Urteil des BGH vom 14.03.2017
BGH (geld, beute, sache, aufhebung, straftat, schaden, erwägung, besitz, gebiet, fahrzeug)
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 80/02
vom
4. September 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. September
2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Rissing-van Saan,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. h. c. Detter,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten,
die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Fischer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts  Darmstadt  vom  12. September  2001  im  Strafausspruch
mit den Feststellungen aufgehoben.
Im  Umfang  der  Aufhebung  wird  die  Sache  zu  neuer  Verhand-
lung  und  Entscheidung,  auch  über  die  Kosten  des  Rechtsmit-
tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückver-
wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das  Landgericht  hat  den  Angeklagten  wegen  Diebstahls  (Einzelstrafe:
sechs Jahre)  und  Vortäuschen  einer  Straftat  (Einzelstrafe  sechs  Monate)  zu
einer  Gesamtfreiheitsstrafe  von  sechs  Jahren  und  drei  Monaten  verurteilt.
Nach  den  Feststellungen  war  er  als  Fahrer  eines  Werttransporters  angestellt.
Am 4. Januar 2001 verschaffte er sich durch Manipulation die Möglichkeit des
Zugriffs auf die von ihm transportierten Geldbehälter und entnahm daraus über
600.000  DM.  Das  Geld  konnte  bisher  nicht  sichergestellt  werden.  Der  Ange-
klagte, der in der Hauptverhandlung keine Angaben zur Sache machte, hat sich
im  Ermittlungsverfahren  dahin  eingelassen,  er  habe  mit  der  Tat  nichts  zu  tun,
er sei vielmehr überfallen worden.
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Die  auf  die  Sachbeschwerde  gestützte  Revision  des  Angeklagten  ist
zum Schuldspruch im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet. Dagegen hat
das Rechtsmittel zum Strafausspruch Erfolg.
Das  Landgericht  hat  hinsichtlich  des  Diebstahls  bei  der  Strafzumessung
ausgeführt:
"Ganz  erheblich  strafschärfend  waren  jedoch  die  Höhe  der  Beute  und
insbesondere  die  Tatsache  zu  berücksichtigen,  dass  das  Geld  bis  heute
nicht aufgefunden werden konnte."
Diese Erwägung läßt besorgen, daß dem Angeklagten - rechtsfehlerhaft -
strafschärfend angelastet wird, den Besitz der Beute zu verheimlichen.
Nach  den  Feststellungen  hat  der  Angeklagte  "irgendwo  in  dem  Gebiet
zwischen  N.              W.        ,  K.          und  A.         das  aus  dem  Fahrzeug  ent-
wendete Geld versteckt, das bis heute nicht aufgefunden wurde" (UA S. 6 und
18).  Angesichts  dieser  Feststellungen  kann  die  Erwägung,  daß  das  Geld  bis
heute nicht aufgefunden werden konnte, vor allem wegen der besonderen Be-
tonung  durch  die  Wendung  "insbesondere",  auch  dahin  verstanden  werden,
dem Angeklagten  werde  persönlich  zum  Vorwurf  gemacht,  den  Schaden  nicht
wiedergutgemacht  und  noch  Zugriff  auf  die  Beute  zu  haben.  Dies  wäre  aber
kein  zulässiger  Strafschärfungsgrund.  Denn  ein  Angeklagter,  der  sich  damit
verteidigt,  er  habe  mit  der  Entwendung  der  Gelder  nichts  zu  tun,  kann,  ohne
seine  Verteidigungsposition  zu  gefährden,  weder  den  Schaden  wiedergutma-
chen noch Angaben dazu machen, wo sich die Tatbeute befindet. Der Hinweis
auf den Verbleib der Gelder und die Schadenswiedergutmachung würden viel-
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mehr  das  Eingeständnis  seiner  Schuld  bedeuten.  Ein  solches  Verhalten  kann
aber  vom  Täter  nicht  mit  der  Folge  erwartet  werden,  daß  ihm  schon  dessen
bloße Unterlassung zur Strafschärfung gereicht (BGH, Beschl. v. 13. Mai 1980
- 1 StR 11/80; BGH NJW 1979, 1835; NStZ 1981, 343; BGHR StGB § 46 Abs.
2 Nachtatverhalten 8).
Der  Strafausspruch  hinsichtlich  der  Verurteilung  wegen  Diebstahls  kann
somit  keinen  Bestand  haben.  Dies  führt  auch  zur  Aufhebung  des  Strafaus-
spruchs  wegen  Vortäuschens  einer  Straftat,  da  der  Senat  nicht  ausschließen
kann,  daß  diese  Einzelstrafe  von  der  aufzuhebenden  Einsatzstrafe  beeinflußt
worden ist.
Rissing-van Saan                                  Detter                                     Otten
Rothfuß                                    Fischer