Urteil des BGH vom 19.12.2002

BGH (einstellung des verfahrens, stpo, antrag, vergewaltigung, nachteil, zulassung, bewilligung, freiheitsstrafe, aussicht, bestand)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 252/03
vom
11. September 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts – zu Ziffern 1 und 2 auf dessen Antrag - und des Beschwerdefüh-
rers am 11. September 2003 gemäß §§ 154 Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird
a)
das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte
wegen Körperverletzung verurteilt worden ist; in-
soweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfah-
rens und die notwendigen Auslagen des Ange-
klagten;
b)
das Urteil des Landgerichts Halle vom 19. Dezem-
ber 2002 dahin geändert, daß der Angeklagte we-
gen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem
Mißbrauch eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe
von drei Jahren und acht Monaten verurteilt wird.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3.
Der Angeklagte hat die übrigen Kosten seines Rechts-
mittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsver-
fahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
4.
Der Antrag der Nebenklägerin Claudia J. auf Zulas-
sung der Nebenklage, auf Bewilligung von Prozeßko-
stenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts ist
gegenstandslos.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im übrigen -
wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes
(Einzelfreiheitsstrafe: drei Jahre und acht Monate) sowie wegen Körperverlet-
zung (Einzelstrafe: zwei Monate Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich
der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen
Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zu einer Teileinstellung; im übrigen ist es
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts
gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte wegen Körperverletzung
zum Nachteil der Bianca L. verurteilt worden ist.
Die mit der Teileinstellung verbundene Änderung des Schuldspruchs
führt zum Wegfall der wegen Körperverletzung verhängten Einzelfreiheitsstrafe
und der Gesamtstrafe sowie zur Festsetzung der bisherigen Einsatzstrafe als
nunmehr einzige Strafe.
2. Die rechtlich bedenkliche (vgl. BGH NStZ 1991, 126, 127; NStZ-RR
1999, 267, 268) Erwägung des Landgerichts, die Unterbringung des Ange-
klagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB komme nicht in Betracht,
weil der alkoholabhängige Angeklagte “noch nie einen Therapieversuch unter-
nommen (habe)“ (UA 17), gefährdet den Bestand des Urteils nicht, weil auf-
grund der Feststellungen zur Persönlichkeit des Angeklagten (UA 4/5, 12, 14 f.,
17) sicher ausgeschlossen werden kann, daß beim Angeklagten die hinrei-
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chend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs besteht (vgl. hierzu BVerfG
StV 1994, 594).
3. Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf den §§ 467 Abs. 1
und 4, 472 Abs. 2, 473 Abs. 1 StPO. Es entspricht der Billigkeit, daß der Ange-
klagte auch die der Nebenklägerin Bianca L. im Revisionsverfahren entstan-
denen notwendigen Auslagen zu tragen hat, weil die vom Angeklagten zu ih-
rem Nachteil begangene Körperverletzung rechtsfehlerfrei festgestellt ist und
die Einstellung des Verfahrens nur wegen eines Rechtsfehlers bei der Strafzu-
messung erfolgt (§ 472 Abs. 2 Satz 1 StPO; vgl. Hilger in Löwe/Rosenberg,
StPO 25. Aufl. § 473 Rdn. 76).
4. Der Antrag der Nebenklägerin Claudia J. auf Zulassung der Ne-
benklage in der Revision, auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und Beiord-
nung des Rechtsanwalts ist gegenstandslos, weil die Nebenklage be-
reits vom Landgericht zugelassen und der Nebenklägerin Rechtsanwalt
beigeordnet wurde (SA Bd. II Bl. 175, 176). Die vom Landgericht gemäß § 397
a Abs. 1 StPO bewilligte Prozeßkostenhilfe legt der Senat als Beistandsbe-
stellung (§ 397 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 395 Abs. 1 Nr. 1 a StPO) aus,
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die über die jeweilige Instanz hinaus wirkt (vgl. BGHR StPO § 397 a Abs. 1
Beistand 2, 3).
Tepperwien Maatz Kuckein
Athing Sost-Scheible