Urteil des BGH vom 05.03.2013

BGH: verjährungsfrist, steuerstrafrecht, steuerhinterziehung, abgabenordnung, lfg, bekanntgabe, betrug

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 73/13
vom
5. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. März 2013 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 25. Oktober 2012 wird als unbegründet verwor-
fen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisions-
rechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklag-
ten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-
gen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Auch die vom Angeklagten am 28. März 2006 durch Abgabe einer unrichtigen
Umsatzsteuerjahreserklärung begangene Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1
Nr. 1 AO i.V.m. § 168 Satz 1 AO) mit einem Verkürzungsumfang von 133.269,08
Euro (Tat 1 der Urteilsgründe) ist nicht verjährt.
Zwar betrug die Verjährungsfrist für diese Tat zunächst nur fünf Jahre (vgl. § 78
Abs. 3 Nr. 4 StGB), die bei Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfah-
rens (vgl. § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) bereits verstrichen waren. Die Ver-
jährungsfrist hatte sich jedoch durch Gesetz vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I,
2794, 2828) auf zehn Jahre erhöht (§ 376 Abs. 1 AO). Diese Vorschrift gilt für
alle bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes noch nicht abgelaufenen Verjäh-
rungsfristen (vgl. Art. 97 § 23 EGAO).
Die Voraussetzungen des § 376 Abs. 1 AO liegen hier vor, denn die Tat erfüllt
das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO (Steuerverkürzung in gro-
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ßem Ausmaß). Der Umstand, dass das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2
Nr. 1 AO bis zur Änderung durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I,
3198, 3209) und damit zum Zeitpunkt der Tatbeendigung enger gefasst war
- es enthielt noch das einschränkende Merkmal des Handelns aus grobem Ei-
gennutz - steht der Anwendung der verlängerten Verjährungsfrist des § 376
Abs. 1 AO nicht entgegen (vgl. Jäger in Klein, Abgabenordnung, 11. Aufl.,
§ 376 Rn. 14; Rolletschke in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstraf-
recht, 1. Aufl. 2011, Rn. 10; a.A. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstraf-
recht, 7. Aufl., § 376 AO Rn. 14e; Spatscheck/Albrecht Stbg 2012, 501, 506).
Maßgeblich ist allein, dass die Voraussetzungen des § 376 Abs. 1 AO erfüllt
sind und die Tat zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verjährungsvorschrift
noch nicht verjährt war. Beides ist hier der Fall. Damit kommt die zehnjährige
Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO zur Anwendung, obwohl die Tat zum
Zeitpunkt der Tatbegehung keines der Regelbeispiele des § 370 Abs. 3 Satz 2
AO erfüllt hat.
Der Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 AO steht
auch nicht entgegen, dass das Landgericht für diese Tat die Strafe nicht dem
Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO entnommen hat. Entscheidend ist, ob ein
Regelbeispiel eines besonders schweren Falles verwirklicht ist, nicht, ob sich
die Tat nach der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände im konkreten
Einzelfall als besonders schwer darstellt (vgl. Jäger in Klein, Abgabenordnung,
11. Aufl., § 376 Rn. 11, 15; Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht,
7. Aufl., § 376 AO Rn. 14f.; a.A. Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, Lfg. 40,
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§ 376 AO Rn. 20 ff.). Die typisierende Anknüpfung der Verjährungsregelung
des § 376 Abs. 1 AO an Regelbeispielen besonders schwerer Fälle der Steuer-
hinterziehung ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich.
Wahl Rothfuß Jäger
Radtke Zeng