Urteil des BGH vom 13.05.2002

BGH (stpo, vollendung, strafkammer, eintritt, verurteilung, aufhebung, stgb, strafe, praxis, unterschrift)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 347/02
vom
25. September 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2002 be-
schlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Traunstein vom 13. Mai 2002 im Strafausspruch aufgeho-
ben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückver-
wiesen.
Gründe:
Zwischen G. und dem Angeklagten bestanden seit längerem
Spannungen. Bei einer vom Angeklagten ("gehn wir raus") provozierten kör-
perlichen Auseinandersetzung ("Schubserei") auf der Straße stach er dem an-
getrunkenen G. fünf Mal mit einem Messer in den Oberkörper. Kurze Zeit
später starb G. an den Folgen der Stiche in einem Krankenhaus. Auf der
Grundlage dieser Feststellungen verurteilte die Strafkammer den Angeklagten
wegen Totschlags zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt zum
Schuldspruch erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO), führt aber zur Aufhebung des
Strafausspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO).
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1. Unmittelbar nach dem letzten Stich war ein Zeuge erschienen und
hatte den stark blutenden G. weggeführt. Der Angeklagte ging nach Hause
und von dort zu einem Freund, wo er alsbald festgenommen wurde.
Die Strafkammer hat dieses Verhalten strafschärfend berücksichtigt; der
Angeklagte habe sich "in keiner Weise um das Opfer gekümmert, sondern nur
seine eigenen Belange im Auge gehabt".
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Bei der Verurteilung wegen eines vollendeten Tötungsdelikts wird dem
Täter der Eintritt des Taterfolges vorgeworfen und die Strafe dem für die
Vollendung der Tat vorgesehenen Strafrahmen entnommen. Es ist daher nicht
zulässig, bei der Verurteilung wegen eines Tötungsdelikts strafschärfend zu
berücksichtigen, daß der Täter den Eintritt des Todes des Opfers nicht zu ver-
hindern versucht hat (vgl. nur BGHR StGB § 46 Abs. 3 Vollendung 1; BGH
NStZ 1984, 358 f.; G. Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl. Rdn. 394).
3. Der aufgezeigte Wertungsmangel berührt die zum Strafausspruch ge-
troffenen tatsächlichen Feststellungen nicht. Sie können bestehen bleiben, da
sie auch sonst rechtsfehlerfrei getroffen sind (§ 349 Abs. 2 StPO), so daß die
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Urteilsfeststellungen insgesamt Bestand haben. Ergänzende Feststellungen,
die zu den bisher getroffenen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen,
bleiben jedoch zulässig.
Schäfer Nack Wahl
Die Herren RiBGH Schluckebier und Dr. Kolz sind wegen Urlaubs
an der Unterschrift verhindert.
Schäfer