Urteil des BGH vom 18.04.2005
BGH (höhe, einlage, gesellschaftsvertrag, sache, auszahlung, verhandlung, stillen, gesellschaft, inkrafttreten, gesellschafter)
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 389/03
Verkündet am:
25. Juli 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der  II. Zivilsenat  des  Bundesgerichtshofes  hat  auf  die  mündliche  Ver-
handlung vom 18. April 2005 durch die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein und Dr. Strohn
für Recht erkannt:
Auf  die  Revision  des  Klägers  wird  unter  Zurückweisung  des  wei-
tergehenden Rechtsmittels das Urteil des 3. Zivilsenats des Ober-
landesgerichts Braunschweig vom 19. November 2003 im Kosten-
punkt  und  insoweit  aufgehoben,  als  die  Klage  in  Höhe  von
7.297,24 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die beklagte Aktiengesellschaft beschäftigt sich u.a. mit dem Erwerb, der
Verwaltung  und  der  Verwertung  von  Immobilien  und  anderen  Anlageobjekten.
Der Kläger beteiligte sich mit Erklärung vom 29. Dezember 1998 als stiller Ge-
sellschafter  an  dem  Unternehmenssegment VII  der  Beklagten.  Seine  Einlage
hatte er in Höhe von 10.500,00 DM sofort und im übrigen in monatlichen Raten
zu je 210,00 DM über 25 Jahre zu zahlen. Am Ende der Laufzeit sollte das Aus-
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einandersetzungsguthaben  über  einen  Zeitraum  von  15 Jahren  in  monatlichen
Raten ausgezahlt werden.
Im  Oktober  1999  untersagte  das  Bundesaufsichtsamt  für  das  Kreditwe-
sen der Beklagten, die Auseinandersetzungsguthaben ihrer stillen Gesellschaf-
ter in Raten auszuzahlen, weil das nach der Auffassung des Amtes gegen § 32
Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG verstößt. In dem daraufhin geführ-
ten  verwaltungsgerichtlichen  Prozeß  verpflichtete  sich  die  Beklagte  vergleichs-
weise, die Auseinandersetzungsguthaben in jeweils einer Summe auszuzahlen.
Mit  Schreiben  vom  31. Januar  2001  kündigte  der  Kläger  den  Gesell-
schaftsvertrag  wegen  des Wegfalls  der  ratierlichen  Auszahlung  des  Auseinan-
dersetzungsguthabens  und  verlangte  von  der  Beklagten  die  Rückzahlung  sei-
ner geleisteten Einlage in Höhe von 7.925,03 €.
Mit der Klage verlangt er die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung die-
ses Betrages, hilfsweise zur Erteilung einer Auskunft über die Höhe des Ausei-
nandersetzungsguthabens  zum  31. Dezember  2000  und  zur  Zahlung  des  sich
daraus  ergebenden  Betrages.  Die  Klage  ist  in  beiden  Vorinstanzen  erfolglos
geblieben.  Dagegen  richtet  sich  die  von  dem  Berufungsgericht  zugelassene
Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
Die  Revision  ist  überwiegend  begründet  und  führt  zur  Aufhebung  des
angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungs-
gericht, soweit die Klage in Höhe von 7.297,24 € nebst Zinsen abgewiesen wor-
den ist.
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I. Das  Berufungsgericht  hat  gemeint,  nach  den  Grundsätzen  der  fehler-
haften Gesellschaft könne der Kläger selbst dann nicht die Rückzahlung seiner
Einlage verlangen, wenn die in dem Gesellschaftsvertrag vereinbarte ratierliche
Auszahlung  des  Auseinandersetzungsguthabens  tatsächlich  gegen  § 32  KWG
verstoße, und dieser Umstand sei auch kein Grund für eine Kündigung des Ge-
sellschaftsvertrages,  weil  es  dem  Kläger  zumutbar  sei,  das  Auseinanderset-
zungsguthaben statt in Raten in einer Summe ausgezahlt zu bekommen.
II. Dem  ist  nicht  zu  folgen.  Wie  der  Senat  bereits  in  seinem  Urteil  vom
21. März 2005 (II ZR 149/03, ZIP 2005, 763) ausgeführt hat, besteht unabhän-
gig von den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft ein Schadensersatzan-
spruch des stillen Gesellschafters gegen die Beklagte aus Verschulden bei Ver-
tragsschluß,  wenn  der  Gesellschaftsvertrag  nach  Inkrafttreten  der  6. KWG-
Novelle am 1. Januar 1998 geschlossen worden ist und die Beklagte den Anle-
ger  nicht  darauf  hingewiesen  hat,  daß  die  bankrechtliche  Zulässigkeit  einer
ratenweisen  Auszahlung  des  Auseinandersetzungsguthabens  aufgrund  der
Änderung  des  Kreditwesengesetzes  durch  die  6. KWG-Novelle  zweifelhaft  ge-
worden ist.
Diese  Voraussetzungen  sind  nach  dem  bisherigen  Vorbringen  der  Par-
teien  erfüllt.  Der  Gesellschaftsvertrag  ist  aufgrund  der  Erklärung  des  Klägers
vom 29. Dezember 1998 geschlossen worden, also nach dem Inkrafttreten der
6. KWG-Novelle. Daß die Beklagte den Kläger über die rechtlichen Risiken der
Ratenzahlungsvereinbarung aufgeklärt hätte, was nach dem Vortrag der Partei-
en  fernliegend  erscheint,  ist  von  dem  Berufungsgericht  - von  seinem  Stand-
punkt aus folgerichtig - nicht geprüft worden.
Fehlt  es  an  einer  ordnungsgemäßen  Aufklärung,  ist  die  Beklagte  ver-
pflichtet, den Kläger im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie er ste-
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hen  würde,  wenn  er  den  Vertrag  nicht  geschlossen  hätte.  Er  hätte  dann  keine
Einlage an die Beklagte gezahlt. Die Einlage ist daher ggf. an ihn zurückzuzah-
len. Daß dem Kläger trotz der Rückabwicklung Steuervorteile verbleiben könn-
ten, die im Wege des Vorteilsausgleichs auf den Schadensersatzanspruch an-
zurechnen  wären,  ist  von  der  Beklagten  nicht  geltend  gemacht  worden  und
auch sonst nicht ersichtlich.
Der  Kläger  muß  sich  allerdings  seine  Entnahmen  anrechnen  lassen,  da
er im Ergebnis nicht besser stehen darf, als er ohne den Vertragsschluß stehen
würde. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten hat der Klä-
ger Entnahmen in Höhe von 627,79 € erhalten. Damit beläuft sich sein ersatz-
fähiger Schaden auf 7.297,24 €.
III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die
noch  erforderlichen  Feststellungen  - ggf.  nach  ergänzendem  Vortrag  der  Par-
teien - getroffen werden können.
Goette
Kurzwelly
Kraemer
Gehrlein
Strohn