Urteil des BGH vom 24.10.2002

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 107/02
Verkündet am:
24. Oktober 2002
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 892 Abs. 1; EGBGB Art. 233 § 2 c Abs. 3
Für die Möglichkeit des Erwerbs selbständigen Gebäudeeigentums aufgrund
der Vorschriften über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs genügt es,
wenn die Eintragung des Gebäudeeigentums (auch) bei dem belasteten
Grundstück zugleich mit der Umschreibung des Eigentums im Gebäudegrund-
buch erfolgt ist.
BNotO § 19 Abs. 1 Satz 2
Zur Frage der anderweitigen Ersatzmöglichkeit(en) in Form von Ansprüchen
gegen Prozeßbevollmächtigte wegen fehlerhafter Beratung oder Prozeßfüh-
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rung, wenn die die Notarhaftung begründende Amtspflichtverletzung zum Er-
werb von Grundbesitz führt, der im Prozeß wieder verloren geht.
BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - III ZR 107/02 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 4. Zivilsenats des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. Februar 2002
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger nehmen die beklagte Notarin wegen Amtspflichtverletzung
auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte beurkundete am 21. Oktober
1993 einen Kaufvertrag mit gleichzeitiger Auflassung über das im Gebäude-
grundbuch von L. Bl. 867 verzeichnete Eigenheim (O. Stra-
ße 17) zwischen den damaligen Eheleuten R. als eingetragenen Eigentü-
mern und den Klägern als Käufern für einen Kaufpreis von 3.000 DM. Die Um-
schreibung des Gebäudeeigentums auf die Kläger im Gebäudegrundbuch er-
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folgte am 19. Juli 1994, wobei zugleich - erstmals - das Gebäudeeigentum als
Belastung im Grundbuch des dazugehörigen Grundstücks (damals Grundbuch
von L. Bl. 211) eingetragen wurde.
Die Rechtsnachfolgerin des volkseigenen Guts VEG (P) L. , das
das Gebäude etwa Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts errichtet
hatte, nahm mit der Behauptung, Eigentümerin des Gebäudes zu sein, die Klä-
ger auf Grundbuchberichtigung - im Berufungsverfahren hilfsweise auf Rück-
auflassung - in Anspruch und erwirkte schließlich ein Urteil des Brandenburgi-
schen Oberlandesgerichts, durch das die Kläger verurteilt wurden, ihre Zu-
stimmung zur Eintragung der (jetzt) Gut Agrarproduktions- und -handels GmbH
D. in F. als Eigentümerin des Eigenheims zu erteilen.
Wegen
der
ihnen
in
diesem
Prozeß
entstandenen
Kosten
(23.405,23 DM) sowie der für den Kauf des Objekts vergeblich aufgewendeten
Notar-, Gerichts- und Genehmigungskosten (insgesamt 228 DM) verlangen die
Kläger im vorliegenden Rechtsstreit Schadensersatz von der Beklagten. Sie
machen der Beklagten unter anderem zum Vorwurf, diese hätte nach ihrem
Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Beurkundung ernsthafte Zweifel an der Ei-
gentümerstellung der Verkäufer (Eheleute R. ) haben und sie, die Kläger, auf
diese Zweifel hinweisen müssen; im Falle eines solchen Hinweises hätten sie
den Kaufvertrag nicht abgeschlossen.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit
der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren
Anspruch weiter.
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Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zu-
rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
1.
Auszugehen ist mit dem Berufungsgericht von einer (fahrlässigen)
Amtspflichtverletzung der Beklagten bei der Beurkundung vom 21. Oktober
1993.
Die Beklagte durfte zwar bei Vornahme der Beurkundung davon ausge-
hen, daß - wie im Gebäudegrundbuchblatt ausgewiesen - an dem Eigenheim
(Reihenhaus) L. , O. Straße 17, selbständiges Gebäudeei-
gentum nach dem Recht der früheren DDR entstanden war und nach der Wie-
dervereinigung Deutschlands weiterexistierte (vgl. §§ 288 Abs. 4, 292 Abs 3,
295 Abs. 2, 459 Abs. 1 ZGB-DDR; § 27 LPGG-DDR; Art. 231 § 5 Abs. 1, 233
§ 4, § 8 EGBGB). Sie hatte aber nach den Feststellungen des Berufungsge-
richts konkreten Anlaß, an dem Eigentumsrecht der Verkäufer, der damaligen
Eheleute R. , zu zweifeln. Diese waren zwar seit der Anlegung des Gebäu-
degrundbuchs am 26. Juli 1990 als Eigentümer eingetragen. Selbst wenn damit
die Rechtsvermutung des § 891 Abs. 1 BGB verbunden gewesen wäre (ableh-
nend für den erstmals eingetragenen Gebäudeeigentümer: Meikel-Böhringer
Grundbuchrecht 8. Aufl. § 144 Rn. 132), wäre diese für die Beklagte jedenfalls
erschüttert gewesen. Denn die damaligen Eheleute R. hatten ihr unter Vor-
lage der ihnen zur Verfügung stehenden - der Annahme eines Eigentumser-
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werbs etwa in Verbindung mit § 291 ZGB-DDR (durch einen Bau nach Verlei-
hung eines Nutzungsrechts) oder nach § 293 Abs. 1 ZGB-DDR (durch Veräu-
ßerung des Gebäudes seitens des VEG [P]) eher entgegenstehenden - Unter-
lagen mitgeteilt, sie wüßten nicht, wie es zu ihrer Eintragung in das Grundbuch
gekommen sei, sie selbst hätten keinen Antrag gestellt. Wie das Berufungsge-
richt zutreffend ausführt - und von der Revisionserwiderung ohne Erfolg mit
einer Gegenrüge in Frage gestellt wird -, hat die Beklagte bei dieser Sachlage
ihre Verpflichtung, den Sachverhalt hinreichend zu klären (§ 17 Abs. 1
BeurkG), verletzt.
2.
Hätte die Beklagte die Kläger auf die Zweifel am Eigentum der damali-
gen Eheleute R. hingewiesen, so hätten die Kläger - unstreitig - den Kauf-
vertrag nicht abgeschlossen. Sie hätten dann die im vorliegenden Prozeß als
Schaden geltend gemachten Vermögenseinbußen nicht erlitten. Damit ist der
notwendige adäquate Ursachenzusammenhang zwischen der Amtspflichtver-
letzung der Beklagten und dem geltend gemachten Schaden (vgl. BGH, Urteile
vom 27. Mai 1993 - IX ZR 66/92 - NJW 1993, 2744 und vom 18. November
1999 - IX ZR 402/97 - NJW 2000, 664, 667) entgegen den vom Berufungsge-
richt erörterten Bedenken hinreichend dargelegt.
II.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheitert ein Schadensersatz-
anspruch der Kläger gegen die Beklagte jedenfalls daran, daß sie das Fehlen
einer anderweitigen realisierbaren und zumutbaren Ersatzmöglichkeit nicht hin-
reichend dargetan hätten. Hierzu erwägt das Berufungsgericht: Anders als im
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Vorprozeß zwischen der Rechtsnachfolgerin des VEG (P) und den Klägern
entschieden wurde, hätten die Kläger im Zusammenhang mit ihrer Eintragung
als Eigentümer in das Gebäudegrundbuch und der gleichzeitigen Eintragung
des Gebäudeeigentums auch im Grundbuch des belasteten Grundstücks das
Eigentum an dem von den damaligen Eheleuten R. verkauften Eigenheim
aufgrund der Vorschriften über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs er-
werben können und auch in Unkenntnis der Unrichtigkeit des Grundbuchs - wie
das Berufungsgericht aufgrund seiner Beweisaufnahme für bewiesen hält - er-
worben. Andererseits sei von den Prozeßbevollmächtigten der Kläger im Vor-
prozeß möglicherweise versäumt worden, (gemeint ist: dem Gericht gegen-
über) ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß für einen gutgläubigen Erwerb die
gleichzeitige Eintragung des Eigentümerwechsels im Gebäudegrundbuch und
der Vermerk des Gebäudeeigentums im Grundbuch des Grundstücks genüg-
ten; nach dem schriftlichen Parteivorbringen im Vorprozeß habe Veranlassung
für einen solchen Hinweis bestanden. Es wäre auch zu erwägen gewesen, den
Klägern die Einlegung der Revision gegen das Urteil im Vorprozeß anzuraten.
Allerdings wären bei richtiger Sachbehandlung im Vorprozeß - so das
Berufungsgericht weiter - die Kläger auf den Hilfsantrag ihrer dortigen Prozeß-
gegnerin nach § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Rückauflassung des - von den Klä-
gern im Rechtssinne unentgeltlich erlangten - Gebäudes zu verurteilen gewe-
sen. Da es aber durchaus möglich sei, daß die Kläger, die bei vollständiger
und richtiger Beratung jedenfalls damit hätten rechnen müssen, trotz eines gut-
gläubigen Erwerbs das Gebäude an die Gegnerin des Vorprozesses zurückzu-
übertragen, eine andere Entscheidung getroffen und sich bei dieser Aus-
gangslage auf einen Rechtsstreit nicht eingelassen hätten, sei von seiten der
Kläger auch in bezug auf diejenigen Kosten des Vorprozesses, die bei richtiger
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Sachbehandlung von ihnen selbst zu tragen gewesen wären, das Fehlen einer
anderweitigen Ersatzmöglichkeit durch Inanspruchnahme der Prozeßbevoll-
mächtigten dieses Rechtsstreits nicht dargetan.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen
Punkten stand.
1.
a) Rechtsfehlerfrei ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß - an-
ders als vom Oberlandesgericht im Vorprozeß, jedoch ohne Verbindlichkeit im
Verhältnis der Parteien des vorliegenden Prozesses, angenommen - ein Er-
werb des in Rede stehenden Gebäudeeigentums aufgrund der Vorschriften
über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs infolge der Eintragungen vom
19. Juli 1994 möglich war und darüber hinaus auch von der Gutgläubigkeit der
Kläger als Erwerber (vgl. § 892 Abs. 2 BGB) auszugehen ist.
aa) Nach Art. 233 § 2 c Abs. 3 EGBGB (eingefügt durch Art. 13 Nr. 3
Buchst. d des am 24. Dezember 1993 in Kraft getretenen Registerverfahrenbe-
schleunigungsgesetzes - RegVBG - vom 20. Dezember 1993 [BGBl. I 2182]) ist
der Erwerb selbständigen Gebäudeeigentums aufgrund der Vorschriften über
den öffentlichen Glauben des Grundbuchs nur möglich, wenn das Gebäude-
eigentum auch bei dem belasteten Grundstück eingetragen ist. Zu Recht nimmt
das Berufungsgericht im Unterschied zu der Beurteilung im Vorprozeß an, daß
diesem gesetzlichen Erfordernis die Eintragung des Gebäudeeigentums bei
dem belasteten Grundstück zugleich mit der Umschreibung des Eigentums im
Gebäudegrundbuch genügt.
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Bei einem solchen Vorgang ist der Wortlaut der Vorschrift erfüllt, denn
dann ist in dem Zeitpunkt, in dem der für den gutgläubigen Erwerb maßgebli-
che Grundbuchvollzug, die Eigentumsumschreibung, erfolgt ist, im Sinne des
Gesetzes auch "das Gebäudeeigentum bei dem belasteten Grundstück einge-
tragen". Die danach schon dem Wortsinn nach naheliegende Auslegung steht
auch im Einklang mit dem Zweck der mit Art. 233 § 2 c Abs. 3 EGBGB getroffe-
nen Regelung. Sie ist geschaffen worden im Blick auf die - ebenfalls durch das
Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz neu eingeführte - Vorschrift des
Art. 231 § 5 Abs. 4 EGBGB, wonach ab einem bestimmten - später verschobe-
nen (vgl. Eigentumsfristengesetz - EFG - vom 20. Dezember 1996 [BGBl. I
S. 2028] und 2. Eigentumsfristengesetz - 2. EFG - vom 20. Dezember 1999
[BGBl. I S. 2493]) - Stichtag bei Belastungen des Grundstücks gegenüber dem
gutgläubigen Erwerber eines solchen dinglichen Rechts das Gebäude als Be-
standteil des Grundstücks gilt, die Belastung des Grundstücks sich also auf
das Gebäudeeigentum erstreckt. Diese (Mit-)Belastung wäre jedenfalls zu-
nächst nicht aus dem Grundbuch für das Gebäudeeigentum ersichtlich. Des-
halb wäre es möglich, daß sie mit dem Erwerb des Gebäudeeigentums oder
eines Rechts daran durch einen gutgläubigen Dritten wieder erlöschen würde.
Um dies zu verhindern, sieht Art. 233 § 2 c Abs. 3 EGBGB vor, daß der Erwerb
solcher Rechte nur möglich ist, wenn das Gebäudeeigentum im Grundbuch des
Grundstücks eingetragen ist. Aus dem Grundbuch des Grundstücks kann der
Erwerber des Gebäudeeigentums oder eines beschränkten dinglichen Rechts
daran aber erkennen, daß das Gebäudeeigentum von dem Eigentum oder be-
schränkten dinglichen Recht am Grundstück erfaßt wird. Er "ist dann nicht
mehr gutgläubig" (Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung,
BT-Drucks. 12/5553 S. 125 f, 132). Dem Berufungsgericht ist darin beizutreten,
daß es zur Erreichung dieses Zwecks genügt, wenn die Eigentumsübertragung
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im Gebäudegrundbuch und der Vermerk des Gebäudeeigentums bei dem bela-
steten Grundstück gleichzeitig eingetragen werden. Unbeschadet der Formulie-
rung in der Amtlichen Begründung (aaO S. 126), daß dann der Erwerber des
Gebäudeeigentums (hinsichtlich auf das Gebäudeeigentum übergreifender
dinglicher Rechte am Grundstückseigentum) "nicht mehr gutgläubig" sei,
kommt es auch nach den allgemeinen Grundsätzen über den öffentlichen
Glauben des Grundbuchs (vgl. § 892 BGB) nicht, wie für die Kenntnis des Er-
werbers von der Unrichtigkeit des Grundbuchs, auf den Zeitpunkt der Stellung
des Antrags auf Eintragung (vgl. § 892 Abs. 2 BGB), sondern auf den Grund-
buchinhalt zum Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs an, nicht anders
als etwa für den umgekehrten Fall der Eintragung eines dem zu erwerbenden
Recht entgegenstehenden Widerspruchs (vgl. § 892 Abs. 1 Satz 1; Pa-
landt/Bassenge BGB 61. Aufl. § 892 Rn. 9, 23, 26; BGH, Urteile vom 16. Mai
1980 - V ZR 27/79 - NJW 1980, 2413 und vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99
- NJW 2001, 359).
bb) Ausgehend hiervon ist es auch nicht zu beanstanden, daß das Be-
rufungsgericht aufgrund seiner Beweiswürdigung (Aussagen der Zeugen R.
und T. ) davon überzeugt ist, daß die Kläger weder im Zeitpunkt der Beur-
kundung des Kaufvertrages noch im Zeitpunkt ihrer Eintragung in das Grund-
buch positive Kenntnis davon hatten, daß die im Gebäudegrundbuch als Ei-
gentümer eingetragenen damaligen Eheleute R. tatsächlich nicht Eigentümer
waren. Soweit das Berufungsgericht darüber hinaus ausführt, zwar hätten so-
wohl die damaligen Eheleute R. als auch die Kläger nach ihren eigenen An-
gaben Zweifel gehabt, ob allein aufgrund der vorhandenen Eintragung im Ge-
bäudegrundbuch eine Übertragung des Eigentums tatsächlich möglich sei, die-
se Zweifel seien den Beteiligten durch die Amtspflichtverletzung der Beklagten
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aber gerade genommen worden, so ist auch dies aus Rechtsgründen nicht zu
beanstanden und untermauert den Ausschluß einer Bösgläubigkeit der Kläger
im Sinne des § 892 Abs. 2 BGB. Darauf, auf welchen Zeitpunkt im Streitfall be-
züglich der Kenntnis der Kläger von der Unrichtigkeit des Grundbuchs abzu-
stellen ist, kommt es aufgrund der alle insoweit denkbaren Zeitpunkte umfas-
senden Feststellung des Berufungsgerichts nicht an.
b) Entgegen der Ansicht der Revision zieht das Berufungsgericht auch
mit Recht Schadensersatzansprüche der Kläger gegen ihre Prozeßbevoll-
mächtigten im Vorprozeß in Betracht, denen es in zweiter Instanz nicht gelun-
gen ist, die Rechtsverteidigung der Kläger, sie hätten das in Rede stehende
Gebäudeeigentum (jedenfalls) gutgläubig erworben, mit Erfolg durchzufechten.
aa) Zu Unrecht meint die Revision, insoweit stehe - wenn überhaupt -
keine im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO maßgebliche anderweitige Er-
satzmöglichkeit in Frage, nämlich eine solche, die aus demselben Sachverhalt
entsprungen ist, aus dem sich die Schadenshaftung des Notars ergibt (BGH,
Urteil vom 27. Mai 1993 aaO S. 2747). Die erforderliche tatsächliche Verknüp-
fung folgt hier daraus, daß einerseits der von den Klägern gegen die Beklagte
geltend gemachte Schaden in einem Kostenaufwand liegt, der ohne die Amts-
pflichtverletzung der Beklagten nicht entstanden wäre, und andererseits in
Frage steht, ob diese Prozeßkosten für die Kläger durch sachgerechtes Vorge-
hen ihrer Prozeßbevollmächtigten hätten vermieden werden können.
bb) Der Revision kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie dem vom
Berufungsgericht in Betracht gezogenen Ersatzanspruch gegen ihre Prozeßbe-
vollmächtigten wegen der Verneinung gutgläubigen Erwerbs im Vorprozeß kei-
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ne begründete Erfolgsaussicht beimißt. Entgegen der Auffassung der Revision
hätte der Hinweis in der Berufungsbegründungsschrift des Prozeßgegners der
Kläger im Vorprozeß, daß einem gutgläubigen Erwerb der Kläger Art. 233 § 2 c
Abs. 3 EGBGB entgegenstehe, weil das selbständige Gebäudeeigentum erst
am 19. Juli 1994 im Grundbuch des Grundstücks vermerkt worden sei, dem
anwaltlichen Vertreter der Kläger im dortigen Berufungsverfahren Veranlas-
sung geben müssen, ausdrücklich (schriftsätzlich) darauf hinzuweisen, daß
nach dem Wortlaut und der nächstliegenden Auslegung des Art. 233 § 2 c
Abs. 3 EGBGB die - geschehene - gleichzeitige Eintragung des Eigentümer-
wechsels im Gebäudegrundbuch und des Gebäudeeigentums bei dem bela-
steten Grundstück für den Erwerb selbständigen Gebäudeeigentums aufgrund
der Vorschriften über den öffentlichen Glauben des Grundbuchs ausreichte; er
durfte sich nicht darauf verlassen, daß das Gericht die Unrichtigkeit des
Rechtsstandpunktes der Prozeßgegnerin der Kläger ohne weiteres erkennen
würde. Das landgerichtliche Urteil im Vorprozeß, auf das die Revision demge-
genüber verweist, enthielt zu Art. 233 § 2 c Abs. 3 EGBGB keine Ausführun-
gen.
Der Beschluß der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfas-
sungsgerichts vom 12. August 2002 (1 BvR 399/02 - NJW 2002, 2937) gibt
keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung dieser vom Berufungsgericht
mit Recht in Betracht gezogenen Pflichtverletzung des damaligen Berufungs-
anwalts der Kläger. Die vom Bundesverfassungsgericht in dem genannte Be-
schluß (obiter dictum) geäußerten Bedenken betreffen einen anderen Sach-
verhalt. Keinesfalls lassen Fehler des Gerichts allgemein die Ursächlichkeit
pflichtwidrigen Verhaltens des Rechtsanwalts im Prozeß entfallen. Angesichts
der vorliegenden Pflichtverletzung des Berufungsanwalts kann auch dahinste-
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hen, ob dieser oder der erstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Kläger im Vor-
prozeß den Klägern zur Einlegung der Revision gegen das Berufungsurteil im
Vorprozeß hätte raten müssen.
2.
Der danach in Betracht zu ziehende Schadensersatzanspruch der Klä-
ger gegen (jedenfalls) ihren zweitinstanzlichen Vertreter im Vorprozeß ist aller-
dings dadurch begrenzt, daß die Schadensersatzpflicht nicht weiter gehen
kann als sie gehen würde, wenn das Oberlandesgericht im Vorprozeß aufgrund
des - unterlassenen - zusätzlichen Parteivorbringens richtig entschieden hätte
(vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1990 - IX ZR 209/89 - NJW-RR 1990, 1241,
1244; Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und Notars 6. Aufl. Rn. 224,
243).
a) Das Berufungsgericht beurteilt den hypothetischen Ausgang des Vor-
prozesses - nach einer dort in Wirklichkeit nicht erfolgten Beweisaufnahme -
wie folgt: Zwar wären die Kläger nicht zur Einwilligung in die Grundbuchberich-
tigung zugunsten der Rechtsnachfolgerin des VEG (P) L. verurteilt
worden, wohl aber auf den im dortigen Berufungsverfahren gestellten Hilfsan-
trag der Prozeßgegnerin zur ("Rück-")Auflassung, weil in der Veräußerung des
Gebäudeeigentums an die Kläger durch die damaligen Eheleute R. als
Nichtberechtigte gegen Zahlung von lediglich 3.000 DM, bei denen es sich der
Sache nach nur um den Ersatz für bestimmte Aufwendungen gehandelt habe,
eine unentgeltliche Verfügung gelegen habe.
Diese im wesentlichen im tatrichterlichen Bereich liegende Würdigung
ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revisionserwiderung stellt
zur Nachprüfung, ob die damaligen Eheleute R. seinerzeit Verfügungsbe-
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rechtigte (Eigentümer) waren. Indessen gibt es gegen die Feststellung des Be-
rufungsgerichts, daß die Eheleute R. das Gebäudeeigentum weder mit der
Übertragung des Nutzungsrechts durch das VEG (P) am 12. September 1990
- weil zu diesem Zeitpunkt das Gebäude schon längst vom VEG (P) errichtet
war (vgl. § 291 ZGB-DDR) - noch durch eine gesonderte "Veräußerung" (§ 293
Abs. 1 Satz 1 ZGB-DDR) erworben hatten, nichts zu erinnern. Im (hypotheti-
schen) Vorprozeß wären danach jedenfalls die - durch eine Beweisaufnahme
vergrößerten - Kosten des Berufungsverfahrens von den Klägern anteilig zu
tragen gewesen; um diesen Anteil verringert sich - im vorliegenden Prozeß zu
Lasten der Beklagten - ein Schadensersatzanspruch gegen ihre damaligen
Prozeßbevollmächtigten. Diesen können danach auch nicht die von den Klä-
gern für den Erwerb des Gebäudes vergeblich aufgewendeten Notar-, Ge-
richts- und Verwaltungskosten angelastet werden, weil dieser Aufwand auch im
Falle der notwendigen ("Rück")-Auflassung fehlgeschlagen wäre.
b) Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsge-
richt gleichwohl auch für die (hypothetische) Kostenbeteiligung der Kläger im
Vorprozeß eine Verantwortlichkeit ihrer damaligen Prozeßbevollmächtigten in
Betracht zieht.
aa) Das Berufungsgericht meint, die Kläger hätten bei vollständiger und
richtiger Beratung jedenfalls damit rechnen müssen, trotz eines gutgläubigen
Erwerbs das Gebäude an die Rechtsnachfolgerin des VEG (P) zurückübertra-
gen zu müssen. Daher sei es durchaus möglich, daß die Kläger sich bei einer
solchen Ausgangslage auf einen Rechtsstreit nicht eingelassen hätten. Man-
gels jeden Vortrags zu diesem Punkt hätten die Kläger auch insoweit das Feh-
len einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nicht ausgeräumt.
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bb) Richtig ist, daß zur Schlüssigkeit des Klagevortrags im Notarhaft-
pflichtprozeß die Darlegung des Geschädigten gehört, daß andere Ersatzmög-
lichkeiten nicht bestehen. Die Anforderungen an den Klagevortrag dürfen aller-
dings nicht überspannt werden. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungs-
last, wenn er diejenigen Ersatzmöglichkeiten ausräumt, die sich aus dem
Sachverhalt selbst ergeben, demselben Tatsachenkreis entsprungen sind, aus
dem sich die Schadenshaftung des Notars ergibt, und begründete Aussicht auf
Erfolg bieten (BGH, Urteile vom 14. Mai 1992 - IX ZR 292/91 - WM 1992, 1533,
1537 und vom 24. Juni 1993 - IX ZR 84/92 - VersR 1994, 435, 437). Nach dem
dem Streitfall zugrundeliegenden Sachverhalt gibt es keinen konkreten Anlaß,
eine Schadensersatzpflicht der Prozeßbevollmächtigten der Kläger aus dem
Vorprozeß wegen einer unzureichenden Beratung bezüglich des im dortigen
Berufungsverfahren angebrachten Hilfsantrags in Betracht zu ziehen. Selbstre-
dend waren die Kläger über die in diesem Hilfsbegehren der Prozeßgegnerin
liegenden Prozeßrisiken aufzuklären. Die insoweit erforderliche Beratung be-
traf aber nicht, wie das Berufungsgericht meint, die Frage, ob die Kläger sich
überhaupt "auf einen Rechtsstreit ... einlassen" wollten. Es war gegen die Klä-
ger bereits Klage erhoben. Für sie stand mithin die erfolgreiche Rechtsverteidi-
gung in dem bereits in Gang gesetzten Prozeß im Vordergrund. Gegen den
Anspruch auf Grundbuchberichtigung durften die Kläger sich nach der im vor-
liegenden Prozeß dargelegten Rechtslage zur Wehr setzen. Das Hilfsbegehren
der Prozeßgegnerin auf Rückauflassung des Gebäudeeigentums wurde erst im
Berufungsverfahren des Vorprozesses angebracht. Angesichts des im übrigen
erfolgreich verlaufenen erstinstanzlichen Verfahrens (Klageabweisung) gab es
auch im Berufungsverfahren des Vorprozesses keinen einleuchtenden Grund
für eine "Aufgabe" der Kläger. Angesichts dessen handelt es sich bei dem vom
- 17 -
Berufungsgericht für möglich gehaltenen Schadensersatzanspruch der Kläger
wegen unzureichender anwaltlicher Beratung um eine allenfalls rein theoreti-
sche Denkmöglichkeit, nicht jedoch um einen praktisch in Betracht kommenden
Anspruch.
III.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich, soweit sie durch ihre
Begründung nicht getragen wird, auch nicht aus anderen Gründen als richtig
dar (§ 561 ZPO). Die Revisionserwiderung meint, eine anderweitige Ersatz-
möglichkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BNotO dränge sich
in Gestalt möglicher Ansprüche gegen die Verkäufer R. auf. Dem tritt der
Senat nicht bei. Diese Ersatzmöglichkeit wird im Berufungsurteil nicht erörtert.
Sie ist auch keineswegs zweifelsfrei. Die kaufrechtliche Rechtsmängelhaftung
(§§ 434, 440, 325 BGB a.F.) des Verkäufers greift im Fall der vom Berufungs-
gericht vorgenommenen Qualifizierung des Geschäfts über das Gebäudeei-
gentum als Schenkung (§ 516 BGB) nicht ein (vgl. § 523 BGB). Der X. Zivilse-
nat des Bundesgerichtshofs hat allerdings entschieden, daß den Schenker
aufgrund seiner Einstandspflicht für anfängliches Unvermögen grundsätzlich
eine Garantiehaftung trifft (Urteil vom 23. März 2000 - X ZR 177/97 - BGHZ
144, 118 = LM BGB § 276 [A] Nr. 19 m. Anm. Teichmann/Kießling = JZ 2001,
355 m. Anm. Löwisch = DNotZ 2000, 846 m. Anm. Wegmann = ZIP 200, 1372
m. Anm. Huber), wobei jedoch die Auslegung des Schenkungsvertrages im
Einzelfall ergeben kann, daß eine Garantiehaftung des Schenkers für sein an-
fängliches Unvermögen dem Parteiwillen nicht entspricht (BGHZ 144, 118,
122). Darüber hinaus ist zu bedenken, ob die Verweisung der Kläger im Notar-
- 18 -
haftpflichtprozeß auf Ersatzansprüche gegen die ehemaligen Eheleute R.
zumutbar (§ 242 BGB) wäre. Das ist deshalb nicht unzweifelhaft, weil nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts letztlich beide Vertragsparteien durch
dieselbe Amtspflichtverletzung der Beklagten betroffen sein dürften, ohne die
es nicht zum Vertragsschluß gekommen wäre; möglicherweise könnte sich
daraus auch ein auf Freistellung von etwaigen Ansprüchen der Kläger gerich-
teter Schadensersatzanspruch der ehemaligen Eheleute R. gegen die Be-
klagte ergeben.
Dies alles zu beurteilen ist Sache einer tatrichterlichen Würdigung, die
nicht in der Revisionsinstanz erfolgen kann.
- 19 -
IV.
Die Sache ist daher wegen der noch erforderlichen weiteren Feststel-
lungen (II.2.a, III.) an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Rinne
Streck
Schlick
Richter am Bundesgerichtshof
Galke ist im Urlaub und kann
daher nicht unterschreiben.
Kapsa
Rinne