Urteil des BGH vom 05.05.2009

BGH (bundesrepublik deutschland, berechtigte person, stpo, vertrauensperson, munition, beihilfe, verurteilung, person, antrag, deutschland)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 737/08
vom
5. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten schweren Raubes u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Mai 2009 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Land-
gerichts Dortmund vom 14. Juli 2008 wird das Verfahren auf
Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 i.V.m.
Abs. 1 Nr. 1 StPO vorläufig eingestellt, soweit der Angeklagte
im Fall 6 der Urteilsgründe verurteilt worden ist. Insoweit trägt
die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Ange-
klagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Die weitergehende Revision wird auf Kosten des Angeklagten
mit der Maßgabe verworfen, dass
a) der Angeklagte in den Fällen 4 und 5 der Urteilsgründe eines
Falls des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halb-
automatischen Kurzwaffe und von Munition schuldig ist und
b) für die Fälle 4 und 5 der Urteilsgründe eine Einzelfrei-
heitsstrafe von einem Jahr festgesetzt wird.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhehlerei (Fall 1 der
Urteilsgründe), unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge (Fall 2), versuchten schweren Raubes (Fall 3), unerlaubten Besitzes
einer Schusswaffe nebst Munition in zwei Fällen (Fälle 4 und 5), Beihilfe zum
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unerlaubten Erwerb einer Schusswaffe (Fall 6) und Versuchs der Beteiligung an
einem Verbrechen (Fall 7) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und
neun Monaten verurteilt. Die der Gesamtfreiheitsstrafe zu Grunde liegenden
Einzelstrafen betragen dabei neun Monate im Fall 1, vier Jahre und sechs Mo-
nate im Fall 2, zwei Jahre im Fall 3, jeweils ein Jahr in den Fällen 4, 5 und 7
sowie sechs Monate im Fall 6.
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und
sachlichen Rechts rügt, führt lediglich zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Teil-
erfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbun-
desanwalts vom 6. Februar 2009, die auch durch die Erwiderung der Revision
(§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht entkräftet werden, unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes:
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1. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen im
Fall 1 der Urteilsgründe ist die Verurteilung des Angeklagten wegen Steuerheh-
lerei im Sinne von § 374 Abs. 1 AO revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Nachdem die Zigaretten, die entgegen § 12 Abs. 1 TabStG ohne deutsche
Steuerzeichen in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland verbracht
worden waren und für die auch nicht unverzüglich gemäß § 19 Satz 3 TabStG
eine Steuererklärung abgegeben worden war, in die Lagerhalle des Angeklag-
ten verbracht wurden, war die mit dem Verbringen in die Bundesrepublik voll-
endete Steuerhinterziehung beendet.
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Das sich daran anschließende Umladen der Zigaretten erfolgte, um die
Zigaretten sodann in Deutschland weiterzuveräußern, was der Angeklagte auch
wusste (UA S. 26). Diesen - nach den Gesamtumständen hinreichend konkreti-
sierten - Absatz der Zigaretten unterstützte der Angeklagte unmittelbar im Inte-
resse der Vortäter. Der Umstand, dass dieser Absatz aufgrund des Einschrei-
tens der Strafverfolgungsbehörden nicht gelungen ist, steht der Vollendung der
Absatzhilfe nicht entgegen. Denn die Tatvarianten des Absetzens und der
Absatzhilfe setzen einen Absatzerfolg nicht voraus (BGH NJW 2007, 1294,
1297 m.w.N.).
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2. Demgegenüber hält die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte
habe sich in den Fällen 4 und 5 der Urteilsgründe des Besitzes von Schuss-
waffen und Munition in zwei rechtlich selbständigen Fällen schuldig gemacht,
rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen bewahrte der
Angeklagte zunächst zwei geladene halbautomatische Schusswaffen in einer
Plastiktüte verpackt direkt neben der Terrasse des von ihm bewohnten Hauses
auf. Eine der Waffen übergab er einer von der Polizei geführten Vertrauens-
person, die andere verwahrte er danach im Haus.
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Das gleichzeitige unerlaubte Ausüben der tatsächlichen Gewalt über
mehrere Waffen oder Waffenteile bzw. Munition, auch wenn sie nicht unter die-
selbe Strafbestimmung fallen, gilt als nur ein Verstoß gegen das Waffenrecht
(st. Rspr., vgl. BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 1; BGH NStZ-RR 2003, 124f.;
BGHR WaffG § 52a Abs. 1 Konkurrenzen 1 m.w.N.; BGH, Beschl. vom 13. Ja-
nuar 2009 - 3 StR 543/08 jew. m.w.N.). Der Senat sieht keine Veranlassung
diese Rechtsprechung in Frage zu stellen, wenn die Waffen gemeinsam an ei-
nem Ort aufbewahrt werden.
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Der Schuldspruch ist daher so wie geschehen zu berichtigen. § 265
StPO steht dem nicht entgegen, der insoweit geständige Angeklagte hätte sich
auch im Falle eines Hinweises nicht anders und Erfolg versprechender, als ge-
schehen verteidigen können.
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Zutreffend hat das Landgericht in diesem Zusammenhang aber hinsicht-
lich der Weitergabe einer der beiden Waffen an die Vertrauensperson von einer
Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Überlassens einer Waffe
nach § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG abgesehen. Insoweit ist keine Tatvollendung ge-
geben.
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Das durch § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG geschützte Rechtsgut, das darin zu
erblicken ist, dass im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl.
§ 1 Abs. 1 WaffG) Waffen der vorliegenden Art nicht an unberechtigte Personen
überlassen werden sollen, ist in einem solchen Fall nicht beeinträchtigt. Denn
das Scheingeschäft mit der Vertrauensperson schafft keine Gefährdungslage,
die § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG verhindern will, oder hält eine solche aufrecht.
Vielmehr soll das Scheingeschäft gerade verhindern, dass Waffen unter Miss-
achtung der waffenrechtlichen Vorschriften in Umlauf kommen bzw. bleiben.
Insoweit ist die Sach- und Interessenlage mit der vergleichbar, die bei der Liefe-
rung eines Hehlers an eine Vertrauensperson gegeben ist (vgl. BGH NStZ-RR
2000, 266). Hier wie dort kann in solchen Fällen regelmäßig eine weitere Beein-
trächtigung des Rechtsguts ausgeschlossen werden. Danach ist, wenngleich
die Verfügungsgewalt über die Waffe auf eine andere Person übertragen wur-
de, vorliegend das Tatbestandsmerkmal des „Überlassens“ im Sinne des § 52
Abs. 3 Nr. 7 WaffG nicht erfüllt. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden,
ob die Vertrauensperson eine berechtigte Person im Sinne von § 34 Abs. 1
Satz 1 WaffG ist.
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Der Versuch eines Vergehens gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 7 WaffG ist nicht
unter Strafe gestellt.
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3. Aus den nämlichen Gründen scheidet im Fall 6 der Urteilsgründe eine
Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Erwerb bzw. zum Überlassen
einer halbautomatischen Kurzwaffe aus. Hier hatte der Angeklagte ein Waffen-
geschäft einer anderweitigen Person mit der von der Polizei geführten Ver-
trauensperson vermittelt.
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Ein Teilfreispruch ist insoweit gleichwohl nicht veranlasst, weil eine Straf-
barkeit des Angeklagten wegen Beihilfe zum Besitz einer halbautomatischen
Kurzwaffe in Betracht kommen kann. Einer Zurückverweisung an das Landge-
richt zur Aufklärung, ob ergänzende Feststellungen in diesem Zusammenhang
getroffen werden können, bedarf es aber deshalb nicht, weil angesichts der
Vielzahl der gegen den Angeklagten rechtsfehlerfrei verhängten Einzelstrafen
eine insoweit in Betracht kommende Einzelstrafe nicht beträchtlich ins Gewicht
fiele.
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Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren da-
her hinsichtlich dieser Tat gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
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4. Der Wegfall einer der in den Fällen 4 und 5 der Urteilsgründe verhäng-
ten Einzelstrafen von einem Jahr und der im Fall 6 der Urteilsgründe verhäng-
ten Einzelstrafe von sechs Monaten führt nicht zur Aufhebung des Gesamt-
strafausspruchs. In Anbetracht der verbleibenden Einzelstrafen und der maß-
vollen Erhöhung der Einsatzstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, kann
der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ausschließen,
dass das Landgericht auf eine niedrigere Gesamtstrafe als fünf Jahre und neun
Monate erkannt hätte.
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Angesichts des nur geringen Erfolges der Revision war es nicht unbillig,
dem Angeklagten die verbleibenden Kosten in vollem Umfang aufzuerlegen
(§ 473 Abs. 4 StPO).
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Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander