Urteil des BGH vom 02.10.2009

BGH (abtretung einer forderung, ablauf der frist, erklärung, abtretung, 1995, kaufpreis, genehmigung, grundstück, nachfrist, zustimmung)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 185/08 Verkündet
am:
2.
Oktober
2009
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann, und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Rostock vom 21. August 2008 aufge-
hoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der
7. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 30. November
2007 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit Notarverträgen vom 9. Februar 1994 und 10. Januar 1995 verkaufte
die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: ebenfalls Klägerin) für ins-
gesamt 175.000 DM Peter P. das Flurstück 357 der Flur 1 der Gemarkung
D. und aus dem Flurstück 356 näher beschriebene Teilflächen von insge-
samt etwa 45.500 qm Größe (im Folgenden zusammenfassend: das Grund-
stück). Der Kaufpreis sollte in Höhe eines Teilbetrags von 25.000 DM im Wege
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der Verrechnung erfüllt werden. Der Restbetrag von 150.000 DM sollte durch
Zahlung zu erfüllen sein, davon 75.000 DM bis zum 12. März 1995, die restli-
chen 75.000 DM "vier Wochen nach Kenntnis … (des Käufers) von seiner Ein-
tragung als Eigentümer in das Grundbuch". Der Auflassungsanspruch von Peter
P. wurde durch die Eintragung von Vormerkungen in das Grundbuch gesi-
chert.
Das Grundstück ist "mit dem sehr stark reparaturbedürftigen Schloss
D. " bebaut. Peter P. verpflichtete sich im Kaufvertrag, das Schloss
innerhalb von fünf Jahren, beginnend mit dem Tage der Eigentumsumschrei-
bung, so herzurichten, dass das Gebäude "als Beherbergungsbetrieb für gas-
tronomische Zwecke genutzt" werden könne.
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In der Vertragsurkunde erteilten die Vertragsparteien den
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"Notariatsangestellten Elke H. , Gerlinde K. und Gabriele
G. Einzelvertretungsvollmacht unter Befreiung der Be-
schränkungen des § 181 BGB, jede Rechtshandlung vorzuneh-
men, die zum Vollzug des Vertrages notwendig und zweckdienlich
ist. … "
40.000 € wurden auf den Kaufpreis bezahlt. Mit Notarvertrag vom
5. Oktober 2001 verkaufte Peter P. das Grundstück an den Beklagten wei-
ter. Der Beklagte verpflichtete sich gegenüber P. , dessen Pflichten aus
den Verträgen vom 9. Februar 1994 und 10. Januar 1995 gegenüber der Kläge-
rin zu übernehmen und diesen hiervon freizustellen. "Sicherungshalber" trat
Peter P. seinen "Eigentumsverschaffungsanspruch aus dem Vorerwerbs-
vertrag" an den Beklagten ab. Die Abtretung der durch die Vormerkungen gesi-
cherten Ansprüche wurde im Grundbuch verlautbart.
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Am 14. August 2002 erklärten die Notariatsangestellten Andrea T. für
die Klägerin und Gabriele G. für Peter P. vor dem Urkundsnotar je-
weils "vollmachtlos" die Auflassung des Grundstücks. Die Klägerin genehmigte
die in ihrem Namen von Frau T. abgegebene Erklärung. Mit Schreiben vom
18. Dezember 2002 forderte sie Peter P. auf, binnen vier Wochen seiner-
seits die Auflassung zu erklären. Die Aufforderung blieb ohne Erfolg.
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Peter P. verstarb am 10. Mai 2006. Er wurde von Brigitte P.
beerbt. Mit Schreiben vom 20. November 2006 setzte die Klägerin Brigitte
P. Nachfrist gemäß § 326 Abs. 1 BGB a.F. zur Auflassung des Grund-
stücks bis zum 4. Dezember 2006 und erklärte, nach ergebnislosem Ablauf der
Frist von den Verträgen vom 9. Februar 1994 und 10. Januar 1995 zurückzutre-
ten.
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Mit der Klage hat die Klägerin von dem Beklagten Zustimmung zur Lö-
schung der Vormerkungen verlangt. Das Landgericht hat den Beklagten verur-
teilt, die Löschung der für ihn eingetragenen Abtretungsvermerke zu bewilligen
und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Kla-
ge in vollem Umfang abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revisi-
on erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Zu-
stimmung zur Löschung der Abtretungsvermerke nicht zu. Die Erklärung der
Klägerin, von den Kaufverträgen mit Peter P. zurückzutreten, habe den an
den Beklagten abgetretenen Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an dem
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Grundstück unberührt gelassen. Die Verpflichtung P. zur Mitwirkung an
der Auflassung bedeute zwar eine Hauptpflicht aus den Verträgen vom
9. Februar 1994 und 10. Januar 1995. Die Pflicht sei indessen erfüllt. Da Frau
G. von Peter P. zur Auflassung des Grundstücks bevollmächtigt ge-
wesen sei, sei durch ihre Erklärung in der Notarverhandlung vom 14. August
2002 die Schuld von P. zur Mitwirkung an der Auflassung des Grundstücks
erfüllt worden.
II.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Gemäß § 894 BGB schuldet der Beklagte die Zustimmung zu der von der
Klägerin verlangten Löschung. Die Klägerin hat Brigitte P. wirksam Nach-
frist zur Mitwirkung an der Auflassung gesetzt. Die Abtretung des Eigentums-
verschaffungsanspruchs durch Peter P. ließ die Rechtsstellung der Kläge-
rin als Gläubigerin des Anspruchs auf Annahme der Auflassungserklärung un-
berührt. Der Erwerbsanspruch aus den Verträgen vom 9. Februar 1994 und
10. Januar 1995 ist mit Ablauf der von der Klägerin gesetzten Nachfrist am
4. Dezember 2006 erloschen. Seither besteht kein Anspruch mehr, der durch
die eingetragenen Vormerkungen gesichert und dem Beklagten abgetreten ist.
Die für den Beklagten eingetretenen Abtretungsvermerke sind gegenstandslos.
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1. Das Berufungsgericht meint zu Unrecht, Peter P. sei in der Auf-
lassungsverhandlung vom 14. August 2002 wirksam vertreten worden. So ver-
hält es sich schon deshalb nicht, weil Frau G. von der ihr erteilten Voll-
macht ausweislich des Wortlauts ihrer Erklärung keinen Gebrauch gemacht hat
und eine Genehmigung der von ihr im Namen von Peter P. abgegebenen
Erklärung nicht erfolgt ist. Das Berufungsgericht übersieht, dass die Erklärun-
gen eines bevollmächtigten Vertreters nur dann gegen den Vertretenen wirken,
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wenn der Vertreter bei der Abgabe seiner Erklärung von der ihm erteilten Voll-
macht Gebrauch macht. So verhält es sich nicht, wenn der Vertreter eine Erklä-
rung im Namen des Vertretenen ausdrücklich als "vollmachtlos" abgibt. In die-
sem Fall handelt er als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Die Wirksamkeit sei-
ner Erklärungen gegen den Vertretenen hängt von der Genehmigung durch den
Vertretenen ab (Senat, Urt. v. 2. Juni 1967, V ZR 98/64, DNotZ 1968, 407, 408;
OGHZ 1, 209, 211; MünchKomm-BGB/Schramm, 5. Aufl., § 177 Rdn. 12; Soer-
gel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 177 Rdn. 8; Staudinger/Schilken, BGB [2004],
§ 177 Rdn. 6). Unterbleibt die Genehmigung, bleibt die Erklärung des Vertreters
schwebend unwirksam. Sie wird endgültig unwirksam, wenn der Vertretene
trotz Aufforderung die Genehmigung nicht erklärt, § 177 Abs. 2 BGB. Dem steht
es gleich, dass der Vertretene eine von dem Erklärungsempfänger zur neuerli-
chen Abgabe der Erklärung gesetzte Frist verstreichen lässt. So verhält es sich
mit der Fristsetzung der Klägerin vom 18. Dezember 2002.
Dass das Berufungsgericht das Verhalten von Frau G. dahin aus-
gelegt habe, diese habe entgegen dem Inhalt der Auflassungsurkunde als be-
vollmächtigte Vertreterin gehandelt, wie die Revisionserwiderung meint, ist dem
Berufungsurteil nicht zu entnehmen.
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2. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen der Teilzahlung auf den Kaufpreis
steht dem Beklagten nicht zu.
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Im Hinblick auf den Rücktritt der Klägerin von den Verträgen mit Peter
P. kann Brigitte P. als dessen Erbin grundsätzlich die Rückgewähr
der Teilzahlung auf den Kaufpreis verlangen, § 346 Satz 1 BGB a.F.. Wegen
dieses Anspruchs wäre der Beklagte gegenüber der Klägerin nur dann gemäß
§ 273 Abs. 1 BGB zur Zurückbehaltung berechtigt, wenn Peter P. oder
Brigitte P. ihm den Rückgewähranspruch abgetreten hätte. Dass es sich
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so verhält, hat die Klägerin bestritten. Der Beklagte leitet die Abtretung aus dem
Kaufvertrag zwischen ihm und P. vom 5. Oktober 2001 her. Der in dem
Vertrag vom 5. Oktober 2001 für den Fall der Ausübung eines Vorkaufsrechts
vereinbarten Abtretung einer Forderung von P. gegen den Vorkaufsbe-
rechtigten ist die Abtretung eines Anspruchs von P. gegen die Klägerin je-
doch nicht zu entnehmen.
Zu dieser Feststellung ist der Senat in der Lage, weil schon das Landge-
richt ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten im Hinblick auf die Teilleistung
auf den Kaufpreis verneint hat, der Hinweis des Beklagten auf die Vertragsur-
kunde vom 5. Oktober 2001 zur Begründung seiner Berufung die behauptete
Abtretung nicht ergibt und weiteres Vorbringen des Beklagten hierzu nicht in
Betracht kommt.
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein
Stresemann
Czub
Roth
Vorinstanzen:
LG Stralsund, Entscheidung vom 30.11.2007 - 7 O 243/06 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 21.08.2008 - 3 U 101/08 -