Urteil des BGH vom 24.05.1995

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 1/06 Verkündet
am:
29. Juni 2007
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 138 Abs. 1 Aa
Der bei einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleis-
tung zulässige Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten kann nicht
allein deshalb als erschüttert angesehen werden, weil die benachteiligte Vertragspar-
tei das Missverhältnis kannte.
BGH, Urt. v. 29. Juni 2007 - V ZR 1/06 - OLG Brandenburg
LG
Frankfurt
(Oder)
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des
4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts
vom 30. November 2005 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der
4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom
10. März 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Durch notariellen Vertrag vom 1. Juni 1994 verkaufte die Beklagte zu 2
ein in Brandenburg belegenes, über 63.000 qm großes Grundstück zum Preis
von 50.000 DM an den Kaufmann I. A. (nachfolgend: Zedent). Eine Teil-
fläche dieses Grundstücks, das etwa 13.000 qm große Flurstück 27, verkaufte
der Zedent mit notariellem Vertrag vom 21. Juni 1994 zum Preis von 680.000
DM an den während des Rechtsstreits verstorbenen H. K. (nachfol-
gend: Beklagter zu 1) weiter.
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Mit notarieller Ergänzungsvereinbarung vom 24. Mai 1995 erhöhten die
Beklagte zu 2 und der Zedent in Änderung des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994
den Kaufpreis auf 120.000 DM. In der Vereinbarung heißt es, dem Verkäufer
sei der Inhalt des Vertrages vom 21. Juni 1994 zwischen dem Käufer und dem
Zweiterwerber K. (dem Beklagten zu 1) bekannt.
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Mit Vereinbarung vom 23. Dezember 1997 änderten der Zedent und der
Beklagte zu 1 den Kaufvertrag vom 21. Juni 1994 dahin, dass sich die verkaufte
Fläche verringern und der Beklagte zu 1 als Kaufpreis - unter Berücksichtigung
bereits erbrachter 50.000 DM - noch weitere 290.000 DM zahlen sollte.
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Mit notariellem Vertrag vom 20. April 1999 verkaufte die - weiterhin im
Grundbuch eingetragene - Beklagte zu 2 das Flurstück 27 zum Preis von
120.000 DM an den Beklagten zu 1. Der beurkundende Notar wies dabei auf
die Erfüllungsverpflichtung der Beklagten zu 2 aus dem Kaufvertrag vom 1. Juni
1994 und auf mögliche Schadensersatzansprüche des Ersterwerbers hin. Der
Beklagte zu 1 zahlte den vereinbarten Kaufpreis und wurde im August 1999 als
Eigentümer des Flurstücks 27 in das Grundbuch eingetragen.
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Der Kläger, dem der Zedent Ende 1994 seine Rechte aus den mit den
Beklagten geschlossenen Verträgen abgetreten hatte, hat von dem Beklagten
zu 1 die Zahlung des Restkaufpreises von 630.000 DM aus dem Kaufvertrag
vom 21. Juni 1994 verlangt. Gegenüber der Beklagten zu 2 hat er denselben
Betrag als Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages vom 1. Juni
1994 beansprucht. Ferner hat er von den Beklagten die Auskehr von Einnah-
men aus der Vermietung eines sich auf dem Flurstück 27 befindlichen Gebäu-
des in Höhe von 3.351,52 € verlangt.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Unter Zurückweisung der
weitergehenden Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagten
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als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 148.274,65 € (290.000 DM)
nebst Zinsen zu zahlen. Ferner hat es die Beklagte zu 2 zur Zahlung weiterer
3.351,52 € verurteilt.
Mit ihrer von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung
der Kläger beantragt, erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des erstin-
stanzlichen Urteils.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Beklagten seien dem Zedenten und
damit dem aus dessen Recht vorgehenden Kläger gemäß § 325 Abs. 1 Satz 1
BGB a.F. zu Schadensersatz in Höhe des von dem Beklagten zu 1 geschulde-
ten Restkaufpreises von 290.000 DM verpflichtet. Mit der Durchführung des
Kaufvertrages vom 20. April 1999 hätten sie einen Eigentumserwerb des Ze-
denten am Flurstück 27 verhindert und es ihm damit unmöglich gemacht, seine
Verpflichtungen aus dem mit dem Beklagten zu 1 geschlossenen Vertrag zu
erfüllen. Der Vertrag vom 1. Juni 1994, mit dem der Zedent das Flurstück 27
von der Beklagten zu 2 gekauft habe, sei wirksam. Zwar liege - auch wenn die
Kaufpreiserhöhung vom 24. Mai 1995 berücksichtigt und nur auf das Flurstück
27 bezogen werde - ein besonders grobes Missverhältnis zwischen dem Kauf-
preis und dem Wert des Grundstücks vor. Die daraus folgende Vermutung der
verwerflichen Gesinnung des Zedenten sei jedoch entkräftet. Aus der Vereinba-
rung über die Kaufpreiserhöhung vom 24. Mai 1995 ergebe sich, dass der Be-
klagten zu 2 der Inhalt des zwischen dem Zedenten und dem Beklagten zu 1
geschlossenen Kaufvertrages vom 21. Juni 1994 bekannt gewesen sei. Somit
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habe die Beklagte zu 2 Kenntnis davon gehabt, dass das Flurstück 27 zu einem
erheblich höheren Kaufpreis weiterveräußert worden sei. Deutlicher habe ihr
das Missverhältnis zwischen dem Wert des Grundstücks und dem mit ihr ver-
einbarten Kaufpreis nicht vor Augen geführt werden können. Nach dem Vor-
bringen der Beklagten zu 2 sei auch nicht davon auszugehen, dass der Zedent
ihre Unerfahrenheit oder eine Zwangslage ausgenutzt habe.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. a) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht aller-
dings an, dass der Beklagten zu 2 infolge der Übereignung des Flurstücks 27
an den Beklagten zu 1 die ihr aus dem Vertrag vom 1. Juni 1994 gegenüber
dem Zedenten obliegende Leistung teilweise unmöglich geworden und die Vor-
schrift des § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. daher Grundlage des gegen sie ge-
richteten Schadensersatzanspruchs ist. Denn bei Schuldverhältnissen, die auf
die Verschaffung des Eigentums an einer Sache gerichtet sind, begründet der
Umstand, dass der Schuldner die rechtliche Verfügungsmacht über die Sache
verloren hat, sein Unvermögen zur Leistung, solange er nicht behauptet und
beweist, dass er zur Erfüllung des Vertrages durch Wiedererwerb der Sache
willens und in der Lage ist (vgl. BGH, Urt. v. 21. Mai 1973, II ZR 54/72, WM
1973, 1202; Staudinger/Löwisch, BGB [1995], § 275 Rdn. 50).
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b) Ein Anspruch aus § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. setzt die Wirksamkeit
des die unmöglich gewordene Leistungspflicht begründenden gegenseitigen
Vertrages voraus. Dies hat das Berufungsgericht zwar nicht verkannt. Seine
Annahme, der zwischen dem Zedenten und der Beklagten zu 2 geschlossene
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Kaufvertrag vom 1. Juni 1994 sei nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1
BGB, beruht jedoch auf rechtsfehlerhaften Erwägungen.
aa) Entgegen der Auffassung der Revision folgt dies allerdings nicht
schon daraus, dass das Berufungsgericht die Sittenwidrigkeit des am 1. Juni
1994 geschlossenen Kaufvertrages aufgrund eines Umstands - der Kenntnis
der Beklagten zu 2 von dem erheblich höheren Weiterverkaufspreis - verneint
hat, welcher erst nach Vertragsschluss entstanden ist.
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Zwar muss bei der Prüfung, ob ein Rechtsgeschäft sittenwidrig ist, auf
den Zeitpunkt seiner Vornahme abgestellt werden (vgl. BGHZ 100, 353, 359
mwN). Wird das Rechtsgeschäft aber - wie hier - nachträglich geändert oder
durch eine Zusatzvereinbarung ergänzt, können auch Umstände Bedeutung
erlangen, die erst zu diesem Zeitpunkt gegeben sind. Zum einen vermögen sie
die Sittenwidrigkeit des - geänderten - Rechtsgeschäfts zu begründen (vgl.
BGH, Urt. v. 27. Januar 1977, VII ZR 339/74, WM 1977, 399, 400). Umgekehrt
können sie aber auch dazu führen, dass bei Vertragsschluss vorhandene Grün-
de für die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts entfallen. Zwar hat dies für sich
genommen keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, weil
für diese, wie dargelegt, der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich ist.
Der Fortfall der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände führt aber dazu,
dass eine Bestätigung des Rechtsgeschäfts (§ 141 BGB) - die ausgeschlossen
ist, solange die Nichtigkeitsgründe andauern (vgl. BGHZ 60, 102, 108) - möglich
wird (vgl. BGH, Urt. v. 6. Mai 1982, III ZR 11/81, NJW 1982, 1981 f.).
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Das Berufungsgericht hat der notariellen Ergänzungsvereinbarung vom
24. Mai 1995 ersichtlich eine solche Bestätigung entnehmen wollen und - im
Hinblick darauf, dass diese nicht nur mit einer Vertragsänderung verbunden,
sondern in der Änderungsvereinbarung selbst gesehen werden kann (Senat,
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BGHZ 7, 161, 163; BGH, Urt. v. 6. Mai 1982, III ZR 11/81, NJW 1982, 1981) -
im Ausgangspunkt auch ohne Rechtsfehler entnehmen dürfen. Den notwendi-
gen Bestätigungswillen, der mindestens Zweifel der Parteien an der Rechtsbe-
ständigkeit des Rechtsgeschäfts erfordert (vgl. BGHZ 11, 59, 60; 129, 371,
377), sieht das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender
Weise als gegeben an, weil die Beklagte zu 2 in Ziffer 9 der notariellen Ergän-
zungsvereinbarung vom 24. Mai 1995 erklärt hat, die gegen den Bestand des
Kaufvertrages erhobenen Einwände nicht mehr geltend zu machen.
bb) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die
Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB hätten bei Abschluss der Ergänzungs-
vereinbarung nicht (mehr) vorgelegen.
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(1) Gegenseitige Verträge können, auch wenn der Wuchertatbestand des
§ 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Voraussetzungen erfüllt ist, als wucherähnli-
ches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, wenn zwischen
Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht und
mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammen-
fassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen
lässt. Das ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Be-
günstigten hervorgetreten ist, weil er etwa die wirtschaftlich schwächere Positi-
on des anderen Teils bewusst ausgenutzt oder sich zumindest leichtfertig der
Erkenntnis verschlossen hat, dass sich der andere nur unter dem Zwang der
Verhältnisse auf den für ihn ungünstigen Vertrag eingelassen hat (Senat, BGHZ
146, 298, 301 f.). Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung
besonders grob - hiervon ist bei Grundstücksgeschäften bereits dann auszuge-
hen, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der
Gegenleistung -, lässt dies den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des
Begünstigten zu (Senat, BGHZ 146, 298, 305; BGHZ 160, 8, 14; Urt. v. 8. No-
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vember 1991, V ZR 260/90, NJW 1992, 899, 900; Urt. v. 23. Juni 1995, V ZR
265/93, NJW 1995, 2635, 2636, insoweit in BGHZ 130, 101 nicht abgedruckt;
Urt. v. 4. Februar 2000, V ZR 146/98, NJW 2000, 1487, 1488; Urt. v. 5. Oktober
2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 430; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01,
NJW 2002, 3165, 3166). Diese tatsächliche Vermutung kommt nur dann nicht
zum Tragen, wenn sie im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert ist
(Senat, BGHZ 146, 298, 305).
(2) Das Berufungsgericht geht zwar von diesen Grundsätzen aus.
Rechtsfehlerhaft sieht es die - aus dem festgestellten besonders groben Miss-
verhältnis zwischen dem Wert der verkauften Grundstücke und dem (auch er-
höhten) Kaufpreis folgende - Vermutung der verwerflichen Gesinnung des Ze-
denten aber allein deshalb als erschüttert an, weil dieses Missverhältnis der
Beklagten zu 2 bekannt gewesen sei.
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Der Schluss von dem besonders groben Äquivalenzmissverhältnis auf
eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten leitet sich aus dem Erfahrungs-
satz her, dass außergewöhnliche Leistungen in der Regel nicht ohne Not oder
einen anderen den Benachteiligten hemmenden Umstand zugestanden werden
und der Begünstigte diese Erfahrung teilt (Senat, BGHZ 146, 298, 302 f.; Urt. v.
5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 432 mwN). Faktoren, die den
Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigen, können insbe-
sondere die in § 138 Abs. 2 BGB genannten Tatbestände sein, also eine
Zwangslage, Unerfahrenheit, ein Mangel an Urteilsvermögen oder eine erhebli-
che Willensschwäche. Sie scheiden zwar teilweise, keineswegs aber durchgän-
gig aus, wenn der Benachteiligte das Missverhältnis zwischen Leistung und
Gegenleistung kennt. Befindet sich der Benachteiligte beispielsweise in einer
Zwangslage oder leidet er an einer erheblichen Willensschwäche (vgl. dazu Se-
nat, Urt. v. 23. Juni 2006, V ZR 147/05, WM 2006, 1915, 1918), ist ihm das
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Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung in der Regel bewusst. Er sieht
sich aber durch seine Notlage zu dem Abschluss des Rechtsgeschäfts ge-
zwungen oder ist aufgrund seiner verminderten psychischen Widerstandsfähig-
keit nicht in der Lage, diesen zu verweigern. Lässt sich aus dem Umstand, dass
der Benachteiligte um das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung weiß,
aber nicht folgern, dass er in seiner Entscheidung, das Rechtsgeschäft abzu-
schließen, frei ist, kann dieser Umstand auch nicht ausreichen, um die Vermu-
tung der verwerflichen Gesinnung des Begünstigten als erschüttert anzusehen.
Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Kenntnis des Benachteiligten
von dem Äquivalenzmissverhältnis zusammen mit anderen besonderen Um-
ständen im Einzelfall Anlass gibt, die Vermutung einer verwerflichen Gesinnung
des Begünstigten als erschüttert anzusehen. Dies kommt etwa in Betracht,
wenn dem benachteiligten Käufer das Wertverhältnis gleichgültig war, weil er
ein besonderes Affektionsinteresse an dem Kaufgegenstand hatte (vgl. Senat,
BGHZ 146, 298, 305). Es bleibt aber auch in diesem Fall Sache des Begünstig-
ten, alle Umstände darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, die zu-
sammen genommen die Vermutung erschüttern, er habe einen den Vertrags-
partner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Faktor bewusst oder
jedenfalls grob fahrlässig ausgenutzt (vgl. zur Beweislast, Senat, BGHZ 146,
298, 305; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166). Solche
Umstände sind hier weder von dem Berufungsgericht festgestellt worden noch
dem Vortrag des darlegungspflichtigen Klägers zu entnehmen.
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III.
1. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die
Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil weitere tatsächli-
che Feststellungen nicht zu erwarten sind, nachdem die Sittenwidrigkeit des mit
der Beklagten zu 2 geschlossenen Vertrages bereits Gegenstand der erstin-
stanzlichen Entscheidung war und der Kläger keine Umstände vorgetragen hat,
die - allein oder zusammen mit der Kenntnis der Beklagten zu 2 von dem Äqui-
valenzmissverhältnis - geeignet wären, die Vermutung einer verwerflichen Ge-
sinnung des Zedenten zu erschüttern. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der
Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 habe die mit dem Zeden-
ten geschlossenen Verträge vom 1. Juni 1994 und 24. Mai 1995 durch Vertrag
vom 5. März 1997 nochmals bekräftigt. Denn der Kläger hat auch keine Um-
stände dargelegt, die die - fortbestehende - Vermutung für diesen Zeitpunkt er-
schüttern könnten.
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2. Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen, weil das Landgericht
die Klage im Ergebnis zu Recht insgesamt abgewiesen hat.
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a) Infolge der Sittenwidrigkeit des zwischen dem Zedenten und der Be-
klagten zu 2 geschlossenen Kaufvertrages fehlt nicht nur dem gegen sie gerich-
teten Schadensersatzanspruch, sondern auch einem Anspruch auf Auskehr der
von ihr vereinnahmten Mieten die Grundlage.
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b) Die Sittenwidrigkeit des Vertrages steht ferner dem gegen den
Rechtsnachfolger des Beklagten zu 1 gerichteten Anspruch - der sich entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings nicht aus § 325 Abs. 1 Satz 1
BGB a.F., sondern nur aus § 324 Abs. 1 BGB a.F. ergeben kann - entgegen.
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Zwar könnte der Kläger gemäß § 324 Abs. 1 BGB a.F. die Zahlung des
Kaufpreises aus dem zwischen dem Zedenten und dem Beklagten zu 1 am
21. Juni 1994 geschlossenen und am 23. Dezember 1997 geänderten Vertrag
verlangen, wenn die Erfüllung dieses Vertrages nur daran gescheitert wäre,
dass der Beklagte zu 1 das Eigentum an dem Flurstück 27 auf andere Weise,
nämlich aufgrund des mit der Beklagten zu 2 im Jahr 1999 geschlossenen Ver-
trages, erworben hat. Grundsätzlich hat es der Gläubiger im Sinne des § 324
Abs. 1 BGB zu vertreten, wenn er dem Schuldner die Leistung dadurch unmög-
lich macht, dass er sich die Sache von dem Eigentümer selbständig verschafft
(vgl. Staudinger/Otto, BGB [1995], § 324 Rdn. 12). Etwas anderes gilt aber,
wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass es dem Schuldner aus anderen,
von dem Gläubiger nicht zu vertretenden Gründen unmöglich war, die ihm ob-
liegende Leistung zu erbringen. Steht nämlich fest, dass die Durchführung des
Vertrages auch ohne die Obliegenheitsverletzung des Gläubigers gescheitert
wäre, hat der Gläubiger die Unmöglichkeit nicht verursacht und damit auch
nicht zu vertreten. Die Gegenleistungsgefahr verbleibt in diesem Fall nach der
Grundregel des § 323 BGB a.F. bei dem Schuldner.
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So verhält es sich hier. Da der Vertrag, mit dem der Zedent unter ande-
rem das Flurstück 27 erwerben wollte, sittenwidrig und damit nichtig ist, steht
fest, dass er auf diesem Wege die - für die Erfüllung des mit dem Beklagten
zu 1 notwendige - rechtliche Verfügungsmacht über das Flurstück 27 nicht er-
langen konnte. Da der Kläger auch nicht behauptet, dass der Zedent willens
und in der Lage gewesen wäre, sich die Verfügungsmacht über das Grundstück
anderweit zu beschaffen, ist davon auszugehen, dass ihm die Erfüllung des
Vertrages mit dem Beklagten zu 1 schon aus diesem Grund, also unabhängig
von dem Verhalten des Beklagten zu 1, unmöglich war.
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IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf den Vorschriften der §§ 91 Abs. 1, 97
Abs. 1 ZPO.
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Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 10.03.2005 - 14 O 122/02 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 30.11.2005 - 4 U 57/05 -