Urteil des BGH vom 17.04.2007

BGH (kenntnis, höhe, 1995, unkenntnis, arglistige täuschung, abschluss, vollmacht, unwirksamkeit, klageerhebung, rechtsunkenntnis)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 263/07 Verkündet
am:
23. September 2008
Herrwerth,
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
- 2 -
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 23. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Grüneberg und
Maihold
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des
17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom
17. April 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgeho-
ben, als in Höhe von 19.273,53 € nebst Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basis-
zinssatz seit dem 1. Januar 2002 zum Nachteil der Klä-
ger entschieden worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der
11.
Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom
5. Dezember 2006 abgeändert.
Die Beklagte wird, unter Abweisung der weitergehenden
Klage, verurteilt, an die Kläger 19.273,53 € nebst Zin-
sen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweili-
gen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten und die
Revision der Kläger zurückgewiesen.
- 3 -
Die Kosten des Rechtsstreits in der I. Instanz tragen die
Kläger zu 15% und die Beklagte zu 85%. Die Kosten
der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen
- 4 -
Tatbestand:
1
Die Kläger nehmen die beklagte Sparkasse auf Rückabwicklung
eines Darlehensvertrages zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteili-
gung in Anspruch.
Die Kläger, ein damals 39 Jahre alter Industriekaufmann und seine
34-jährige Ehefrau, eine Hausfrau, wollten sich 1995 zum Zweck der
Steuerersparnis mit einer Einlage von 34.856 DM an dem geschlossenen
Immobilienfonds "N. " (im Folgenden: GbR)
beteiligen. Mit notarieller Urkunde vom 2. Oktober 1995 boten sie der
K. Steuerberatungs GmbH (im Folgenden: Treuhänderin), die
über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, den
Abschluss eines umfassenden Treuhand- und Geschäftsbesorgungsver-
trages mit einer ebensolchen Vollmacht an. Die Treuhänderin nahm das
Angebot an und schloss zur Finanzierung des für die Kläger erklärten
Beitritts am 6. November 1995 in deren Namen mit der Rechtsvorgänge-
rin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) einen Vertrag über ein til-
gungsfreies Darlehen von 40.000 DM mit 10% Disagio. Bei Abschluss
des Darlehensvertrages lagen der Beklagten weder das Original noch
eine Ausfertigung der von den Klägern der Treuhänderin erteilten Voll-
macht vor. Der Nettokreditbetrag von 36.000 DM (= 18.406,51 €) wurde
nach dem Vorbringen der Beklagten auf Anweisung der Treuhänderin an
die GbR ausgezahlt. Nachdem die Kläger Zinsen in Höhe von insgesamt
5.910,16 € an die Beklagte gezahlt hatten, tilgten sie das Darlehen am
13. Juli 1999 mit einer Schlusszahlung von 19.273,53 €.
2
- 5 -
Das Landgericht hat der erst im Jahre 2006 erhobenen Klage auf
Rückzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen sowie auf Erstattung von
Rechtsverfolgungs- und sonstigen Kosten in Höhe von insgesamt
25.609,76 € nebst Zinsen nur in Höhe der Schlusszahlung nebst Zinsen
stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht
die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelas-
senen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des landge-
richtlichen Urteils.
3
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist bis auf einen Teil der Zinsforderung begründet.
4
I.
Das Berufungsgericht (WM 2007, 1514) hat zur Begründung seiner
Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5
Der
Bereicherungsanspruch
der
Kläger auf Rückzahlung der Til-
gungsleistung sei verjährt. Da die Klage erst 2006 erhoben worden sei,
sei für die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß
§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf den 31. Dezember 2002 abzustellen. Für die-
sen Zeitpunkt sei eine zumindest grob fahrlässige Unkenntnis der Kläger
von den den Anspruch begründenden Umständen anzunehmen. Zwar
habe vor den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom
28. September 2000 (BGHZ 145, 265) und vom 11. Oktober 2001
6
- 6 -
(WM 2001, 2260) niemand den Verstoß des Geschäftsbesorgungsvertra-
ges und der Vollmacht der Treuhänderin gegen das Rechtsberatungsge-
setz und den daraus resultierenden Bereicherungsanspruch kennen kön-
nen. Auch nach diesen Entscheidungen habe allein die Kenntnis des
Darlehensvertrags und des Inhalts der Treuhändervollmacht nicht ausge-
reicht. Die Verjährung habe nicht begonnen, bevor für die Kläger recht-
lich hinreichend zu erkennen gewesen sei, dass ihnen ein Rückzah-
lungsanspruch zustehe. Davon sei aber trotz fehlender Fachkunde der
Kläger jedenfalls bis zum 31. Dezember 2002 auszugehen. Bis dahin ha-
be die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von
Darlehensverträgen der vorliegenden Art in weiten Kreisen der Anleger
Beachtung gefunden. Im Jahre 2002 hätten Anleger in einer ersten Welle
von Gerichtsverfahren Klage auf Rückabwicklung der Anlagegeschäfte
erhoben. Die Medien, insbesondere die Tagespresse, hätten 2002 über
die neue Rechtsprechung berichtet. Falls die Kläger gleichwohl erst auf-
grund anwaltlicher Beratung im Jahre 2005 hiervon Kenntnis erlangt hät-
ten, beruhe ihre vorherige Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit. Nach
dem anzulegenden objektiv-abstrakten Maßstab hätten die Kläger ihre
Sorgfaltspflichten verletzt, wenn sie die einschlägigen Zeitungsberichte
nicht zur Kenntnis und zum Anlass genommen hätten, sich durch Einho-
lung von Rechtsrat Klarheit über ihre Rückzahlungsansprüche zu ver-
schaffen. Gegenüber der Verjährungseinrede greife der Einwand des
Rechtsmissbrauchs nicht durch. Die Beklagte habe zwar mit Schreiben
vom 30. April 2004 geltend gemacht, die Treuhandvollmacht sei unter
Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu behandeln. Dieser Einwand
gehöre aber nicht zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, auf die
sich die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis gemäß § 199 Abs. 1
Nr. 2 BGB erstrecken müsse.
- 7 -
II.
7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
Der Anspruch der Kläger gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB
auf Erstattung der Schlusszahlung in Höhe von 19.273,53 € ist entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt.
1. Das Berufungsgericht hat die Verjährung allerdings rechtsfehler-
frei nicht nach § 197 BGB a.F. beurteilt. Diese Vorschrift ist entgegen der
Auffassung der Beklagten auch insoweit nicht anwendbar, als in der
Schlusszahlung vom 13. Juli 1999 Zinsen in Höhe von 56,24 € enthalten
gewesen sein sollten (Senat, Urteile vom 4. Dezember 2007 - XI ZR
227/06, WM 2008, 244, 247 Tz. 33, für BGHZ 174, 334 vorgesehen, und
vom 27. Mai 2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 13).
9
2. Maßgeblich ist vielmehr, da die Verjährungsfrist gemäß § 195
BGB a.F. am 1. Januar 2002 noch nicht abgelaufen war, gemäß Art. 229
§ 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB die Frist gemäß § 195 BGB
n.F.. Diese Frist war bei Klageerhebung am 22. Februar 2006 noch nicht
abgelaufen, weil sie nicht vor dem 1. Januar 2003 begonnen hat.
10
a) Vor diesem Zeitpunkt waren zwar die objektiven Voraussetzun-
gen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfüllt, weil
die Klageforderung mit der Schlusszahlung am 13. Juli 1999 entstanden
ist.
11
- 8 -
b) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsge-
richts, auch die - erforderlichen (Senat BGHZ 171, 1, 7 ff. Tz. 19 ff.) -
subjektiven Voraussetzungen gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hätten vor
dem 1. Januar 2003 vorgelegen. Die Kläger haben vor diesem Zeitpunkt
von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des
Schuldners keine Kenntnis erlangt und auch nicht ohne grobe Fahrläs-
sigkeit erlangen müssen.
12
aa) Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch aus § 812
Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verfolgt, hat Kenntnis von den den Anspruch
begründenden Umständen, wenn er von der Leistung und dem Fehlen
des Rechtsgrundes, d.h. von den Tatsachen, aus denen dessen Fehlen
folgt, weiß (Senat, Urteil vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008,
729, 732 Tz. 26, für BGHZ 175, 161 vorgesehen; Staudinger/Peters,
BGB Neubearb. 2004 § 199 Rdn. 46). Bei der Beurteilung der Frage,
wann der Gläubiger diese Kenntnis besitzt, kann, auch bei Bereiche-
rungsansprüchen (BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07,
WM 2008, 1077, 1078 Tz. 8), weitgehend auf die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. zurückgegriffen werden
(Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349
Tz. 27, m.w.Nachw.). Danach muss dem Anspruchsberechtigten die Er-
hebung einer Feststellungsklage Erfolg versprechend, wenn auch nicht
risikolos möglich sein (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003
- VI ZR 379/02, NJW 2004, 510; Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR
319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27; jeweils m.w.Nachw.). Dazu ist
nicht die Kenntnis aller Einzelheiten erforderlich. Es genügt, dass der
Anspruchsberechtigte den Sachverhalt, etwa den Schadenshergang, in
seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche
13
- 9 -
Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet (BGH, Urteil
vom 29. Juni 1989 - III ZR 92/87, NJW 1990, 176, 179; MünchKomm/
Grothe, BGB 5. Aufl. § 199 Rdn. 25).
14
(1)
Der
Verjährungsbeginn setzt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB
ebenso wie gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. grundsätzlich nur die Kenntnis
der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Hingegen ist es in
der Regel nicht erforderlich, dass der Anspruchsberechtigte aus den ihm
bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht
(BGHZ 170, 260, 271 Tz. 28; Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR
319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27). Rechtsunkenntnis kann aber im
Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungs-
beginn hinausschieben (BGHZ 138, 247, 252; 150, 172, 186; 160, 216,
231 f.; BGH, Urteile vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251,
259, vom 24. Februar 1994 - III ZR 76/92, WM 1994, 988, 991, vom
17. Oktober 1995 - VI ZR 246/94, WM 1996, 125, 127, vom 25. Februar
1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975 und Beschluss vom 19. März
2008 - III ZR 220/07, WM 2008, 1077, 1078 Tz. 9). In diesem Fall fehlt
es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraus-
setzung für den Verjährungsbeginn (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999
- IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975).
(2) Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Gläubiger die
Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhn-
lich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen
nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten
müssen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03,
15
- 10 -
WM 2005, 382, 384; MünchKomm/Grothe, BGB 5. Aufl. § 199 Rdn. 28;
jeweils m.w.Nachw.).
16
(3)
Die
Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von be-
stimmten Umständen hatte oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrläs-
sigkeit beruhte, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nur ei-
ner eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob
der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen
Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (Senat, Urteile vom
26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 3. Juni 2008
- XI ZR 318/06, Urteilsumdruck Tz. 23) und ob der Tatrichter den Begriff
der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades
der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat
(Senat BGHZ 145, 337, 340 und Urteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR
186/99, WM 2000, 812, 813). Die Frage, wann eine für den Beginn der
Verjährung hinreichende Kenntnis vorhanden ist, ist allerdings nicht aus-
schließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung
des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Kla-
geerhebung geprägt (BGHZ 122, 317, 326; 138, 247, 253; BGH, Urteil
vom 24. Februar 1999 - III ZR 76/92, WM 1994, 988, 991 f.).
bb) Nach diesen Grundsätzen waren die subjektiven Vorausset-
zungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bis zum
31. Dezember 2002 nicht erfüllt.
17
(1) Der Verjährungsbeginn hing allerdings entgegen der Auffas-
sung des Berufungsgerichts nicht von der Kenntnis bzw. grob fahrlässi-
gen Unkenntnis der Kläger von der Rechtsprechung des Bundesge-
18
- 11 -
richtshofs zur Unwirksamkeit von Treuhändervollmachten der vorliegen-
den Art ab. Vor dieser Rechtsprechung, d.h. auch im Zeitpunkt der An-
spruchsentstehung, war die Rechtslage zwar unsicher und zweifelhaft,
so dass die Rechtsunkenntnis der Kläger den Verjährungsbeginn hinaus-
schob. Die Rechtslage wurde aber durch die Urteile des Bundesgerichts-
hofs vom 28. September 2000 (BGHZ 145, 265), vom 18. September
2001 (XI ZR 321/00, WM 2001, 2113, 2114) und vom 11. Oktober 2001
(III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261) geklärt. Nach dieser Rechtspre-
chung sind Geschäftsbesorgungsverträge und Treuhändervollmachten
der vorliegenden Art wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsge-
setz unwirksam, und zwar auch im Zusammenhang mit kreditfinanzierten
Immobilienfondsbeteiligungen. Nach der Veröffentlichung dieser Ent-
scheidungen in der NJW als der auflagenstärksten juristischen Fachzeit-
schrift in den Heften vom 4. Januar 2001, 17. Dezember 2001 und
2. Januar 2002 stand die zuvor unklare Rechtslage dem Verjährungsbe-
ginn nicht mehr entgegen. Auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Un-
kenntnis der Kläger von der Klärung der Rechtslage kam es hierfür nicht
an. An der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraus-
setzung für den Verjährungsbeginn fehlt es bei unsicherer und zweifel-
hafter Rechtslage (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98,
WM 1999, 974, 975) nur bis zur objektiven Klärung der Rechtslage
(Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 199 Rdn. 26). Danach ist die Klage-
erhebung zumutbar. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin,
dass derjenige, der bei zunächst unklarer, aber später geklärter Rechts-
lage die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände kennt, wegen
fortdauernder Rechtsunkenntnis aber keine verjährungshemmenden
Maßnahmen ergreift, nicht anders behandelt werden darf als derjenige,
der bei von Anfang an klarer Rechtslage die anspruchsbegründenden
- 12 -
tatsächlichen Umstände kennt, wegen Rechtsunkenntnis aber keine Kla-
ge erhebt. In diesem Fall wird der Verjährungsbeginn durch die Rechts-
unkenntnis auch nicht hinausgeschoben.
19
(2) Die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB
waren aber, was das Berufungsgericht verkannt hat und die Revision zu
Recht rügt, vor dem 1. Januar 2003 aus einem anderen Grund nicht er-
füllt.
(a) Zu den tatsächlichen Umständen, die einen Bereicherungsan-
spruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB begründen, gehören auch
die Tatsachen, aus denen das Fehlen eines Rechtsgrundes der Leistung,
d.h. die Unwirksamkeit des Vertrages, zu dessen Erfüllung geleistet wur-
de, folgt. Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs trägt die volle
Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des
Mangels des rechtlichen Grundes (BGHZ 128, 167, 171; 154, 5, 9; BGH,
Urteil vom 6. Oktober 1994 - III ZR 165/93, WM 1995, 20, 21, vom
27. September 2002 - V ZR 98/01, WM 2003, 640, 641 und vom 14. Juli
2003 - II ZR 335/00, WM 2004, 225, 226; Senat, Urteil vom 6. Dezember
1994 - XI ZR 19/94, WM 1995, 189, 190). Während der eine vertragliche
Leistung fordernde Gläubiger die Wirksamkeit des Vertrages darzulegen
und zu beweisen hat, muss der eine erbrachte Leistung zurückfordernde
Bereicherungsgläubiger dessen Unwirksamkeit vortragen und unter Be-
weis stellen (BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 431/02, WM 2004,
195, 196; Beschluss vom 10. Oktober 2007 - IV ZR 95/07, NJW-RR
2008, 273 Tz. 3). Macht der Bereicherungsgläubiger, wie im vorliegen-
den Fall, geltend, der als Rechtsgrund in Betracht kommende Vertrag sei
unwirksam, weil er bei dessen Abschluss nicht wirksam vertreten worden
20
- 13 -
sei, hat er die tatsächlichen Voraussetzungen des Fehlens der Vertre-
tungsmacht darzulegen und zu beweisen. Dazu gehört, wie der Senat
bereits entschieden hat (Urteil vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 19/94,
WM 1995, 189, 190), bei einem In-Sich-Geschäft gemäß § 181 BGB das
Fehlen einer Zustimmung des Vertretenen. Ebenso sind bei einer
Leistungskondiktion die Umstände, die die Unwirksamkeit einer Voll-
macht begründen, und das Fehlen der Voraussetzungen einer Rechts-
scheinvollmacht gemäß §§ 171 f. BGB anspruchsbegründende Tatsa-
chen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisi-
onserwiderung nicht etwa rechtshindernde Einwendungen, deren Kennt-
nis für den Verjährungsbeginn nicht erforderlich wäre (vgl. hierzu BGH,
Urteil vom 22. Juni 1993 - VI ZR 190/92, NJW 1993, 2614). Soweit der
Senat in seinem Urteil vom 20. April 2004 (XI ZR 164/03, WM 2004,
1227, 1228) eine andere Auffassung vertreten hat, wird daran nicht fest-
gehalten.
(b) Von diesen anspruchsbegründenden Tatsachen haben die Klä-
ger vor dem 1. Januar 2003 keine Kenntnis erlangt; ihre Unkenntnis be-
ruht auch nicht auf grober Fahrlässigkeit.
21
Ihnen war zwar bekannt, dass der Darlehensvertrag durch eine
Treuhänderin abgeschlossen worden war und dass deren Vollmacht ei-
nen umfassenden Inhalt hatte. Den Feststellungen des Berufungsge-
richts und dem Vortrag der für den Verjährungsbeginn darlegungsbelas-
teten Beklagten ist aber nicht zu entnehmen, dass die Kläger wussten,
dass die Treuhänderin keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz
besaß. Ob ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, weil eine
Erlaubnis gemäß § 17 Satz 1 RBerV zu veröffentlichen ist und bei dem
22
- 14 -
für ihre Erteilung zuständigen Präsidenten des Landgerichts erfragt wer-
den kann, ist zweifelhaft. Diese Frage bedarf indes keiner abschließen-
den Entscheidung.
23
Jedenfalls hatten die Kläger vor dem 1. Januar 2003 keine Kennt-
nis davon, dass der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages am
6. November 1995 nicht, wie für eine Rechtsscheinvollmacht gemäß
§ 171 f. BGB erforderlich, eine Ausfertigung der notariellen Vollmachts-
urkunde vom 2. Oktober 1995 vorgelegen hat. Eine solche Kenntnis ist
vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vor-
getragen worden. Diese Unkenntnis der Kläger beruhte nicht auf grober
Fahrlässigkeit. Zahlreiche Kreditinstitute haben sich bei vergleichbaren
Geschäften vor Abschluss des Darlehensvertrages regelmäßig eine Aus-
fertigung der notariellen Urkunde der Treuhändervollmacht vorlegen las-
sen. Für die Kläger als juristische Laien lag die Nichtvorlage einer Aus-
fertigung der Vollmachtsurkunde vor Abschluss des Darlehensvertrages
vom 6. November 1995 keinesfalls so nahe, dass sie dieser Frage nach-
gehen mussten. Es ist auch nicht festgestellt oder vorgetragen worden,
dass sie auf eine entsprechende Rückfrage bei der Beklagten eine zu-
treffende Auskunft erhalten hätten. Die Beklagte selbst wirft den Klägern
insoweit keine grobe Fahrlässigkeit vor.
III.
Das Berufungsurteil stellt sich nur in geringem Umfang aus ande-
ren Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
24
- 15 -
1. a) Der Anspruch der Kläger auf Zinsen aus dem Betrag von
19.273,53 € für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 ist verjährt. Dieser An-
spruch gemäß § 818 Abs. 1 BGB auf Herausgabe von Nutzungszinsen
verjährt als Anspruch auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen gemäß
§ 197 BGB a.F. in vier Jahren (Senat, Urteil vom 15. Februar 2000
- XI ZR 76/99, WM 2000, 811, 812). Diese Frist war für die Zeit bis zum
31. Dezember 2001 abgelaufen, bevor im Jahr 2006 Klage erhoben wur-
de.
25
b) Zinsen für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 können die Kläger
auch nicht als Schadensersatz verlangen. Die Frage der Verjährung ei-
nes Schadensersatzanspruchs wegen Aufklärungsverschuldens kann
dahinstehen, weil ein solcher Anspruch bereits dem Grunde nach nicht
besteht. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Fondsinitiatoren
bzw. der für sie tätige Vermittler hätten die Kläger über die Fondsbeteili-
gung arglistig getäuscht. Hierfür fehlt substantiiertes Vorbringen in den
Tatsacheninstanzen. Die Kläger haben lediglich behauptet, nach dem
ihnen vorgelegten Fondsprospekt habe das Fondsgrundstück für knapp
28 Millionen DM erworben werden sollen, während es tatsächlich nur ei-
nen Wert von 8 Millionen DM habe. Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob in
dieser Prospektangabe die konkludente Behauptung liegt, das Grund-
stück habe einen Wert von 28 Millionen DM. Jedenfalls haben die Kläger
eine - auch eine subjektive Komponente umfassende (Senat, Urteil vom
6. November 2007 - XI ZR 322/03, WM 2008, 115, 120 Tz. 49) - arglisti-
ge Täuschung nicht substantiiert vorgetragen.
26
2. Hingegen ist der Anspruch der Kläger gemäß § 812 Abs. 1
Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung der am 13. Juli 1999
27
- 16 -
geleisteten Schlusszahlung in Höhe von 19.273,53 € nebst Zinsen in Hö-
he von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
1. Januar 2002 begründet.
28
a) Die Beklagte hat diesen Betrag durch Leistung der Kläger ohne
rechtlichen Grund erlangt. Der Darlehensvertrag vom 6. November 1995
ist unwirksam, weil die Treuhänderin, die den Vertrag namens der Kläger
geschlossen hat, nicht wirksam bevollmächtigt war. Die ihr erteilte Voll-
macht ist im Hinblick auf ihre umfassenden Befugnisse wegen Verstoßes
gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig (st.Rspr., s. nur Senat, Urteil
vom 26. Februar 2008 - XI ZR 74/06, WM 2008, 683, 686 Tz. 26,
m.w.Nachw.). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Vorausset-
zungen einer Vertretungsbefugnis gemäß §§ 171 f. BGB und einer Dul-
dungs- oder Anscheinsvollmacht nicht vorliegen.
b) Die von den Klägern aufgrund der Fondsbeteiligung erlangten
Steuervorteile mindern entgegen der Auffassung der Beklagten den
Rückzahlungsanspruch nicht. Anders als die Rückabwicklung eines nach
§ 1 HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der mit einem finanzierten
Fondsanteilserwerb ein verbundenes Geschäft bildet (vgl. hierzu Senat
BGHZ 172, 147, 153 ff. Tz. 23 ff.), bei der der Darlehensnehmer die
Rückzahlung seiner auf den Darlehensvertrag erbrachten Leistungen
Zug-um-Zug gegen Abtretung des Fondsanteils verlangen kann, führt die
Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wegen des Verstoßes der Treu-
händervollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht zu einer Rück-
abwicklung der kreditfinanzierten Fondsbeteiligung. Da die Kläger, zu-
mindest nach den Grundsätzen über den fehlerhaften Beitritt zu einer
Gesellschaft (vgl. BGHZ 153, 214, 221 f.), Gesellschafter der Fonds-GbR
29
- 17 -
sind und bei Erfüllung ihres Rückzahlungsanspruchs gegen die Beklagte
bleiben, sind ihnen die aus dieser Kapitalanlage resultierenden Vorteile,
d.h. Fondsausschüttungen und Steuervorteile, zu belassen.
30
c) Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einem Gegenanspruch
auf Herausgabe der Darlehensvaluta ist unbegründet. Ein Kreditinstitut,
das aufgrund eines wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksa-
men Darlehensvertrages die Immobilienfondsbeteiligung eines Kapitalan-
legers finanziert und die Darlehensvaluta unmittelbar an den als GbR
betriebenen Fonds ausgezahlt hat, kann den Kapitalanleger für die Be-
reicherungsschuld der GbR gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB nicht
in entsprechender Anwendung des § 128 HGB persönlich in Anspruch
nehmen (Senat, Urteil vom 17. Juni 2008 - XI ZR 112/07, WM 2008,
1356, 1358 f. Tz. 18 ff., für BGHZ vorgesehen).
- 18 -
IV.
31
Das Berufungsurteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO),
soweit in Höhe von 19.273,53 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent-
punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zum
Nachteil der Kläger entschieden worden ist. Da die Sache zur Endent-
scheidung reif ist, hatte der Senat in der Sache selbst zu entscheiden
(§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Beklagte unter Abänderung des landgericht-
lichen Urteils zur Zahlung dieses Betrages zu verurteilen. Im Übrigen war
die Revision zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Grüneberg Maihold
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 05.12.2006 - 11 O 46/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 17.04.2007 - 17 U 1/07 -