Urteil des BGH vom 02.07.2014

BGH: kaufpreis, beurkundung, abgabe, verkehrswert, immobilie, untreue, verfügung, bewegungsfreiheit, vermittler, kapitalanlage

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
5 S t R 1 8 2 / 1 4
vom
2. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juli 2014 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Berlin vom 14. November 2013 gemäß § 349 Abs. 4
StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zu-
rückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in zehn Fällen je-
weils in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug zu drei Jahren und sechs Monaten
Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Seine hiergegen
gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision hat hinsichtlich des Straf-
ausspruchs Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
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I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts missbrauchte der Ange-
klagte im Tatzeitraum von Oktober 2008 bis Februar 2010 sein Amt als Notar,
indem er eine Bande betrügerisch tätiger Vermittler von Immobilienverkäufen
um den gesondert Verurteilten K. durch Beurkundung von zehn Kaufangebo-
ten unterstützte.
K. vertrieb zusammen mit mehreren Mittätern seit Sommer 2008 Ei-
gentumswohnungen für diverse Bauträgergesellschaften, welche die Wohnun-
gen zumeist als Bestandsimmobilien zum gewerbsmäßigen Weiterverkauf er-
worben hatten. Teilweise vermittelte K. über ein von ihm geschaffenes Fir-
mengeflecht von Strukturvertrieben mit jeweils demselben Personalstamm die
Immobilien aus dem Bestand eines eigenen Bauträgerunternehmens; überwie-
gend ließ K. gegen eine Provisionszahlung von bis zu einem Drittel des
Kaufpreises Wohnungen für andere als Verkäufer auftretende Gesellschaften
vermitteln. In ihren zumeist unter falschen Namen geführten Verkaufsgesprä-
chen bedienten sich K. und seine Mittäter falscher Versprechungen insbe-
sondere zur Wirtschaftlichkeit des vorgeschlagenen Immobilienkaufs, der sich
bei allenfalls geringer monatlicher Eigenbelastung des Käufers durch Steuerer-
sparnis, staatliche Prämien und garantierte Mieten finanziere. Zudem wandten
sie eine Überrumpelungstaktik an, um potentielle Käufer zur Abgabe notarieller
Kaufangebote für die überteuerten und von ihnen zuvor nicht besichtigten Woh-
nungen zu bringen. Hierzu gehörte, dass die Interessenten, sobald sie sich zu
einer solchen Investition geneigt zeigten, zu einer sofortigen notariellen Beur-
kundung einer Erklärung gedrängt wurden, deren Abgabe ihnen wahrheitswidrig
häufig als unverbindlich oder frei widerruflich dargestellt wurde. Ließen sich die
Getäuschten darauf ein, wurden sie unmittelbar nach den Verkaufsgesprächen
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von den Büroräumen des Vertriebs zur Kanzlei des Angeklagten chauffiert, der
als Notar jeweils die Beurkundung vornahm. Spätestens dort trafen die Interes-
senten auf einen vertriebszugehörigen „Notarbegleiter“, der die Aufgabe hatte,
diejenigen, denen auf der Fahrt zum Notar Bedenken gekommen waren, wieder
zu beruhigen; zugleich sollte seine Anwesenheit während der Beurkundung den
Interessenten das trügerische Gefühl vermitteln, in der gesamten Angelegenheit
durch den Vertrieb verlässlich betreut zu werden. Zur systematischen Umge-
hung der Wartefrist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG ließen die Vertriebs-
mitarbeiter von den Interessenten eine später jeweils zur notariellen Handakte
genommene falsche „Bestätigung“ unterzeichnen, den Text eines Mustervertra-
ges zu einem mindestens 14 Tage vor dem Beurkundungstermin liegenden
Zeitpunkt erhalten zu haben.
Der Angeklagte erkannte spätestens ab Mitte September 2008 aufgrund
wiederholter Widerrufs- und Anfechtungsschreiben von Käufern mit teilweise
dezidierter Darstellung des Täuschungs- und Überrumpelungsverhaltens der
Vermittler, dass sich die Vertriebsgesellschaften des Verurteilten K. unseriö-
ser Verkaufsmethoden bedienten. Er rechnete damit, dass auch bei künftigen
Verkaufsgesprächen durch K. s Mittäter eine gezielte Überrumpelungstaktik
angewendet und nicht nur über die Rechtsnatur der notariell zu beurkundenden
Erklärung getäuscht, sondern ein Kauf möglicherweise auch minderwertiger
Immobilien insbesondere mit falschen Versprechungen zur Rentabilität der Ka-
pitalanlage angepriesen werden könnte. Er fand sich hiermit im Interesse eines
gewinnbringenden Kanzleibetriebs ab. Während der einzelnen Beurkundungs-
vorgänge für die Kaufangebote, die in der Folgezeit ab Oktober 2008 die durch
K. s Vertriebsunternehmen vermittelten potentiellen Erwerber abgaben, unter-
nahm der Angeklagte keine Bemühungen, ihnen Bedeutung und Tragweite ihrer
zu beurkundenden Erklärung zu verdeutlichen. So stellte er dem Urkundentext
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keine inhaltliche Einführung voran, mit der er die Interessenten unmissverständ-
lich über die Rechtsverbindlichkeit ihres Kaufangebots aufgeklärt hätte, an das
sie nach Ausfertigung der Urkunde für mehrere Wochen unwiderruflich gebun-
den waren. Nur in Ausnahmefällen einer ausdrücklichen Nachfrage stellte der
Angeklagte den Kaufinteressenten ein Mitleseexemplar seines Urkundentextes
zur Verfügung, das es ihnen hätte erleichtern können, dem Beurkundungsvor-
gang inhaltlich zu folgen. Er unterließ es, ihre Aufmerksamkeit auf die mögli-
chen wirtschaftlichen Folgen eines Wohnungskaufs zu lenken und mit ihnen zu
erörtern, inwieweit eine Besichtigung der jeweiligen Wohnung stattgefunden
habe. Trotz gelegentlicher Nachfragen klärte er die Kaufinteressenten nicht
darüber auf, dass sie mit ihrem gesamten Vermögen und insbesondere mit ei-
ner gegebenenfalls vorhandenen eigenen Immobilie für den Kaufpreis haften
würden. Eine Absicherung über eine Einhaltung der Wartefrist des § 17 Abs. 2a
Satz 2 Nr. 2 BeurkG nahm der Angeklagte nur schematisch über vorformulierte
Klauseln vor, ohne den angeblichen Zeitpunkt des Erhalts eines Musterkaufver-
trages offen zu erfragen.
2. Nach Auffassung des Landgerichts entstand den Wohnungskäufern
bei den zehn festgestellten Taten durch die Abgabe ihres jeweiligen notariellen
Kaufangebots, dessen Beurkundung der Angeklagte jeweils unter Verletzung
seiner gesteigerten Belehrungspflichten und damit seiner Vermögensbetreu-
ungspflicht als Notar vorgenommen habe, ein Vermögensnachteil in Form einer
schadensgleichen Vermögensgefährdung. Der den Geschädigten entstandene
und vom Angeklagten billigend in Kauf genommene Vermögensnachteil habe
den gesamten Kaufpreis als Anlagesumme umfasst. Die bei der jederzeit mög-
lichen Annahme des Kaufangebots von den Erwerbern eingegangene finanziel-
le Verpflichtung habe die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Erwerber in ei-
ner solchen Weise beeinträchtigt, dass ein persönlicher Schadenseinschlag
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vorgelegen habe. Die erworbenen Wohnungen seien für die Käufer als Kapital-
anlage nicht in dem Umfang geeignet gewesen, wie es ihnen in den Verkaufs-
gesprächen suggeriert worden sei. Die Erwerber hätten, soweit die Kaufverträ-
ge bei vier der Taten zur Durchführung gelangt seien, weit höhere Eigenanteile
zur Abdeckung der Finanzierungskosten aufwenden müssen, als ihnen zuge-
sagt worden sei. Zugleich seien den Käufern mit den langjährigen Finanzie-
rungsverpflichtungen Mittel entzogen worden, die sie für eine angemessene
Lebensführung benötigt hätten. Auch in den sechs Fällen, in denen die Kaufver-
träge nicht durchgeführt worden seien, hätte eine derartige Finanzierungslücke
bestanden, die entgegen den Zusagen in den Verkaufsgesprächen durch eige-
ne Leistungen zu schließen gewesen wäre. Im Rahmen der Strafzumessung
berücksichtigte das Landgericht bei sämtlichen Taten strafschärfend das hohe
Ausmaß an wirtschaftlicher Belastung, um die es sich bei der den Käufern
nachteilig entstandenen, jeweils den gesamten Kaufpreis umfassenden Vermö-
gensgefährdung gehandelt habe (UA S. 164).
II.
Der Schuldspruch hält der sachlich-rechtlichen Nachprüfung stand. Indes
können die verhängten Einzelstrafen und damit der Gesamtstrafausspruch kei-
nen Bestand haben. Der Erörterung bedarf allein folgendes:
1. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der
Angeklagte sich durch die Beurkundung der zehn Immobilienkaufangebote je-
weils der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB in der Form des Treubruchtatbe-
standes schuldig gemacht hat.
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a) Der Angeklagte war als Notar unabhängiger Träger eines öffentlichen
Amtes (§ 1 BNotO) und hatte als unparteiischer Betreuer der an dem zu beur-
kundenden Rechtsgeschäft Beteiligten (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO) die Pflicht,
deren Vermögensinteressen wahrzunehmen. Zu dieser Vermögensbetreuungs-
pflicht gehörte, dass er die Beteiligten auch insoweit zu belehren hatte, als er
annehmen musste, sie würden die Bedeutung und Tragweite der zu beurkun-
denden Erklärungen nicht erkennen. Zwar erstreckt sich die Belehrungspflicht
des Notars in der Regel nicht auf die wirtschaftlichen Folgen des zu beurkun-
denden Geschäftes. Jedoch besteht eine entsprechende Belehrungspflicht des
Notars dann, wenn es nach den besonderen Umständen des Einzelfalles nahe-
liegt, dass eine Schädigung eines Beteiligten eintreten kann, und der Notar
nicht mit Sicherheit annehmen kann, dass sich der Gefährdete dieser Lage be-
wusst ist oder dass er dieses Risiko auch bei einer Belehrung auf sich nehmen
würde (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1990
– 5 StR 268/89, NJW 1990, 3219,
3220). So lag es hier, nachdem der Angeklagte es spätestens ab Mitte Sep-
tember 2008 als naheliegend erkannt hatte, dass die Vermittler des gesondert
Verurteilten K. eine unseriöse Überrumpelungstaktik anwandten und ihre
Verkaufsmethoden betrügerisch ausgestaltet hatten (UA S. 154 f.). Gleichwohl
erteilte der Angeklagte die gebotenen Belehrungen nicht.
b) Dies führte für die Käufer jeweils auch zu einem Vermögensnachteil
im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB.
aa) Rechtsfehlerhaft ist allerdings die durch das Landgericht hierzu unter
Heranziehung der Rechtsfigur des persönlichen Schadenseinschlags vorge-
nommene Schadensbestimmung, wonach der Vermögensnachteil den gesam-
ten angebotenen Kaufpreis umfasst habe (UA S. 156 f.). Ob die Rechtsfigur des
persönlichen Schadenseinschlags angesichts der neueren Rechtsprechung des
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Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 126, 170; 130, 1), nach der normative
Gesichtspunkte bei der Bewertung von Schäden zwar eine Rolle spielen, die
wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen dürfen
(vgl. schon BGH, Beschluss vom 28. Juni 1983
– 1 StR 576/82, BGHSt 32, 22,
23), in Teilen einer Korrektur bedarf, muss auch hier weiterhin nicht entschie-
den werden (vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom 19. Februar 2014
– 5 StR 510/13, NStZ 2014, 318). Denn das Landgericht hat bereits die Trag-
weite der Rechtsfigur des persönlichen Schadenseinschlags verkannt, die von
der Rechtsprechung für Fallgestaltungen einer objektiven Gleichwertigkeit von
Leistung und Gegenleistung entwickelt worden ist.
§ 266 Abs. 1 StGB schützt als Vermögensdelikt nur das zu betreuende
Vermögen als Ganzes, nicht die allgemeine Dispositionsfreiheit des Vermö-
gensinhabers. Ob ein Vermögensnachteil eingetreten ist, muss grundsätzlich
durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstande-
ten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden (st. Rspr.;
vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 2002
– 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 301). Bei
wirtschaftlich ausgeglichenen Verträgen können Gesichtspunkte eines persönli-
chen Schadenseinschlags einen Vermögensnachteil bei der Untreue bzw. einen
Vermögensschaden beim Betrug nur in engen Ausnahmefällen begründen, et-
wa wenn der Vermögensinhaber durch deren Abschluss zu vermögensschädi-
genden Maßnahmen genötigt oder wenn er durch die Verfügung sonst in seiner
wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit weitgehend beeinträchtigt wird (BGH, Be-
schluss vom 16. August 1961
– 4 StR 166/61, BGHSt 16, 321, 327 f.; Urteile
vom 4. November 1997
– 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 298 f., und vom
24. Juni 2010
– 3 StR 90/10, wistra 2010, 445, 447).
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Vorrangig ist jedoch stets zunächst der sich aus dem Vergleich des Ver-
mögens vor und nach der Verfügung bzw. Pflichtverletzung ergebende Saldo zu
ermitteln. Nur soweit sich hiernach kein Negativsaldo ergibt, kann bei Vorliegen
entsprechender Anhaltspunkte in einem zweiten Schritt zu prüfen sein, ob im
Hinblick auf eine weitgehende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewe-
gungsfreiheit gleichwohl unter dem Aspekt des persönlichen Schadensein-
schlags ein Vermögensnachteil anzunehmen ist. Dies würde indessen
– inso-
weit in Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-
richts
– wiederum voraussetzen, dass ein objektiver Wert des Erlangten für den
Erwerber nicht realisierbar ist, da es ihm unmöglich (oder unzumutbar) ist, die-
sen letztlich in Geld umzusetzen (BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014
– 5 StR 510/13, aaO). Diesen für die Nachteilsfeststellung bestehenden Anfor-
derungen wird das angefochtene Urteil schon deswegen nicht gerecht, weil es
die gebotene Prüfungsreihenfolge nicht wahrt.
Soweit das Landgericht im Übrigen zur Begründung des persönlichen
Schadenseinschlags auf eine nicht im versprochenen Umfang vorhandene Eig-
nung der zu tätigenden Investition als Kapitalanlage für die Kaufinteressenten
abgestellt hat, fällt dies ersichtlich schon nicht unter die in der Rechtsprechung
anerkannte Fallgruppe, bei der ein Anleger über Eigenart und Risiko des Ge-
schäfts derart getäuscht worden ist, dass er etwas völlig anderes erwirbt, als er
erwerben wollte („aliud“), die empfangene Leistung für ihn mithin in vollem Um-
fang unbrauchbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 1983
– 1 StR 576/82,
aaO; Urteil vom 7. März 2006
– 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10, 15 f.; Beschluss
vom 14. April 2011
– 1 StR 458/10, wistra 2011, 335). Soweit das Landgericht
den persönlichen Schadenseinschlag weiter mit dem Ausmaß der Beeinträchti-
gung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit der Erwerber begründet hat, findet
die Wertung (UA S. 156), dass „den Käufern mit der eingegangenen langjähri-
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gen Finanzierungsverpflichtung Mit
tel entzogen“ worden seien, die sie „für eine
angemessene Wirtschafts-
und Lebensführung benötigt“ hätten, in objektiver
Hinsicht allenfalls in den Feststellungen zu den Taten (D II.) 2, 5 und 10 eine
noch tragfähige Grundlage. Nur dort sind den Urteilsgründen knappe Ausfüh-
rungen zu den persönlichen Einkommens- bzw. Vermögensverhältnissen sowie
zu den Auswirkungen der zur Zahlung des Kaufpreises eingegangenen Darle-
hensverpflichtungen zu entnehmen. Auch bei diesen Taten hat das Landgericht
jedoch nicht festgestellt, dass für die Käufer der Eigentumswohnungen deren
objektiver Wert nicht realisierbar gewesen wäre. Es hat nicht bedacht, dass ein
Vermögensschaden ausscheiden bzw. vermindert sein kann, soweit das Er-
langte einen für jedermann ohne größeren Aufwand realisierbaren Geldwert
aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2006
– 1 StR 379/05, aaO, S. 16; Be-
schluss vom 19. Februar 2014
– 5 StR 510/13; siehe zur Schadensfeststellung
bei nachhaltiger Beeinträchtigung der sonstigen Lebensführung nach Woh-
nungskauf im Rahmen eines Bauträgermodells auch schon BGH, Beschluss
vom 9. März 1999
– 1 StR 50/99, NStZ 1999, 555).
Gleichermaßen halten die Ausführungen zur subjektiven Tatseite hin-
sichtlich des Vorsatzes einer Nachteilszufügung unter den Bedingungen eines
vom Landgericht angenommenen persönlichen Schadenseinschlags rechtlicher
Überprüfung nicht stand. Die Darlegungen erschöpfen sich in der pauschalen
Feststellung, der Angeklagte habe, indem er sich mit der Möglichkeit abgefun-
den habe, für einen Vertrieb mit betrügerischen Verkaufsmethoden zu beurkun-
den, die Entstehung „eines Vermögensnachteils“ billigend in Kauf genommen
(UA S. 155 f., 157). Damit ist weder festgestellt noch in den Urteilsgründen
sonst belegt, dass der Angeklagte bei den Beurkundungsvorgängen die Vo-
raussetzungen eines persönlichen Schadenseinschlags auf Seiten der Geschä-
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digten kannte oder billigend in Kauf nahm (vgl. LK-Tiedemann, StGB, 12. Aufl.,
§ 263 Rn. 242).
bb) Trotz der mithin fehlerhaften Bemessung des bei den einzelnen Ta-
ten entstandenen tatbestandlichen Vermögensnachteils im Sinne des § 266
Abs. 1 StGB kann nach dem Urteilszusammenhang ausgeschlossen werden,
dass jeweils überhaupt kein Vermögensnachteil entstanden ist.
Das Landgericht hat in den Fällen (D II.) 1 bis 8 und 10 jeweils rechtsfeh-
lerfrei den Verkehrswert der betreffenden Eigentumswohnungen festgestellt und
einen Vergleich mit den von den Geschädigten hierfür angebotenen Kaufprei-
sen vorgenommen
– was von vornherein der zutreffende Ansatz für eine Scha-
densberechnung gewesen wäre, da beim Kauf ein Vermögensnachteil regel-
mäßig nur eintritt, wenn die erworbene Sache weniger wert ist als der gezahlte
Kaufpreis (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2010
– 3 StR 90/10, aaO). Diese Sal-
dierung ergab jeweils einen fünfstelligen Differenzbetrag, mit dem der Kaufpreis
den Verkehrswert der Immobilie überstieg (UA S. 157). Etwaige Wertsteigerun-
gen der Wohnungen nach dem hier durch die Abgabe des notariellen Kaufan-
gebots bestimmten Zeitpunkt der Vermögensverfügung waren für die Frage des
Eintritts eines Vermögensnachteils von vornherein unbeachtlich.
Auch bei der Tat (D II.) 9 kann ausgeschlossen werden, dass überhaupt
kein Vermögensnachteil entstanden ist. Zwar hat das Landgericht in diesem
Fall, in dem das Kaufangebot über eine erst noch zu erstellende Eigentums-
wohnung abgegeben wurde, keinen Verkehrswert der Immobilie ermittelt. Je-
doch ist angesichts der Umstände, dass für die Vermittlung der Eigentumswoh-
nung bei einem Kaufpreis von 90.600
€ dem veräußernden Bauträger im De-
zember 2009 eine Provision von rund 19.400
€ in Rechnung gestellt wurde und
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die Geschädigten bei einem Weiterverkauf der Wohnung im Sommer 2013 le-
diglich einen Kaufpreis von 42.000
€ erzielen konnten, ohne weiteres davon
auszugehen, dass der ursprüngliche Kaufpreis den Verkehrswert der Immobilie
erheblich überschritten und damit einen Vermögensnachteil für die Erwerber
begründet hat.
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht insoweit auch zur subjektiven Tat-
seite hinreichende Feststellungen getroffen, wonach der Angeklagte mit der
Möglichkeit einer Vermittlung minderwertiger Objekte rechnete (UA S. 29).
2. Wegen der jeweils fehlerhaften Bemessung des Nachteilsumfangs
sind die Einzelstrafaussprüche für sämtliche Taten aufzuheben, was auch die
Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich zieht. Der Senat kann schon im Hinblick
auf die ausdrückliche strafschärfende Berücksichtigung des fehlerhaft bestimm-
ten Gefährdungsschadens nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Zu-
grundelegung des rechtlich zutreffenden Umfangs des jeweils eingetretenen
tatbestandlichen Vermögensnachteils niedrigere Einzelstrafen und eine etwas
mildere Gesamtstrafe zugemessen hätte. Hinzu kommt, dass das Landgericht
den auch ansonsten für die Strafzumessung bestimmenden Gesichtspunkt (vgl.
BGH, Beschluss vom 14. April 2011
– 1 StR 458/10, aaO, mwN) außer Acht
gelassen hat, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe den Geschädigten tat-
sächlich ein Schaden verblieben ist. Dessen ungeachtet sind als verschuldete
Auswirkungen der Tat (§ 46 Abs. 2 StGB) weitere negative wirtschaftliche Fol-
gen für die Geschädigten, wie sie in Einzelfällen bislang festgestellt worden
sind, zu berücksichtigen. Den zutreffenden Umfang des Vermögensnachteils im
Sinne des § 266 StGB wird das neue Tatgericht auf der Grundlage und in Er-
gänzung der den Schuldspruch tragenden rechtsfehlerfrei getroffenen Feststel-
lungen zu bestimmen haben.
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Der Senat sieht Anlass, die Sache an eine Wirtschaftsstrafkammer zu-
rückzuverweisen. Die Voraussetzungen des § 74c Abs. 1 Nr. 6 lit. a) GVG lie-
gen offensichtlich vor (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2010
– 5 StR 428/09).
Basdorf
Sander
Schneider
Berger
Bellay
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