Urteil des BGH vom 22.04.2010

BGH (zpo, widerklage, auslegung, verordnung, zahlung, beweislast, begründung, rechtsfrage, abweisung, lasten)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 94/08
vom
22. April 2010
in dem Rechtsstreit
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp
am 22. April 2010
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom
23. April 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf
67.622,90 € festgesetzt.
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO)
und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg.
Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fort-
bildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts.
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1. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12. Februar
2009 in der Rechtssache C-339/07 (ZIP 2009, 427) ist geklärt, dass Insolvenz-
anfechtungsklagen unter Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des
Rates über Insolvenzverfahren (EuInsVO) und nicht unter die Regelungen der
Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO) fallen. Damit
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besteht kein Bedürfnis für eine Rechtsfortbildung zur Auslegung von Art. 1
Abs. 2 lit. b EuGVVO für die Fälle, in denen das Insolvenzverfahren vor Inkraft-
treten der EuInsVO eröffnet worden ist. .
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2. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt
nicht darin, dass das Berufungsgericht den Inhalt des italienischen Anfech-
tungsrechts nicht von Amts wegen ermittelt hat. Eine entsprechende Verpflich-
tung würde eine rechtsfortbildende Auslegung des außer Kraft getretenen
Art. 102 Abs. 2 EGInsO in Richtung einer allseitigen Kollisionsnorm vorausset-
zen. Die Nichtzulassungsbeschwerde legt nicht dar, dass jetzt noch ein Klä-
rungsbedürfnis für diese früher umstrittene Frage (vgl. einerseits Uhlenbruck/
Lüer, InsO 12. Aufl. Art. 102 EGInsO Rn. 86 f, Rn. 153 ff; andererseits HK-
InsO/Kirchhof, 2. Aufl. Art. 102 EGInsO Rn. 40 jeweils m.w.N.) besteht. Nach
dem geltenden Recht (Art. 13 EuInsVO, § 339 InsO) ist die Frage eindeutig zu
Lasten der Beklagten dahin beantwortet, dass die Anwendung ausländischen
Rechts nicht von Amts wegen zu prüfen ist, sondern der Anfechtungsgegner
hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. Uhlenbruck/Lüer, InsO
13. Aufl. Art. 13 EuInsVO Rn. 11, § 339 Rn. 16).
3. Soweit das Berufungsgericht die auf Zahlung von 10.000 € aus der
Masse gerichtete Widerklage abgewiesen hat, legt die Nichtzulassungsbe-
schwerde nicht dar, welche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung sich hierbei
stellt. Die wegen der Abweisung der Widerklage im Übrigen geltend gemachten
Gehörsverletzungen hat der Senat geprüft; sie liegen nicht vor.
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4. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4
Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der
Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
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Ganter
Raebel
Kayser
Pape
Grupp
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 03.04.2007 - 3 O 8971/02 -
OLG München, Entscheidung vom 23.04.2008 - 15 U 2983/07 -