Urteil des BGH vom 17.12.2009

BGH (zwangsgeld, höhe, termin, zpo, anhörung, kind, begründung, handbuch, auskunft, anhalten)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 2/09
vom
17. Dezember 2009
in dem Insolvenzverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und
Grupp
am 17. Dezember 2009
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer
des Landgerichts Göttingen vom 20. November 2008 wird auf
Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird
auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der weitere Beteiligte zu 1 (fortan: Insolvenzverwalter) wurde mit Be-
schluss des Insolvenzgerichts vom 1. April 2001 zum Insolvenzverwalter über
das Vermögen der D. GmbH & Co KG in G. bestellt. Mit Be-
schluss vom 10. November 2005 ernannte das Insolvenzgericht den weiteren
Beteiligten zu 2 zum Sonderinsolvenzverwalter (fortan: Sonderverwalter) zur
Prüfung der Frage, ob gegen den Insolvenzverwalter Schadensersatzansprü-
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che zu Gunsten der Masse geltend zu machen sind. Der Aufgabenkreis des
Sonderverwalters wurde mit Beschlüssen des Amtsgerichts vom 29. Mai 2007
und vom 11. Februar 2008 näher konkretisiert.
Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2008 beantragte der Sonderverwalter die
Anberaumung eines Termins zur Anhörung des Insolvenzverwalters und legte
hierzu einen umfangreichen Fragenkatalog vor. Zur Begründung wurde ausge-
führt, der Insolvenzverwalter habe die notwendigen Unterlagen zur Geltendma-
chung der Schadensersatzansprüche nur unvollständig überlassen. Die bisheri-
gen Angaben des Insolvenzverwalters seien unvollständig und teilweise wider-
sprüchlich gewesen. Hierauf bestimmte das Insolvenzgericht Termin zur Anhö-
rung des Insolvenzverwalters auf den 22. April 2008. Weder zu diesem noch zu
dem hierauf anberaumten Termin am 13. Juni 2008 erschien der Insolvenzver-
walter. Am 24. Juli 2008 bestimmte das Amtsgericht erneut Termin zur Anhö-
rung des Insolvenzverwalters auf den 6. August 2008 und drohte dem Verwalter
für den Fall des unentschuldigten Fernbleibens ein Zwangsgeld in Höhe von
10.000 € an. Auch zu diesem Termin erschien der Insolvenzverwalter nicht.
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Hierauf hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 7. August 2008 ge-
gen den Insolvenzverwalter ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 € festgesetzt.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde des Insolvenzverwalters mit
Beschluss vom 20. November 2008 (veröffentlicht in ZIP 2009, 1021) teilweise
stattgegeben und das Zwangsgeld auf einen Betrag in Höhe von 5.000 € her-
abgesetzt. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter sein Be-
gehren auf Aufhebung des Zwangsgeldes weiter.
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II.
Die gemäß §§ 6, 7, § 58 Abs. 2 Satz 3 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine
grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Si-
cherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des
Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
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1. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene und für rechtsgrundsätz-
lich angesehene Frage, ob ein Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter zum
Erscheinen in einen Anhörungstermin und zur mündlichen Erteilung von Aus-
künften - auch durch die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld - anhal-
ten kann, ist nicht klärungsbedürftig. Im Schrifttum wird übereinstimmend die
Ansicht vertreten, die Art und Weise der Ausübung des Aufsichtsrechts durch
das Insolvenzgericht liege in dessen pflichtgemäßem Ermessen (FK-InsO/Kind,
5. Aufl. § 58 Rn. 9; Jaeger/Gerhardt, InsO §
58 Rn.
8; Lüke in Küb-
ler/Prütting/Bork, InsO § 58 Rn. 13; MünchKomm-InsO/Graeber, 2. Aufl. § 58
Rn. 13; HK-InsO/Eickmann, 5. Aufl. § 58 Rn. 6; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 58
Rn. 5; Voigt-Salus/G. Pape in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insol-
venzverwaltung, 8. Aufl. § 21 Rn. 49). Ebenso hatte schon die höchstrichterli-
che Rechtsprechung zu § 83 KO entschieden (RGZ 154, 291, 296; BGH, Urt. v.
12. Juli 1965 - III ZR 41/64, WM 1965, 1158, 1159). Im Rahmen der Ausübung
des Aufsichtsrechts kann das Gericht Auskunft in allen ihm zweckdienlich er-
scheinenden Formen verlangen (FK-InsO/Kind, aaO; Lüke in Kübler/
Prütting/Bork, aaO Rn. 14). Dies schließt ein, dass im Einzelfall auch die An-
ordnung eines mündlichen Anhörungstermins, insbesondere bei anlassbezoge-
nen Prüfungen, wie vorliegend gegeben, in Betracht zu ziehen ist. Entspre-
chendes gilt für die Verhängung von Zwangsgeld zur Durchsetzung eines derar-
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tigen Termins. Hierzu im Gegensatz stehende Stimmen in der Literatur hat die
Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt.
2. Das Beschwerdegericht hat mit einzelfallbezogenen Erwägungen das
Fernbleiben des Insolvenzverwalters im Anhörungstermin vom 6. August 2008
für nicht gerechtfertigt erachtet und die Verhängung eines Zwangsgeldes in Hö-
he von 5.000 € als angemessene Maßnahme zur Durchführung des weiterhin
für erforderlich gehaltenen Anhörungstermins angesehen. Diese Beurteilung
erweist sich unter zulässigkeitsrelevanten Gesichtspunkten als beanstandungs-
frei.
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3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6
Satz 3 ZPO abgesehen.
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Ganter Kayser
Gehrlein
Fischer
Grupp
Vorinstanzen:
AG Göttingen, Entscheidung vom 07.08.2008 - 74 IN 11/01 -
LG Göttingen, Entscheidung vom 20.11.2008 - 10 T 106/08 -