Urteil des BGH vom 29.06.1992

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 77/99
Verkündet am:
1. März 2000
Mayer,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
AGBG § 9 Ba, Cc
Zur Zulässigkeit der Vereinbarung von Nutzungszinsen in Allgemeinen Geschäfts-
bedingungen eines Unternehmenskaufvertrages.
BGH, Urteil vom 1. März 2000 - VIII ZR 77/99 - OLG Rostock
LG Rostock
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2000 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter
Dr. Zülch, Dr. Hübsch, Ball, und Wiechers
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Rostock vom 3. März 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Beru-
fungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Aufgrund eines am 29. Juni 1992 abgeschlossenen Vertrages (Ge-
schäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag) verkaufte und übertrug die - damals
unter dem Namen Treuhandanstalt handelnde - Klägerin ihre Geschäftsanteile
an der D. GmbH mit Sitz in B. an die Beklagten.
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Der Vertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:
3.
Abtretung
3.1.
Der Verkäufer tritt mit dinglicher Wirkung von heute die vorste-
hend verkauften Geschäftsanteile mit allen Rechten und Pflichten
an die ... Käufer ab.
3.5.
Verkauf und Übertragung erfolgen mit dem Gewinnbezugsrecht
seit dem 1. Juli 1990.
4.
Kaufpreis
4.1.
Der Kaufpreis beträgt insgesamt DM 2.683.750,00 ... .
Die Käufer schulden den Kaufpreis ... als Gesamtschuldner.
4.2.
Von dem Kaufpreis entfallen
4.2.1. auf das Betriebsvermögen ohne Grundstück, jedoch mit den Be-
triebsgebäuden in H. DM 1.700.000,00;
4.2.2. auf das Grundstück S. straße in B. einschließ-
lich der Gebäude DM 983.750,00.
4.3.
Der Kaufpreis gemäß Ziffer 4.2.1. ist bei Fälligkeit auf das Konto
des Verkäufers ... spesenfrei zu überweisen und ab Beurkundung
dieses Vertrages in der jeweils noch geschuldeten Höhe mit 4 %
p.a. über dem Bundesdiskontsatz zu verzinsen.
...
Der Kaufpreis gemäß Ziffer 4.2.1. in Höhe von DM 1.700.000,00
ist am 1. November 1992 zur Zahlung fällig.
4.4.
Der Kaufpreis gemäß Ziffer 4.2.2. in Höhe von DM 983.750,00
wird im selben Zeitpunkt fällig wie der Preis für den heute beur-
kundeten Verkauf dieses Grundstücks durch die Gesellschaft an
die Vermögensabwicklungsgesellschaft ...
...
5.1.
Das Grundstück S. straße in B. verkauft die Ge-
sellschaft heute an die Abwicklungsgesellschaft ...
...
13.
Bedingungen
Die Wirksamkeit dieses Vertrags ist dadurch aufschiebend be-
dingt, daß
13.1. der heute abgeschlossene Kaufvertrag zwischen der Vermögens-
abwicklungsgesellschaft ... und der Gesellschaft über das Grund-
stück S. straße in B. wirksam wird;
...
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Der Kaufpreis gemäß Nr. 4.2.1. des Vertrages von 1.700.000 DM wurde
von den Beklagten am 12. Januar 1993 gezahlt. Mit ihrer Klage begehrt die
Klägerin von den Beklagten gemäß Nr. 4.3. des Vertrages die Zahlung von
Zinsen in unstreitiger Höhe von 112.802,06 DM.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat
sie auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen. Hiergegen richtet sich die
Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen
Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe:
I. Das Oberlandesgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Zinsbestimmung unter Nr. 4.3. des Geschäftsanteilskauf- und
-abtretungsvertrages, bei der es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung
handele, sei wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz unwirksam. Ob die Re-
gelung als Vereinbarung von Verzugszinsen oder von Fälligkeitszinsen einzu-
ordnen sei, könne offenbleiben. Im ersteren Fall ergebe sich die Unwirksamkeit
aus § 11 Nr. 4, 5 a AGBG, im zweiten Fall aus § 9 AGBG.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht ist zu der Auffassung gelangt, daß die Zinsverein-
barung eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt. Dagegen wendet sich
die Revision. Die Frage bedarf jedoch für das Revisionsverfahren keiner ab-
schließenden Entscheidung. Ist die Zinsklausel als Individualabrede anzuse-
hen, bestehen gegen ihre Wirksamkeit keine Bedenken. Aber auch wenn eine
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Allgemeine Geschäftsbedingung gegeben wäre, kann die Wirksamkeit einer
solchen Klausel nicht verneint werden.
1. Ist im folgenden mit dem Berufungsgericht zugrunde zu legen, daß die
Zinsklausel der Nr. 4.3. des Vertrages für eine Vielzahl von Verträgen der
Treuhandanstalt vorformuliert wurde und daher eine Allgemeine Geschäftsbe-
dingung darstellt, ist auch davon auszugehen, daß sie über den Bezirk des Be-
rufungsgerichts hinaus verwandt wird. Der Senat kann die Vertragsbestimmung
daher frei auslegen (BGHZ 105, 24, 27). Bei der genannten Klausel handelt es
sich nach ihrem Sinn und Zweck um die Vereinbarung von Nutzungszinsen für
die mit Wirkung ab Vertragsschluß erfolgte Abtretung der Geschäftsanteile
(Nr. 3.1. des Vertrages) und die hiermit verbundene Übertragung des "Gewinn-
bezugsrechts seit dem 1. Juli 1990" (Nr. 3.5. des Vertrages).
Bei der Auslegung der Verzinsungsklausel, die den Kaufpreisanteil für
das Betriebsvermögen ohne Grundstück, jedoch mit Betriebsgebäuden in H.
, anbetrifft, hat das Berufungsgericht lediglich in Erwägung gezogen,
daß es sich um eine Vereinbarung über Grund und Höhe von Verzugs- oder
von Fälligkeitszinsen handeln könnte. Damit hat es seinen Blickwinkel rechts-
fehlerhaft eingeengt. Wie die Revision zu Recht geltend macht, hat das Beru-
fungsgericht nicht berücksichtigt, daß diese Bestimmung die Zinspflicht an die
Beurkundung des Vertrages knüpft, nicht an eine verzögerte Kaufpreiszahlung.
Der von der Zinsvereinbarung erfaßte Kaufpreisanteil sollte nach der Regelung
in Nr. 4.3. des Kaufvertrages vom 29. Juni 1992 erst am 1. November 1992
fällig werden. Die Zinszahlungspflicht setzte damit vor Fälligkeit und dem damit
hier einhergehenden (§ 284 Abs. 2 Satz 1 BGB) Verzug ein. Schon deshalb
kann die Zinsklausel nicht als Vereinbarung von Fälligkeits- oder Verzugszin-
sen verstanden werden. Das Berufungsgericht hat die nach dem Wortlaut und
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dem wirtschaftlichen Sinn der vertraglichen Regelungen sich aufdrängende
Möglichkeit der Auslegung, nämlich daß die Parteien Nutzungszinsen für die
mit Wirkung ab Vertragsschluß erfolgte Übertragung der Geschäftsanteile ver-
einbaren wollten, nicht gesehen. Die Parteien haben mit der Verzinsung ein
Entgelt für die Nutzung des von der Zinsregelung betroffenen Teils des Kauf-
gegenstandes - Betriebsvermögen einschließlich Betriebsgebäude ohne
Grundstück - bis zur Zahlung des hierauf entfallenden Anteils des Kaufpreises
festgelegt (BGH, Urteil vom 25. November 1999 - IX ZR 32/98 unter I 2 a, zur
Veröffentlichung bestimmt; vgl. ferner BGH, Urteile vom 24. Februar 1995
- V ZR 244/93, WM 1995, 1027 = NJW 1995, 1827 unter II 1 und vom 24. April
1992 - V ZR 13/91, WM 1992, 1411 = NJW 1992, 2625 unter II 2 a). Wie dar-
getan, waren die verkauften Geschäftsanteile, wenn auch durch die Regelung
der Nr. 13 des Kaufvertrags mehrfach aufschiebend bedingt, so doch "mit ding-
licher Wirkung von heute" (Nr. 3.1. des Vertrages) an die Erwerber abgetreten
worden und erfolgten Verkauf und Übertragung "mit dem Gewinnbezugsrecht"
seit 1. Juli 1990 (Nr. 3.5. des Vertrages). Hiermit steht die - durch Nr. 13 des
Vertrages gleichfalls aufschiebend bedingte - Verzinsungsbestimmung (vgl.
unten) hinsichtlich des auf das Betriebsvermögen ohne Grundstück entfallen-
den Kaufpreisanteils in Einklang.
Wie die Revision zu Recht hervorhebt, spricht auch der Umstand, daß
der auf das Grundstück entfallende Anteil des Unternehmenskaufpreises nicht
vor seiner Fälligkeit, die an die Fälligkeit des an die Beklagten zu zahlenden
Kaufpreises für das Grundstück geknüpft war, zu verzinsen war, für die Verein-
barung eines Nutzungsentgelts für das sonstige Betriebsvermögen. Einen für
die Gesellschaft nutzbaren Gegenstand stellte das bereits verkaufte Grund-
stück nämlich nicht mehr dar, sondern erst der Grundstückskaufpreis stand der
Gesellschaft wieder zur Verfügung. Hingegen war den Beklagten bezüglich des
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sonstigen Betriebsvermögens einschließlich der Betriebsgebäude bis zum
1. November 1992 der wirtschaftliche Nutzen der Geschäftsanteile und des
Kaufpreisbetrages nebeneinander zugewandt. Den Ausgleich hierfür sollte das
Nutzungsentgelt darstellen.
2. Gegen die Wirksamkeit einer solchen formularmäßig vereinbarten
Nutzungszinsregelung bestehen keine rechtlichen Bedenken.
a) Die Zinsklausel enthält allerdings keine - der Inhaltskontrolle nach
den §§ 9 bis 11 AGBG entzogene - Preisvereinbarung (§ 8 AGBG). Die dort
geregelte Zinspflicht ist vielmehr eine (Preis-)Nebenabrede, die zwar mittelbare
Auswirkungen auf Preis und Leistung hat, an deren Stelle aber, wenn eine
wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann;
als solche unterliegt sie der Inhaltskontrolle nach §§ 9 bis 11 AGBG (st.Rspr.,
vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Mai 1999 - XI ZR 219/98, WM 1999, 1271 unter II
1 a m.umfangr.Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ 141, 380 bestimmt).
b) Begründet die Klausel in einem Kaufvertrag die Verpflichtung zur
Zahlung von Zinsen für den Kaufpreis während der Möglichkeit der vorzeitigen
Nutzung des gekauften Gegenstandes vor Kaufpreiszahlung (Nutzungszinsen),
unterliegt sie nicht, wie eine Bestimmung über Verzugszinsen, der Inhaltskon-
trolle gemäß § 11 Nr. 4, 5 AGBG, wohl aber derjenigen nach § 9 AGBG. Sie ist
am Maßstab des § 452 BGB zu messen (OLG Düsseldorf, OLGR 1999, 169,
170, in Verbindung mit dem Nichtannahmebeschluß des BGH vom 21. Oktober
1999 - V ZR 98/99, nicht veröffentlicht; vgl. auch BGH, Urteil vom 1. Oktober
1999 – V ZR 112/98, NJW 2000, 71 unter II 2 b; BGH, Urteil vom 24. Februar
1995 – V ZR 244/93 aaO; BGH, Urteil vom 24. April 1992 - V ZR 13/91 aaO
unter II 2 a; Keim DNotZ 1999, 612, 621; Blank DNotZ 1998, 339, 340 ff).
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c) Nach § 9 Abs. 1 AGBG sind Bestimmungen in Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Das ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen
Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll,
nicht zu vereinbaren ist (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG). Dieser Inhaltskontrolle hält
die in Nr. 4.3. Absatz 1 enthaltene Verzinsungsbestimmung des Geschäftsan-
teilskauf- und -abtretungsvertrages stand. Zwar weicht die Klausel in mehrfa-
cher Hinsicht von der dispositiven Vorschrift des § 452 BGB ab, nach der der
Käufer den - nicht gestundeten - Kaufpreis von dem Zeitpunkt an zu verzinsen
hat, "von welchem an ihm die Nutzungen des gekauften Gegenstandes gebüh-
ren". Dies führt jedoch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des
Käufers.
aa) Nach § 452 BGB entsteht die Pflicht des Käufers zur Zinszahlung,
wenn er berechtigt ist, die Nutzungen zu ziehen, also ab Übergabe der Sache
(§ 446 BGB) oder Abtretung des Rechts (§ 398 BGB). Dies setzt einen wirksa-
men Kaufvertrag voraus (BGHZ 138, 195, 206). Der Geschäftsanteilskauf- und
-abtretungsvertrag vom 29. Juni 1992 ist aber mehrfach aufschiebend bedingt
und war damit zunächst schwebend unwirksam. Mit dem Eintritt der zeitlich
letzten der in Nr. 13 des Vertrages geregelten aufschiebenden Bedingungen
wurde der Vertrag wirksam und sind auch die Geschäftsanteile auf die Be-
klagten übergegangen. Dieser Bedingungseintritt wirkt nicht auf den Zeitpunkt
des Vertragsschlusses zurück (§ 158 Abs. 1 BGB). Zwar ist auch die Zinsver-
pflichtung der Erwerber erst mit Bedingungseintritt wirksam geworden. Die
Klausel erstreckt die Zinspflicht jedoch, wovon auch die Parteien übereinstim-
mend ausgehen, auf den Zeitpunkt der Beurkundung der Vereinbarung, umfaßt
mithin einen vor dem Wirksamwerden des Kaufvertrages liegenden Zeitraum,
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in welchem dem Käufer nach den gesetzlichen Vorschriften die Nutzungen
nicht gebührten (vgl. BGHZ 138, 195, 206).
Indessen ist diese Abweichung nicht mit wesentlichen Grundgedanken
des § 452 BGB unvereinbar (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG). Wie Nr. 3.1. und Nr. 3.5.
des notariellen Vertrages zu entnehmen ist, die - wie dargetan - eine Abtretung
der Geschäftsanteile "mit dinglicher Wirkung von heute" und "mit dem Gewinn-
bezugsrecht seit 1. Juli 1990" vorsehen, haben die Parteien beabsichtigt, die
mit dem Eintritt der zeitlich letzten Bedingung entstehenden Rechtsfolgen ins-
gesamt auf den früheren Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückzubeziehen
(vgl. BGHZ 138, 195, 206; BGH, Urteile vom 30. April 1959 - VIII ZR 174/58,
MDR 1959, 658 und vom 30. November 1960 - V ZR 131/59, WM 1961, 177
unter 3 a). Mit einer solchen Abrede zeigen die Parteien, der Vorschrift des
§ 159 BGB entsprechend, ihren Willen, sich so zu stellen, als seien die Wir-
kungen des Rechtsgeschäfts bereits zu dem vertraglich festgelegten früheren
Zeitpunkt eingetreten (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 1975 - VIII ZR 175/73,
WM 1975, 370 unter II 3; BGHZ 138, 195, 206). Durch die Regelung in Nr. 3.1.
und 3.5. des Vertrages hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, daß sie den
Beklagten die Möglichkeit der Nutzungen des Betriebsvermögens einschließ-
lich Betriebsgebäude - ohne Grundstück - von den genannten Zeitpunkten an
zuwenden wollte (vgl. BGHZ 138, 195, 206; Staudinger/Bork, BGB, 13. Aufl.,
§ 159 Rdnr. 7 f; MünchKomm-H.P. Westermann, BGB, 3. Aufl., § 159 Rdnr. 3).
Dem entspricht die Verpflichtung der Beklagten, die Zinsen zu entrichten. Sie
ist gleichfalls auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung (”ab Beur-
kundung dieses Vertrages”, Nr. 4.3. 1. Abs., vgl. oben) zurückbezogen (§ 159
BGB) und bestand nach dem Wirksamwerden des Kaufvertrages bis zur Zah-
lung des auf diesen Teil des betroffenen Kaufgegenstandes entfallenden Kauf-
preises fort. Damit wahrt die Klausel die gesetzliche Interessenbewertung, daß
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bei einem Kaufvertrag der Käufer nicht den Kaufgegenstand und zugleich den
Gegenwert, den noch nicht entrichteten Kaufpreis, nutzen soll (Mugdan, Die
gesamten Materialien zum BGB für das Deutsche Reich, II S. 183; BGHZ 26, 7,
8; BGH, Beschluß vom 25. März 1998 - VIII ZR 298/97, WM 1998, 1293 = NJW
1998, 2060 unter II).
bb) Die Regelung der Zinsklausel der Nr. 4.3. des Vertrages weicht fer-
ner von § 452 BGB insofern ab, als nach § 452 2. Halbs. BGB Nutzungszinsen
nicht geschuldet sind, wenn der Kaufpreis gestundet wurde (vgl. BGH, Be-
schluß vom 25. März 1998 - VIII ZR 298/97 aaO); denn in dem Hinausschieben
der Fälligkeit nach Nr. 4.3. 2. Absatz des Vertrages ist eine Stundungsverein-
barung zu sehen. Doch ist diese Ausnahme von der durch Gesetz angeordne-
ten Verpflichtung des Käufers zur Zahlung von Nutzungszinsen nicht als Aus-
druck eines wesentlichen, dem Schutz des Käufers vor unangemessener Be-
nachteiligung dienenden Grundgedanken des Gesetzes zu werten. Leitbild des
§ 452 BGB ist die dieser Vorschrift zugrundeliegende Entscheidung des Ge-
setzgebers, daß bei einem Kaufvertrag kein Vertragsteil den Kaufgegenstand
und zugleich den Gegenwert, den noch nicht entrichteten Kaufpreis, nutzen soll
(BGHZ 26, 7, 8). Die Vorschrift knüpft damit hinsichtlich des ihr zugrundelie-
genden Gerechtigkeitsgebotes an die Regelungen der §§ 320 Abs. 1 Satz 1,
322 Abs. 1, 271 Abs. 1 BGB an (vgl. auch Becker, NJW 1996, 645; Blank,
DNotZ 1998, 339, 342). Übergibt und übereignet der Verkäufer den Kaufge-
genstand, kann er grundsätzlich sofortige Zahlung des Kaufpreises verlangen;
zahlt der Käufer nicht, besteht ein Anspruch auf Nutzungszinsen nach § 452
BGB. Der Ausschluß des Anspruchs auf Nutzungszinsen gemäß § 452
2. Halbs. BGB hat seinen Grund in der Annahme des Gesetzgebers, daß der
Verkäufer, der sich mit der späteren Zahlung des Kaufpreises einverstanden
erklärt, ohne sich eine Verzinslichkeit auszubedingen, den Willen zum Aus-
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druck bringt, Zinsen nicht in Anspruch zu nehmen. Damit läßt er erkennen, daß
er bei der Vereinbarung des Kaufpreises die Zinseinbuße schon in Anschlag
gebracht hat (Mugdan aaO II S. 183), jedenfalls sich trotz Vorleistung mit dem
vereinbarten Kaufpreis zufrieden gibt. Ein von dieser Annahme des Gesetzge-
bers abweichender Wille des Verkäufers, für die dem Käufer vorzeitig (§§ 320
Abs. 1 Satz 1, 322 Abs. 1, 271 Abs. 1 BGB) eingeräumte Nutzungsmöglichkeit
des Kaufgegenstandes bis zur Zahlung des Kaufpreises Nutzungszinsen zu
verlangen, bestätigt deshalb den Grundgedanken des § 452 BGB (OLG Düs-
seldorf, OLGR 1999, 169, 170; Staudinger/Köhler aaO § 452 Rdnr. 1; a.A. wohl
Blank aaO S. 344). Eine entsprechende Willenserklärung kann daher auch in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam abgegeben werden (vgl. BGHZ
95, 362, 370; BGH, Urteil vom 9. Juli 1991 - XI ZR 72/90, WM 1991, 1452
= NJW 1991, 2559 unter VI 2).
cc) Auch durch die Höhe der Nutzungszinsen, nämlich "4 % p.a. über
dem Bundesdiskontsatz", werden die Beklagten nicht entgegen dem Gebot von
Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 9 Abs. 1 AGBG). Wegen
unangemessener Höhe wäre die Klausel allerdings dann unwirksam, wenn sie
es der Klägerin ermöglichen würde, ab 1. November 1992 zusätzlich zu den
Nutzungszinsen Fälligkeits- bzw. Verzugszinsen zu verlangen. Eine solche
Kumulation ist in dem Vertrag jedoch nicht vorgesehen. Nr. 4.3. 1. Abs. enthält
eine einheitliche Verzinsungsregelung, wonach der ausstehende Kaufpreisbe-
trag für die Zeit "ab Beurkundung dieses Vertrages in der jeweils noch ge-
schuldeten Höhe" mit dem genannten Zinssatz zu verzinsen ist. Nicht anders
haben die Parteien diese Bestimmung auch verstanden. Sie entspricht damit
der gesetzlichen Regelung des § 452 BGB (Soergel/Huber aaO § 452
Rdnr. 15; Keim, DNotZ 1999, 612, 626; Becker, NJW 1996, 645; a.A. Semler,
NJW 1995, 1727, 1728).
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Der vereinbarte Zinssatz von 4 % über dem jeweiligen Diskontsatz der
Bundesbank unterschreitet den in § 11 Abs. 1 VerbrKrG festgesetzten Zinssatz
von 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, den der
Verbraucher bei Zahlungsverzug auf die rückständigen Beträge zu entrichten
hat. Diese Vorschrift enthält die Wertung des Gesetzgebers, daß ein derartiger
Zinssatz den Schuldner nicht unangemessen benachteiligt (vgl. Pa-
landt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 246 Rdnr. 12), und ihr kommt deshalb Mo-
dellcharakter zu (BGH, Urteil vom 11. Januar 1995 - VIII ZR 61/94, NJW 1995,
954 unter II, 3 b). Im gegebenen Fall handelt es sich zwar nicht um Verzugs-
zinsen. Dies rechtfertigt hier jedoch keine unterschiedliche Beurteilung. Die
Klägerin hat den Beklagten im wirtschaftlichen Sinne einen nicht gesicherten
Zwischenkredit verschafft.
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III. Mit der Hilfsaufrechnung hat sich das Berufungsgericht - von seinem
Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht befaßt. Da der Rechtsstreit insoweit
weiterer Aufklärung bedarf, war die Sache zur weiteren Feststellung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO).
Dr. Deppert Dr. Zülch Dr. Hübsch
Ball Wiechers