Urteil des BGH vom 11.10.2007
BGH (rechtliches gehör, zeitpunkt, kenntnis, zpo, abgabe, verletzung, zustellung, pfändung, umfang, sache)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 9/06
vom
11. Oktober 2007
in dem Rechtsstreit
- 2 -
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Prof. Dr. Gehrlein, Vill und die Richterin
Lohmann
am 11. Oktober 2007
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil
des 13.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom
8. Dezember 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewie-
sen.
Der Gegenstandswert wird auf 179.359,61 € festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1
1. Soweit sich die Nichtzulassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt
einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und
des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) gegen die Annahme eines Benachteili-
gungsvorsatzes der Schuldnerin und einer entsprechenden Kenntnis der Be-
klagten wendet, wird ein Verfassungsverstoß nicht substantiiert aufgezeigt.
Weder wird der vermeintlich übergangene Sachvortrag konkretisiert noch dar-
gelegt, inwiefern die rechtliche Würdigung des Oberlandesgerichts von willkürli-
chen Erwägungen getragen ist. In der Sache ist das Oberlandesgericht unter
2
- 3 -
Berücksichtigung des Prozessstoffs und der Aussage des Zeugen W. in
rechtlich unangreifbarer tatrichterlicher Würdigung (§ 286 ZPO) zu dem Ergeb-
nis gelangt, dass ein Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin (§ 133 Abs. 1
Satz 1 InsO) vorlag, weil sie wusste, dass ihr Vermögen nicht ausreichte, um
über Teilzahlungen an einige Gläubiger hinaus alle Gläubiger befriedigen zu
können (BGHZ 155, 75, 83). Auch ist von einer Kenntnis des Benachteiligungs-
vorsatzes bei der Beklagten auszugehen (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO), weil die
Verbindlichkeiten der Schuldnerin bei der Beklagten über einen längeren Zeit-
raum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen wurden und
der Beklagten den Umständen nach bekannt war, dass es noch weitere Gläubi-
ger mit ungedeckten Ansprüchen gab (vgl. BGHZ 155, 75, 85 f; BGH, Urt. v.
24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513).
2. Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde hat - wie in
§ 133 InsO vorausgesetzt - die Beklagte aufgrund einer Rechtshandlung der
Schuldnerin Befriedigung erlangt, weil die Pfändung der Beklagten in die nicht
in Anspruch genommene Kreditlinie der Schuldnerin ins Leere ging und erst die
von der Schuldnerin unter Ausnutzung des Kontokorrentkredits veranlasste Ü-
berweisung die Gläubigerbenachteiligung ausgelöst hat (BGHZ 157, 350, 355;
162, 143, 156 f).
3
3. Die Hemmung der Verjährung scheitert nicht an der verzögerten Ab-
gabe der Streitsache (§ 696 Abs. 3 ZPO), weil es für die Hemmung auf den
4
- 4 -
Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides und nicht den Zeitpunkt der
Rechtshängigkeit ankommt (BGH, Urt. v. 9. Januar 2001 - VI ZR 119/00, NJW-
RR 2001, 1280 f; v. 8. Mai 1996 - XII ZR 8/95, NJW 1996, 2152).
Fischer Ganter Gehrlein
Vill
Lohmann
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 27.06.2005 - 2 O 546/03 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.12.2005 - 13 U 1311/05 -