI. Zivilsenat  des  Bundesgerichtshofs  hat  durch  den  Vorsitzenden  Richter
Wiechers,  die  Richter  Dr. Joeres,  Dr. Ellenberger  und  Dr. Matthias  sowie  die
Richterin Dr. Menges
am 25. Juni 2013
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil
des  17. Zivilsenats  des  Oberlandesgerichts  Karlsruhe  vom
24. April  2012  im  Kostenpunkt  und  insoweit  aufgehoben,  als  zu
seinem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung,  auch über die Kosten des Nichtzulassungsbe-
schwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: bis 40.000
€
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Ausgleich eines (kausalen) nega-
tiven  Saldos  nach  Beendigung  eines  Kontokorrents  aus  Girovertrag  in  An-
spruch.
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Der  Beklagte,  Außendienstmitarbeiter  eines  Schmuckwarenunterneh-
mens und daneben Inhaber eines Schmuckvertriebs, eröffnete, vermittelt durch
einen  unter  einem  Aliasnamen  agierenden  Bekannten  B.      ,  im  August  2008
ein  Girokonto bei der Klägerin.  Am 15. August  2008 wurden 20.850
€ von die-
sem Girokonto auf das Konto eines Dritten gebucht. Am 16. Oktober 2008 wur-
den 21.350
€ vom Konto dieses Dritten dem Konto des Beklagten gutgeschrie-
ben.  Schließlich  wurden  am  10. Dezember  2008  32.000
€  von  dem  Girokonto
auf  das  Konto des  Dritten  gebucht.  Der  Quartalsabschluss  zum 29. Dezember
2008 wies einen Negativsaldo in Höhe von 32.507,35
€ auf. Zwischen den Par-
teien fand im April 2009 ein Gespräch statt, das den Ausgleich des Sollstands
zum  Gegenstand  hatte.  Mangels  Glattstellung  kündigte  die  Klägerin  die  Ge-
schäftsverbindung  am  11. September  2009  fristlos.  Zu  diesem  Zeitpunkt  belief
sich der Sollstand auf 36.756,04
€.
Ihre auf Ausgleich des Saldos zum 11. September 2009 nebst Zinsen ge-
richtete Klage hat das Landgericht unter anderem nach Vernehmung des B.
und des wegen Untreue zu deren Nachteil strafrechtlich belangten ehemaligen
Filialleiters der Klägerin als Zeugen sowie nach informatorischer Anhörung des
Beklagten abgewiesen, weil es nach Einholung eines graphologischen Gutach-
tens zwar davon ausgegangen ist, dass die Buchung vom 15. August 2008 vom
Beklagten  veranlasst  worden  sei,  die  Umstände  der  Buchung  vom
10. Dezember 2008 indessen nicht aufzuklären vermocht hat. Es hat der Kläge-
rin  zugleich  Zinsen  aus  einer  geduldeten  Überziehung  des  Girokontos  vom
15. August 2008 bis zum 16. Oktober 2008 zuerkannt.
Auf die  Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht  der Klageforde-
rung entsprochen. Der Beklagte habe den zum Ende des Jahres 2008 erstellten
Rechnungsabschluss  jedenfalls  anlässlich  des  Gesprächs  am  7. April  2009
formlos  wirksam anerkannt,  so dass ihm als Saldoschuldner eines in  den kau-
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salen  Saldo  zum  11. September  2009  einbezogenen  abstrakten  Saldoaner-
kenntnisses  zum  Jahresende  2008  der  Nachweis  oblegen  habe,  die  Buchung
am 10. Dezember 2008 sei ohne sein  Zutun erfolgt. Da  sich die  genauen Um-
stände  dieser  Buchung  in  erster  Instanz  nicht  hätten  aufklären  lassen,  sei  der
Beklagte, soweit er seiner Inanspruchnahme die Einrede der Bereicherung ent-
gegen halte, als beweisfällig geblieben zu behandeln.
Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet
sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten.
II.
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da das angegriffene Urteil den
Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt
(vgl.  Senatsbeschlüsse  vom  11. Mai  2004  - XI ZB 39/03,  BGHZ 159,  135,
139 f.;  vom  9. Februar  2010  - XI ZR 140/09,  BKR 2010,  515,  516  und  vom
11. September  2012  - XI ZR 476/11,  juris  Rn. 7).  Aus  demselben  Grund  sind
das angefochtene Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit
aufzuheben,  als  zum  Nachteil  des  Beklagten  erkannt  worden  ist,  und  der
Rechtsstreit  im  Umfang  der  Aufhebung  zur  neuen  Verhandlung  und  Entschei-
dung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
1.  Zu  Recht  hat  das  Berufungsgericht  allerdings  konkludent  das  erstin-
stanzliche  Urteil  insoweit  abgeändert,  als  das  Landgericht  der  Klägerin  eine
Zinsforderung  für  den  Zeitraum  zwischen  dem  15. August  2008  und  dem
16. Oktober  2008  zuerkannt  hat.  Die  Klägerin  stützt  ihr  Begehren  auf  einen
kausalen Saldo zum 11. September 2009, der nach ihrem Vortrag als Aktivpos-
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ten  ein  abstraktes  Saldoanerkenntnis  zum  Ende  des  Jahres  2008  enthält.  Sie
hat  daneben  Einzelposten,  die  nach  ihrem  Vortrag  zunächst  in  einen  früheren
kausalen  Saldo  und  nach  Novation  in  das  abstrakte  Saldoanerkenntnis  einge-
flossen sind, weder in erster noch in der Berufungsinstanz im Wege der objekti-
ven  Klagenhäufung  (dazu  Staudinger/Marburger,  BGB,  Neubearb. 2009,
Vorbem.  zu  §§ 780 ff.  Rn. 16)  geltend  gemacht.  Das  Landgericht  hat  folglich,
indem  es  einen  solchen  Einzelposten  zuerkannt  hat,  gegen § 308  Abs. 1  ZPO
verstoßen.  Diesen  Verstoß  hat  das  Berufungsgericht  - wie  auch  auf  ein
Rechtsmittel nur der Klägerin möglich - korrigiert. Diese Korrektur, durch die der
Beklagte nicht beschwert ist, hat auf seine Nichtzulassungsbeschwerde im Ver-
fahren nach § 544 Abs. 7 ZPO Bestand.
2.  Das  Berufungsgericht,  das  zu  einem  vorbehaltlos  wirksamen  (BGH,
Urteil vom 17. Oktober 1960 - VII ZR 216/59, VersR 1960, 1036, 1038; Wagner
in  Röhricht/Graf  von Westphalen,  HGB,  3. Aufl.,  § 355  Rn. 40) abstrakten  Sal-
doanerkenntnis für eine spätere Rechnungsperiode keine Feststellungen getrof-
fen hat, hat indessen bei seiner Entscheidung der Frage, ob der Beklagte dem
von ihm jedenfalls anlässlich des Gesprächs am 7. April 2009 (§ 782 BGB) zum
Jahresende  2008  erklärten  Saldoanerkenntnis  als  einem  Aktivposten  des  kau-
salen  Saldos  zum  11. September  2009  die  Einrede  der  Bereicherung  nach
§ 821 BGB entgegensetzen könne, den Anspruch des Beklagten auf rechtliches
Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Es hat eine Beweislastentscheidung zu
seinem Nachteil getroffen, ohne die erstinstanzlich vernommenen Zeugen - wie
aber  nach  § 529  Abs. 1  Nr. 1,  § 398  Abs. 1  ZPO  erforderlich -  erneut  zu  ver-
nehmen.
a)  Das  Berufungsgericht  ist  nach  § 529  Abs. 1  Nr. 1  ZPO  grundsätzlich
an  die  Tatsachenfeststellungen  des  Gerichts  des  ersten  Rechtszuges  gebun-
den. Bestehen allerdings Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der ent-
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scheidungserheblichen  Feststellungen  im  erstinstanzlichen  Urteil,  ist  in  aller
Regel  eine  erneute  Beweisaufnahme  geboten  (vgl.  BVerfG,  NJW 2005,  1487;
NJW 2011,  49  Rn. 14;  Senatsbeschluss  vom  9. Februar  2010  - XI ZR 140/09,
BKR 2010,  515,  516;  BGH,  Beschluss  vom  14. Juli  2009  - VIII ZR 3/09,
NJW-RR 2009,  1291  Rn. 5  und  Beschluss  vom  21. März  2012  - XII ZR 18/11,
NJW-RR 2012, 704 Rn. 6).
Zweifel  in  diesem  Sinne  bestehen,  wenn  das  Berufungsgericht  auf  der
Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme eine Beweislastentscheidung
treffen  will,  sich  das  erstinstanzliche  Gericht  zur  Glaubhaftigkeit  der  Aussagen
von ihm vernommener Zeugen jedoch nicht geäußert hat und - außer der Mög-
lichkeit  entgegengesetzter  Interessen  der  Zeugen  am  Ausgang  des  Rechts-
streits - eindeutige objektive Anhaltspunkte für die  Unrichtigkeit der einen oder
anderen  Aussage  fehlen  (vgl.  BGH,  Urteil  vom  13. Juli  2012  - V ZR 254/11,
WM 2013,  666
Rn. 10;  Urteil  vom  8. Februar  1985
- V ZR 253/83,
NJW-RR 1986,  285 f.).  Sieht  das  Berufungsgericht  unter  solchen  Umständen
von  der  Wiederholung  der  Beweisaufnahme  ab,  liegt  darin  ein  nach  Art. 103
Abs. 1 GG relevanter Verstoß gegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO (vgl.
BVerfG,  NJW 2005,  1487;  Senatsbeschluss  vom  9. Februar  2010  - XI ZR
140/09,  BKR 2010,  515,  516;  BGH,  Beschluss  vom  5. April  2006  - IV ZR
253/05,  VersR 2006,  949  Rn. 1 f.;  Beschluss  vom  14. Juli  2009  - VIII ZR 3/09,
NJW-RR  2009,  1291  Rn. 4  und  Beschluss  vom  21. März  2012  - XII ZR 18/11,
NJW-RR 2012, 704 Rn. 6).
b) Nach diesen Maßgaben ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
Das  Landgericht  hat  zwar  festgestellt,  es  bleibe  letztlich  "unaufklärbar",
wer die Buchung am 10. Dezember 2008 veranlasst habe. Zugleich hat es aber
ausdrücklich festgehalten, es habe  - ein von ihm bezweifeltes Saldoanerkennt-
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nis  zum  Jahresende  2008  unterstellt -  "
[…]  keine Überzeugung davon"  gewin-
nen können, "dass der Beklagte mit dieser Buchung etwas zu tun" gehabt habe.
Es  hat  wiederholt  betont,  es  erscheine  ihm  "gut  möglich",  dass  insoweit  ein
"
Missbrauch des Kontos durch den untreuen Mitarbeiter […] der Klägerin" vor-
gelegen  habe.  Seine  Einschätzung  hat  es  dahin  zusammengefasst,  es  sei
"
[d]enkbar […], dass der ehemalige Filialleiter der Klägerin […] für die Buchun-
gen  verantwortlich"  sei  und  "diese  zu  dem  Gesamtschaden  gehör[t]en,  den  er
angerichtet"  habe.  "Denkbar"  sei  ebenfalls,  dass  B.        "sich  Geld  beschafft"
habe "und dabei eigenmächtig oder auch im Zusammenwirken mit dem Beklag-
ten Verfügungen" veranlasst habe. Weiter könne nicht ausgeschlossen werden,
"dass der Beklagte zunächst mit den Verfügungen einverstanden" gewesen sei
und  später  versucht  habe,  "die  Vorgänge"  um  den  ehemaligen  Filialleiter  der
Klägerin  auszunutzen,  "um  sich  von  seiner  Zahlungspflicht  zu  befreien".
Schließlich  könne  auch  eine  "Verwicklung"  Dritter  nicht  ausgeschlossen  wer-
den.
Damit boten die landgerichtlichen Feststellungen, die sich einer Wertung
dazu enthielten, wem Glauben zu schenken sei, keine hinreichende Grundlage
für  eine  Beweislastentscheidung  zum  Nachteil  des  Beklagten.  Dieser  Mangel
konnte  nur  dadurch  behoben  werden,  dass  das  Berufungsgericht  sich  durch
erneute  Vernehmung  des  B.        und  des  ehemaligen  Filialleiters  der  Klägerin
zu  den  Umständen der  Buchung  vom  10. Dezember 2008 bzw.  durch  eine  er-
neute Anhörung des Beklagten gemäß § 141 ZPO einen eigenen, unmittelbaren
Eindruck  von  den  Zeugen  bzw.  vom  Beklagten  verschaffte.  Ohne  von  dieser
Erkenntnismöglichkeit  Gebrauch  gemacht  zu  haben,  durfte  das  Berufungsge-
richt nicht abschließend entscheiden, dass der Beklagte beweisfällig geblieben
sei.
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c)  Das  angefochtene  Urteil  beruht  auf  dem  in  der  Verkennung  der  Vo-
raussetzungen  der  § 529  Abs. 1  Nr. 1,  § 398  Abs. 1  ZPO  liegenden  Verstoß
gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsge-
richt  auf  der  Grundlage  seiner  hier  maßgeblichen  Sicht  (vgl.  BGH,  Urteil  vom
18. Juli  2003  - V ZR 187/02,  WM 2004,  46,  47)  zu  einer  abweichenden  Ent-
scheidung gelangt wäre, wenn es die Beweisaufnahme wiederholt hätte.
d)  Das  Berufungsurteil  kann  auch  mit  keiner  anderen  Begründung  Be-
stand haben (BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, WM 2004, 46, 47 f.;
Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 543 Rn. 9k). Dass der Beklagte das Saldoaner-
kenntnis unter den Voraussetzungen des § 814 BGB abgegeben habe, was von
der  Klägerin  darzutun  und  zu  beweisen  war  (Oetker/Maultzsch,  HGB,  2. Aufl.,
§ 355  Rn. 79;  Baumgärtel/Jährig,  Handbuch  der  Beweislast  -  BGB  SchuldR
BT III, 3. Aufl., § 812 Rn. 56) und was voraussetzte, dass der Beklagte positive
Kenntnis davon hatte, aus dem kausalen Saldo zum Jahresschluss 2008 nicht
verpflichtet  zu  sein,  ist  nicht  festgestellt  (vgl.  BGH,  Urteil  vom  9. Dezember
1971  - III ZR 58/69,  WM 1972,  283,  286;  Staub/Canaris,  HGB,  4. Aufl.,  § 355
Rn. 216;  MünchKommHGB/Langenbucher,  2. Aufl.,  § 355  Rn. 104).  Insbeson-
dere hat sich das Berufungsgericht mit den Erklärungen des Beklagten anläss-
lich  des  Gesprächs  am  7. April  2009  ausschließlich  unter  dem  Gesichtspunkt
eines  Anerkenntnisses  des  Saldos  als  solchem  befasst,  aber  nicht  zugleich
festgestellt,  der  Beklagte  habe  dabei  die  richtige  rechtliche Wertung  getroffen,
der  Klägerin  nichts  zu  schulden  (vgl.  BGH,  Urteil  vom  9. Dezember  1971
- III ZR 58/69, WM 1972, 283, 286).
3. Da schon in der fehlerhaften Anwendung der § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398
Abs. 1  ZPO  eine  im  Sinne  des  § 544  Abs. 7  ZPO  relevante  Gehörsverletzung
liegt,  auf  der  das  Berufungsurteil  beruht,  kann  offenbleiben,  ob  es  einen  Ver-
stoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG darstellt, wenn das Gericht unzureichenden Vor-
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trag einer sekundär darlegungspflichtigen Partei (dazu sogleich unter III.1) nicht
als  Geständnis  im  Sinne  des  § 138  Abs. 3  ZPO  wertet  (offen  BVerfG,
NJW 1994, 848, 849).
III.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Eine Bank, die als einen Aktivposten eines von ihr geltend gemachten
kausalen negativen Saldos ein abstraktes Saldoanerkenntnis einführt, trifft, so-
fern  der  insoweit  primär  darlegungs-  und  beweisbelastete  Saldoschuldner  ge-
gen das abstrakte Saldoanerkenntnis die Einrede der Bereicherung erhebt, eine
sekundäre  Darlegungslast  zu  den  näheren  Umständen  von  Einzelposten,  die
der  durch  die  Feststellung  des  Überschusses  untergegangenen  kausalen  Sal-
doforderung zugrunde lagen. Dies folgt daraus, dass dem Saldoschuldner auch
nach  Abgabe  des  abstrakten  Saldoanerkenntnisses  ein  Auskunftsanspruch  zu
den  näheren  Umständen  einzelner  Buchungen  zusteht  (vgl.  Senatsurteil  vom
30. Januar 2001 - XI ZR 183/00, WM 2001, 621 f.; BGH, Urteil vom 4. Juli 1985
- III ZR 144/84, WM 1985, 1098, 1099 f.; Mayen in Schimansky/Bunte/Lwowski,
Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 47 Rn. 95 und 86). Dieser Auskunftsanspruch
muss  nicht  erst  im  Wege  einer  gesonderten  Klage  durchgesetzt  werden,  son-
dern  strahlt  unmittelbar  auf  die  Anforderungen  an  den  Sachvortrag  der  Bank
aus (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 2004 - X ZR 108/02, WM 2005, 571, 573;
Urteil  vom  15. Juli  2010  - III ZR 337/08,  juris  Rn. 28;  Balzer,  Beweisaufnahme
und Beweiswürdigung im Zivilprozess, 3. Aufl., Rn. 15 a.E.).
Ob die Klägerin ihrer sekundären Darlegungslast im Hinblick auf die Be-
lastungsbuchung  vom  10. Dezember  2008  genügt  hat,  wird  das  Berufungsge-
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richt zu überprüfen haben, bevor es eine Wiederholung der Beweisaufnahme in
Betracht zu ziehen haben wird, weil im Sinne des § 138 Abs. 1 und 2 ZPO un-
zureichender  Vortrag  der  Bank  zur  Geständnisfiktion  des  § 138  Abs. 3  ZPO
führt (BGH,  Urteil  vom 9. November 1995  - III ZR 226/94, WM 1996,  208,  211,
insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 131, 163 ff.; Baumgärtel/Laumen, Handbuch
der  Beweislast  -  Grundlagen,  2. Aufl.,  § 15  Rn. 17  a.E.;  Jäckel,  Das  Beweis-
recht der ZPO, 2009, Rn. 36).
Umstände, die es der Klägerin ausnahmsweise erlaubten, sich auf § 138
Abs. 4 ZPO zu berufen (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 2001  - XI ZR 183/00,
WM 2001,  621,  622 f.;  BGH,  Urteil  vom  10. Oktober  1994  - II ZR 95/93,
WM 1994,  2192,  2194),  hat  das  Berufungsgericht  nicht  festgestellt.  Die  Tatsa-
che, dass der zuständige Filialleiter der Klägerin sich zu gleicher Zeit Untreueta-
ten  zu  deren  Lasten  schuldig  machte,  die  mutmaßlich  das  Girokonto  des  Be-
klagten  betrafen,  genügt  dafür  nicht.  Dass  die  Klägerin  zur  Erfüllung  ihrer  se-
kundären Darlegungslast, die nur einen Buchungsvorgang im Jahr 2008 anging,
besonderen und kostenintensiven Aufwand treiben müsste, ist nicht ersichtlich.
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2. Sollte das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin aus der Kon-
tokorrentabrede  verneinen,  wird  es  sich  mit  dem  von  der  Klägerin  hilfsweise
geltend gemachten Schadenersatzanspruch zu befassen haben.
Wiechers
Joeres
Ellenberger
Matthias
Menges
Vorinstanzen:
LG  Karlsruhe, Entscheidung vom 28.10.2011 - 10 O 209/10 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 24.04.2012 - 17 U 229/11 -
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