Urteil des BGH vom 21.12.2000

BGH (wiederaufnahme des verfahrens, stpo, antrag, wiederaufnahme, rechtsmittelbelehrung, freiheitsstrafe, beschwerde, bezeichnung, erklärung, zweifel)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 500/00
vom
21. Dezember 2000
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun-
desanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. Dezember
2000 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Der Beschluß des Landgerichts Hannover vom 25. August
2000, mit dem die Revision des Angeklagten gegen das Urteil
des Landgerichts Hannover vom 4. August 1998 als unzuläs-
sig verworfen worden ist, wird aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil
wird als unzulässig verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-
gen.
Gründe:
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 29. Novem-
ber 2000 ausgeführt:
"1. Das Landgericht Hannover hat den Angeklagten am 4. August 1998
wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr
und sechs Monaten verurteilt. Das Gericht hat die Freiheitsstrafe zur Bewäh-
rung ausgesetzt. Nach dem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung (Be-
währungsheft S. 63) ging am 18. August 2000 bei der Staatsanwaltschaft Han-
nover ein Schreiben des Angeklagten ein. Darin heißt es u.a. wörtlich: 'Hiermit
bitte ich ... um eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Berufung
oder auf Revision einzulegen' (SA Bd. II Bl. 90). Auf einem zweiten, vom Ange-
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klagten gesondert unterschriebenen Blatt des Schreibens beantragt der Ange-
klagte 'in dem obengenannten Verfahren Revision einzulegen' (SA Bd. II
Bl. 91). Der Angeklagte hat in zwei weiteren Schreiben vom 23. und 25. August
2000, eingegangen bei Gericht am 25. August und 29. August 2000, jeweils
unter Bezugnahme auf seine Revision nochmals Einwendungen gegen das
Urteil erhoben. In beiden Schreiben hat er auch die 'Wiederaufnahme' des
Verfahrens beantragt. Mit Beschluss vom 25. August 2000 hat das Landgericht
Hannover die Revision des Angeklagten mit der Begründung als unzulässig
verworfen, dieser habe wirksam auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet
(SA Bd. II Bl. 93). In der in den Gründen des Beschlusses enthaltenen Rechts-
mittelbelehrung hat das Gericht den Angeklagten auf die Möglichkeit einer so-
fortigen Beschwerde hingewiesen. Der Beschluss wurde ihm am 5. September
2000 zugestellt (SA Bd. II Bl. 95 a). Der Angeklagte hat mit Schreiben vom sel-
ben Tage, bei Gericht eingegangen am 8. September 2000, gegen den Be-
schluss 'Beschwerde' eingelegt (SA Bd. II Bl. 102).
2. Das am 18. August 2000 eingegangene Schreiben des Angeklagten
ist als Revisionseinlegung zu werten. Dies wird insbesondere aus Bl. 2 des
Schreibens deutlich. Der Angeklagte hat demgegenüber keine hinreichenden
Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 359 StPO) dargetan. Zwar
hat er vorgetragen, der Zeuge G. habe die Unwahrheit gesagt. Insoweit ist
jedoch weder eine Verurteilung gegen den Zeugen ergangen, noch war gegen
ihn ein Strafverfahren anhängig (§ 364 StPO).
3. Das am 5. September 2000 eingegangene Schreiben des Angeklag-
ten ist als Antrag gemäß § 346 Abs. 2 StPO auszulegen. Die falsche Bezeich-
nung geht offensichtlich auf die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung zurück.
Der Antrag ist im Übrigen fristgerecht erhoben.
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4. Der Beschluss des Landgerichts vom 25. August 2000 ist aufzuheben,
da der Tatrichter nach § 346 Abs. 1 StPO daran gehindert war zu prüfen, ob
ein wirksamer Rechtsmittelverzicht vorliegt (vgl. BGH, NStZ 2000, 217; Klein-
knecht/Meyer-Goßner, 44. Aufl., § 346 Rdnr. 2, 10).
5. Die Revision des Angeklagten ist unzulässig. Er hat ausweislich des
Hauptverhandlungsprotokolls (SA Bd. II Bl. 30 R) nach Urteilsverkündung auf
Rechtsmittelbelehrung und auf die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das
verkündete Urteil verzichtet (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die Erklärung ist ihm,
wie sich ebenfalls aus der Sitzungsniederschrift ergibt, vorgelesen und von ihm
genehmigt worden. Damit ist sie bewiesen (§ 274 StPO). Umstände, die Zweifel
an der Wirksamkeit des Verzichts begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
Der Verzicht ist weder widerruflich noch anfechtbar (Kleinknecht/Meyer-Goßner
a.a.O., § 302 Rdnr. 21 m.w.N.). Die trotz wirksamen Rechtsmittelverzichts ein-
gelegte Revision ist unzulässig."
Dem schließt sich der Senat an.
Kutzer Miebach Winkler
von Lienen Becker