Urteil des BGH vom 06.12.2012

BGH: wiedereinsetzung in den vorigen stand, eigenes verschulden, verfügung, gesamtstrafe, rendite, geldanlage, geldstrafe, anleger, konzept, anhörung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 294/12
vom
6. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Betrugs u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des General-
bundesanwalts und der Beschwerdeführer am 6. Dezember 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil
des Landgerichts Aachen vom 16. Dezember 2011 dahin-
gehend geändert, dass der Angeklagte des bandenmäßigen
gewerbsmäßigen Betrugs schuldig ist und zu einer Freiheits-
strafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wird.
Die weitergehende Revision des Angeklagten W. wird
verworfen.
2. Die Revisionen der Angeklagten P. , R. S.
, A. S. und D. werden ver-
worfen.
3. Der Antrag des Angeklagten D. auf Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ein-
legung der sofortigen Beschwerde gegen die Kostenent-
scheidung des angefochtenen Urteils wird als unzulässig ver-
worfen.
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten D. gegen die
Kosten- und Auslagenentscheidung des angefochtenen
Urteils wird als unzulässig verworfen.
4. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu
tragen.
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Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:
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den Angeklagten W. wegen Betrugs "im besonders schweren
Fall" und bandenmäßigen gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Ge-
samtfreiheitstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten
-
den Angeklagten P. wegen Betrugs "im besonders schweren
Fall" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten
-
den Angeklagten R. S. wegen bandenmäßigen ge-
werbsmäßigen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren
-
den Angeklagten A. S. wegen bandenmäßigen ge-
werbsmäßigen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und
sechs Monaten
-
den Angeklagten D. wegen leichtfertiger Geldwäsche zu einer
Geldstrafe von 120 Tagessätzen.
Die Revision des Angeklagten W. hat in dem aus dem Tenor er-
sichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel offensichtlich un-
begründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Die konkurrenzrechtliche Einordnung des Tatgeschehens bei dem
Angeklagten W. hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, denn die Be-
wertung als zwei tatmehrheitlich begangene Betrugstaten wird durch die Ur-
teilsgründe nicht belegt. Nach den Feststellungen lag den Zahlungen der ge-
schädigten Anleger durchgängig das von dem Angeklagten W. entwi-
ckelte betrügerische Konzept zugrunde, den Interessenten eine sichere, hoch-
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rentierliche Geldanlage zu versprechen, bei der die eingezahlten Beträge nur
als Kapitalnachweis dienten und während der gesamten Investitionszeit nicht
angetastet werden durften, während die Gelder tatsächlich zu der Finanzierung
des Lebensunterhalts der Angeklagten, der Zahlung von Provisionen an die
Anlagevermittler und zum gelegentlichen Ausgleich von Rendite- und Rückzah-
lungsforderungen der Altinvestoren bestimmt waren. Allein der Umstand, dass
die Anlagegelder im Fallkomplex 1 auf einem Rechtsanwaltsanderkonto des
Angeklagten P. gesammelt wurden, während sie im Fallkomplex 2 auf ein
Treuhandkonto der R. - - AG mit Sitz in der
Schweiz eingezahlt wurden, führt zu keiner eine Tatmehrheit (§ 53 StGB) be-
gründenden Zäsur in dem ansonsten einheitlichen Geschehen, zumal die Anla-
gegelder dem Angeklagten W. weiterhin in vollem Umfang zur Verfü-
gung standen.
Da weitergehende Feststellungen zum Konkurrenzverhältnis nicht zu er-
warten sind, ändert der Senat den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel
ersichtlich ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da der Angeklagte W.
sich gegen den Vorwurf nur einer (bandenmäßigen und gewerbsmäßigen) Be-
trugstat nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
2. Die Änderung des Schuldspruchs hat den Fortfall der vom Landgericht
festgesetzten Einzelstrafen zur Folge. Der Senat kann jedoch in entsprechen-
der Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als Einzelstrafe be-
stehen lassen. Er schließt aus, dass das Landgericht allein aufgrund der geän-
derten Konkurrenzverhältnisse eine niedrigere Strafe verhängt hätte, weil eine
unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei - wie
hier - unverändertem Schuldumfang kein maßgebliches Kriterium für die Straf-
bemessung ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03,
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BGHSt 49, 177, 184; Beschluss vom 9. März 2005 - 2 StR 544/02, NStZ-RR
2005, 199, 200).
3. Der Antrag des Angeklagten D. auf Wiedereinsetzung in den vori-
gen Stand gegen die Versäumung der Frist gegen die Kosten- und Ausla-
genentscheidung ist unzulässig, da er aus den Gründen der Antragsschrift des
Generalbundesanwalts nicht glaubhaft gemacht hat, ohne eigenes Verschulden
an der Einlegung der Kostenbeschwerde innerhalb der Wochenfrist des § 311
Abs. 2 Satz 1 StPO gehindert gewesen zu sein.
Die sofortige Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung
ist nicht innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 Satz 1 StPO eingelegt und damit
unzulässig.
4. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den An-
geklagten W. von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen
auch nur teilweise zu entlasten, § 473 Abs. 3 StPO.
Becker
Schmitt
Berger
Eschelbach
Ott
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